DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-12-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 22.12.2020 um 10.30 UTC



Nasskalt und wechselhaft. Im Bergland teilweise winterlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 29.12.2020


Am kommenden Freitag, 1.Weihnachtstag und gleichzeitig Beginn des
mittelfristigen Zeitraums, liegt Deutschland zwischen einer nach Osteuropa und
ins Mittelmeer abgezogenen Tiefdruckrinne und einem rasch vom Nordatlantik nach
Westeuropa vordringenden Hoch im Zustrom von Meereskaltluft aus nordwestlicher
bis nördlicher Richtung. Vor allem im Süden und Osten kommt es noch zu Schauern,
im Bergland ab 300/400m meist als Schnee, während sich ansonsten das Wetter von
Norden her beruhigt.
Am 2.Weihnachtstag, dem kommenden Samstag und schwenken ein Höhenrücken und
damit verbunden auch eine Bodenhochdruckzone rasch von Nordwesten über uns nach
Südosten. Über Nordwesteuropa hat ein Trogvorstoß nach Süden eingesetzt, vor dem
die Strömung über Mitteleuropa wieder auf westliche Richtungen dreht. Vor allem
in den Nordwesten wird mildere Luft geführt. In großen Landesteilen überwiegt
tagsüber noch antizyklonaler Einfluss, auch wenn der Gradient schon wieder
anzieht und über der Nordsee erste Sturmböen möglich sind. Dem Nordwesten nähern
sich darüber hinaus auch schon die Ausläufer eines hochreichenden Tiefs bei
Island mit Regenfällen.
Am Sonntag verlagert sich das Drehzentrum des Troges über der westlichen Nordsee
nach Süden. Der Trog weitet sich zwar auch nach Deutschland aus, die Hauptachse
schwenkt aber nach Westeuropa, sodass wir auf der Trogvorderseite in eine
südwestliche Strömung und den Zustrom etwas milderer Luftmassen gelangen. Mit
Tiefausläufern kommen in der Nordwesthälfte Regenfälle auf. Je nach Timing des
Niederschlags, kann es anfangs bis ganz runter schneien, im Tagesverlauf dürfte
lediglich das höhere Bergland noch Schnee sehen. Bei gut ausgeprägtem
Druckgradienten wird es vor allem über dem Norden und Westen teilweise windig.
Am Montag weitet sich der Langwellentrog zur Iberischen Halbinsel aus, kommt
derweil aber auch nach Osten voran und erfasst zum großen Teil auch
Mitteleuropa. Die entsprechenden Bodentiefs tummeln sich mit ihren Zentren über
der Nordsee und Westeuropa. Im Bereich von höhenkalter Luft mit Temperaturen
unter -30 Grad in 500 hPa und Werte zwischen 0 und -5 Grad in 850 hPa darf von
nasskaltem Schauerwetter ausgegangen werden, im höheren Bergland vielleicht auch
mit winterlichem Anstrich.
Am Dienstag geht die Troglage weiter. Wir verbleiben tendenziell eher auf der
Vorderseite in einer südwestlichen Strömung und weder in der mittleren, noch in
der unteren Troposphäre ist die Luft sonderlich kalt. In 850 hPa liegen die
Temperaturen weiter zwischen 0 und -5 Grad. Der Berglandwinter beschränkt sich
eher auf mittlere oder höhere Lagen.

Auch in der erweiterten Mittelfrist setzt sich der Trogeinfluss fort, was
wahrscheinlich wechselhaftes und nasskaltes, lediglich in höheren Lagen
winterliches Wetter nach sich zieht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS Modells ist in den letzten Läufen gut. Die Unterschiede
zu den Vorläufen beschränken sich auf Details, die für mittelfristige
Verhältnisse eher keine Rolle spielen. Der Tenor geht dahin, dass der
Wetterablauf wechselhaft sein dürfte; mit der Zufuhr von Meereskaltluft zwar
auch deutlich kälter als im kurzfristigen Zeitraum, aber eben auch nicht
winterlich, sondern eher nasskalt mit winterlichem Anstrich in mittleren und
höheren Berglagen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Grundsätzlich zeigen auch die anderen globalen Modelle einen ähnlichen Ablauf.
Alternative Lösungen sind nicht vorhanden. Im ICON greift der Trog etwas rascher
und nachhaltiger zu uns hin aus, im GFS liegt die Trogachse anfangs noch weiter
westlich als im IFS. Zum Samstagabend hat ICON an der Nordsee im 00z Lauf sogar
schwere Sturmböen im Programm, mehr als die anderen deterministischen Modelle
oder die Ensembles. Die Unterschiede sind aber eigentlich für den
Prognosehorizont sehr überschaubar.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles stützen anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte die
gemachten Aussagen. Der Spread in den Kurven bleibt bis zum Wochenende gering
und steigt ab Sonntag an. Ab Montag gibt es in den 850 hPa Temperaturen und beim
500 hPa Geopotential zwar insgesamt eine recht große Spanne, die meisten
Ensemble-Members bleiben aber nahe den Kurven des Hauptlaufes. Entsprechend
dürfte diese Lösung zumindest nicht ganz abwegig sein.
Die 3 Cluster des ersten Zeitschritts bis +96h unterscheiden sich nicht viel und
auch die beiden Cluster im Hauptmittelfristzeitraum sehen ganz ähnlich aus. Nur
die Kontur des Troges über West- und Mitteleuropa und seine Position
unterscheiden sich leicht.
Auch in der erweiterten Mittelfrist wird niedriges Geopotential über
Mitteleuropa favorisiert, flankiert von einem Rücken über dem Atlantik und
tendenziell erhöhtem Geopotential über Nord- und Osteuropa. Will meinen: Die
Tendenz zu meridional geprägten bzw. Blockinglagen setzt sich fort.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mit der kälteren Meeresluft treten im Bergland wieder winterliche
Wettererscheinungen auf den Plan, wie auch nachts ansonsten Frost und Glätte.
Darüber hinaus wird der Wind warnrelevant und dieser tatsächlich auch markant,
indem am Wochenende zumindest nach Westen und Norden hin, sowie im Bergland sehr
windiges, teilweise stürmisches Wetter ansteht mit einzelnen (schweren)
Sturmböen an der Nordsee und im Bergland. Das spiegelt sich dann auch im EFI
wider, was Signale für etwas mehr Wind und Niederschlag im Nordwesten zeigt.
Eine "echte" Sturmlage ist das aber noch nicht.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MosMix, IFS (ENS)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner