DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-08-2016 09:00
SXEU31 DWAV 150800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.08.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu HNa. Vornehmlich heute im äußersten Süden Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... lag um 00 UTC in 300 hPa ein Tief über dem südlichen Bottenbusen, von
dem aus sich ein Trog zunächst süd-, dann südwestwärts über den Norden und den
Westen Deutschlands bis hin nach Nordfrankreich erstreckte. Im weiteren
Tagesverlauf kommt dieser Trog allmählich über unserem Land südostwärts voran,
wobei sich mittags über Nordwestfrankreich ein Cut-Off einstellt. Zum Tagesende
erreicht die Trogachse die Südgrenze Deutschlands. Rückseitig dreht die
Höhenströmung auf N bis NNW. Eine blockierende Antizyklone etabliert sich über
der nordwestlichen Nordsee.

Die Kaltfront des um 00 UTC über Südfinnland gelegenen Bodentiefs befand sich
heute um 03 UTC knapp südlich des 50. Breitengrades und ist etwas schwierig zu
analysieren. Gemäß Theta-Ae 950 hPa wird sie sich heute aber allmählich weiter
südwärts verlagern. Sie ist derzeit nicht wetteraktiv; in der Warmluft haben
sich aber heute früh im Bereich der Grenze zur Schweiz einige Gewitter
entwickelt, die von NowCastMIX "ocker" (Starkregen, z.T. Hagel), vorübergehend
auch "rot" eingestuft wurden. Bis gegen 09 MESZ konnte noch mit ocker gearbeitet
werden, aber dann hat eine Zelle im Westallgäu doch längere Zeit hohe VIL-Werte
aufgewiesen, so dass gegen 09 MESZ eine Unwetterwarnung ausgegeben werden
musste.

Die Schauer- und Gewittertätigkeit im äußersten Süden soll auch über den
Vormittag und Mittag noch andauern und sich nachmittags unter schwacher PVA
vorderseitig des in Richtung Alpen schwenkenden Troges etwas intensivieren. Die
CAPE ML-Werte steigen bis 18 UTC am Bodensee bis über 2000 J/kg an, was Unwetter
mit Starkregen/Hagel nicht ausschließt. Die Flüssigwassergehalte liegen im
betroffenen Gebiet (etwa südlich einer Linie mittlerer Schwarzwald-südlicher
Böhmerwald) bei etwa 25 bis 30 mm und mit 10 bis 15 kt in 700 hPa verlagern sich
die Zellen nur mit moderater Geschwindigkeit. Immerhin bildet sich auch - trotz
relativ hohen Luftdruckes - eine Rinne mit konvergenter Bodenströmung über den
beiden südlichen Bundesländern aus. Die Scherungswerte sprechen aber nicht für
Superzellenbildung oder Tornados. In Gewitternähe sind Sturmböen Bft 9 möglich.

Die 24stündigen Niederschlagsmengen (00 bis 24 UTC) liegen nach COSMO-EU nur am
östlichen bayerischen Alpenrand über 10 mm (Maximum im Berchtesgadener Land mit
23 mm). Mit Ausnahme einiger Schauer im Bereich der Unterelbe lässt C-EU außer
im Süden keinen Niederschlag zu, ähnlich auch ICON6_NEST. GFS simuliert bis 30
mm im südlichen Baden-Württemberg, ECMF16 bis 13 mm an den Alpen. EURO4 von 00
UTC lässt erst ab 13 UTC über dem südlichen B-W Zellen entstehen, dann aber
gleich als Starkregen-Unwetter. In Bayern wird erst am Spätnachmittag/Abend von
lokalen Unwettern (primär Allgäu) ausgegangen.

Der 03 UTC-Lauf von C-DE EPS 28 km sieht für stündlichen Niederschlag über 25 mm
im äußersten Süden Deutschlands allgemein nur sehr moderate
Wahrscheinlichkeiten, die kaum über 10% hinausgehen. Die Hauptaktivität in
Richtung Unwetter wird über den inneren Alpen angenommen. Das 75%-Perzentil von
C-DE EPS 03 UTC sieht ein Morgenmaximum mit 24 mm im Bodenseeraum (04 bis 05
UTC), danach wird eine deutliche Abschwächung der konvektiven Aktivität
simuliert. Auch das 90%-Perzentil geht maximal knapp in den Unwetterbereich und
hat mit 30 mm zwischen Iller und Riß im südöstlichen Baden-Württemberg ihr
Maximum (um 07 UTC).

Auch WarnMOSLong sieht allenfalls am Nachmittag am Alpenrand eine geringe
Wahrscheinlichkeit (1%) für Unwetter. PEPS von 00 gibt keine Wahrscheinlichkeit
für 6stündigen Regen >35 mm (auch nicht für den Dienstag). WRF 4 km simuliert -
mit gewissen Ähnlichkeiten zu EURO4 - zunächst über dem südlichen
Baden-Württemberg lokal intensivere Niederschläge, ab Nachmittag dann in
Südbayern, wobei auch Mengen über 30 mm/h gerechnet werden.


Dienstag... schwenkt am Rande des zum Baltikum gezogenen Höhentiefs ein
kurzwelliger Trog in der ersten Tageshälfte rasch über Skandinavien südwärts und
erreicht um 12 UTC mit seiner Achse die deutsche Ostseeküste. Am frühen
Nachmittag spaltet sich über Nordwestpolen innerhalb des Troges ein
eigenständiges Höhentief ab, das auf zyklonal gekrümmter Bahn über dem Westen
Polens süd- bzw. südostwärts zieht. Während der eben erwähnte Trog um 24 UTC
bereits über der Tschechischen Republik zu verorten ist, ist über
Norddeutschland ein weiterer entstanden, dessen Achse am Tagesende über
Sachsen-Anhalt und dem nordöstlichen Niedersachsen zu finden ist.

Der zonale Frontenzug sowie die konvergente Bodenströmung in Baden-Württemberg
und Bayern bleiben erhalten, wobei der Luftdruck allmählich fällt. Verglichen
mit dem Montag, sind CAPE ML nachmittags und abends im Süden geringer. An den
Windverhältnissen in 700 hPa und den ppw-Werten hat sich im äußersten Süden
indes gegenüber dem Vortag kaum etwas geändert. Im Frontbereich herrscht aber
ganztags quasi keine PVA, womit eine Triggerung durch die Dynamik des
Höhendruckfeldes so gut wie ausgeschlossen ist.
Infolge des Vorbeizuges des o.e. Höhentroges mit dem Cut-Off-Tief über Polen
sinken im äußersten Nordosten die 500 hPa-Temperaturen vorübergehend auf unter
-20 Grad, womit in Vorpommern und im östlichen Brandenburg kurze Gewitter nicht
auszuschließen sind.

C-EU simuliert lediglich im Nordosten und im Süden Niederschlag, jedoch nicht
mehr als 5 mm innert 24 Stunden. Im Gegensatz dazu ist ICON-Nest im Süden
deutlich progressiver aufgestellt; hier werden in Alpennähe recht verbreitet
mehr als 10 mm angenommen; das Maximum liegt im westlichen Allgäu mit knapp über
30 mm. GFS ist mit maximal knapp 5 mm sehr zurückhaltend. ECMF16 rechnet bis zu
10 mm am Alpenrand und auf Rügen.

C-DE EPS 28 km von 03 UTC sieht weniger Wahrscheinlichkeit für unwetterhaften
Starkregen als für den Montag; nur sporadisch gibt es gebietsweise Werte
unterhalb von 10%. Auch das 90%-Perzentil bleibt deutlich unter 25 mm/h.


Mittwoch... zieht der letzterwähnte Trog über Deutschland weiter südwärts und
erreicht um 12 UTC eine Linie von Nordbayern nach Aachen. Die Vorticityadvektion
in seinem Bereich nimmt dabei sukzessive in der ersten Tageshälfte ab (deutliche
Verringerung der Windgeschwindigkeit). Im Laufe der zweiten Tageshälfte wird der
Trog über dem Süden Deutschlands immer schwächer und erzeugt dann auch keine
Hebungs- bzw. Absinkprozesse mehr.

Auch am Mittwoch ändert sich bezüglich Frontenlage und Bodenkonvergenz im Süden
Deutschlands nur wenig. CAPE ML nimmt nachmittags/abends nochmals gegenüber dem
Vortag ab; es ist damit wohl nur südlich des 48. Breitengrades mit Gewittern zu
rechnen, die voraussichtlich nicht unwetterartig ausfallen werden.

Interessanterweise tritt C-EU gerade an diesem Tag mit bis zu 64 mm (von 00 bis
24 UTC) sehr aggressiv auf; diese sollen im östlichen Allgäu fallen. Das
zeitweise Wirken schwacher PVA kann aber wohl diesen Modell-Ausbruch nicht
erklären. Das genestete ICON sieht realistischer aus mit teils über 10 mm in
Alpennähe (maximal 18 mm). GFS hat nur 6 mm maximal und ECMF16 bis 14 mm am
Bodensee.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren für den kurzfristigen Vorhersagezeitraum eine ähnliche
Entwicklung; auf Detailunterschiede in der Niederschlagsintensität wurde im Text
eingegangen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Burkhard Kirsch.