DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-08-2016 21:00
SXEU31 DWAV 151800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.08.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Meist Hochdruckeinfluss, nur im äußersten S sowie am Dienstag im O/NO Gewitter
möglich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein Omegamuster mit Trögen
über dem mittleren Nordatlantik und dem östlichen Mitteleuropa (Drehzentrum über
dem Baltikum), die durch einen bis zum Nordmeer ausgreifenden Rücken über
Westeuropa (mit abgeschlossenem Höhenhoch über UK; jeweils 300 hPa) getrennt
werden. Dieses Muster verhält sich im Laufe der Nacht zum Dienstag leicht
progressiv, ohne dass sich im Ganzen viel daran ändert. Am erwähnenswertesten
scheint die Tatsache, dass der vom baltischen Drehzentrum ausgehende, über
Polen, Tschechien und Süddeutschland bis zur Biscaya verlaufende Troganteil in
den nächsten Stunden über Westfrankreich abtropft und das östliche Residuum
langsam über die Ostalpen hinweg südostwärts schwenkt. Folgerichtig steigt das
Potenzial über dem Vorhersageraum allmählich an, was sich in einem von der
Nordsee bis zu den Zentralalpen gerichteten Höhenkeil bemerkbar macht.
Zur Situation am Boden: Hier sind zwei für unseren Raum relevante Protagonisten
zu erwähnen. Zum einen das von der Barentssee bis zur Nordsee reichende Hoch mit
Keil bis Mitteleuropa, zum anderen das aus den beiden Zentren FINNI und GRETA
bestehende Tiefdrucksystem über Finnland, dem Baltikum und NW-Russland. Am Rande
des Hochs gelangt mit schwachen nordwestlichen bis nördlichen Winden eine bis
etwa 800 hPa leicht labil bis indifferent geschichtete erwärmte Meeresluft
polaren Ursprungs insbesondere in die Nordhälfte, während sie nach Süden hin
Schwierigkeiten hat, die Mittelgebirge vollständig zu überqueren. In der
maritimen Luftmasse haben sich tagsüber mal mehr, mal weniger dichte Quellungen
entwickelt, die aufgrund ihrer geringen vertikalen Erstreckung aber keine
Schauer generiert haben und sich in der Nacht tagesgangbedingt zurückbilden
werden.
Interessanter ist die Entwicklung im Süden, wo nicht nur wärmere, sondern auch
labilere Luft positioniert ist. Sie wird durch eine zonal exponierte, in der
Analyse nicht ganz einfach zu detektierenden Luftmassengrenze von der
polar-maritimen Luftmasse im Norden abgegrenzt (die Positionierung erfolgt im
Wesentlichen auf Basis der pseudopotenziellen Temperatur im 2-m-Niveau). Die
Luftmassengrenze lag heute Mittag knapp südlich der Mainlinie, von wo aus sie
nur langsam Boden nach Süden hin gutmacht. Im Druckfeld markiert sie den
nördlichen Rand einer von Frankreich bis in den Süden bzw. den Alpenbereich
reichenden Tiefdruckrinne, in der sich tagsüber an mehreren Stellen Gewitter
entwickelt haben. Inzwischen (Stand 18:45 MESZ) sind die konvektiven Prozesse
zumindest auf deutscher Seite zum Erliegen gekommen, was aber noch kein Garant
dafür ist, dass es am Abend auch so bleibt. Hier gilt es also nach wie vor,
Überwachungsarbeit zu leisten. Die Unwettergefahr sollte aber immer geringer
werden.
Im Laufe der Nacht spricht dann eigentlich alles dafür, dass die Konvektion
gänzlich zusammenfällt (abziehender Trog, Tagesgang) und auch nicht wieder
aufsteht. Dann steht landesweit eine ruhige Nacht ins Haus, in der sich das eine
oder andere, meist flache Nebelfeld bildet.

Dienstag ... bleibt die Omegasituation erwartungsgemäß bestehen, wobei sich
Deutschland nach wie vor im Übergangsbereich zwischen dem LW-Trog im Osten und
dem Rücken im Westen unter einer eher zyklonal konturierten nördlichen
Höhenströmung. Im Westteil des besagten Troges löst sich über der Ostsee ein
markanter kurzwelliger Anteil, der im Tagesverlauf über den Westen Polens
südwärts schwenkt und dabei auch Teile NO- und O-Deutschlands tangiert. In 500
hPa geht die Temperatur im Randbereich des KW-Troges auf rund -20°C zurück, was
bei 850-hPa-Temperaturen von +5-6°C eine hinreichende Labilität für etwaige
Schauer und auch kurze Gewitter garantiert. Betroffen davon dürften am
Nachmittag vor allem MV und BB, später vielleicht auch noch Sachsen sein, bevor
der Spuk als bald wieder vorbei ist.
Den Blick zu richten gilt es nach wie vor auf den äußersten Süden, wo nicht nur
Reste der Tiefdruckrinne, sondern nach wie vor auch potenziell instabil
geschichtete Warmluft zu finden sind. Allerdings nehmen die ML-CAPE-Werte
gegenüber heute etwas ab, nur punktuell reicht es nach COSMO-EU noch für Werte
um 1000 J/kg. Entsprechend geringer ist auch die Unwettergefahr, gleichwohl sind
bei PPWs um 30 mm und geringer Zuggeschwindigkeit der Zellen zwischen
Südschwarzwald und Alpenrand lokale Unwetter insbesondere durch Starkregen nicht
ausgeschlossen.
Im großen Rest Deutschlands kann man sich trotz zyklonaler Höhnströmung und der
Tatsache, dass sich der Hochschwerpunkt zur Norwegischen See verlagert, über
einen sonnigen oder heiteren, teils mit einigen Quellwolken garnierten Dienstag
freuen, an dem die Temperatur im S und SO auf 25 bis 30°C, sonst auf 19 bis 24°C
steigt.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der KW-Trog weiter nach Süden, wobei er sich
aber westwärts ausweitet. Das hat zur Folge, dass die im äußersten Süden des
Landes liegende potenziell instabile Warmluft auf die hebungsgünstige
Trogvorderseite gelangt, so dass dort die Schauer- und Gewitteraktivität trotz
ungünstiger Tageszeit nicht zum Erliegen kommt. Ansonsten verläuft die Nacht
trotz des etwas zurückweichenden Hochkeils ruhig und unspektakulär.

Mittwoch ... gibt es wenige Neuigkeiten aus der Welt der synoptischen
Meteorologie in Deutschland und dem erweiterten Umfeld zu vermelden. Der
Schwerpunkt der hochreichenden Antizyklone rückt zwar weiter nach Norden, was
uns die Großwetterlage HNa (Hoch Nordmeer antizyklonal) beschert, trotzdem setzt
sich das sonnenscheinreiche und trockene Sommerwetter in weiten Teilen des
Landes fort. Allerdings sinkt das Temperaturniveau insgesamt etwas zurück, die
Fläche mit Tageshöchstwerten von 20 bis 25°C (Küste und Inseln bei direktem Wind
von der See nur um 19°C) wird größer. Etwas höhere Temperaturen gibt es wohl nur
noch im Rheintal sowie in den zahlreichen Seitentälern.
Am Rande des von Karelien zum Baltikum ziehenden Bodentiefs strömt eine in der
Grundschicht leicht labil bis indifferent geschichtete Luftmasse in die
östlichen Landesteile, in der sich durchaus auch mal dichtere Quellwolken bilden
können. Diese stoßen sich aber in 800 bis 750 hPa an einer Inversion "die
Birne", so dass etwaige Schauer nicht in Frage kommen.
Diese stehen, ebenso wie einzelne Gewitter, nach wie vor im äußersten Süden
(Südschwarzwald bis Bodensee, Alpenrand plus unmittelbar anschließendes Vorland)
auf der Karte. Zwar gehen PPW- und Labilitätswerte gegenüber den Vortagen etwas
zurück, ganz weichen tut die Luftmasse aber nicht. So ist durchaus mit lokalen
Gewittern bis in den markanten Bereich (Starkregen, kleinkörniger Hagel) zu
rechnen, die Unwettergefahr ist aber sehr gering.

In der Nacht zum Donnerstag rückt das "baltische" Tief etwas weiter nach Westen
vor. Damit verstärken sich die Hebungsprozesse im äußersten NO des
Vorhersageraums, was dort zu geringen schauerartigen Regenfällen führen kann -
kann deswegen, weil andere Modelle nicht ganz so offensiv wie ICON zur Sache
gehen.
Ansonsten nähert sich von Frankreich her eine Tiefdruckrinne den südwestlichen
Landesteilen, die wahrscheinlich aber noch keinen Niederschlag bringen.

Donnerstag ... wird der Hochdruckeinfluss mehr und mehr abgebaut - von zwei
Seiten, damit es sich auch lohnt. So zieht das o.e. Tief in Richtung
Südschweden. Die zugehörige Okklusion greift auf den N und NO des Landes über,
ohne dabei den ganz großen Alarm zu schlagen. Für einige dichtere Wolken und
gebietsweise etwas Regen sollte es aber reichen.
Gleichzeitig weitet sich von Süden bzw. Südwesten her die Tiefdruckrinne langsam
nordwärts aus, was mit schauerartigen Regenfällen und Gewittern einhergeht. Wie
weit diese tatsächlich bis zur Mitte vorankommen, ist derzeit noch offen, zeigen
sich doch die deutschen Modelle defensiver als die externen Vorhersageexemplare.
Zwischen den beiden zyklonalen Baustellen wird sehr wahrscheinlich noch ein
trockener, von NW nach SO verlaufender Streifen übrig bleiben, in dem für
längere Zeit die Sonne scheint. Temperaturmäßig ändert sich nicht allzu viel
gegenüber dem Vortag.


Modellvergleich und -einschätzung
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Hinsichtlich der morgigen Passage des KW-Troges im Osten haben sich die Modelle
weitgehend angepasst. Die Unterschiede ab Mittwoch wurden im Text angesprochen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann