DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-12-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.12.2020 um 10.30 UTC



Nasskalt. Im Bergland meist winterlich, anfangs in höheren Lagen stürmisch. In
den Nächten bis in tiefe Lagen Glättegefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 31.12.2020


Am Sonntag liegt Deutschland an der Vorderseite eines kräftigen Zentraltiefs mit
Zentrum über Schottland, das korrespondierende Bodentief weist einen Kerndruck
unter 960 hPa auf. An der Vorderseite dieses Zentraltiefs laufe Kurzwellentröge
nach Nord-Nordost ab, die hierdurch generierte Hebung sorgt im Nordwesten und
Westen Deutschlands für zeitweisen Regen. Zwischen diesem Tief und hohem
Luftdruck über Osteuropa ergibt sich ein kräftiger Gradient, so dass, abgesehen
vom Südosten, in freien Lagen Windböen und im Bergland Sturm- und exponiert
schwere Sturmböen (Brocken orkanartige Böen) zustande kommen. Bedingt durch die
vorderseitige südwestliche Strömung ist an den Alpen eine Föhnlage zu erwarten,
deren Höhepunkt sich in der zweiten Tageshälfte eher zum Abend hin abzeichnet.
Dabei kann bis in die Täler der Föhn mit Sturmböen durchbrechen, auf Berggipfeln
muss mit schweren Sturm- und orkanartigen Böen gerechnet werden.
Am Montag verlagert sich das Zentraltief mit seinem Kern nach Südengland. Ein
kräftigerer Kurzwellentrog, der dieses Tief umläuft, induziert über der Bretagne
eine markante Zyklogenese. Das resultierende Tief erreicht bereits gegen Mittag
über Mittelfrankreich den Höhepunkt seiner Entwicklung und wird bis zum Abend
nach Ostfrankreich gesteuert. Vorderseitige Hebung generiert vor allem im Westen
und Süden weitere zeitweise Niederschläge. Die Schneefallgrenze liegt meist bei
etwa 1000 m, an den Alpen auch noch darüber. Mit der Annäherung dieses Tiefs,
das in Auffüllung begriffen ist, wird der Gradient auseinandergezogen. Der Föhn
bricht bereits in den Frühstunden zusammen, mit Beginn der zweiten Tageshälfte
sind selbst im Bergland keine warnrelevanten Böen mehr zu erwarten.
Im Laufe des Dienstags verlagert sich das Zentraltief in die südliche Nordsee,
wodurch sich deutschlandweit kältere Luft durchsetzt. Im 500 hPa-Niveau geht die
Temperatur auf Werte um -30, in 850 hPa im Norden und in der Mitte Deutschlands
auf etwa -5 Grad zurück, so dass in den meisten Mittelgebirgen die
Schneefallgrenze auf etwa 600 m sinkt. Im Süden hält sich noch die bisherige
Luftmasse, so dass dort die feste Niederschlagsphase erst deutlich oberhalb von
1000 m zu erwarten ist. Nach wie vor zeichnen sich die meisten Niederschläge im
Nordwesten und Westen Deutschlands ab, wobei aufgrund des geringeren
Flüssigwassergehalts der Luftmasse gegenüber den Vortagen merklich weniger
Niederschlag fällt. Mit der Verlagerung des korrespondierenden Bodentiefs in die
Nordsee legt der Gradient vorübergehend noch einmal etwas zu, so dass auf
höheren Berggipfeln, mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch an der Nordsee,
Sturmböen Bft 8/9 auftreten können.
Am Mittwoch weitet sich, ausgehend von dem Zentraltief über der Nordsee, ein
breiter Trog bis in den westlichen Mittelmeerraum aus. Hierdurch ergibt sich
eine Lage "Trog Mitteleuropa". Die Niederschlagstätigkeit bleibt vergleichsweise
gering, die Schneefallgrenze sinkt auf 400 bis 600 m, im Süden durchaus auch
etwas darunter. In der Nacht zum Donnerstag greifen auf den Nordwesten und
Westen Deutschlands kräftigere Niederschläge über, die aus einem weiteren
Kurzwellentrog resultieren, der das über der Nordsee liegende Zentraltief
umläuft. Diese Niederschläge fallen zumindest anfangs bis in tiefere Lagen als
Schnee, im westlichen Bergland können deutlich mehr als 10 cm Schnee innerhalb
von 12 Stunden zusammenkommen. Mit der Verlagerung des Zentraltiefs (das sich
dabei weiter auffüllt) erfassen diese Niederschläge dann auch die mittleren
Landesteile, wobei tagsüber wahrscheinlich in Lagen unterhalb von 400 m
Schneeregen oder Regen fällt. Der Wind dürfte dabei nur in exponierten Kamm- und
Gipfellagen warnrelevant sein.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum bewirkt ein Vorstoß arktischer
Polarluft aus dem grönländischen Raum eine Regenerierung des wetterbestimmenden
Troges über dem nahen Ostatlantik. Dieser übernimmt die steuernde Funktion, der
bislang über Mitteleuropa liegende Anteil wird nach Osteuropa geführt und dabei
zugeschüttet. Somit stellt sich wieder eine südwestliche Strömung ein. Nach
vorübergehender Wetterberuhigung am Freitag (Neujahr) setzen am Samstag erneut
Niederschläge ein, die den Westen und Südwesten Deutschlands und später auch die
mittleren Landesteile erfassen. Wahrscheinlich wird anfangs Schnee fallen, der
alsbald bis in Lagen um 1000 m in Regen übergeht. Vorübergehend kann auch die
gefrierende Phase nicht ganz ausgeschlossen werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Modelllauf gegenüber den beiden
gestrigen Simulationen weitgehend konsistent. Prognoserelevante Unterschiede
lassen sich bis dahin nicht ableiten. Ab Donnerstag ergeben sich signifikante
Unterschiede. Während der gestrige 00 UTC-Lauf das Bodentief über der Nordsee
verschwinden ließ, hatte bereits der gestrige 12 UTC-Lauf dieses Tief im
Programm. Bemerkenswert ist, dass der Vorstoß arktischer Polarluft aus dem Raum
Ostgrönland, der vom aktuellen Lauf simuliert wird, bei den weiter
zurückliegenden Modellrechnungen noch nicht zu sehen war. Die zum Ende des
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraumes erneut einsetzende südwestliche
Strömung wurde vom gestrigen 12 UTC-Lauf nur angedeutet, der 24 Stunden
zurückliegende Lauf beließ es bei einer Lage "Trog Mitteleuropa". Demzufolge
könnte nach dem aktuellsten Lauf die ab Samstag im neuen Jahr einsetzende
Erwärmung etwas rascher in Gang kommen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Donnerstag stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
kaum ableiten. So lässt sich lediglich herausarbeiten, dass neben EZMW auch GFS
das sich abschwächende Zentraltief über der Nordsee noch im Programm hat und
beide Modelle daher über dem Vorhersagegebiet einen kräftigeren Gradienten
zeigen als ICON und auch das Modell des kanadischen Wetterdienstes.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum kann von einer wenn auch nur
vorübergehenden Wetterberuhigung, wie sie EZMW zeigt, beim GFS und auch beim
kanadischen Modell keine Rede sein. Vielmehr setzt sich nach den beiden
amerikanischen Modellen rascher eine Südwestströmung durch, die eine Erwärmung
mit sich bringt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt weitgehend das Szenario des hauseigenen deterministischen
Laufes. Der Spread ist bis in den erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum
hinein relativ gering. Allerdings ist die Drehung der Strömung auf Südwest ab
Neujahr eine Idee der aktuellsten Simulation. Der deterministische Lauf ist eher
am "kalten" Rand der Verteilung der Einzellösungen zu finden, d.h. es ist noch
einigermaßen unsicher, wann und wie rasch sich zu Neujahr wieder mildere Luft
durchsetzen kann. Sehr wahrscheinlich bleibt es daher zumindest im höheren
Bergland winterlich.
Das EPS des EZMW folgt weitgehend dem oben beschriebenen Szenario. Dabei fällt
der für den erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum relativ geringe
Spread auf, bis ins neue Jahr reicht es nur für ein Cluster, das eine Troglage
über Mitteleuropa abbildet. Eine Drehung der Strömung auf Südwest, wie die der
deterministische Lauf zeigt, wäre demnach noch nicht zu sehen. Demzufolge
vollzieht die übergroße Mehrzahl der EPS-Member noch nicht den Trend zu einer
Milderung zu Neujahr nach, der Kontrolllauf wie auch der Hauptlauf sind dann am
warmen Rand der Verteilung zu finden. Dies spielgelt sich auch bei den
"Tortendiagrammen" der wahrscheinlichsten Windrichtung wider. Eine nachhaltige
Drehung der bodennahen Winde auf Südwest ist demnach nicht erkennbar.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Sonntag bleibt es, abgesehen vom Südosten, sehr windig. Im Bergland und zum
Teil auch an der Nordseeküste treten Sturmböen Bft 8/9, in den Kamm- und
Gipfellagen schwere Sturmböen (Brocken orkanartige Böen) auf. Zudem kommt an den
Alpen Föhn in Gang mit teils schweren Sturmböen auf exponierten Gipfeln und Böen
bis Sturmstärke bei Föhndurchbruch bis in die hierfür anfälligen Täler. In der
Nacht zum Dienstag flaut der Wind ab, Böen bis Sturmstärke sind dann auf
exponierte Gipfellagen beschränkt. Wahrscheinlich bricht dann von Westen her
auch der Föhn allmählich zusammen. Am Montag sind voraussichtlich keine markant
zu bewarnenen Wetterereignisse zu erwarten.
Am Dienstag legt der Wind wieder etwas zu, Sturmböen Bft 8/9 sind bis
einschließlich Mittwoch jedoch auf wenige exponierte Berggipfel beschränkt. Die
Schneefallgrenze liegt bei 400 bis 600 m, oberhalb davon können in den Staulagen
der westlichen Mittelgebirge mehr als 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden
fallen, wobei sich dies vor allem in der ersten Tageshälfte abzeichnet.
In der Nacht zum Donnerstag können von Nordwesten erneut Niederschläge
aufkommen, die zumindest vorübergehend bis in tiefe Lagen als Schnee fallen und
im Laufe des Donnerstags auch auf die mittleren Landesteile übergreifen. Die
Schneefallgrenze ist tagsüber unverändert, liegt aber in den Frühstunden
deutlich tiefer. In Staulagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge können
erneut mehr als 10 cm Schnee zusammenkommen. Sturmböen bis Bft 9 sollten auf
exponierte Gipfellagen beschränkt bleiben, wobei die Wahrscheinlichkeit hierfür
nicht allzu hoch ist.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann