DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-12-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.12.2020 um 10.30 UTC



Mäßig kalte Troglage mit Schneeoptionen, im Flachland aber kein durchgreifendes
Winterwetter
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 03.01.2021


Am Mittwoch, dem Beginn des heutigen Mittelfristzeitraums setzt sich die
Wetterlage aus der Kurzfrist nahtlos fort und wir haben es mit einem
umfangreichen Trog über Mitteleuropa zu tun. Dessen langgestreckte, kaum
geneigte Achse reicht vom Zentraltief über Jütland bis nach Tunesien. Dabei
greift selbst die -30 Grad Isotherme in 500 hPa bis ins Seegebiet südlich von
Sardinien aus, was über dem noch vergleichsweise warmen Wasser von rund 17 Grad
zu entsprechenden konvektiven Umlagerungen führt. Die Eigenschaften der
feucht-kalten Meeresluft über Deutschland bleiben über den gesamten
Vorhersagezeitraum ziemlich konstant mit 500 hPa Temperaturen um -33 Grad und
850 hPa Temperaturen zwischen -3 und -7 Grad. Die Troposphäre ist in mittleren
Niveaus gerade so feucht-labil geschichtet. Nun ist es jedoch zu dieser
Jahreszeit bei sehr flachem Sonnenstand und kalter Grundschicht kein
"klassisches" Trogwetter zu erwarten. Vielmehr fällt häufig aus tiefer
Stratocumulusbewölkung, die etwas gehoben wird, etwas Niederschlag, der nicht
selten ziemlich stratiform anmutet. Die Schneefallgrenze liegt etwa bei 400
Meter, bei stärkeren Intensitäten kann es vorübergehend auch bis ganz runter
schneien. Ansonsten liegen die Höchstwerte allgemein bei etwa 5 Grad, im höheren
Bergland um oder nur wenig über 0 Grad.
In vielen Landesteilen wird es aber auch trocken bleiben mit Aufheiterungen vor
allem Richtung Lausitz. Eine Ausnahme bilden die Küstenregionen, die unmittelbar
an der Südflanke des Tiefs liegen. In diesem Bereich verläuft immer noch eine
mehrfach herumgeholte Warmluftschliere in der Höhe, die strömungsparallel
eingebettet für schauerartige Regenfälle sorgt. Die Mengen liegen meist zwischen
5 und 10 l/qm binnen 12 Stunden.
Zudem reicht dort der Gradient noch aus, um zeitweise Windböen der Stärke 7 aus
Südwest zu bringen. In exponierten Gipfellagen der Mittelgebirge ist es noch
teils stürmisch.

An Silvester wird der Höhentrog durch einen neuen Randtrog, der über die
Britischen Inseln südwärts abläuft, regeneriert. Auf dessen Vorderseite
entwickelt sich über Frankreich ein neues Tief mit einem Kerndruck unter 1005
hPa, wobei das sonstige Druckniveau über Deutschland bei etwa 1010 hPa liegt. So
greifen in der Silvesternacht auf den Westen und Südwesten leichte Niederschläge
über, die bei 850 hPa Temperaturen um -5 Grad und schwächer östlicher Anströmung
am Boden teils bis in tiefe Lagen als Schnee oder zumindest Schneeregen fallen
sollten.
Unterdessen verlagert sich das eigentliche Zentraltief von Jütland unter
Abschwächung langsam nach Südschweden, wobei die Küstenregionen noch immer im
Schleifbereich der Okklusionsreste verbleiben und strichweise etwas Regen fällt.
Im Rest des Landes herrscht (zwischen den Stühlen) schwacher
Zwischenhocheinfluss mit zeitweiligen Auflockerungen bei einem ähnlichen
Temperaturniveau im Vergleich zum Vortag. Nachts herrscht verbreitet leichter
Frost.

Am Freitag, dem Neujahrstag weitet sich der Trog im Westteil weiter südwärts bis
zur Iberischen Halbinsel aus, wo die südwärts gerichtete KLA aber zum Erliegen
kommt. Über den Britischen Inseln kündigt sich aber schon der nächste
Kurwellentrog an, weshalb die Großwetterlage sehr persistente Züge trägt. Das
führt unter dem Strich über Deutschland zu einer leichten Aufsteilung der
Strömung, wobei wir aber trotzdem komplett im Bereich des Trogkomplexes
verbleiben. Diese Aufsteilung hat aber zur Folge, dass sich das o.e.
Silvestertief von Frankreich und Belgien an Ort und Stelle eingräbt und kaum
weiter ostwärts vorankommt. Gleichzeitig lässt aber auch die Wetteraktivität
aufgrund fehlender dynamischer Hebung immer mehr nach, weshalb nur noch geringe
Niederschlagssummen von nur wenigen Millimetern binnen 12 Stunden zu verzeichnen
sind. Sollte es in tieferen Lagen doch hier und da mal für eine dünne
Schneedecke gereicht haben, wird diese im Tagesverlauf bei leichten Plusgraden
wieder vielfach verschwinden. In den Kammlagen der westlichen Mittelgebirge
schaut es da schon winterfreundlicher aus. Ansonsten bleibt es bei einem Mix aus
dichten Wolken und kurzen Auflockerungen meist trocken.

Am kommenden Wochenende kann sich zwischen den Haupttiefkernen in der Höhe über
Südskandinavien und der Biskaya bodennah eine flache Hochdruckbrücke etablieren,
deren Existenz in der Folge zunehmend von Süden bedroht wird. Mit Heranschwenken
der Haupttrogachse Richtung Italien setzt über Norditalien Druckfall ein, der in
eine Vb-artige Konstellation münden könnte. Zumindest deutet sich nach den
jüngsten Läufen markante Aufgleitniederschläge aus Südosten an. Zur Wahrheit
gehört allerdings auch, dass selbst auf der "kalten" Rückseite mit
Nordwestwinden die Luftmasse für tiefe Lagen kaum ausreichen wird, dauerhaft
Schnee und Dauerfrost zu generieren. Für Lagen oberhalb etwa 400 Meter sieht das
dagegen nach brauchbarem Winterwetter aus.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Was auf den ersten Blick als recht konsistenter Lauf bewertet werden muss, hat
im Detail bei der vorherrschenden Troglage mitunter enorme Auswirkungen. So ist
das wetterbestimmende Bodentief am Neujahrstag nun nicht mehr über der Nordsee
zu finden, sondern nähert sich von Frankreich und Belgien Westdeutschland. Das
könnte am kommenden Freitag bei passendem Timing Schneeoption bis ganz runter
liefern. Zudem verfestigen sich die Hinweise auf eine mögliche Vb-Konstellation
am kommenden Wochenende zum Ende der Mittelfrist mit Aufgleitniederschlägen über
großen Landesteilen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Grundtenor stimmt in allen gängigen Globalmodellen mehrheitlich überein. Die
Unterschiede in der Form des Haupttroges mit unterschiedlicher Ausprägung der
kleinräumigen Randtiefs würde den Rahmen sprengen und letztlich doch zu nichts
führen. Derartige Unsicherheiten werden selbst in der Kurzfrist noch auftreten.

Auch die Tendenz zu Aufgleitniederschlägen aus Südosten zum Ende der Mittelfrist
lässt sich mehrheitlich in den Modellen wiederfinden. Bei diesem Szenario wären
vorübergehend bis hin zu einer gefährlichen Glatteislage aller Niederschlags-
und Glättevarianten denkbar.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Seichter Geopotentialanstieg von 520 auf 540 gpdm bei gleichzeitiger
Temperaturabnahme in 850 hPa von -4 auf -6 Grad kennzeichnen die EPS Rauchfahnen
im Deutschlandmittel. Gerade ab Freitag nimmt aber die Streuung in der
Temperatur deutlich zu, was zum einen die zunehmende Prognoseunsicherheit zum
Ende der Mittelfrist als auch die Option des Aufgleitens aus Südost und damit
einer Erwärmung in 850 hPa wiederspiegelt.

Diskutieren wir noch einmal genauer das Aufgleiten:
Am Beispiel von Passau wird deutlich, dass Haupt- und Kontrolllauf zwar
einigermaßen gleichauf liegen und sich der 0 Grad anähern, es aber einen Ast in
der Memberschar gibt, der deutlich kälter bei -5 Grad bleibt. Die Bifurkation
erfolgt am Freitag, dem Neujahrstag, d.h. dort werden die Weichen gestellt.
Unter Berücksichtigung der besten Auflösung des Hauptlaufes und der übrigen
Globalmodelle, erscheint das Aufgleiten aus Südosten mit einem Anstieg der 850
hPa Temperaturen am wahrscheinlichsten. Insofern wird es am Ostrand der
Niederschläge wohl Regen und Plusgrade geben. Angrenzend einen Bereich mit der
Gefahr gefrierenden Regens, gerade in Mittelgebirgstälern, und am Westrand wird
die feste Phase überwiegen - auch wenn der Schnee in tiefen Lagen bei knapp
positiven Werten wohl nicht überall liegen bleiben wird.

Das eine Cluster im Zeitraum +120-168h (Fr-So) spiegelt den Hauptlauf des IFS
nieder.

Die 4 Cluster in der erweiterten Mittelfrist (+192-240h (Mo-Mi 4.-6. Januar)
zeigen mehrheitlich eine High over Low Lage mit hohem Geopotential Nordeuropa
und Island und einem Cut-Off über Frankreich und dem westlichen Mittelmeerraum.
Das spräche tendenziell für eine bodennah mäßig kalte, östliche Grundströmung
bei vergleichsweise höhenmilden Temperaturen (Inversion) und nur geringer
Niederschlagsneigung.

FAZIT:
Die kurz- und mittelfristige Wetterlage ist extrem spannend, aber auch extrem
undankbar. Jeder noch so kleine Randtrog und/oder Verschiebung eines
kleinräumigen Randtiefs innerhalb des umfangreichen Haupttroges kann lokal
enorme Auswirkungen haben. Anstatt +5 Grad und Aufheiterungen kann es auf einmal
bei 0 Grad kräftig schneien. Grundsätzlich bleibt es für die tiefen Lagen aber
schwer in dieser feucht-kalten Meeresluft durchweg die feste Niederschlagsphase
und Frost zu generieren. Insofern ist es auch zum Jahreswechsel allenfalls ein
Berglandwinter.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEE:
Nennenswerte Signale für signifikante Neuschneehöhen über 10 cm innert 12
Stunden finden sich in der Probabilistik nur im Maximum in den Hochlagen des
Harzes und in den Kammlagen der süddeutschen Mittegebirge. Die
Wahrscheinlichkeit hierfür ist im gesamten Mittelfristzeitraum entsprechend
gering, was leichte Schneefälle natürlich nicht ausschließt. Wahrscheinlicher
ist es, dass zum Wochenende mit den Aufgleitniederschlägen aus Südosten im
Bergland signifikante Schneefälle gibt. Die Signale aus der Probabilistik sind
vom IFS-EPS aber derzeit noch gering.

FROST:
Während des gesamten Zeitraumes muss in den Hochlagen der Mittelgebirge
(oberhalb 600 bis 800 m) mit leichtem Dauerfrost gerechnet werden, zudem kann es
über Schnee stellenweise strengen Nachtfrost geben. Dies wird von IFS-EPS und
Cosmo-LEPS vor allem für die Alpentäler trotz der geringen Auflösung simuliert.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen