DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-12-2020 18:01
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.12.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Milde und überwiegend antizyklonale Südwestlage. Von Winter keine Spur.
Abgesehen von einzelnen Böen Bft 8 bis 9 auf dem Brocken voraussichtlich keine
signifikanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... greift vom nahen Ostatlantik her ein Höhentrog auf Westeuropa über,
wobei dessen Südteil über Marokko abtropft. Aus dessen nördlichem Teil läuft im
Laufe der Nacht ein kurzwelliger Anteil heraus und verlagert sich bis
Donnerstagfrüh über die Nordsee rasch nordostwärts Richtung Südwestnorwegen, die
Hauptachse des Troges erreicht dann die westliche Nordsee. WLA auf dessen
Vorderseite stützt einen Höhenrücken, der am Abend von der Slowakei bzw.
Tschechien über die Osthälfte des Vorhersagegebietes und Südskandinavien bis zur
Norwegischen See reicht und mit Annäherung des Troges allmählich nach Osten
abgedrängt wird. Somit dreht die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet auf
Südwest und ist vorübergehend zyklonal konturiert. Vor allem über dem Westen und
Nordwesten kann noch PVA wirksam werden, ehe die dadurch ausgelösten
Hebungsprozesse durch beginnende KLA in den Frühstunden gedämpft werden.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief über den Hebriden erreicht im Laufe
der Nacht den Höhepunkt seiner Entwicklung und verlagert sich bis Donnerstagfrüh
in etwa ins Seegebiet rund um die Färöer-Inseln. Die zugehörige teilokkludierte
Kaltfront greift morgens auf Benelux und Nordostfrankreich über. Im Vorfeld
setzen im Laufe der zweiten Nachthälfte im Westen und Nordwesten schauerartige
Regenfälle meist leichter Intensität ein. Dazu verschärft sich der Gradient und
der Wind frischt aus Süd bis Südwest auf, was sich warntechnisch aber höchstens
in den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und westlichen Mittelgebirge
bemerkbar macht. Dort kann es einzelne steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8),
auf dem Brocken auch Sturm- oder gar vorübergehend auch schwere Sturmböen (Bft 9
bis 10) geben. Ansonsten reicht es höchstens auf Helgoland eventuell mal für
eine Böe Bft 7.
Im Rest des Landes dominiert noch schwacher Hochdruckeinfluss, wobei die
Nebelneigung mit dem Aufzug hoher und mittelhoher Bewölkung und etwas
zunehmendem Wind geringer als in einigen Vornächten ausfallen sollte. Am ehesten
tritt er im Südosten auf, dort gibt es auch gebietsweise leichten Frost und
Glätte durch Überfrieren bzw. Reif. Vor allem im Nordwesten verläuft die Nacht
dagegen mit Tiefstwerten zwischen 9 und 6 Grad recht mild.

Donnerstag ... greift der Höhentrog auf Deutschland über, hängt aber mit seinem
Südteil über Zentral- und Südfrankreich zurück. Somit wird lediglich in der
Nordhälfte auf dessen weiterhin diffluent konturierter Vorderseite durch PVA
dynamischer Hebungsantrieb geliefert, der aber durch KLA zunehmend kompensiert
wird.
Die Bodenfront kommt mit Trogpassage im Norden und der Mitte rascher nach Osten
voran als weiter südlich, erreicht am Abend bereits Polen und hängt mit ihrem
Südteil in etwa über Böhmen bis nach Südwestdeutschland zurück. Sie verliert vor
allem nach Süden zu mangels dynamischen Hebungsantrieb zusehends an
Wetterwirksamkeit. Während die schauerartigen Regenfälle über die Nordhälfte
rasch hinweg ostwärts ziehen mit Mengen zwischen 1 und 4 mm bis zum Abend,
bleibt es im Südosten überwiegend trocken und auch im Südwesten kommt fast nix
mehr was an.
Dem Höhentrog folgt ein flacher Höhenrücken, der wiederum durch kräftige WLA
vorderseitig eines erneuten Trogvorstoßes auf dem mittleren Nordatlantik
gestützt wird und abends die westliche Nordsee erreicht. Somit klingen die
Regenfälle nach Frontpassage im Nordwesten rasch wieder ab und die Wolken
lockern auf.
Der Wind frischt vor allem mit Frontpassage vorübergehend noch etwas auf,
allerdings reicht es für kaum mehr als einzelne steife bis stürmische Böen in
den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge, auf dem Brocken gibt es nach
wie vor Sturm-, eventuell auch schwere Sturmböen, im Nordseeumfeld können
vielleicht an ein paar Stationen mehr als nur Helgoland steife Böen aus Südwest
auftreten. Mit Annäherung eines flachen Bodenhochkeils flaut der Wind am
Nachmittag und Abend aber bereits wieder ab.
Vor allem im Südwesten, an den Alpen sowie am Erzgebirgsnordrand und in der
Lausitz kann sich zeitweise die Sonne durchsetzen, während in einigen
Niederungen im Südosten bzw. Süden der etwas auflebende Wind die kompakten
Hochnebelfelder nur zögernd, gebietsweise auch gar nicht aufzulösen vermag. Im
Frontbereich bleibt es stark bewölkt bis bedeckt, postfrontal lockern die Wolken
im Westen/Nordwesten am Nachmittag und Abend wieder auf. Der Front folgt nach
wie vor relativ milde Meeresluft (präfrontal 2 bis 5 Grad in 850 hPa,
postfrontal um 0 Grad, im Nordwesten und Norden auch knapp darunter),
entsprechend werden Höchstwerte zwischen 6 und 11 Grad, im Westen und Südwesten
örtlich bis 13 Grad erreicht, in den Regionen mit beständigem Hochnebel im
Südosten dagegen nur etwa 2 bis 5 Grad.

In der Nacht zum Freitag stützt WLA auf der Vorderseite des Höhentroges über dem
mittleren Nordatlantik nach wie vor den recht breit angelegten Rücken über der
Nordsee, der morgens auf Mitteleuropa bzw. Südnorwegen übergreift.
Folglich steigt auch im Bodenfeld der Druck und eine von Osteuropa bis nach
Süddeutschland reichende Hochdruckzone kann sich verstärken sowie nach Norden
ausweiten. Somit fächert der Gradient auch in Norddeutschland weiter auf,
spürbaren, aber nicht warnrelevanten Südwestwind gibt es wohl nur noch im
Nordseeumfeld sowie in einigen Hochlagen. Mit Abzug der Front lassen auch im
Nordosten die Regenfälle abends rasch nach und die Wolken lockern allgemein auf.
Innerhalb der angefeuchteten Grundschicht (außer im Nordwesten recht markante
Absinkinversion zwischen 850 und 950 hPa) können sich somit vielerorts dichte
Nebel- und Hochnebelfelder ausbreiten. Mit etwas höherer Wahrscheinlichkeit als
in der Vornacht gibt es im Südosten sowie in kälteanfälligen Tälern der
zentralen und östlichen Mittelgebirge leichten Frost und stellenweise Glätte.

Freitag ... greift der breit angelegte Langwellentrog vom Nord- auf den nahen
Ostatlantik über. Der sich nur langsam nach Osten verlagernde Höhenrücken über
Mitteleuropa wird im Tagesverlauf durch einen weiteren WLA-Schub von Westen her
regeneriert.
Im Bodenfeld entwickelt sich entlang der Kaltfront eines südlich von Island
gelegenen Tiefs eine Frontalwelle, die sich über Irland hinweg bis zum Abend zu
den Hebriden verlagert. Die bis nach Mitteleuropa reichende Hochdruckzone wird
dadurch etwas nach Osten abgedrängt und an der Südostflanke der Welle verschärft
sich vor allem über den Britischen Inseln und der Nordsee der Gradient zumindest
vorübergehend, so dass es im Bereich der Deutschen Bucht der Wind aus Süd bis
Südwest mit Böen Bft 6 bis 7, auf Helgoland eventuell auch Bft 8 auffrischt.
Eine leichte Windzunahme ist auch in den Kamm- und Gipfellagen der westlichen
und nördlichen Mittelgebirge zu erwarten, diese sollte aber nicht warnrelevant
sein.
In der Südhälfte bleibt es weiterhin relativ gradientschwach, dennoch lösen sich
die Nebel- und Hochnebelfelder durch die im Tagesverlauf etwas zunehmende
südliche bis südöstliche bodennahe Windkomponente und auch bedingt durch ein
leichtes Absinken der Inversion vor allem im Lee der Mittelgebirge und im
Alpenvorland verbreiteter als am Vortag auf und es wird zeitweise recht sonnig,
lediglich über den Nordwesten und Norden ziehen zeitweise hohe und mittelhohe
Wolkenfelder hinweg, die der WLA geschuldet sind, es bleibt aber wohl auch im
Nordseeumfeld trocken. In einigen Regionen Süd- und Südwestdeutschlands bleibt
es aber dennoch beständig trüb durch den Hochnebel. Die Höchstwerte
unterscheiden sich kaum von denen am Vortag und liegen zwischen 7 und 12 Grad,
bei beständigem Nebel/Hochnebel zwischen 1 und 5 Grad.

In der Nacht zum Samstag weitet sich der Höhentrog über dem Ostatlantik Richtung
Biskaya und Iberische Halbinsel aus und kommt nur wenig nach Osten voran.
Dadurch steilt die Südwestströmung auf dessen Vorderseite auf, der Rücken über
Mitteleuropa verliert an Wellenlänge und wird etwas nach Osten abgedrängt.
Die Frontalwelle bei den Hebriden kann sich noch etwas vertiefen und zieht ins
Seegebiet südöstlich von Island. Die teilokkludierte Kaltfront überquert im
Tagesverlauf die Britischen Inseln und die Hochdruckzone zieht sich noch etwas
weiter nach Südosteuropa zurück, wodurch sich der Gradient auch über dem
Vorhersagegebiet etwas verschärft. Der Wind dreht dabei etwas zurück auf Süd bis
Südost, ist aber wohl - wenn überhaupt - lediglich in exponierten Kamm- und
Gipfellagen der zentralen Mittelgebirge warnrelevant mit Böen Bft 7 bis 8
(Brocken eventuell Bft 9). Auch über der Nordsee kann es Böen Bft 7 geben,
ebenso durch Böhmischen Wind in einigen Tälern der östlichen Mittelgebirge.
Über den Westen und Nordwesten ziehen weiterhin lockere hohe und mittelhohe
Wolkenfelder, es bleibt aber trocken. Ansonsten breiten sich wieder Nebel- und
Hochnebelfelder aus bzw. verdichten sich, aufgrund des zunehmenden Gradienten
und der flachen Absinkinversion wohl nicht mehr so verbreitet wie in der
Vornacht. Vor allem im Süden und Südosten sowie in einigen kälteanfälligen
Mittelgebirgstälern gibt es erneut leichten Frost.

Samstag ... erreicht der oben genannte Höhentrog zum Tagesende die Britischen
Inseln und den Westen Frankreichs. Der vorgeschaltete Höhenrücken kommt unter
weiterer Amplifizierung ebenfalls nur zögernd nach Osten voran und erstreckt
sich abends über Zentralpolen und die Ostsee bis nach Norwegen. Somit kann sich
die relativ glatt konturierte südwestliche Höhenströmung vor allem über dem
Westen und Norden Deutschlands verschärfen, wobei dynamische Hebungsantriebe
allerdings kaum auszumachen sind.
Im Bodenfeld kommt die Okklusion mangels Schubkomponente nur langsam nach Osten
voran und erreicht erst abends Benelux sowie die mittlere Nordsee. Sie wird
zudem durch schwache KLA überlaufen und erweist sich als nur wenig
wetterwirksam. Dennoch werden die Wolken in der Westhälfte allmählich dichter
und zum Abend hin fällt an der Grenze zu Belgien und den Niederlanden sowie im
Schwarzwald eventuell etwas Regen.
Ansonsten ändert sich aber nur wenig gegenüber dem Vortag, außer, dass es in der
unteren Troposphäre etwas milder wird (T850 hPa zwischen 3 Grad im Nordwesten
und 6 Grad im Süden). Der vor allem in höheren Lagen und im Lee sowie an der
Nordsee spürbare Süd- bis Südostwind erreicht höchstens auf exponierten
Mittelgebirgsgipfeln (Brocken: Bft 8 bis 9), über der offenen Nordsee (Bft 7)
und bei Böhmischem Wind im Osterzgebirge (Bft 7) Warnrelevanz, sorgt aber dafür,
dass vor allem im Lee der Mittelgebirge und an den Alpen vielerorts die Sonne
scheint. Vor allem in den Niederungen Süddeutschlands und im Luv einiger
Mittelgebirge halten sich dagegen wieder lange Zeit, gebietsweise auch ganztägig
Nebel und Hochnebelfelder, die Obergrenze der Inversion befindet sich in etwa
900 hPa bzw. knapp darunter. Bei beständigem Hochnebel liegen die Höchstwerte
zwischen 0 und 3 Grad, sonst zwischen 6 und 11 Grad, in einigen Leelagen im
Westen des Landes werden noch höhere Werte bis nahe 14 Grad erreicht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Ale vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Prognose- und warnrelevante Unterschiede lassen sich so gut
wie keine ausmachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff