DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-12-2020 09:01
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.12.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z

Gebietsweise Dauerregen, vor allem im Bergland Sturmböen. Sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... stellt sich über Mitteleuropa eine westliche Strömung ein zwischen
einem breiten Langwellentrog über Nordwesteuropa und einem von der Iberischen
Halbinsel nach Frankreich und zum Alpenraum gerichteten Höhenkeil. Die
dazwischen liegende Frontalzone nähert sich Mitteleuropa.
In ihrem Bereich bilden bzw. befinden sich schon mehrere eher kleinräumige
Tiefs, von denen ein Erstes heute bis zum Abend in die südwestliche Nordsee
zieht. Begleitet von kräftiger Warmluftadvektion erfasst die Warmfront dieses
Tiefs im Tagesverlauf von Westen her unser Land und breitet sich mit dem
zugehörigen und teils länger anhaltenden Regen nach Osten aus. Dabei wird die
Zufuhr sehr milder und ebenso feuchter Meeresluft eingeleitet.
Bis Dienstag früh fallen vor allem im Westen und Nordwesten gebietsweise 10 bis
15 mm Regen, in Staulagen der westlichen Mittelgebirge an die 20 mm. Diese
Regensummen sind noch nicht warnrelevant, zusammen mit dem was folgt, werden
Dauerregenwarnungen dann schon nötig.
Dazu nimmt der Druckgradient zur über Südeuropa befindlichen Hochdruckzone
deutlich zu. Im Tagesverlauf frischt entsprechend der südliche bis südöstliche
Wind auf. Ab dem Nachmittag kommt es von Westen her und schwerpunktmäßig auch im
Westen zu ersten Windböen Bft 7. Im Bergland und über der offenen Nordsee sind
es stürmische Böen und auf exponierten Gipfeln auch schwere Sturmböen.
Zuvor hat es der Südosten noch mit den Resten eines nach Osten abziehenden
Tiefausläufers zu tun, der viel tiefe Bewölkung in der feuchten Grundschicht
hinterlassen hat mit geringem Regen oder Sprühregen und anfangs auch einem
gewissen Glättepotential und gebietsweise Nebel. Das sollte sich im Laufe des
Vormittags mit langsam steigenden Temperaturen erledigt haben. Zwischen dem
abziehenden und den neuen Tiefausläufer stellt sich eine kurze trockene Phase
mit Auflockerungen ein.
Im Südosten hält sich die feuchtkalte Grundschicht, hier greift keine
Durchmischung und bei schwachen, fast östlichen Bodenwinden ist schon bei 2 bis
5 Grad das Maximum erreicht, während im Westen zweistellige Werte erreicht
werden.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Tief nach Jütland, wobei die Warmfront rasch
nach Osten durchschwenkt, die Kaltfront über der Nordsee aber nur zögernd, da
schleifend, auf den Nordwesten übergreift. Gleichzeitig lässt sich eine weitere
Warmfront in den thermischen Feldern ausmachen, welche über Frankreich in unsere
Richtung zieht. Das Maximum der Warmluftadvektion verlässt uns zwar nach Osten
hin, wird aber durch die positive Vorticityadvektion von kurzwelligen Trögen und
die frontale Zirkulation ersetzt, so dass weitere Hebung und Regenfälle
anstehen, die fast deutschlandweit auftreten. Am wenigsten wohl im Süden und
Südosten, am meisten im Nordwesten. Wobei dort im Zusammenhang mit der
schleifenden Kaltfront wieder kräftiger Regen einsetzt.
Das Windmaximum im Norden verschiebt sich von der Nord- zur Ostsee, landeinwärts
lässt der Wind dann deutlich nach um vor allem über der Mitte und dem Süden
wieder zuzulegen. Es kommt zu Windböen, exponiert vor allem im Westen auch zu
stürmische Böen aus südlichen bis südwestlichen Richtungen. Im Bergland sind
häufiger stürmische Böen oder Sturmböen zu erwarten. Exponierte Berge sind nach
wie vor mit teils schweren Sturmböen dabei und auf dem Brocken kann es
vorübergehend orkanartige Böen geben. Die Temperaturen steigen im Laufe der
Nacht eher an, als dass sie zurückgehen. Falls es in den Abendstunden im
Südosten nochmal auflockert, kann es dort Nebel und Temperaturen nahe 0 Grad
geben, im weiteren Verlauf hat sich das dann erledigt.

Dienstag... liegen wir unter einer leicht antizyklonal konturierten westlichen
Höhenströmung. Das Tief entfernt sich nach Schweden und hinterlässt im Norden
die schleifende Kaltfront, die in die Warmfront eines nach Südengland ziehenden
neuen Tiefs übergeht. Zu allem Überfluss deutet sich in den Feuchte- und
Temperaturfeldern eine weitere Warmfront über dem Südwesten, die sich nach Osten
fortpflanzt.
In Teile des Nordens fließt hinter der etwas Boden nach Süden gutmachenden
Kaltfront kühlere Meeresluft über die Nordsee ein, in der es nur zu einzelnen
Schauern kommt. Die Kaltfront selbst könnte bei großer Scherung und zumindest
bis ca. 700 hPa instabiler Schichtung durch eine Schauerlinie gekennzeichnet
sein, an der es zu Windböen kommen kann. Weiter südlich wird feuchte und sehr
milde Meeresluft subtropischen Ursprungs herangeführt, die infolge von PVA und
leichter WLA gehoben wird.
Die Temperaturen steigen in 850 hPa auf 5 bis 8 Grad, die Taupunkte am Boden auf
mehr als 10 Grad und die Maxima dürfte im Südwesten, speziell entlang des Rheins
um 15 Grad liegen.
Das Ganze bei starker Bewölkung und verbreiteten Regenfällen. Die gebietsweise 5
bis 10 mm bringen, in Staulagen eventuell bis 20 mm in 12 Stunden. Die
Regenschwerpunkte sind aber nach wie vor unsicher. Die deutsche Modellkette
sieht den meisten Regen eher im Süden/Südwesten, IFS legt ihn über die Mitte und
den Norden. Die akkumulierten Mengen kommen gebietsweise in den warnwürdigen
Bereich, wobei sich aufgrund der Modellunterschiede Schwierigkeiten ergeben, die
Regionen einzugrenzen. Wahrscheinlich sind dies aber vor allem die klassischen
Staulagen im Westen und Norden.

Der Gradient fächert derweil von Westen her mit dem abziehenden Tief langsam
wieder auf. Vor allem anfangs kommt es über der Mitte und dem Süden in tiefen
Lagen zu Windböen, im Bergland zu Sturmböen und auf exponierten Bergen zu
schweren Sturmböen oder orkanartigen Böen. Zum Abend dürfte es in tiefen Lagen
kaum noch warnwürdigen Böen reichen.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Trog über dem Atlantik mit seiner Achse
zu den Britischen Inseln, während sich der Höhenrücken über Südeuropa langsam
nach Osten verschiebt. An seiner Nordflanke bleibt bei uns die leicht
antizyklonale Westströmung erhalten. Die Hebungsvorgänge fokussieren sich
zusehends auf die über der Mitte und dem Süden schleifende Warmfront. Vor allem
in einem breiten Streifen über der Mitte und dem "südlichen" Norden regnet es
länger anhaltend mit 5 bis 15 mm in 12 Stunden; in Staulagen der westlichen
Mittelgebirge bis 25 mm.
Der Gradient über der Südhälfte ist einigermaßen intakt, was einzelne Windböen
in tiefen Lagen und (schwere) Sturmböen im Bergland zur Folge hat. Der Norden
ist zumindest aus Sicht der Warnungen windtechnisch raus, abgesehen von letzten
Bft 7 exponiert an der Ostsee. Die Nacht bleibt frostfrei, zum Teil auch extrem
mild. Nur postfrontal der weiter ganz im Norden schleifenden Kaltfront geht die
Temperatur unter 5 Grad zurück.

Mittwoch... bildet sich über Norddeutschland ein Wellentief an der nördlichen,
schleifenden Kaltfront, wobei die Warmfront über der Mitte in diese Entwicklung
einbezogen wird. An der Südflanke dauert der Zustrom der feuchtmilden Meeresluft
subtropischen Ursprungs an. Weiter ist auch Hebung vorhanden und entsprechend
geht auch der Tag vor Heiligabend vielfach grau und verregnet über die Bühne.
Auflockerung gibt es am ehesten südlich der Donau und Richtung Küsten und
Dänemark.
Verbreitet fallen 5 bis 15 mm Regen, im Nordwesten und in Staulagen eventuell
auch mehr. Die Niederschlagsbereiche werden sogar wieder mit größerer
Übereinstimmung simuliert, als an den Vortagen. Niederschlagsfrei bleibt es
meist Richtung Alpen, an der Ostsee und nahe Dänemark.
Der Wind bleibt auf dem Niveau der Nacht zuvor, was im Bergland starke bis
stürmische Böen, exponiert auf einigen Bergen auch (schwere) Sturmböen bringt.
Auch im südlichen Tiefland sind in windanfälligen Lagen einzelne Bft 7 aus
Südwest nicht ausgeschlossen.
Die Temperaturen steigen auf 6 bis 9 Grad ganz im Norden, sonst auf milde 10 bis
15 Grad in der Mitte bis 17 Grad im Süden.
In der Nacht zum Donnerstag nähert sich von Norden und Nordwesten der
Langwellentrog, vor dem ein kurzwelliger Anteil über Frankreich nach Deutschland
abläuft. Vorderseitig wird das abziehende Wellentief durch eine Bodenrinne
ersetzt, die sich von Nordfrankreich nach Westdeutschland vorarbeitet.
Verbreitet kommt es zu Regenfällen, teilweise mäßiger Intensität, wobei deren
Schwerpunkte wieder einigermaßen divergent simuliert werden. Die
Dauerregenwarnungen werden deswegen erstmal bis Mittwochabend ausgegeben und
können dann angepasst werden.
Die Nacht wird meist sehr mild und frostfrei. Lediglich an der Nordflanke der
Rinne lockern die Wolken bei schwachem Nordwestwind auf und es kühlt auf nahe 0
Grad ab mit Bodenfrost. Ansonsten werden für die Frühstunden des 24.12. über der
Mitte und dem Süden Tiefstwerte nur wenig unter 10 Grad avisiert.
Abgesehen von Hochlagen der Mittelgebirge und Alpen (Bft 8 bis 10) wird der Wind
warntechnisch eher nicht interessant.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im synoptischen Scale sind die Unterschiede nicht groß und die Prognose ist
halbwegs sicher. Allerdings werden u.a. die resultierenden Regengebiete mit
einigen Unschärfen simuliert. ICON hat den z.B. Schwarzwald mit hohen Mengen
drin, die externen Modelle aber nicht. Auch in der Probabilistik findet sich
dort nicht viel, weshalb für diese Regionen zunächst auf Warnungen verzichtet
wird. Die Ausgabe der Dauerregenwarnungen gestaltet sich aber auch sonst nicht
trivial. Zunächst werden Warnungen (48h, markant) für die am wahrscheinlichsten
betroffenen Bereiche ausgegeben. Die Möglichkeit des Nachjustierens besteht
ohnehin.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner