DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-12-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.12.2020 um 10.30 UTC



Vor allem im Norden und Westen leicht unbeständig, aber mild. Nach Südosten hin
häufig neblig oder trüb und kaum Niederschlag. Keine großräumigen markant zu
bewarnenden Wetterereignisse.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 19.12.2020


Zwischen einem Höhenkeil, der vom zentralen Mittelmeerraum nach Nordosten
gerichtet ist und einem Trog über dem nahen Ostatlantik liegt Deutschland unter
einer leicht mäandrierenden südwestlichen Strömung. Mit dieser wird in der Nacht
zum Mittwoch ein schwacher Trog über Deutschland hinweg nordostwärts gesteuert.
Die vorgelagerte wellende Kaltfront erfasst mit Niederschlägen den Norden und
Westen Deutschlands, wird aber von diesem Trog überlaufen, so dass im Osten und
Süden Deutschlands von diesen Niederschlägen nicht mehr viel ankommt. Allerdings
reicht es für eine Feuchteanreicherung, so dass sich in den südlichen
Landesteilen bei geringen Luftdruckgegensätzen vermehrt Nebel und Hochnebel
bilden kann. Am Mittwoch erfolgt dann auch im Osten Deutschlands im Randbereich
des über Südosteuropa liegenden Hochs eine Gradientabnahme. Für warnrelevante
Böen reicht es allenfalls in einigen westlichen Mittelgebirgslagen und an der
Nordfriesischen Küste, wenngleich die Wahrscheinlichkeit hierfür gering ist.
Bis Donnerstag greift der über dem nahen Ostatlantik liegende Trog auf
Westeuropa über, tropft aber dabei über die Iberische Halbinsel hinweg zum
Atlasgebirge aus. Das Residuum erreicht dann die Benelux-Staaten, vorderseitig
bringt eine schwache Kaltfront dem Nordwesten erneut etwas Niederschlag. Im
Osten und Süden bleibt die schwachgradientige Lage bestehen, so dass dort ein
ruhiger Wettercharakter bestehen bleibt. Nebel und Hochnebel werden sich in
einigen Regionen Süddeutschlands nur sehr zögernd oder nicht auflösen.
Nachdem der Resttrog den Norden Deutschlands gestreift hat, erreicht am Freitag
ein Rücken das Vorhersagegebiet. Gleichzeitig weitet sich ein weiterer breiter
Trog über dem mittleren Nordatlantik nach Süden und Osten aus. Dieser erfasst am
Samstag Irland und die Biskaya. Der stromabwärts liegende Keil, der bis dahin
Deutschland überquert hat, weitet sich über den Ostseeraum hinweg bis nach
Nordskandinavien aus. Folglich verstärkt sich die südwestliche Strömung und
steilt zudem etwas auf, so dass sich in den Alpen eine Föhnsituation mit
Sturmböen auf exponierten Gipfeln einstellen kann. Mit dem Übergreifen eines
Bodentroges auf die Nordsee erfolgt nahezu über ganz Deutschland eine
Gradientzunahme, so dass in einigen Höhenlagen und an der Nordseeküste vermehrt
warnrelevante Böen auftreten können; exponiert können Sturmböen nicht ganz
ausgeschlossen werden. Abgesehen vom Südosten, wo sich aufgrund der dort
weiterhin vorherrschenden geringen Luftdruckgegensätze noch die kalte
Grundschicht hält, wird es mild bis sehr mild.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum arbeitet sich der Trog bis
nach Mitteleuropa vor, tropft aber dabei in Richtung Tunesien aus. Der Resttrog
überquert Deutschland ostwärts, überläuft eine über dem Vorhersagegebiet
liegende schwache Kaltfront, so dass sich die Niederschlagstätigkeit erneut auf
nur wenige Millimeter beschränkt. Vielleicht reicht es am Montag und in der
Nacht zum Dienstag in den Kamm- und Gipfellagen der höheren Mittelgebirge mal
für ein paar Schneeflocken.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Freitag ist der aktuelle Modelllauf gegenüber den beiden
gestrigen Simulationen weitgehend konsistent. Erst am Samstag deutet sich bei
dem vom nahen Ostatlantik nähernden Trog eine geringfügig langsamere Entwicklung
an, was aber noch im Bereich der Prognoseunschärfe liegt. Bemerkenswert ist,
dass im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum am Sonntag der aktuelle
Modelllauf der gestrigen Modellrechnung von 00 UTC ähnelt, wogegen der 12
UTC-Lauf bei diesem Trog eine Doppelstruktur sah, wobei der zweite Teiltrog eine
markante Zyklogenese über der Nordsee zur Folge hätte. Nach der aktuellsten
Modellrechnung ist am Montag dieses kräftige Tief über der Nordsee nicht mehr zu
finden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Donnerstag stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Der in der Nacht zum Freitag über Deutschland
hinwegschwenkende Resttrog wird von ICON schwächer simuliert und zudem
ausgebremst. Der Einfluss dieser Verzögerung auf unser Wettergeschehen sollte
jedoch gering bleiben. Am Freitag sind dann keine prognoserelevanten
Unterschiede erkennbar. Am Samstag sind ICON und EZMW auf einer Linie. GFS lässt
aus dem vor Westeuropa liegenden Trog einen kurzwelligen Anteil in die Nordsee
hineinlaufen. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes zeigt bereits den
Haupttrog über der Nordsee.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum simuliert GFS die Trogpassage
nur in abgeschwächter Form und lässt rascher als EZMW wieder antizyklonalen
Einfluss die Oberhand gewinnen. Das kanadische Modell zeigt den rückseitigen
Kaltlufteinbruch (wenn bei ca. -5 Grad im 850 hPa-Niveau davon überhaupt die
Rede sein kann) kräftiger als EZMW und erst recht GFS. Zudem hat das kanadische
Modell mehr Niederschlag zu bieten, etwas Schnee in Hochlagen (vielleicht auch
bis in 600 bis 800 m Höhe) wäre demnach wahrscheinlicher als nach EZMW.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS folgt bis etwa Samstag der oben beschriebenen Entwicklung, zeigt
aber im erweiterten mittelfristigen vorhersagezeitraum eine Zonalisierung, die
bis nach Westrussland durchgreift. Nach dem Kontrolllauf wäre am Montag sogar
eine ausgewachsene Sturmtiefentwicklung über der Nordsee und Norddeutschland
vorstellbar, was nicht nur vom Kontrolllauf, sondern auch von einigen Membern
angedeutet wird. Diese Version wird vor allem vom "jüngsten" Modelllauf gezeigt.
Nach dieser eher zonalen Episode stellt sich wahrscheinlich wieder eine südwest-
geprägte Hochdruckrandlage ein. Der Spread des EPS ist, abgesehen von der
möglichen Sturmtiefentwicklung am Montag und vielleicht am Dienstag, gering,
wobei sich zum Ende des Vorhersagezeitraumes hin ein Trend zu leicht sinkenden
Temperaturen bis in den für die Jahreszeit üblichen Bereich hinein andeutet. Ein
Wintereinbruch mit Schnee bis in mittlere oder vielleicht auch bis in tiefere
Lagen ist nicht in Sicht und wird nicht einmal von Einzelmembern erwartet.
Das EPS des EZMW setzt auf die Andauer der zu milden Witterung. Zwar gelangt
auch hier Mitteleuropa zusehends in den Bereich der Frontalzone, großräumige
markant zu bewarnende Niederschlagsereignisse sind jedoch nicht in Sicht. Dabei
bringt auch das EPS des EZMW im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum
eine Zonalisierung ins Spiel, aber es lässt die Frontalzone mäandrieren, so dass
es für eine Sturmtiefzyklogenese, wie sie das EPS des GFS andeutet, sehr
wahrscheinlich nicht reicht. Allerdings dürfte mit dem Übergreifen der
Frontalzone im erweiterten mittelfristigen Zeitraum zumindest im Nordwesten und
Norden und wahrscheinlich auch in den mittleren und südlichen Landesteilen der
eher ruhige Wettercharakter vorerst beendet sein. Dies geht neben den generell
zunehmenden Wind auch mit etwas häufigeren, aber allesamt geringen
Niederschlägen und auch im Süden und Südosten mit ansteigenden Temperaturen und
besserer Durchmischung einher. Die ab Sonntag vom deterministischen Lauf
angebotene Trogpassage wird vom EPS vorsichtiger prognostiziert, aber ohnehin
sollte sich die Abkühlung, die mit dem Durchgang dieses Troges einhergeht, auf
die Niveaus oberhalb der Grundschicht beziehen und vielleicht in höheren Lagen
(dort ein paar Schneeflocken) sowie in den Nächten (bei Aufklaren ggf.
Glättegefahr) bemerkbar machen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


An der Nordfriesischen Küste und in exponierten Berglagen der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge können zeitweise Böen bis Bft 8, mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch Sturmböen bis Bft 9, auftreten. Für föhnanfällige Lagen
der Alpen trifft dies am Freitag und Samstag kommender Woche zu. Sonst sind bis
einschließlich Samstag sehr wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden
Wetterereignisse zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS + EPS(EZMW)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann