DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-12-2020 08:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.12.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa
Zunächst ruhiges und zumeist mildes Vorweihnachtswetter, außer Sturmböen auf dem
Brocken keine signifikanten Wettergefahren. Zum Sonntag hin allmählich
zunehmender Tiefdruckeinfluss.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines zunehmend breit
angelegten Höhenrückens, der vom zentralen Mittelmeer- und Alpenraum über
Mitteleuropa bis zur Norwegischen See reicht und leichte Verlagerungstendenz
nach Osten zeigt. Er wird gestützt durch kräftige WLA vorderseitig eines auf den
nahen Ostatlantik übergreifenden Langwellentroges.
Entsprechend erstreckt sich auch im Bodenfeld eine umfangreiche Hochdruckzone
vom südosteuropäischen Raum bis in den Süden und Osten des Vorhersagegebietes.
Westeuropa befindet sich dagegen im Einflussbereich des Frontensystems eines
Tiefs knapp südlich von Island. Die Warmfront überquert bis zum Nachmittag die
Nordsee nordostwärts und streift den äußersten Norden und Nordwesten des
Vorhersagegebiet mit hohen bzw. mittelhohen Wolkenfeldern - es bleibt aber
weitestgehend trocken -, während sich an der Kaltfront westlich von Irland eine
Frontalwelle entwickelt hat, die unter Vertiefung bis zum Abend ins Seegebiet
nördlich der Hebriden zieht. Warmfrontpassage und Entwicklung der Frontalwelle
führen auch im Nordseeumfeld zu einer Gradientverschärfung, so dass dort der
Wind aus Süd bis Südwest auffrischt mit Böen Bft 7 an exponierten
Küstenabschnitten und eventuell auch Bft 8 auf Helgoland. Ein mäßig ausgeprägter
Gradient im Übergangsbereich von der unteren zur mittleren Troposphäre beschert
auch dem Brocken stürmische Böen (Bft 8), vorübergehend eventuell auch einzelne
Sturmböen (Bft 9). Nachmittags und abends nimmt der Wind zumindest vorübergehend
ab.
Ansonsten steht ein ruhiger Wettertag ins Haus, prognoserelevant ist vor allem
die Grenzschichtdynamik. Mit dem sich auch im Binnenland etwas verschärfenden
Gradienten sind vor allem an den Nordseiten der Mittelgebirge sowie an den Alpen
längere sonnige Abschnitte zu erwarten, während sich sonst Nebel und Hochnebel
schwertun aufzulockern. Gebietsweise bleibt es auch ganztägig trüb, am ehesten
wohl durch Hochnebel im Nordosten sowie durch teilweise auch Bodennebel im Osten
und Norden Bayerns bis in die Luvlagen des zentralen Mittelgebirgsraumes.
Niedertroposphärisch kann sich die Luftmasse zwar etwas erwärmen (auf etwa 2 bis
5 Grad in 850 hPa), bodennah klappt es aber vielerorts nicht mit der
Durchmischung. In den Nebelgebiete in Ostbayern liegen die Höchstwerte
entsprechend meist "nur" zwischen 1 und 4 Grad, sonst werden 5 bis 10 Grad
erreicht, im Westen und Südwesten mit Sonne im Lee einiger Mittelgebirge auch
bis zu 12 oder 13 Grad.

In der Nacht zum Samstag kommt der Rücken vor allem über dem Vorhersagegebiet
etwas nach Osten, Richtung Polen und Tschechien, voran und verliert dabei etwas
an Wellenlänge. Ein erster, markanter Randtrog greift von Südwesten her auf
Irland über, so dass sich die südwestliche Höhenströmung auch über dem
westlichen Mitteleuropa bzw. über dem Westen des Vorhersagegebietes etwas
verschärft, aber noch antizyklonal konturiert bleibt. Das führt auch
niedertroposphärisch zu einer leichten Gradientverschärfung und - unterstützt
durch lokale Low-Level-Jets (Inversionsobergrenze meist in 900 hPa oder knapp
darunter) - kann es in den Kammlagen der westlichen, zentralen und östlichen
Mittelgebirge im Laufe der Nacht steife bis stürmische Böen aus Süd bis Südost
geben, auf dem Brocken später eventuell auch wieder Sturmböen. In Ostsachsen
kommt eventuell Böhmischer Wind auf mit einzelnen steifen Böen bis in die
Niederungen, eventuell reicht es auch im Lee von Eifel und Hohem Venn vereinzelt
für steife Böen.
Das Bodenhoch zieht sich etwas nach Osten zurück, bleibt aber noch
wetterbestimmend, die durch die Frontalwelle eingebremste Kaltfront erreicht
morgens Ostengland bzw. den Nordwesten Frankreichs. Somit steht im
Vorhersagegebiet prognose- und warntechnisch weiterhin die Grenzschichtdynamik
im Fokus. Nebel- und Hochnebelfelder dürften sich vor allem im gradientärmeren
Süden und Osten des Landes wieder ausbreiten und verdichten, Front gibt es recht
verbreitet in den Niederungen Süddeutschlands, gebietsweise auch in den
mittleren Landesteilen.

Samstag... erweist sich das Zirkulationsmuster weiterhin als relativ träge. Der
ostatlantische Langwellentrog greift allmählich auf die Britischen Inseln und
die Biskaya über, während der weiterhin durch die trogvorderseitige WLA
gestützte Höhenrücken nur wenig nach Osten vorankommt und sich abends von
Südosteuropa über Polen und die Ostsee bis nach Nordnorwegen erstreckt.
Über dem Vorhersagegebiet kann sich die relativ glatt konturierte südwestliche
Höhenströmung etwas verschärfen. Nahezu strömungsparallel darin eingebettet
kommt die Kaltfront des bis zum Abend ins Seegebiet knapp östlich von Island
ziehenden Tiefdruckgebietes nur zögernd nach Osten voran und erreicht erst gegen
Abend Benelux bzw. Nordfrankreich. Im Vorfeld werden die Wolken in der
Westhälfte allmählich dichter, zum Abend hin fällt ganz im Westen auch
gebietsweise etwas Regen. Mit weiterer leichter Gradientverschärfung legt der
Wind noch etwas zu, bleibt aber lediglich in orographisch begünstigten Regionen
warnrelevant. So kann es, nicht zuletzt durch lokale Low Level Jets, in den
Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge stürmische Böen aus südlichen
Richtungen geben, auf dem Brocken auch Sturmböen. Der Böhmische Wind legt noch
etwas zu mit steifen, eventuell vereinzelt auch stürmischen Böen aus Süd bis
Südost vor allem in Ostsachsen, steife Böen kann es auch über der Nordsee bzw.
im Lee der westlichen Mittelgebirge geben.
Ansonsten ändert sich nur wenig. Die vor allem im Süden recht scharf ausgeprägte
Inversion befindet sich in etwa 900 hPa bzw. knapp darunter, insgesamt können
sich Nebel und Hochnebel aber aufgrund des schärferen Gradienten vielleicht
etwas verbreiteter auflösen als am Vortag. Vor allem an den Alpen sowie im Lee
der Mittelgebirge scheint wieder häufig die Sonne, in den Niederungen Ost- und
Nordbayerns sowie im Luv der zentralen Mittelgebirge bleibt es dagegen teilweise
ganztägig trüb. Im Dauernebel liegen die Höchstwerte meist nur zwischen 0 und 4
Grad, sonst werden mit dem auffrischenden Wind milde 6 bis 12 Grad erreicht, im
Westen gebietsweise auch bis zu 14 Grad.

In der Nacht zum Sonntag erreicht die Achse des Langwellentroges Westfrankreich,
der Nordteil des Troges wird durch einen heranschwenkenden Kurzwellentrog über
Irland regeneriert. Die Kaltfront kann etwas an Fahrt aufnehmen und auf den
Westen bzw. Nordwesten Deutschlands übergreifen. Dynamischer Hebungsantrieb ist
im Frontbereich nur wenig auszumachen (etwas PVA) und wird zudem noch durch
schwache KLA teilkompensiert, so dass mit Frontpassage nur wenig Regen fällt, am
ehesten wohl von Rheinland-Pfalz bis zum Bergischen Land, wo in Staulagen
gebietsweise mehr als 5 mm in 12 Stunden fallen.
Der Gradient fächert vor allem postfrontal wieder etwas auf, warnrelevante Böen
gibt es am ehesten noch auf dem Brocken (Bft 8 bis 9) sowie durch Böhmischen
Wind in Ostsachsen.
Im Süden und Osten ändert sich nur wenig gegenüber den Vornächten. Nebel und
Hochnebel verdichten sich wieder etwas bzw. breiten sich aus, leichten Frost
gibt es vor allem im Südosten.

Sonntag... kommt der Höhentrog weiterhin nur langsam nach Osten voran, immerhin
erreicht dessen Achse bis Tagesende England und Zentralfrankreich. Während sich
der vorgelagerte Höhenrücken über Osteuropa verstärkt und nach Norden ausweitet,
nimmt die südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet eine etwas
zyklonalere Kontur an, PVA-induziert kann sich der dynamische Hebungsantrieb ein
wenig verstärken.
Die Kaltfront wird in ihrem Südteil durch Wellenbildung zurückgehalten, kommt
aber über Norddeutschland etwas nach Osten voran und erstreckt sich abends etwa
von Westmecklenburg bis zum Schwarzwald. Die Niederschläge im Frontbereich
treten nun etwas verbreiteter auf, dabei fallen aber weiterhin meist weniger als
5 mm in 12 Stunden, lediglich im Schwarzwald etwas mehr. Postfrontal lockern die
Wolken im Nordwesten wieder auf und es bleibt dort trocken, ebenso wie
präfrontal von der Uckermark bis zum Bodensee bzw. südöstlich davon.
Der Gradient fächert insgesamt weiter auf, so dass der Wind wohl selbst auf dem
Brocken nicht mehr warnrelevant sein dürfte.
Vor allem am Alpenrand sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum und in der
Lausitz scheint zeitweise die Sonne, während sich sonst in den Niederungen im
Südosten vielerorts Nebel und Hochnebel halten. Postfrontal kann sich auch im
Westen und Nordwesten zeitweise die Sonne zeigen. Im Dauernebel werden weiterhin
nur 0 bis 4 Grad erreicht, sonst liegen die Höchstwerte zwischen 6 und 12 Grad,
mit den höchsten Werten im Westen.

In der Nacht zum Montag greift der Trog unter weiteren Wellenlängenverlust von
Benelux und Ostfrankreich her in den Frühstunden auf Westdeutschland über. Die
Kaltfront erreicht dann in etwa die Uckermark, das Vogtland, Franken und das
Bayerische Schwaben. Im Frontbereich bzw. unmittelbar präfrontal gibt es
weiterhin nur leichte Niederschläge, warntechnisch von Interesse ist aber
zunehmend deren Phase. Postfrontal sickert allmählich etwas kältere Meeresluft
nach, die 850 hPa-Temperatur sinkt auf knapp unter 0 Grad, so dass es in höheren
Lagen etwas schneien kann. Präfrontal gibt es im Südosten erneut leichten Frost,
mit Eintreffen der Niederschläge kann der Regen dort eventuell gefrieren.
Modellunterschiede gibt es allerdings noch bzgl. der Niederschlagsintensität.
Während ICON-EU durchaus einige mm auf der Agenda hat (von Oberschwaben bis ins
Altmühltal sogar um oder knapp über 5 mm), kommt nach Lesart des GFS dort fast
nichts mehr an.
Trocken bleibt es auch weiterhin postfrontal im Westen und Norden. Außer im
Südosten sollte die Nacht weitgehend frostfrei bleiben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine sehr ähnliche Wetterentwicklung. Abgesehen
von den Differenzen bzgl. der Niederschlagsintensität in der Nacht zum Montag
sind kaum warn- und prognoserelevante Unterschiede auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff