DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-12-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 13.12.2020 um 10.30 UTC



Im Nordwesten und Westen zeitweise böiger Wind, auf dem Brocken mitunter
Sturmböen. Im Südosten nachts leichter Frost, dort mit hoher, sonst mit geringer
Wahrscheinlichkeit Nebel.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 20.12.2020


Am Mittwoch liegt Deutschland unter einem Höhenrücken in 500 hPa, wobei zu
Beginn des Tages über dem Osten noch ein kurzwelliger Trog erkennbar ist, der
den Rücken überläuft. Dieser Kurzwellentrog zeichnet sich zwar im
Geopotentialfeld vom Lappland bis zum Mittelmeer deutlich ab, seine
Wetterwirksamkeit ist aber auf dichtere Wolkenfelder beschränkt, die allmählich
nach Osten abziehen. Allenfalls im Südosten können ein paar Tropfen fallen, die
Schneefallgrenze liegt bei 1700 bis 2000m. Somit gestaltet sich das Wetter
insgesamt ruhig, nach Auflösung gebietsweiser Nebelfelder ist es meist wechselnd
wolkig. Da am Nachmittag ein Langwellentrog auf Westeuropa übergreift, steilt
die Strömung sowohl nieder- als auch mitteltroposphärisch auf. Mithin wird milde
Luft herangeführt; während die 850er Temperaturen am Morgen meist um 1°C liegen,
erreichen sie zum Abend zwischen 1°C im Nordosten und etwa 6°C im Süden.
In der Nacht zum Donnerstag erreicht die Achse des Langwellentroges Frankreich.
Das zugehörige Bodentief überquert Schottland und zieht zur nördlichen Nordsee.
Sein Frontensystem greift dann in der zweiten Nachthälfte auf den Nordwesten
über. Damit setzt nicht nur leichter Regen ein, sondern der Gradient verschärft
sich und in der Folge zieht auch der Wind etwas an. Im westlichen Bergland und
an der Nordsee sind dann Böen Bft 6-7 möglich, auf dem Brocken Bft 8-9. Im Süden
und Südosten bildet sich dagegen bei windschwachen Bedingungen gebietsweise
Nebel.

Am Donnerstag kann sich der nördliche Teil des Langwellentroges nach Osten
verlagern, seine Achse erreicht zum Abend Schleswig-Holstein. Allerdings hängt
der südliche Teil des Troges in seiner Verlagerung zurück. Mehr noch, er tropft
in Richtung Nordwestafrika ab, so dann das dann entstehende abgeschlossene
Höhentief über dem westlichen Mittelmeer eine östliche Höhenströmung induziert.
Da ebendort auch der Luftdruck sinkt und sich ein flaches Tief ausbildet, wird
die Front in ihrer Verlagerung vor allem über Frankreich verlangsamt bzw.
zurückgehalten. Durch das Fehlen der frontsenkrechten Komponente verliert die
Luftmassengrenze an Kraft. Da zudem zwischen dem Höhentief über Nordwestafrika
und dem nördlichen Trogresiduum über der Nordsee und dem Nordmeer
kompensatorischen Absinken und damit Druckanstieg einsetzt, wird die Front auch
auf diese Weise "unter Druck gesetzt". In der Folge zeigt sie deutliche
Auflösungserscheinungen. Leichter Regen kann zwar im Norden noch bis nach
Mecklenburg, im Süden auch auf Baden übergreifen, er lässt aber im Laufe des
Tages nach. Somit sind recht dichte Wolkenüber dem Norden und Westen, die im
Tagesverlauf immer größere Lücken bekommen, das markanteste Merkmal der Front.
Im Osten und Süden ist es dagegen wechselnd bewölkt oder auch freundlich. Der
Druckanstieg zieht auch den Gradienten wieder etwas auseinander, der Wind
schwächt sich in der Folge im Westen und Norden wieder ab. Erkennbar bleibt aber
ein thermischer Effekt. Die 850er Temperaturen sinken wieder, im Südosten auf
Werte um 4°C, sonst auf Werte um 0°C.
In der Nacht zum Freitag steigen Druck und Geopotential weiter an, wenn auch nur
leicht, letztere auf der Vorderseite eines flachen Rückens über Frankreich. Zwar
ist der Trog noch im Geopotentialfeld erkennbar, aber sein Charakter ist
eindeutig ein kurzwelliger. Unter Absinken bleibt es trocken, gebietsweise
bildet sich Nebel.

Am Freitag und in der Nacht zum Samstag streicht der flache Rücken über
Deutschland hinweg nach Osten. Seine Achse befindet sich dabei zu Tagesbeginn an
den Westausläufern der Eifel, ausgangs der Nacht erreicht sie dann den Westen
Polens. Zwar folgt dem Rücken ein markanter Langwellentrog, mit dem im
Bodendruckfeld auch ein großräumiger und mehrkerniger Tiefdruckkomplex südlich
von Island bzw. zwischen Island und Schottland/Irland korrespondiert. Nach
Lesart des aktuellen Hauptlaufs von EZMW soll dessen Frontensystem ab bis zum
Samstagmorgen aber noch nicht auf Deutschland übergreifen. Somit bleibt es im
betrachteten 24-Stunden-Intervall wohl trocken. Im Süden und Westen bilden sich
in der Nacht wieder Nebelfelder, im Westen und Norden ziehen der Gradient und in
der Folge auch der Wind wieder an. Weil mit Passage des Rückens die
Höhenströmung von Südwest wieder auf Süd-Südwest dreht und die bodennahe
Strömung meist eine südliche ist, wird es wieder wärmer. Die 850er Temperaturen
steigen bis zum Samstagmorgen auf 3 bis 7°C.

Ab Samstagfrüh greift von Westen her der Langwellentrog und mit ihm zunehmend
tiefer Luftdruck auf Deutschland über, wobei das Übergreifen sehr zögerlich
abläuft. Mit sinkendem Druck und Geopotential gestaltet sich das Wetter wieder
wechselhafter. Gebietsweise regnet es etwas, die Schwerpunkte sollten im Westen
liegen. Im Osten bleibt das Hoch über Russland spürbar, so dass dort insgesamt
weniger Niederschlag fällt und die freundlichen Phasen länger sein sollten. Mit
dem Trog und dem Tief gehen auch die 850er Temperaturen wieder zurück, bis
Montagmorgen liegen sie durchweg im leicht negativen Bereich, die Minima im
Westen und Südwesten werden um -3°C erwartet. Damit dürfte in den Hochlagen
Schnee wieder ein Thema sein, wenngleich die Niederschlagmengen nicht sehr
ergiebig und die Neuschneemengen somit - Stand jetzt - nicht markant sein
werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum Freitag zeigen der aktuelle EZMW-Lauf und seine Vorläufe eine recht gute
Übereinstimmung. Geringe Modellunterschiede am Donnerstag beziehen sich auf die
Verlagerung des in Abschwächung befindlichen Troges, wobei der aktuelle Lauf und
sein unmittelbarer Vorlauf ein schnelleres Ausgreifen des Troges nach Osten
sehen, als dies noch bei den Vorläufen der Fall war. Dies
sollte bezüglich des Wetters, insbesondere aber bezüglich der Warnlage keine
großen Auswirkungen haben.

Am Freitag setzt sich der schwache Trend fort, dass die beiden jüngsten Läufe
eine progressivere Verlagerung andeuten als die älteren Vorläufe. Diesmal zeigt
sich dies am von Westen näherkommenden Langwellentrog, dessen Achse in den
jüngeren Läufen rascher nach Osten geschoben wird. Damit ist tendenziell auch
ein schnellerer Druckfall verbunden. Die Unterschiede sind aber weiterhin recht
schwach ausgeprägt.

Zum Wochenende kommen dann deutlichere Unterschiede zum Vorschein. Greift die
Trogachse beim heutigen 00-UTC- und beim gestrigen 12-UTC-Lauf am Samstagmittag
schon auf das französische Festland über, so liegt die entsprechende Achse beim
gestrigen 00-UTC-Lauf noch westlich der Biskaya. Die hat, wie schon am Vortag,
Auswirkungen auf den Druckfall, aber auch auf das Strömungsmuster, das nach den
jüngsten Läufen sowohl in der Höhe als auch am Boden schon deutlich zyklonaler
geprägt ist, als dies in den länger zurückliegenden Modellläufen der Fall war.
Ebenfalls verschieden sich die Gebiete hoher Feuchte in 700 hPa rascher, was
auch auf ein rascheres Übergreifen des mit dem Trog verbundenen Regens schließen
lässt. Immerhin: Auf die Temperaturverteilung in 850 hPa hat all dies nur einen
geringen Einfluss.

Am Sonntag kann der Langwellentrog des gestrigen 00-UTC-Laufs die bis dato
schnelleren Tröge der jüngeren Läufe "einholen", was auch mit einer gewissen
Angleichung der Muster in der 700er-Feuchte verbunden ist. Dafür zeigen die
850er-Temperaturen nunmehr, als Folge des zwischenzeitlich langsameren trogen,
größere Unterschiede.

Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle Läufe zum Wochenende auf
ein im Grunde recht ähnliches Szenario setzten: Allmählich von Westen auf
Deutschland übergreifender Langwellentrog, großräumig tiefer Luftdruck im
erweiterten Dreieck Island-Irland-Schottland und in der Folge auch bei uns
sinkender Luftdruck, von West nach Ost verlagernde meist geringe, mitunter auch
mäßige Niederschläge, meist als Regen, in Hochlagen wieder in Schnee übergehend.


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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im internationalen Vergleich zeigen sich schon am Mittwoch (z.B. 12 UTC)
deutlichere Unterschiede. Der von Westeuropa herannahende Trog greift bei EZMW
schneller nach Osten aus, als dies bei GFS oder ICON, aber auch bei ARPEGE oder
UKMO der Fall ist. Dazu deutet schon zu diesem Zeitpunkt GFS eine südlichere
Zugbahn des Tiefs bei Irland an, als dies z.B. ICON oder EZMW vorhersagen. Die
Amplitude des Troges halten EZMW oder ARPEGE kleiner als ICON oder GFS.
Insgesamt sind dies für eine Prognose von +84 Stunden recht deutliche
Diskrepanzen.

Am Donnerstag um 12 UTC hängen die sich von Westen nähenden Tröge bei ICON oder
GFS demjenigen bei EZMW deutlich hinterher (GFS und ICON liefern also Lösungen,
die diesbezüglich den älteren Vorläufen des aktuellen EZMW-Laufs entsprechen.
Dazu ist der Trog bei GFS oder ICON, aber auch bei UKMO, schärfer geschnitten
als bei EZMW. Die Trog-Keil-Strukturen im Bodendruckfeld über dem nördlichen
Westeuropa sind bei den genannten Modellen teils sogar gegenläufig.

Am Freitag laufen die Modelle dann wieder zusammen: der sich abschwächende Trog,
der einen großräumigen Rücken überläuft, der Rücken, der Deutschland von West
nach Ost überquert, und auch der markante neue Trog mit dem großräumigen
Tiefkomplex über dem Nordatlantik - alles bei allen zu finden. Zum Zeitpunkt
Freitag 12 UTC haben sich auch die Positionen der einzelne Trogachsen wieder
(etwas) angeglichen. Unterschiede zeigen sich in der Verlagerung der Front des
Tiefkomplexes, die bei ICON zögerlicher Abläuft als bei GFS oder EZMW, und der
Trog selbst weist bei GFS eine geringere Amplitude auf als bei ICON oder EZMW.

Am Wochenende soll dann bei den genannten Modellen der Trog auf Deutschland
übergreifen - und im Nachgang nehmen die Modellunterschiede wieder deutlich zu.
Während EZMW mit dem Höhentrog auch einen massiven Bodentrog nach Westeuropa
schiebt, setzt GFS über Frankreich sogar auf ein abgeschlossenes Tief - und
läuft damit gegensätzlich zu ICON, das aus Südwesten trogrückseitig rasch einen
Keil nach Frankreich schiebt. Rückseitig des Troges kommt die
Null-Grad-Isotherme bei EZMW bis zu den Pyrenäen, bei GFS bis zur Biskaya, bei
ICON dagegen nur bis nach Südengland voran. Somit liefert ICON für das nächste
Wochenende die wärmste Lösung, während die "Konkurrenz" auf eine etwas kühlere
Schiene setzt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles des EZMW liefern im Zeitfenster +72 bis +96 Stunden 3 Cluster mit
23, 23 und 5 Einzellösungen. Der Haupt- und Kontrolllauf befinden sich dabei in
einem der beiden größeren Cluster, der durchweg in der Wetterkategorie "Positive
NAO" liegt, wie es übrigens auch für den kleinen Cluster der Fall ist. Der
zweite große Cluster wechselt dagegen von der Kategorie "Positive NAO" in die
Kategorie "Blocking". Die Unterschiede in den Geopotentialmustern sind
allerdings nicht sehr groß. In allen Fällen nähert sich von Westen ein
Langwellentrog, dem über West- und Mitteleuropa ein Rücken vorausläuft. Dieser
scheint bei dem zweiten großen Cluster etwas stärker ausgeprägt zu sein, was für
die Kategorie "Blocking" spricht.

Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden wird nur ein Cluster angeboten, der
durchweg in der Kategorie "Blocking" liegt. Da gibt es nicht viel zu
diskutieren.

Im Zeitfenster +192 bis +240 Stunden sind dann zwei Cluster in der Verlosung.
Der mit 33 Ensemblemembern größere, in den auch der Haupt- und Kontrolllauf
fallen, wechselt von einer Blockierungslage zur "Positiven NAO". In letzterer
bewegt sich der mit 18 membern kleinere Cluster permanent. Letztendlich zeigt
sich beim größeren Cluster ein hartnäckiger Rücken über Mitteleuropa, der erst
zögerlich einem Langwellentrog weicht. Im kleineren Cluster zieht sich der
Rücken dagegen recht schnell (und recht weit) nach Osten zurück.

Die EZMW-Rauchfahnen für Offenbach zeigen im Mittelfristzeitraum bei den
850er-Temperaturen ein pendeln zwischen etwa +4 und null Grad mit der
Wellenlänge 48 Stunden. Die Streuung zwischen den extremsten Ensemblemitgliedern
beträgt dabei etwa 7 Grad. In der Nacht zu Samstag wird ein zwischenzeitliches
Maximum erreicht, woraufhin, mit einem sprunghaften Anstieg der Streuung
verbunden, der Haupt- und Kontrolllauf einen Rückgang der Temperatur von +4 auf
etwa -2 Grad am Montagmorgen andeutet. Beim Geopotential zeigt sich ebenfalls
ein pendeln, der Rückgang der 850er-Temperaturen ist dabei mit einem deutlichen
Rückgang des Geopotentials (durch Übergreifen des Langwellentroges) verbunden.

Die GFS-Ensembles zeigt qualitativ ein vergleichbares Bild.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


COSMO-LEPS zeigt am Mittwoch im westlichen Bergland Wahrscheinlichkeiten von bis
zu 60% für Böen Bft 7 und Wahrscheinlichkeiten bis 10% für Böen Bft 8. Geringe
Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 7 liefert COSMO-LEPS auch in den zentralen
Mittelgebirgen, geringe Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 8 auf dem Brocken.

Am Donnerstag zeigt COSMO-LEPS in den westlichen Mittelgebirgen geringe (um
10%), im den zentralen und nördlichen Mittelgebirgen aber ebenso wie im Elbtal
und den angrenzenden Höhenzügen (Böhmischer Wind) recht hohe (um 50%)
Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 7. Abgesehen vom Brocken sind die
Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 8 allgemein verschwindend gering.

Letzteres gilt auch am Freitag, dann liegen die Wahrscheinlichkeiten für Böen
BFt 7 in den westlichen, zentralen und nördlichen Mittelgebirgen wieder bei bis
zu etwa 30%.



EFI zeigt, mit Ausnahme des Samstags, im gesamten Mittelfristzeitraum zumindest
gebietsweise Signale für - im Vergleich zum klimatologischen Mittel -
signifikant zu warme Temperaturen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas