DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-12-2020 10:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 26.12.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wind: Heute an der Nordsee aufkommende Böen Bft 8 bis 9, zum Tagesende 10.
Morgen an der Westküste Schleswig-Holstein orkanartige Böen, nachmittags
allmählich abnehmend. Im Gesamten Westen und Nordwesten bis nach
Mecklenburg-Vorpommern stürmische Böen und exponiert Sturmböen, im Bergland
oberhalb von 400 bis 600 m durchweg Sturmböen. In den Alpen Föhn, in einigen
Alpentälern Böen Bft 8. Auf exponierten Bergen Böen Bft 9 bis 12, Brocken 12.
Abends und nachts von Westen Windabschwächung.
Am Montag auf Alpengipfeln anfangs noch Sturmböen, an der Ostsee und in
Südostsachsen steife Windböen, im Tagesverlauf Windabnahme.
SCHNEE: Am Sonntag von Westen her aufkommende Niederschläge, anfangs außer im
Nordwesten häufig als Schnee. Im Tagesverlauf unterhalb von 400 bis 600 m in
Regen übergehend. Dabei in den westlichen und später in den zentralen
Mittelgebirgen oberhalb von 500 bis 600 m Neuschneemengen über 10 cm in 12
Stunden wahrscheinlich. Besonders im Hunsrück und in der Eifel auch
Neuschneemengen über 15 cm möglich (Unwetter). Dazu in Höhenlagen
Schneeverwehungen. Nach Osten hin bis in den Vogelberg über 15 cm Neuschnee
nicht ausgeschlossen! Ab morgen Abend in den östlichen Mittelgebirgen und in
Bayern auch gefrierender Regen mit Glatteis möglich!
In der Nacht zum Montag auch in den östlichen Mittelgebirgen markanter Neuschnee
möglich.
Am Montag in Lagen oberhalb von 500 bis 600 m meist nur noch leichte
Schneefälle.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... Die nach Deutschland eingeströmte polare Meeresluft kommt im Süden in
den Bereich einer Hochdruckzone, die sich bis zum Abend über Süddeutschland
bildet und nach Westen zum Azorenhoch reicht. Sie wird gestützt durch einen
atlantischen Höhenkeil, der über Deutschland hinweg südostwärts schwenkt. Er
wird im Norden und in der Mitte von kräftiger Warmluftadvektion überlaufen, die
einem umfangreichen Zentraltief, das ins Seegebiet südöstlich von Island zieht,
vorauseilt. Das damit verbundene Frontensystem überquert in abgeschwächter Form
die Nordhälfte Deutschlands. Die dadurch hervorgerufenen Niederschläge sind nur
gering und belaufen sich im Küstenbereich auf 1 bis 2 mm und im Landesinneren
nur örtlich auf wenige Zehntel Millimeter, wobei im nördlichen Mittelgebirgsraum
etwas Schneegriesel fallen kann. Im Nordosten kann vorübergehend der Regen
gefrieren. Einige Auflockerungen beschränken sich anfangs auf den Osten und auf
Nordbayern, am Nachmittag vor allem auf den nördlichen Mittelgebirgsraum. Mit
dem schwachen Tiefausläufer wird in den Westen und Nordwesten bereits etwas
mildere Luft geführt, so dass die Temperaturen auf 5 bis 7 Grad ansteigen.
Ansonsten ist es mit 0 bis 4 Grad recht kalt und in Lagen oberhalb von 600 bis
700 m sowie in einigen Alpentälern gibt es geringen Dauerfrost. Mit der
Annäherung des Zentraltiefs frischt im äußersten Westen und Nordwesten der Wind
auf und so muss ab Mittag an der Nordsee mit stürmischen Böen, landeinwärts
später mit steifen Böen gerechnet werden, was gegen Abend auch für den Raum
Eifel gilt. Auf dem Brocken können gegen Abend schwere Sturmböen aus Südwest
auftreten.
In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Zentraltief ins Seegebiet nördlich
von Schottland und der zugehörige breite Trog überdeckt weite Teile Westeuropas,
während der Höhenkeil zu den Alpen abwandert. Die Okklusion des Tiefs erreicht
etwa die nördliche Nordsee und Südostengland und weiter nach Südwesten hat die
Front eher Kaltfrontcharakter. Erste trogvorderseitige Hebung erfasst den Westen
und Nordwesten, so dass etwa vom westlichen Hunsrück bis zum nördlichen
Schleswig-Holstein leichte Niederschläge einsetzten, die in den westlichen
Mittelgebirgen meist als Schnee fallen und weiter nördlich meist als Regen. Die
Neuschneemengen belaufen sich allerdings auf maximal 2, vielleicht 3 cm.
In der Südosthälfte und im Mittelgebirgsraum gibt es leichten Frost zwischen 0
und -5 Grad und in Südostbayern liegen die Werte sogar zwischen -6 und -11 Grad.
In Nordwestdeutschland ist es dagegen meist frostfrei.

Sonntag... überdeckt das umfangreiche und kräftige Zentraltief, dessen Kern
sich nach Schottland verlagert, weite Teile von Westeuropa und den nahen
Nordostatlantik und wir liegen vorderseitig in einer kräftigen Süd- bis
Südwestströmung, mit der vor allem in den Südosten, teils durch aufkommenden
Föhn gestützt, wärmere Luft zu uns kommt, in der die 850-hPa-Temperatur über den
Gefrierpunkt steigt. Anders im Westen und Norden: hier greift die Okklusion des
Tiefs über und Hebungseffekte sorgen dafür, dass der anfangs leicht positiv
temperierte ´Warmluftschlauch´ der Okklusion bis zum Abend wieder auf 0 bis -3
Grad abkühlt.
Nördlich der Mittelgebirge ist die Schneephase mit der durch die Windverstärkung
zunehmenden Durchmischung allenfalls anfangs ein Thema. In den Mittelgebirgen
(und der Niederschlag erreicht etwa eine Linie Mecklenburg- Nordschwarzwald)
muss aber anfangs mit Schnee bis in tiefe Lagen gerechnet werden. Später steigt
die Schneefallgrenze auf etwa 400 bis 600 m. Dabei liegen die 12stg.
Niederschlagsmengen meist bei 2 bis 7 mm und in den Staulagen der Mittelgebirge
bei 8 bis 15 mm und in exponierten Staulagen (vor allem Eifel und Hunsrück)
zeigen vor allem die feinmaschigen Modelle durchaus 15 bis gut 25 cm Neuschnee.
Entsprechend müssen die Höhenlagen markant, eventuelle sogar mit Unwetter
abgewarnt werden (auch wg. Schneeverwehungen, s. unten).

Präfrontal besteht an der Nordsee weiterhin eine hohe Wahrscheinlichkeit für
orkanartige Böen Bft 11, im angrenzenden Binnenland für schwere Sturmböen Bft
10. Sonst muss vor allem im Westen und in Teilen der Mitte mit stürmischen Böen
oder Sturmböen (Bft 8 bis 9), auf den Bergen mit schweren Sturmböen, auf dem
Brocken mit Orkanböen gerechnet werden. Im Osten beschränken sich die Sturmböen
zunächst auf die Ostseeküste, im Binnenland geben sich die Modelle bisher mit
Böen Bft 7 zufrieden. Im Bergland des Südens sind es ebenfalls "nur" Bft 7 bis
8, im Flachland ist der Wind zunächst kein großes Thema. Erwähnenswerte beim
Wind ist noch der Alpenraum, wo sich eine Föhnlage einstellt. In den Hochlagen
muss mit schweren Sturmböen, in den exponierten Föhntälern mit stürmischen Böen
Bft 8 gerechnet werden.

Die Höchsttemperaturen belaufen sich im Westen und Nordwesten auf 6 bis 8 Grad
mit den höchsten Werten am Niederrhein. Ansonsten erwärmt sich die Luft auf 0
Grad im höheren Bergland und 5 Grad im Rhein-Main-Gebiet.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Hauptzentrum des Zentraltiefs zum
südlichen Großbritannien, wobei über Schottland noch ein kleineres Zentrum
übrigbleibt. Mit der weiteren leichten Annäherung kommt auch die Okklusion bis
ins Odergebiet und nach Südostbayern voran. Rückseitig fächert der Gradient von
Westen her deutlich auf und der Wind schwächt sich weiter ab. Eingangs der Nacht
sind vom Südwesten bis in den Nordosten noch Bft 7 bis 8 möglich, später ist in
den Niederungen keine Windwarnung mehr erforderlich (abgesehen von der
Ostseeküste). Auf den Bergen muss dagegen weiterhin mit stürmische Böen bis
Sturmböen aus Süd gerechnet werden, auch die Föhnlage an den Alpen bleibt
weiterhin erhalten. In der Südosthälfte kühlt die Grundschicht erneut leicht
aus, sodass verbreitet leichter, in Südostbayern auch mäßiger Frost auftritt. Im
Zusammenspiel mit der der Okklusion stellt sich damit erneut die Frage nach der
Niederschlagsphase. Allein schon die Betrachtung der Pseudosynops lässt die
Komplexität erahnen: in einem breiten Streifen vom Südwesten bis in den
zentralen Mittelgebirgsraum sind sowohl die flüssige, als auch die feste Phase
dabei. An der Vorderseite des Niederschlagsbandes muss am ehesten mit der
gefrierenden Phase gerechnet werden, wobei sich die Frage nach der Abtrocknung
der "Föhnluft" im Vorfeld stellt.

Montag... überdeckt der umfangreiche Langwellentrog nun weite Teile West- und
Mitteleuropas, wobei sich das Hauptdrehzentrum nach Nordostfrankreich und
Belgien verlagert. Deutschland befindet sich dabei weiterhin in der südlich
orientierten Strömung, bei in der Höhe kurzwellige Anteile von Süd nach Nord
ablaufen. Die an die kurzwelligen Anteile gekoppelten Niederschläge fallen in
tiefen Lagen in flüssiger Form, im Bergland ist bei Werten zwischen -1 und -3
Grad in 850 hPa auch leichter Schneefall dabei. Ganz im Osten und Südosten ist
anfangs auch gefrierender Regen noch nicht ganz ausgeschlossen. Während im
Tagesverlauf der Föhn endgültig zusammenbricht, ist in Südostsachsen noch bis
zum Abend Böhmischer Wind mit 7er Böen wahrscheinlich. Auch an der Ostsee kann
es in Ostvorpommern anfangs noch steife Windböen geben.
Mit auf Südost drehendem Wind wird es in Nordwestdeutschland mit rund 5 Grad
kühler als am Vortag. Insgesamt ändert sich aber nicht viel an der
Temperaturspanne zwischen 0 Grad in Teilen Bayerns und 7 Grad im Rheinland. In
einigen Mittelgebirgslagen ist auch geringer Dauerfrost möglich.

In der Nacht zum Dienstag nähert sich das Zentraltief noch etwas an und erreicht
die Nordküste Hollands. Um das Höhentief herum wird die höhenkalte Luft nach
ganz Deutschland geführt, so dass die Temperatur in 500 hPa auf -30 bis -34 Grad
sinkt. Auch in 850 hPa sinkt die Temperatur, nämlich auf -3 bis -5 Grad.
Entsprechend geht auch die Schneefallgrenze nach unten, teils kann es bis in
tiefe Lagen etwas schneien. Der Hebungsantrieb ist insgesamt nicht besonders
groß. Meist werden Niederschlagsmengen zwischen 0,5 und 6 mm, im Schwarzwald
berechnet ICON-Nest auch Neuschneemengen bis 10 cm. In Lagen oberhalb von 400
bis 600 m ist damit häufig mit winterlichen Straßenverhältnissen zu rechnen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig simulieren die Modelle recht ähnlich.

Die Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Neuschneemengen über 15 cm innerhalb
von 12 Stunden liegt nach CosmoLEPS im westlichen Hunsrück und in der Eifel
teils bei über 90 Prozent und selbst im Taunus, im Vogelsberg sowie im
Westerwald und im Rothaargebirge liegen die Wahrscheinlichkeiten bei 10 bis 65
Prozent. In der 2. Nachthälfte steigt dann auch im Südschwarzwald die
Wahrscheinlichkeit von markantem bis unwetterartigem Schneefall.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden