DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-12-2020 18:01
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.12.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Überwiegend "Schmuddelwetter", meist ohne signifikante Wettererscheinungen und
vor allem im Westen Milderung. Zu Wochenbeginn in Gipfellagen stürmische Böen
oder Sturmböen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines breit angelegten,
aber flachen und mit mehreren Drehzentren ausgestatteten Höhentroges, der mit
seiner Achse grob von der Nordsee über das Vorhersagegebiet hinweg
südsüdostwärts bis nach Mittelitalien reicht. Darin eingebettet sind mehrere
kurzwellige Troganteile, die kleinräumig dynamischen Hebungsantrieb bieten,
woraus sich eine diffuse Verteilung kleinräumiger Niederschlagsgebiete ergibt.
Im Laufe der Nacht greift ein sich stromab einer beginnenden Austrogung über dem
Ostatlantik durch WLA etablierender Höhenrücken auf den Westen Frankreichs und
auf die Britischen Inseln über, was folglich auch zu Geopotenzialgewinn über der
Nordsee und dem westlichen Mitteleuropa führt.
Im Bodenfeld korrespondiert der Trog mit einer Tiefdruckrinne, die sich aktuell
von der Nordsee bis zum Erzgebirge erstreckt und im Laufe der Nacht aufgrund des
blockierenden Monumentalhochs über Russland kaum mehr nach Nordosten vorankommt.
Rückseitig der Rinne hat ein weiterer Bodentrog mit schauerartigen
Niederschlägen von Frankreich her auf Süddeutschland übergegriffen und kommt
rasch ostwärts voran. Morgens erreicht ein Bodenhochkeil Ostfrankreich und
Belgien und auch im Westen des Vorhersagegebietes setzt deutlicher Druckanstieg
ein, Bodentrog und Rinne werden mehr und mehr aufgefüllt.
Die höchsten RR-Mengen (1 bis 5 mm, an den Alpen stellenweise mehr, im Stau des
Schwarzwaldes auch bis über 10 mm) werden in der Südhälfte simuliert. Dabei
wurde bzw. wird die bodennah kalte Luft mit etwas auffrischendem Westwind meist
ausgeräumt, außer ganz im Osten Bayerns, wo sich der Trog so weit abschwächt,
dass es wohl kaum für eine Winddrehung auf West reicht und somit im Laufe der
Nacht auch stellenweise wieder leichter Frost zu erwarten ist. Da in tiefen
Lagen, wenngleich nach Osten zu nur noch mit sehr geringer Intensität,
überwiegend Regen fällt, kann dort gebietsweise markantes Glatteis nicht
ausgeschlossen werden, am ehesten wohl im ostbayerischen Mittelgebirgsraum bzw.
an der unteren Donau und am Inn, vielleicht auch noch im Thüringer Wald und im
westlichen Erzgebirge, wobei dort wohl kaum mehr Niederschlag ankommt.
Ansonsten liegt die Schneefallgrenze bei 850 hPa-Temperaturen zwischen -1 und +2
Grad meist zwischen 800 und 1100 m. Darüber fallen 1 bis 5 cm Neuschnee, in
Staulagen der Alpen vielleicht auch etwas mehr.
Leichte Niederschläge sind auch in der Mitte und im Nordwesten sowie an der
Nordostflanke der Tiefdruckrinne von Westmecklenburg bis nach Südbrandenburg zu
erwarten. Dort bleibt es - abgesehen von einzelnen "Kältelöchern" in den
östlichen zentralen Mittelgebirgen - aber überwiegend frostfrei. Ein kleines
Risiko für gefrierenden Regen besteht am ehesten noch im Übergangsbereich zur
kälteren Festlandsluft, die von Polen her in den Nordosten Deutschlands sickert,
wo es ebenfalls recht verbreitet leichten Frost geben kann.

Sonntag ... greift der Höhenrücken im Tagesverlauf auf Ostfrankreich, Benelux
und die Nordsee über und der vorgelagerte flache Höhentrog wird ins östliche
Mitteleuropa abgedrängt, so dass sich im Vorheersagegebiet eine schwache
nordwestliche Höhenströmung einstellt. Mit Annäherung des Rückens setzt sich der
Druckanstieg vor allem im Süden und Osten des Landes weiter fort und die nur
noch wenig nach Osten vorankommende Tiefdruckrinne wird mehr und mehr
zugeschüttet. Somit klingen die leichten Niederschläge im Tagesverlauf von
Westen und Südwesten her weiter ab, nennenswerte Mengen kommen kaum mehr
zusammen. Vor allem am Vormittag besteht in eventuellen "Kältelöchern" im
Südosten Glatteisgefahr, an den Alpen fallen in höheren Lagen noch ein paar
Zentimeter Schnee.
Im Tagesverlauf greift das Frontensystem des zentralsteuernden und
hochreichenden Tiefdruckgebietes westlich von Schottland auf die Britischen
Inseln über, die Warmfront erreicht abends bereits den Westen Belgiens bzw.
Nordwestfrankreich und auch im westlichen Mitteleuropa setzt mit beginnender WLA
Druckfall ein. Dadurch dreht der Wind im Westen und Nordwesten Deutschlands
wieder auf südliche Richtungen und frischt zum Abend hin auf, ist aber (noch)
nicht warnrelevant. Immerhin reicht es vielleicht, um gebietsweise, vor allem an
den Nordrändern der westlichen Mittelgebirge, mal größere Lücken in die
Hochnebeldecke zu reißen. Auch an den Alpen lockern die Wolken am Nachmittag und
Abend etwas auf. Ansonsten dürfte es aber überwiegend stark bewölkt bis bedeckt
bleiben. Nachmittags und abends macht sich die mitteltroposphärische WLA dann
aber auch im Westen und Nordwesten anhand des Aufzuges hoher und mittelhoher
Wolken bemerkbar.
Sowohl im Nordosten als auch im Südosten steigen die Temperaturen nur auf 0 bis
3 Grad, da sich dort nie wirklich Durchmischung durchsetzen konnte, ansonsten
wird es aber mit 4 bis 9 Grad - die höchsten Werte wohl in NRW, vielleicht auch
am Oberrhein - recht mild.

In der Nacht zum Montag überquert ein an der Südostflanke des sein Drehzentrum
nur wenig nach Süden verlagernden zentralsteuernden und nordwestlich von Irland
gelegenen Tiefs nordostwärts geführter Randtrog Irland und Schottland und
erreicht morgens die westliche Nordsee. Der vorgelagerte Höhenrücken wird dabei
etwas nach Osten abgedrängt, so dass dessen Achse morgens über Deutschland
verläuft.
Das Frontensystem des Zentraltiefs kommt innerhalb der auf Südwest drehenden
Höhenströmung allmählich ostnordostwärts voran, die Warmfront greift mit
Regenfällen meist leichter, über der Nordsee auch mäßiger Intensität im Laufe
der Nacht auf den Westen und Nordwesten des Landes über. Modellunsicherheiten
bestehen noch darüber, wie weit der Regen nach Süden und Osten ausgreifen kann.
Nach Lesart des ICON-EU könnte noch der zentrale Mittelgebirgsraum mit geringen
Mengen betroffen sein, wobei der Regen dort in einigen Kältelöchern gefrieren
könnte. Im Westen und Norden bleibt es aber ansonsten frostfrei.
Im Süden und Osten bleibt es noch allgemein trocken, vielerorts aber trüb durch
Nebel und Hochnebel, lediglich an den Alpen lockern die Wolken eventuell stärker
auf. Dort gibt es verbreitet, ansonsten im Osten und Süden nur gebietsweise
leichten Frost und örtlich Glätte durch Überfrieren.
Mit Annäherung und Passage der Warmfront verschärft sich der Gradient weiter.
Vor allem im Westen und Norden frischt der Wind aus Süd bis Südost auf. Im
Nordseeumfeld gibt es steife Böen (Bft 7), an exponierten Küstenabschnitten und
auf Helgoland eventuell auch stürmische Böen (Bft 8). In den Kamm- und
Gipfellagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge muss ebenfalls mit
steifen bis stürmischen Böen gerechnet werden, auf dem Brocken auch mit
Sturmböen (Bft 9). Eventuell reicht es auch ganz im Westen in Leelagen (Aachener
Bucht) für einzelne steife Böen.

Montag ... setzt sich die Austrogung über Westeuropa weiter fort, die Hauptachse
des Troges verläuft abends knapp westlich von Irland nach Süden bis zur
Nordwestspitze Spaniens, während das zentralsteuernde Tief nordwestlich von
Irland kaum Verlagerungstendenz zeigt und sich beginnt etwas aufzufüllen. Der
vorgelagerte Höhenrücken wird ins östliche Mitteleuropa abgedrängt und die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht auf Südwest, womit auch
niedertroposphärisch recht markante WLA einsetzt, die Temperatur in 850 hPa
steigt bis zum Abend auf +3 Grad im äußersten Nordosten und bis +8 Grad in
Oberschwaben.
Im Bodenfeld überquert die Warmfront bis zum Abend den Nordosten und Osten des
Landes, die zunehmend verwellende Kaltfront greift bereits vormittags auf den
Westen über, kommt aber mangels Schubkomponente nur schleppend ostwärts voran.
Abends erreicht sie in etwa eine Linie Ostholstein - Niederrhein. Postfrontal
gelangt erwärmte Meeresluft (+2 bis +4 Grad in 850 hPa) in den Nordwesten des
Landes.
Die Wetteraktivität der Front hält sich mangels dynamischen Hebungsantrieb
innerhalb der glatt konturierten südwestlichen Höhenströmung in Grenzen und
beschränkt sich auf schauerartige Regenfälle meist leichter, im westlichen
Mittelgebirgsraum eventuell auch mäßiger Intensität. Nachmittags und abends
beginnt die Front über der Biskaya zu verwellen, wodurch die Niederschläge
stromabwärts über dem Vorhersagegebiet eher wieder etwas abklingen, so dass in
Summe auch im Frontbereich lediglich 1 bis 5 mm, im westlichen bzw. westlichen
zentralen Mittelgebirgsraum in Staulagen bis nahe 10 mm in 12 Stunden
zusammenkommen. Postfrontal klingen die Regenfälle wieder ab und auch
präfrontal, von der Pfalz bis zur Lausitz und weiter südöstlich, bleibt es noch
trocken.
Vor allem mit Frontpassage frischt der Wind im Norden und Westen am Vormittag
vorübergehend noch etwas auf, ehe er postfrontal sowie generell am Nachmittag
wieder abnimmt. Für warnrelevante Böen reicht es somit wohl lediglich im
Nordseeumfeld (Bft 7) sowie in den Kamm- und Gipfellagen der westlichen und
zentralen, später auch der östlichen Mittelgebirge (Bft 7 bis 8, Brocken: 9).
Eventuell greift in einigen Erzgebirgstälern auch der Böhmische Wind mit steifen
Böen aus Südost durch, auch auf exponierten Alpengipfeln könnte es für
stürmische Böen reichen.
Im Süden und Südosten bleibt es allgemein schwachwindig und somit wird die dort
lagernde bodennah feuchtkalte Luftmasse mancherorts nicht ausgeräumt. Vor allem
entlang der Donau und in der Oberpfalz werden die 0 Grad gebietsweise kaum
überschritten, ansonsten liegen die Höchstwerte in der Osthälfte meist zwischen
4 und 8 Grad. Im Westen und Südwesten und eventuell auch in höhere Alpentäler
greift die Milderung dagegen voll durch mit Höchstwerten zwischen 9 und 13 Grad.
Vor allem am Alpenrand, aber auch am Erzgebirge und im Südwesten scheint auch
mal für längere Zeit die Sonne, sonst bleibt es meist stark bewölkt bis bedeckt.
Erst am Nachmittag lockern die Wolken auch im Nordwesten postfrontal auf.

In der Nacht zum Dienstag greift die ehemalige Trogachse als zunehmend
kurzwelliger Randtrog auf die Biskaya über, wodurch die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet etwas aufsteilt. Trogvorderseitig entwickelt sich entlang der
verwellenden Kaltfront eine Frontalwelle, die Dienstagfrüh nach Lesart des
aktuellen ICON-EU-Laufes den Großraum Paris erreicht. Im Bereich dieser Welle
wird die frontale Hebung zunehmend auch durch PVA dynamisch gestützt, so dass
sich die Regenfälle auch entlang der über dem Vorhersagegebiet quasistationären
Front von Westen her wieder etwas intensivieren, allerdings kommen sie weiterhin
kaum nach Südosten voran. Mehr als 1 bis 7 mm, in Staulagen der westlichen
Mittelgebirge auch bis 10 mm werden aber nicht simuliert.
Im Nordwesten und auch im Südosten, etwa vom Hochrhein bis zur Uckermark und
südöstlich davon, bleibt es weiterhin trocken.
Insgesamt fächert der Gradient im Vorfeld der Welle vorübergehend auf, außer in
den Gipfellagen einiger westlicher und zentraler Mittelgebirge sind keine
warnrelevanten Böen mehr zu erwarten.
Im Südosten gibt es bei teils aufgelockerter, teils dichter und hochnebelartiger
Bewölkung erneut vielerorts leichten Frost und teilweise auch dichten
Bodennebel, sonst bleibt es frostfrei.

Dienstag ... splittet sich der Kurzwellentrog über der Biskaya: Während dessen
Südteil ostwärts nach Zentral- bzw. Südfrankreich zieht, kommt der Nordteil
nordostwärts voran und erreicht abends den Ostausgang des Ärmelkanals.
Entwicklungstechnisch günstig auf dessen Vorderseite gelegen kann sich die
Frontalwelle noch etwas vertiefen (der dynamischen Hebungsantrieb fällt aufgrund
eher geringer differenzieller PVA nicht allzu markant aus) und zieht bis zum
Abend über Benelux zum Westteil der Deutschen Bucht. Die Warmfront überquert die
Nordhälfte nordnordostwärts, die Kaltfront kommt zum Abend hin über
Westdeutschland vorübergehend etwas rascher ostwärts voran. Nach wie vor fallen
die schauerartigen Regenfälle nicht allzu üppig aus, kommen aber etwas nach
Südosten voran, im Süden und Osten Bayerns sowie in der Lausitz bleibt es aber
meist noch trocken. Ansonsten fallen meist weniger als 5 mm, lediglich in
einzelnen Staulagen der westlichen und südwestdeutschen Mittelgebirge sowie im
Nordseeumfeld, wo es in der Nähe zum Wellenscheitel eventuell auch ein kurzes
Gewitter geben kann, vielleicht etwas mehr. Dem Frontensystem folgt erwärmte
Meeresluft (T850 hPa um bzw. etwas über 0 Grad), so dass es in weiten Teilen des
Landes bei recht guter Durchmischung mit Höchstwerten zwischen 7 und 12 Grad
mild bleibt. Lediglich im Südosten kann sich bodennah noch die Kaltluft halten,
dort werden bei gebietsweise beständigem Hochnebel nur Höchstwerte um oder knapp
über 0 Grad erreicht.
Sonne gibt es am ehesten am Alpenrand sowie am Erzgebirgsnordrand, auch
postfrontal im Westen lockern die Wolken später auf.
Der Wind frischt im Warmsektor der Welle vor allem in den Kamm- und Gipfellagen
der Mittelgebirge vorübergehend aus Süd bis Südost auf mit stürmischen Böen, auf
dem Brocken eventuell mit Sturmböen, am Erzgebirgsnordrand kann es auch
Böhmischen Wind mit steifen Böen in entsprechend anfälligen Tälern geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Der aktuelle GFS-Lauf simuliert die Frontalwelle
am Dienstag schwächer und auch etwas progressiver, was aber nur wenig Warn- und
Prognoserelevanz für das Vorhersagegebiet hat.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff