DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-08-2016 21:00
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 14.08.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im äußersten Süden vor allem am Montag teils kräftige Gewitter, Unwetter nicht
ausgeschlossen. Sonst überwiegend ruhiges, antizyklonal geprägtes Wetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... steht einem Höhentrog über Nordeuropa mit Drehzentrum in etwa über
dem südlichen Bottnischen Meerbusen ein recht markanter Höhenrücken über den
Britischen Inseln gegenüber. Über Deutschland führt diese Konstellation zu einer
westnordwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet verlagert sich ein
kurzwelliger Randtrog allmählich von Benelux nach Westdeutschland, kommt dann
aber nur sehr zögerlich südostwärts voran, sondern weitet sich noch ein wenig
westwärts, nach Nordfrankreich aus.
Vorderseitig des KW-Troges führt vor allem PVA zu Hebung, die über
Süddeutschland mit Hilfe der Orographie (Schwarzwald, Schwäbische Alb, Alpen)
noch etwas verstärkt wird.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront eines Tiefs über Südfinnland über der Mitte
Deutschlands zunächst kaum mehr nach Süden voran. Vorderseitig des oben
erwähnten Höhenrückens verstärkt sich ein Bodenhoch über der westlichen Nordsee
noch ein wenig, wobei ein Keil bis in die Mitte Deutschlands reicht. Somit
zeichnet sich die Kaltfront durch eine nicht allzu große Wetteraktivität aus.
Mehr als lockere Quellbewölkung, die im Laufe der Nacht eher noch etwas
zusammenfällt, ist an ihr nicht auszumachen. Postfrontal gelangt maritime
Polarluft nach Norddeutschland, in der es anfangs noch vor allem Richtung Küste
zu vereinzelten unergiebigen Schauern kommen kann. Ansonsten steht im Großteil
des Landes einer ruhigen Nacht nichts entgegen, auch Nebel sollte kaum ein Thema
sein.
Somit richtet sich der Fokus einer eventuellen Warntätigkeit auf den äußersten
Süden. Dort befindet sich präfrontal noch eine potenziell instabile Luftmasse
mit den höchsten Labilitätswerten an den Alpen bzw. im angrenzenden
Alpenvorland. Bisher war allerdings die Deckelung noch zu stark, so dass sich
keine Gewitter entwickeln konnten. Mit zunehmender trogvorderseitiger Hebung
könnte das aber im Laufe des späteren Abends bzw. der Nacht der Fall sein. Vor
allem mit Starkregen ist dann bei PPW-Werten nahe 30 mm zu rechnen. COSMO-DE
simuliert in den letzten Läufen vor allem zwischen 00 und 06 UTC immer wieder
stärkere konvektive Entwicklungen im östlichen Oberbayern bzw. Niederbayern und
auch das EPS hatte dort im 09 UTC-Lauf Wahrscheinlichkeiten bis über 25% für
mehr als 20 mm/6 h in petto, im aktuellen 12 UTC- Lauf allerdings nur noch über
10 %.

Montag ... verlagert der Langwellentrog sein Drehzentrum allmählich ins
Baltikum, während sich der Höhenrücken über Westeuropa bei geringer
Ostverlagerung nordwärts aufwölbt, was kräftiger WLA auf der Vorderseite eines
umfangreichen Langwellentroges über dem mittleren Nordatlantik geschuldet ist.
Somit ergibt sich bei großräumiger Betrachtung ein typisches Omega-Muster über
Westeuropa.
Der Kurzwellentrog über Südwest-/Westdeutschland und Nordfrankreich kommt kaum
weiter nach Süden voran und verliert vor allem zum Abend hin auch allmählich an
Kontur bzw. tropft über der Bretagne aus (in 300 hPa). Die Hebungsprozesse auf
dessen Vorderseite sind aber nach wie vor aktiv.
Im Bodenfeld verlagert das kräftige Nordseehoch seinen Schwerpunkt ein wenig
nach Norden, auch der nach Deutschland reichende Keil kommt nach Norddeutschland
voran. Die Kaltfront verbleibt nahezu quasistationär und ohne großartige
Wetteraktivität über der Mitte des Landes. Südlich davon weitet sich von
Ostfrankreich her eine flache Tiefdruckrinne nach Süddeutschland aus, innerhalb
derer die instabile Luftmasse geringfügig nach Norden, bis etwa zu einer Linie
Schwarzwald - Bayerischer Wald vorankommt. Die ML-Cape steigt dabei -
entsprechende Einstrahlung vorausgesetzt - laut diverser Modelle am Nachmittag
auf deutlich über 1000 J/kg, COSMO-EU und WRF 4 km haben sogar mehr als 1500
J/kg auf der Karte, was wohl den etwas zu hoch simulierten Taupunkten geschuldet
ist. Die PPW-Werte liegen nach wie vor zwischen 25 und 30 mm. Mit der
Trogannäherung kommt auch etwas hochreichende Scherung ins Spiel (um 15 m/s 0
bis 6 km). Der Deckel ist nur schwach ausgeprägt und orographisch getriggert
dürften sich dann bereits ab den Mittagsstunden, verstärkt aber am Nachmittag
teils kräftige Gewitter entwickeln. Aufgrund der schwachen Höhenströmung besteht
die Gefahr langsam ziehender oder gar quasistationärer Zellen mit Starkregen,
aber auch Hagel bis in den Unwetterbereich. Sturm- oder gar schwere Sturmböen
sind aufgrund der recht trockenen mittleren Troposphäre, die das Auftreten von
Down- bzw. Microbursts begünstigt, ebenfalls möglich.
Im übrigen Land steht ein ruhiger Tag ins Haus. Vor allem an der Ostsee, im
Westen und Südwesten sowie zwischen Main und Donau scheint häufig die Sonne,
ansonsten bilden sich auch lockere Quellwolken, die Wahrscheinlichkeit für
Schauer bleibt aber gering. Die Höchstwerte liegen im Norden zwischen 18 und 24
Grad, im Süden zwischen 24 und 29 Grad.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich an der Gesamtkonstellation nur wenig, der
Kurzwellentrog kommt noch etwas nach Süden voran, ist im Geopotentialfeld aber
kaum mehr als solcher auszumachen.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich Richtung Norwegische See,
ein Keil bleibt aber nach wie vor nach Nord- und Ostdeutschland gerichtet.
Südlich davon bleibt - getrennt durch die quasistationäre Kaltfront - auch die
Tiefdruckrinne über Süddeutschland liegen.
Somit schwächen sich die Gewitter im Süden tagesgangbedingt ab. Ansonsten steht
eine ruhige Nacht ins Haus, wobei sich stellenweise Nebel bilden kann.

Dienstag ... dauert die Omegalage an, wobei sich die Amplituden der beiden Tröge
und des Rückens noch etwas vergrößern. Dabei verbleibt Deutschland auf der
Rückseite des Troges über dem nahen Nordosteuropa unterhalb einer zyklonal
konturierten nord- bis nordwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet,
verlagert sich ein gut ausgeprägter kurzwelliger Randtrog von Südskandinavien
her über die Ostsee hinweg südwärts.
Bzgl. dessen Vorankommens nach Süden gibt es noch größere Differenzen vor allem
zwischen ICON und dem "Rest der Modellwelt". ICON lässt den Trog bis Dienstag,
18 UTC bereits bis zum Erzgebirge vorankommen, nach den meisten externen
Modellen (und auch nach COSMO_EU) befindet er sich zu diesem Zeitpunkt erst über
der südlichen Ostsee (ECMWF), der Odermündung (COSMO_EU) bzw. über Nordwestpolen
(GFS).
Somit bestehen noch Unsicherheiten darüber, inwieweit die mit dem Trog
advehierte höhenkalte und labil geschichtete Luftmasse (unter -20 Grad in 500
hPa, etwa 5 bis 6 Grad in 850 hPa) bereits tagsüber auf den Osten/Nordosten des
Landes übergreifen kann. Nach Lesart des ICON-Nest ist bereits ab dem späten
Vormittag/Mittag vorrangig in Vorpommern und in Brandenburg von Norden her mit
Schauern und auch kurzen Gewittern zu rechnen, bei hochreichender Scherung (0
bis 6 km) können dann auch organisierte Strukturen mit kleinkörnigem Hagel und
stürmischen Böen auftreten.
Nach Lesart der übrigen Modelle sollte das aber tagsüber nur im äußersten
Nordosten (Ostvorpommern) der Fall sein.
Mehr Einigkeit in der Modellwelt besteht allerdings bzgl. der Tiefdruckrinne und
der darin eingelagerten potenziell instabilen Luftmasse im äußersten Süden,
südlich abgesetzt von der Kaltfront, die sich nach wie vor in etwa über dem
nördlichen Bayern. Südhessen und Rheinland-Pfalz befindet. Dabei wird eine nicht
mehr so hohe ML-Cape (meist unter 1000 J/kg) wie am Vortag simuliert bei
ähnlichen PPW-Werten. Bei schwacher Deckelung muss im Tagesverlauf erneut mit
Gewittern gerechnet werden, begleitet von Starkregen und kleinkörnigem Hagel
sowie von stürmischen Böen, die Unwettergefahr sollte aber deutlich zurückgehen.

Im übrigen Land steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Vor allem im
Südwesten und in der Mitte, aber auch im Nordwesten scheint häufig die Sonne.
Die Höchstwerte ändern sich gegenüber denen vom Vortag kaum.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der kurzwellige Randtrog - inklusive
aller oben erwähnten Unsicherheiten bzw. Modelldifferenzen - über das
deutsch-polnische Grenzgebiet bzw. Westpolen hinweg ostsüdostwärts. Insgesamt
weitet sich der osteuropäische Höhentrog dadurch nach Mitteleuropa aus, der
Höhenrücken wird über Benelux und England "abgeschnürt" und verbleibt als
abgeschlossenes Höhenhoch mit Schwerpunkt über dem europäischen Nordmeer bzw.
über der Norwegischen See.
Mit dem Kurzwellentrog gelangt höhenkältere und labil geschichtete Luft in den
äußersten Osten, so dass dort während der Nacht mit einzelnen Schauern,
eventuell auch kurzen Gewittern zu rechnen ist. Auch im Südosten sowie an den
Alpen kommt die Schauer- und Gewittertätigkeit aufgrund der durch die Orographie
unterstützten trogvorderseitigen Hebung wohl nicht komplett zum Erliegen.
Ansonsten verläuft die Nacht im Einflussbereich des sich langsam nach Nordwesten
zurückziehenden Hochkeils ruhig und weitgehend warnfrei.

Mittwoch ... verbleibt der Vorhersagebereich an der Südwestflanke des
umfangreichen osteuropäischen Höhentiefs mit Zentrum über dem Baltikum. Dabei
sind allerdings keine nennenswerten dynamischen Hebungsprozesse auszumachen.
Der Kurzwellentrog ist inzwischen nach Südosteuropa abgezogen, auch die labil
geschichtete Luftmasse über der Osthälfte wird allmählich wieder durch eine
etwas stabilere ersetzt, so dass es kaum mehr - am ehesten im östlichen Bergland
- für Schauer reichen sollte.
Die Kaltfront über Süddeutschland kommt weiterhin nur sehr langsam südwärts
voran, so dass sich der Alpenbereich und das unmittelbar daran angrenzende
Alpenvorland sowie die Regionen vom Südschwarzwald bis zum Bodensee noch im
Einflussbereich instabiler Luftmassen mit einer ML-Cape von über 500 J/kg, aber
gegenüber den Vortagen niedrigeren PPW-Werten befinden. Dort können sich
nochmals einzelne Schauer und Gewitter entwickeln mit einem Risiko vor
Starkregen und kleinkörnigem Hagel.
Im großen Rest des Landes verläuft der Tag ruhig und warnfrei, wobei vor allem
in der Westhälfte und in den mittleren Landesteilen die Sonne scheint. Die
Höchstwerte gehen auch im Süden etwas zurück und liegen zwischen 18 und 25 Grad,
im Südwesten können bis zu 28 Grad erreicht werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Auf die Unsicherheit, den Randtrog am Dienstag bzw. in der Nacht zum Mittwoch
betreffend, wurde im Text bereits ausführlich eingegangen. Ansonsten simulieren
die externen Modelle eine der deutschen Modellkette sehr ähnliche
Wetterentwicklung im Kurzfristbereich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff