DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-12-2020 17:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 13.12.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Südwestlage macht Frühwinter den Garaus! Dabei im Norden und Westen zyklonales,
nach Südosten zu eher antizyklonales Wettergeschehen. Auf Gipfeln zeitweise
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... vollzieht sich eine Umstellung der Großwetterlage von einer
Blockadelage, mit diffusem Frontenfriedhof und frühwinterlichem Touch über
Deutschland, zu einer milden, teils zyklonalen, teils antizykonalen Südwestlage.
Verantwortlich für die Umstellung zeigt sich das umfangreiche, hochreichende
Zentraltief BARBARA über dem nahen Ostatlantik, das die blockierende Wirkung des
Hochdruckbollwerkes XAVIER über Westrussland zumindest für Mitteleuropa endlich
etwas aufzuweichen vermöchte.

Vorderseitig von BARBARA stützt WLA einen Rücken, der sich von Spanien über
Ostfrankreich und Benelux bis zur Nordsee erstreckt. Der vorgelagerte, durch die
Blockade kaum mehr ostwärts vorankommende Trogkomplex über dem östlichen
Mitteleuropa verliert weiter an Kontur. Dazwischen liegt Deutschland unter einer
nordwestlichen Höhentrömung, die nach Osten zu noch zyklonale Konturen aufweist.
Am Boden stiegt der Luftdruck tagsüber bereits an, sodass sich eine schmale
Hochdruckbrücke mit einem Schwerpunkt YADIGAR über dem Alpenraum ausbilden
konnte. Reste der mit dem Trogkomplex korrespondierenden Tiefdruckrinne ANDIRA
reichen als Trog mit Konvergenzachse von der Nordsee über Nord- nach
Ostdeutschland. In diesem konnte im C-Format von 12 UTC sogar noch eine
Okklusion analysiert werden. Im Nordosten herrschen vor der Okklusion noch
schwache Südostwinde und bodennah recht kühle subpolare Kontinentalluft (cP)
vor, während sich sonst an der Nordabdachung der Hochbrücke mit westlichem bis
südwestlichem Wind bereits erwärmte maritime Luft (mPs) durchsetzen konnte.

Während sich im Westen und Südwesten das Absinken in Form einer
Wolkenauflockerungszone bemerkbar gemacht hat, sorgt der leidlich zyklonale
Einfluss in den übrigen Regionen noch für geringfügige Niederschläge aus meist
dichter Bewölkung. Bei Temperaturen auf 850-hPa nur knapp unter 0 Grad dominiert
ganz klar die flüssige Phase, nur in den Alpen fallen noch ein paar Flocken und
sorgen für Glätte. Die aufziehende hohe Bewölkung im Westen ist Folge von WLA,
die den Rücken zu überlaufen beginnt.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Rücken bis nach Süd- und Ostdeutschland.
Der Norden und Westen gelangt rückseitig bereits in eine südwestliche
Höhenströmung, in der ein flacher kurzwelliger Troganteil nach Benelux und die
Nordsee geführt wird. Dieser korrespondiert mit dem Frontensystem von BARBARA,
das Deutschland im Nachtverlauf von Nordwesten her erreicht. Von Nordwest- nach
Mitteleuropa fortschreitender Luftdruckfall lässt die an Fahrt gewinnende
Strömung am Boden landesweit auf Südost bis Süd aufsteilen.

Im Süden und Osten werden die Niederschläge durch das NVA bedingte Absinken mehr
und mehr unterdrückt, gebietsweise zeigen sich ein paar Wolkenauflockerungen.
Vor allem entlang und südlich der Donau sowie im Nordosten und im höheren
Bergland kühlt es nach MOSMIX bis in den leicht frostigen Bereich ab. Erhöhte
Glättegefahr besteht vor allem dort, wo eventuell noch Restnässe vorhanden ist.
AutoSWIS simuliert vor allem südlich der Donau negative Belagstemperaturen und
darüber hinaus auch Signale für Reifglätte, sodass dort bereits eine
Glättewarnung geschaltet wurde. Ansonsten scheint Glätte allenfalls nur sehr
lokal aufzutreten, sodass Warnungen nur bei Bedarf in Situ geschaltet werden.
Neben Frost und Glätte dürfte auch der Nebel im Süden und Osten ein größeres
Thema sein.
Ansonsten setzt durch WLA, später PVA und frontale Prozesse von Westen Hebung
ein, sodass sich die Bewölkung verdichtet und im Verlauf Regen einsetzt. Dieser
soll sich bis zum Morgen etwa bis zu einer Linien RLP-Nordfriesland ausweiten.
Sowohl bezüglich Mengen als auch Phase besteht keine Warnrelevanz. Sehr wohl
aber beim Wind: Der legt zu und erreicht in den westlichen und zentralen
Mittelgebirgen und an dessen Nordrändern in Böen Stärke Bft 7. Auch an der
Nordsee treten Böen Bft 7, exponiert auch Bft 8 auf. Auf dem Brocken ist
zunehmend mit Sturmböen Bft 9 zu rechnen.


Montag ... schwenkt der leicht positiv geneigte Rücken nur noch langsam
ostwärts, seine Achse reicht am Abend von Ostalgerien über das östliche
Mitteleuropa bis zur Ostsee. Das hochreichende Zentraltief BARBARA bleibt über
dem nahen Nordostatlantik nahezu ortsfest. Ein vom Höhentief vor das Kap
Finisterre geführter Trog lässt die sich nun in ganz Deutschland durchsetzende
südwestliche Höhenströmung tendenziell noch etwas aufsteilen. Mit Abzug des o.
e. Kurzwellentroges weist die Strömung eine recht glatte, nach Südosten zu
leicht antizyklonale Kontur auf. Zwischen BARBARA und dem sich nach Osteuropa
verschiebenden Hoch YADIGAR herrscht am Boden eine südliche Strömung vor, der
durch eine sich trogvorderseitig formierenden Frontalwelle über Biskaya etwas
Wind aus den Segeln genommen wird. Diese noch namenlose Frontalwelle sorgt auch
dafür, dass die nach Deutschland übergegriffene Frontalzone diagonal über der
Nordhälfte ins Schleifen gerät. Vorderseitig wird deutlich mildere Subtropikluft
(T850 5-9 Grad) herangeführt.

Entlang der schleifenden Front kommt es im Norden und Westen zu länger
anhaltenden, aufgrund der nach Abzug des Kurzwellentroges und nachlassender WLA
nur noch schwachen Impulse aus der Höhe aber wohl nur leichten Regenfällen. Im
Stau der westlichen Mittelgebirge könnten aber immerhin 12-stündige Mengen von
gut 10 mm zusammenkommen. Nach Süden und Osten zu bleibt es trocken und - wenn
sich Nebel und Hochnebel aufgelöst haben - mitunter auch aufgelockert bewölkt.
Am meisten Sonnte gibt es an den Alpen, wo sich eine leicht föhnige Komponente
einstellt. Bezüglich des Windes bleibt die Warnlage in den o. e. Regionen
zunächst noch unverändert, nachmittags lässt er dann aber nach, sodass nur
wahrscheinlich noch der Brocken übrigbleibt (Bft 9, anfangs evtl. auch Bft 10).
Ob dafür der Böhmische Wind in Ostsachsen bereist anspringt mit Böen Bft 7, ist
noch unsicher. Die Milderung macht derweil Fortschritte, sodass die Temperatur
auf 7 bis 12, im äußersten Nordosten, in einigen windschwachen Tälern
Süddeutschlands sowie im östlichen Mittelgebirgsraum auf Werte um 4 Grad steigt.


In der Nacht zum Dienstag schwenkt der o. e. Trog vom Kap Finisterre auf die
Iberische Halbinsel und in die Biskaya. Dabei verliert er durch langsam
hineinlaufender WLA vorderseitig eines weiteren, südlich des Zentraltiefs
ablaufenden Kurzwellentroges an Kontur. So kann sich auch die Frontalwelle nicht
sonderlich entwickeln und finden sich ausgangs der Nacht als offene Welle,
wahrscheinlich ohne eigene Kernisobare über Nordfrankreich.

An der Warmfront können sich die Regenfälle wieder etwas verstärken und erfassen
vor allem den Westen und äußersten Südwesten, auch im Norden und Nordwesten
regnet es leicht. In den westlichen Mittelgebirgen (v.a. im Bergischen Land)
kommen wahrscheinlich nochmal 10 bis 15 mm zu den bereits gefallenen Mengen
hinzu, Warnschwellen sollten aber weiterhin eher nicht gerissen werden. Nach
Südosten zu wird es weitgehend niederschlagsfrei
bleiben, gebietsweise bildet sich wieder Nebel. Bei längerem Aufklaren tritt
südlich der Donau und in den ostbayerischen Mittelgebirgen leichter Frost auf.
Warnrelevante Böen beschränken sich auf exponierte Gipfel (Brocken Bft 9), und
Ostsachen (Böhmischer Wind, Bft 7).

Dienstag ... bewegt sich Zentraltief BARBARA über dem nahen Nordostaltantik
weiterhin kaum von Ort und Stelle. Während der erste der o.e. Kurzwellentröge
weiter an Kontur verliert und nach Frankreich, Benelux und zur Nordsee schwenkt,
amplifiziert sich der zweite, sich noch draußen auf dem Atlantik befindende Trog
deutlich. Damit forciert dieser ein recht giftiges Randtief, das am Abend noch
mit einigem Sicherheitsabstand südwestlich von Irland aufschlägt. Die mit
Ersterem korrespondierende Frontalwelle dagegen bleibt ziemlich unscheinbar und
zieht über die Nordwesthälfte nach Jütland. Die Kaltfront erreicht am Nachmittag
den Westen.

Im Umfeld der Frontalwelle regnet es in der Nordwesthälfte Deutschlands
zeitweise. Zwar kommt mit Annäherung des Kurzwellentroges etwas PVA auf, diese
wird aber von KLA ein Stück weit kompensiert, sodass weiterhin nicht mit
sonderlich hohen Niederschlagsraten zu rechnen ist. Wenn in Staulagen der
westlichen Mittelgebirge gut 10 mm innerhalb von 12 Stunden fallen, dann ist das
wohl schon das höchste der Gefühle. 48-stündig bewegt man sich im Bergischen
Land und Sauerland - modellübergreifend - in der Größenordnung 30-40 mm, also
eher unterhalb der Warnschwellen - im Übrigen auch unterstrichen durch
allenfalls marginale Signale für Dauerregen seitens der Probabilistik. Weiter
nach Südosten und Osten hin bleibt es weitgehend niederschlagsfrei. Allerdings
breitet sich mehrschichtige Bewölkung auch in diese Gebiete aus, so dass es in
den Leegebieten der östlichen Mittelgebirge und am Alpenrand allenfalls noch für
Wolkenlücken reicht. Die Temperaturen ändern sich gegenüber Montag nur
unwesentlich. Die Frontalwelle mag zwar nicht gerade ein Prachtexemplar sein,
dennoch kann sie den Gradienten zumindest etwas verschärfen, sodass in
Gipfellagen wieder etwas verbreiteter die Bft 8-9, auf dem Brocken die Bft 10
auftreten können. Auch der Böhmische Wind mit Bft 7 in Ostsachsen bleibt auf der
Agenda.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der vordere Trog im Nordteil recht zügig nach
Südschweden und zur Ostsee. In seinem Südteil wird er durch die Alpen
aufgehalten und stark deformiert und hinkt folglich über Deutschland zurück. Der
hintere Trog amplifiziert sich weiter und reicht mit seiner Achse von Irland bis
vor die Küste Portugals. Vorderseitig wölbt sich ein Rücken über Westeuropa auf.
Das o.e. Randtief zieht unter Vertiefung als Sturmtief nach Irland und übernimmt
von BARBARA die Funktion des Zentraltiefs. Die mit vorderem Trog
korrespondierende Frontalwelle verlagert sich nach Mittelschweden, die
zugehörige Kaltfront schwenkt in den Südosten Deutschlands. Postfrontal fließt
ein Schwall erwärmte maritimer Subpolarluft ein (T850 sinkend auf 5 bis 0 Grad).


Da sich PVA und KLA an der Kaltfront weiterhin kompensieren, fallen die
frontalen Regenfälle, die sich langsam von Nordwest nach Südost verlagern, nach
wie vor schwach aus. Warnrelevanz könnte sich nur dann ergeben, wenn die
Niederschläge den äußersten Südosten erreichen, wo sich stellenweise leichter
Frost einstellt und es zu gefrierendem Regen kommen könnte. Rückseitig setzt
sich durch NVA Absinken durch, sodass die Niederschläge rasch nachlassen und die
Bewölkung gebietsweise auflockert. Dann bilden sich Nebel und Hochnebel. Vom
Südosten abgesehen bleibt es durchweg frostfrei, auch, weil der Wind anfangs
noch recht lebhaft weht. Warnwürdige Böen treten nur anfangs noch in Gipfellagen
(Bft 8-9) und in Ostsachsen (Bft 7) auf.



Mittwoch ... zieht das neue, hochreichende Zentraltief von Irland langsam zu den
Hebriden. Von diesem Tief ausgehend reicht der Trog mitsamt vorgelagerter,
wellender Kaltfront über die Bretagne und die Biskaya bis zur Straße von
Gibraltar. Davor schwenkt der Rücken mit seiner Achse nach Deutschland und
stützt eine bis ins östliche Mitteleuropa reichende Hochdruckzone. Am Rande
dieser stellt sich über Deutschland eine schwache südsüdöstliche Bodenströmung
ein.

Unter Absinken löst sich die Front über dem Südosten Deutschlands auf, sodass
dort kaum Niederschlag mehr zu erwarten ist. Der Tag gestaltet sich dann dort
wie im übrigen Land ruhig und an den Nordrändern der Mittelgebirge sowie an den
Alpen durchaus auch nicht unfreundlich. Im Luv (Südstau) der Mittelgebirge sowie
im Nordosten halten sich dagegen zähe Nebel und Hochnebelfelder. Später sorgt
WLA im Westen und Nordwesten für hohe Wolkenfelder. Die Temperaturen ändern sich
kaum.




Modellvergleich und -einschätzung
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Keine nennenswerten Modelldiskrepanzen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser