DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-12-2020 18:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.12.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unspektakulärer Jahreswechsel, weitgehend ohne signifikante Wettererscheinungen.
Am Silvestertag und in der Neujahrsnacht von Westen und Südwesten nordostwärts
ausbreitend leichte Niederschläge, teils bis in tiefe Lagen als Schnee. Danach
oft trocken und allmählich etwas kälter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich das Vorhersagegebiet nach wie vor im Einflussbereich
eines umfangreichen Langwellentroges, der inzwischen weite Teile Europas (außer
Osteuropa) überdeckt und mit mehreren Drehzentren (Höhentiefs) ausgestattet ist.
Zwei davon sind für die weitere Wetterentwicklung in Mitteleuropa bzw.
Deutschland maßgeblich verantwortlich: Eines bleibt über dem Kattegat zunächst
quasistationär, von ihm ausgehend reicht ein recht breit angelegter, aber
flacher Trog über das Vorhersagegebiet und dem Alpenraum hinweg südwärts bis zum
Tyrrhenischen Meer und kommt zögernd nach Osten voran, wobei er sich
gleichzeitig allmählich auffüllt. Dabei gibt es vor allem an der Südflanke des
Höhentiefs über dem äußersten Norden Deutschlands zunächst noch schauerartige
Niederschläge - überwiegend als Regen, vereinzelt als Schneeregen -, die aber
zögernd nordwärts abziehen. Vereinzelte Schauer, etwa ab 200 bis 400 m, bei
etwas stärkerer Intensität kurzzeitig auch bis ganz nach unten als Schnee - sind
zunächst noch im Bereich der sich ostwärts verlagernden Trogachse vor allem in
den mittleren und östlichen Landesteilen zu erwarten, die Mengen sind aber so
gering, dass es auch im Bergland (am ehesten Harz) maximal nur für wenige
Zentimeter Neuschnee reicht. In der zweiten Nachthälfte klingen diese
Niederschläge dann weitestgehend ab.
Ein weiteres Drehzentrum über Schottland kommt zunächst nur wenig
südsüdwestwärts nach Nordwestengland voran, allerdings verlagert sich an dessen
Südwestflanke ein Kurzwellentrog von der Keltischen See nach Nordwestfrankreich
und kann mit einer Frontalwelle interagieren, die sich durch trogvorderseitige
PVA noch etwas vertieft und Donnerstagfrüh mit ihrem Kern in etwa im Großraum
Paris aufschlägt. Vorderseitig kommt auch im Westen Deutschlands kräftige WLA
auf und mit Annäherung des okkludierenden Frontensystems setzen ausgangs der
Nacht etwa von der Eifel bis zum Saarland Niederschläge ein, die wohl auch in
tiefen Lagen meist als Schnee fallen und wenige Zentimeter Neuschnee bringen.
Bereits im Vorfeld kann es im Einflussbereich eines vorlaufenden kurzwelligen
Troganteils am Niederrhein und im Münsterland etwas regnen bzw. schneien.
Warntechnisch eine Randerscheinung bleibt der Wind: Der weht einerseits an der
Südflanke des Höhen- bzw. korrespondierenden Bodentiefs über dem Kattegat an den
Küsten von Nord- und Ostsee weiterhin lebhaft aus Südwest, an exponierten
Küstenabschnitten kann es steife Böen (Bft 7) geben, auf dem Brocken stürmische
Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9). Andererseits frischt er mit der
Gradientverschärfung im Vorfeld des nach Nordwestfrankreich ziehenden Tiefs vor
allem in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge sowie in deren Lee aus Süd
bis Südwest auf, bleibt aber wohl noch unterhalb der Warnschwellen.
Im Südosten verläuft die Nacht teilweise gering bewölkt. Dort kann es
gebietsweise mäßigen, in einigen schneebedeckten Alpentälern auch strengen Frost
geben. Im Norden sowie in den Niederungen Westdeutschlands bleibt es weitgehend
frostfrei, sonst gibt es vielerorts leichten Frost und stellenweise natürlich
auch Glätte durch Überfrieren, Schneematsch oder gar etwas Neuschnee.

Donnerstag ... , dem Silvestertag, füllen sich das Höhen- bzw. Bodentief über
dem Kattegat bzw. Südwestschweden allmählich auf, wobei eine flache
Tiefdruckrinne noch über den Süden Dänemarks bzw. den Norden Schleswig-Holsteins
hinweg bis zur Nordsee reicht und tendenziell ein wenig nach Süden vorankommt.
Im Rinnenbereich fallen gebietsweise schauerartige Niederschläge, teils auch mit
Schnee vermischt.
Das Höhentief über dem Westen Englands verlagert sich allmählich südwärts. Der
Kurzwellentrog über Frankreich schwenkt bis zum Abend nach Südwest- bzw.
Westdeutschland und überläuft das Bodentief, das sich dadurch beginnt
aufzufüllen und abends irgendwo im Raum Ardennen/Eifel aufschlägt. Die
Niederschläge auf dessen Vorderseite breiten sich somit allmählich ost- bis
nordostwärts aus und erreichen bis zum Abend in etwa den Teutoburger Wald, das
Weserbergland, den Spessart und die Schwäbische Alb. Sie verlieren mit sich
abschwächender WLA vor allem am Nachmittag zunehmend an Intensität. Die höchsten
Mengen werden dabei mit 5 bis 10 mm (in den Südstaulagen stellenweise auch etwas
mehr) vom Saarland bis zur Eifel sowie im Bergischen Land, im Sieger Land und im
Rothaargebirge simuliert. Oberhalb von 400 m sollte es dort durchwegs schneien,
so dass bis zum Abend 2 bis 8 cm, in höher gelegenen Staulagen auch über 10 cm
Neuschnee zusammenkommen könnten. Ansonsten lässt sich die Schneefallgrenze im
Detail schwer abschätzen. Allgemein liegt sie an der Nord- und Ostflanke des
Tiefs wegen schlechterer Durchmischung und dadurch eher gewährleisteter
Isothermie (die natürlich wiederum von der Intensität der Niederschläge abhängt)
niedriger als an dessen Südflanke. So schneit es am Nordrand des Sauerlandes bis
zum Teutoburger Wald bzw. bis zum Weserbergland eventuell sogar vorübergehend
auch mal bis in tiefe Lagen (ohne nennenswerte Neuschneemengen, dafür sind die
Böden zu warm und die Niederschläge zu schwach), während die Schneefallgrenze in
BaWü auf 400 bis 600 m steigt.
Im Rest des Landes bleibt es trocken und vor allem an den Alpen, im Alpenvorland
sowie im Erzgebirgsvorland und in der Lausitz kann es durchaus auch längere
sonnige Abschnitte geben. An den Alpen ist es leicht föhnig und auf exponierten
Gipfeln kann es dadurch auch stürmische Böen oder Sturmböen aus südlichen
Richtungen geben. Auch sonst lebt der Wind auf den Mittelgebirgsgipfeln
zumindest vorübergehend aus Süd bis Südwest auf, auf exponierten Gipfeln des
Hochschwarzwaldes sowie auf dem Brocken reicht das ebenfalls für stürmische Böen
oder Sturmböen, in einigen höher gelegenen Lee-Lagen eventuell für steife Böen.
Die gibt es anfangs auch noch an den Küsten. Nachmittags und abends nimmt der
Wind aber allgemein ab.
Mit der südlichen Strömung gelangt niedertroposphärisch etwas mildere Luft nach
Süddeutschland, die Temperatur in 850 hPa liegt am Abend zwischen -6 Grad im
Norden und Westen und +1 Grad im Alpenvorland. Bodennah macht sich das aber
nicht bemerkbar, im Gegenteil: Aufgrund der Niederschläge und der schlechteren
Durchmischung bleibt es vor allem im Westen etwas kühler als an den Vortagen.
Allgemein liegen die Höchstwerte zwischen 1 und 5 Grad. Dauerfrost gibt es in
den westlichen und zentralen Mittelgebirgen ab etwa 500 m, an den Alpen ab etwa
900 m.

In der Neujahrsnacht erreicht das Höhentief den Ärmelkanal bzw.
Nordwestfrankreich und weitet sich Richtung Benelux und Nordwestdeutschland aus,
verliert dabei aber mehr und mehr an Kontur. Letztendlich ergibt sich bis zum
Neujahrsmorgen eine Art Potenzialrinne, die sich, bestückt mit zahlreichen
kleinräumigen Höhentiefs, vom Nordwesten Frankreichs über Benelux,
Nordwestdeutschland und Südschweden bis nach Finnland bzw. Mittelnorwegen
erstreckt.
Auch im Bodenfeld verwaschen die Strukturen zunehmend. Unser Tief kommt über der
Mitte Deutschlands allmählich nach Osten bzw. Nordosten (genaue Zugbahn noch
unklar) voran und füllt sich weiter auf, während die sich ebenfalls etwas
auffüllende Tiefdruckrinne über der südlichen Nordsee ein wenig nach Süden
vorankommt. Beide Gebilde münden in einem seichten Tiefdruckgebiet, das weite
Teile Norddeutschlands überdeckt. Dabei weiten sich die Niederschläge mit weiter
abnehmender Intensität vor allem noch etwas nach Norden und Osten aus, im Detail
ist die genaue räumliche Verteilung aber noch unklar. Ziemlich sicher trocken
bleibt es wohl in der Lausitz sowie weiterhin im Südosten und Süden Bayerns, mit
erhöhter Wahrscheinlichkeit aber auch in Teilen Nordwestdeutschlands. Dagegen
sorgt im aktuellen Lauf des ICON-EU vorderseitig eines kurzwelligen Troganteils
am Hochrhein und im Südschwarzwald im Laufe der ersten Nachthälfte vorübergehend
für eine deutliche Intensivierung der Niederschläge (im Südstau über 15 mm in 6
Stunden!). In dem Fall stünden auf jeden Fall kleinräumig markante Schneefälle
auf der Agenda, eventuell auch mehr (über 15 cm/6 h in höheren Lagen). Momentan
steht diese Lösung ziemlich alleine da (IFS weiter südlich, GFS ähnliche Region,
aber deutlich geringere Mengen), allerdings deutet sie ein gewisses Potenzial
für kleinräumig markante Schneefallereignisse an, die wohl erst sehr kurzfristig
abschätzbar sind.
Im Großen und Ganzen klingen die Niederschläge nämlich eher ab, mehr als 0 bis 4
mm in 12 Stunden werden - außer im äußersten Südwesten - nirgendwo simuliert,
mancherorts bleibt es auch trocken. Die Schneefallgrenze sinkt tendenziell etwas
ab, schwankt aber meist zwischen 200 und 300 m, je nach Intensität kann es aber
gebietsweise auch in tiefen Lagen etwas schneien.
An den Küsten sowie in einigen Niederungen West- und Norddeutschlands bleibt es
frostfrei, sonst gibt es leichten, im Südosten Bayerns bei aufgelockerter
Bewölkung auch mäßigen Frost.

Freitag ... kann sich das Höhentief über Nordwestfrankreich wieder etwas besser
formieren und wandert etwas nach Süden, der gesamte Trogkomplex weitet sich
somit Richtung westliches Mittelmeer aus. Damit verbleiben der Nordwesten und
Norden Deutschlands weiterhin im gradientarmen Bereich der Potenzialrinne,
während sich vorderseitig des in den Mittelmeerraum vorstoßenden Troges ein
flacher Höhenkeil nach Südwestdeutschland aufwölbt.
Der Bodentiefkomplex über Norddeutschland und der Nordsee verlagert sich
nordwärts und füllt sich weiter auf, von Süden her dominiert Absinken und die
Niederschläge klingen ab. Dabei kann sich über Süddeutschland eine flache
Hochdruckbrücke etablieren.
Leichte Niederschläge (0 bis 3 mm/12 h) werden lediglich noch in den mittleren
Landesteilen, im Nordosten und im Nordseeumfeld simuliert. Diese fallen oberhalb
von etwa 200 bis 400 m wohl meist als Schnee, im höheren Bergland fallen wenige
Zentimeter Neuschnee.
Ansonsten bleibt es überwiegend trocken, aber vielerorts auch stark bewölkt bis
bedeckt oder trüb. Größere Wolkenlücken gibt es am ehesten im Süden und
Südosten. Die eingeflossene maritime Polarluft (-3 bis -6 Grad in 850 hPa) kommt
allmählich zur Ruhe, mit der Durchmischung klappt es meist weniger gut, so dass
Höchstwerte zwischen 1 und 5 Grad erreicht werden, oberhalb von etwa 400 bis 800
m gibt es leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag zieht das Höhentief nach Katalonien und tropft dort ab.
Der Resttrog verbleibt über Skandinavien und reicht bis ins nördliche
Mitteleuropa. Dazwischen kann sich der zonal ausgerichtete, aus dem
südosteuropäischen Raum bis nach Süddeutschland reichende Höhenkeil verstärken
und kommt etwas nach Norden voran.
Der Bodentiefkomplex über dem nördlichen Mitteleuropa füllt sich weiter auf,
während es im westlichen Mittelmeerraum, etwa westlich von Korsika, zu einer
Zyklogenese kommt. Dazwischen kann sich die flache Hochdruckbrücke über
Süddeutschland ein wenig verstärken und kommt etwas nach Norden voran. An deren
Südflanke verschärft sich einerseits durch die Zyklogenese weiter südlich,
andererseits aber auch orographisch getriggert der Gradient und im
Südschwarzwald, am Hochrhein sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum frischt
der Wind aus Ost bis Nordost auf, ist aber wohl noch nicht warnrelevant.
Vor allem in Küstennähe kann es noch einzelne Schauer, teils bis in tiefe Lagen
als Schneeregen oder Schnee, geben, ansonsten bleibt es überwiegend trocken.
Dabei lockern die Wolken vor allem in der Mitte und im Süden auf, allerdings
können sich dann Nebelfelder ausbreiten. Ganz im Nordwesten sowie an den Küsten
bleibt es oft noch frostfrei, sonst gibt es verbreitet leichten, im Süden
gebietsweise auch mäßigen Frost und örtlich Glätte durch Überfrieren von Nässe.

Samstag ... ändert sich an der Konstellation der Geopotenzialgebilde nur wenig:
Im Groben reicht nach wie vor der langwellige Trogkomplex von Skandinavien bis
nach Südwesteuropa und mündet in einem umfangreichen Höhentief mit Drehzentrum
vor der katalonischen Küste. Unterbrochen wird dieser Komplex durch einen von
Südosteuropa bis in die südliche Mitte Deutschlands bzw. bis nach Nordfrankreich
reichenden flachen Höhenkeil.
Diesem Komplex steht ein inzwischen monumentaler, über den Ostatlantik hinweg
nordnordostwärts bis ins Nordpolarmeer reichender blockierender Höhenrücken
entgegen.
Im Bodenfeld kann sich die flache Hochdruckbrücke über der Mitte Deutschlands
noch etwas verstärken. Das Mittelmeertief zieht allmählich in den Golf von Genua
und mit zunehmender Süd- bis Südostanströmung setzt über Süddeutschland mittel-
und auch niedertroposphärisch WLA ein, eventuell reicht es an den Alpen für
seichten Föhn. Die Temperatur in 850 hPa steigt dort auf 0 bis +2 Grad, während
sie in der Mitte und im Norden zwischen -2 und -5 Grad verharrt. Dazu frischt
der Wind aus östlichen Richtungen etwas auf, bleibt aber weiterhin wohl
unterhalb der Warnschwellen, lediglich am Alpenrand kann es mit Föhn in einigen
Tälern steife, auf Gipfeln stürmische Böen aus Südost geben.
An den Küsten sind nahe des Troges noch einzelne Schauer möglich, ansonsten
bleibt es aber wohl weitgehend trocken. Nur gebietsweise bekommt die
hochnebelartige Wolkendecke mal größere Lücken, am ehesten im Südosten, in der
Lausitz und in NRW, während darüber im Süden aufgrund der WLA auch hohe bzw.
mittelhohe Wolkenfelder aufziehen.
Mangels Durchmischung kann sich die Luftmasse nach recht kalter Nacht nur
zögernd erwärmen, zudem gelangt in die Mitte und in den Süden von Osten her auch
allmählich etwas kältere Luft. Mit Höchstwerten zwischen -2 Grad in einigen
Hochnebelregionen Süddeutschlands und +4 Grad im Nordwesten bzw. im Rheinland
bleibt es etwas kälter als an den Vortagen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Prognostisch Schwierigkeiten bereitet nach wie vor
die Abschätzung der Schneefallgrenzen im Detail, da sie sehr stark von der
Intensität der Niederschläge und der Durchmischung der Luftmasse abhängen.
Überraschungspotenzial bieten auch kleinräumige Störungen in Form kurzwelliger
Troganteile an der Südflanke des sich auffüllenden Bodentiefs, die vor allem in
Kombination mit Staueffekten am Donnerstag bzw. in der Neujahrsnacht im
Südwesten des Landes regional eng begrenzt durchaus markante Schneefälle
auslösen können.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff