DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-12-2020 18:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.12.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht in der östlichen Mitte und im Süden stellenweise Glatteisregen.
Auf einigen Nordseeinseln sowie auf einzelnen exponierten Gipfeln starke bis
stürmische Böen. Sonst keine signifikanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... reicht ein Höhentrog von der Irminger See über UK/Irland und die
Nordsee sowie Frankreich und Mitteleuropa hinweg bis in den Mittelmeerraum.
Korrespondierend dazu erstreckt sich im Bodendruckfeld auf nahezu gleicher Bahn
eine Tiefdruckrinne ausgehend von einem Tief mit Kern südlich von Island bis in
den zentralen Mittelmeerraum. Eingelagert in diese Rinne ist ein okkludiertes
Frontensystem, das aber aufgrund der Blockadewirkung eines kräftigen Hochs über
Russland nur schwerlich weiter ostwärts vorankommt. Es verbleibt auch in der
Nacht noch knapp westlich des Vorhersagegebietes. Allerdings haben die
zugehörigen Niederschläge bereits auf den Westen und Südwesten Deutschlands
übergegriffen und kommen im Laufe der Nacht noch etwas weiter ostwärts voran
etwa bis zur östlichen Mitte und bis ins westliche Bayern. Dabei reißt das
Niederschlagsgebiet immer weiter auseinander. Ohnehin bleibt die
Niederschlagsintensität meist gering mit Mengen bis Samstagfrüh zwischen 0,5 und
4 mm. Vielerorts auch noch darunter.
Nun stellt sich die Frage, in welcher Phase die Niederschläge am Boden ankommen.
Unkritisch ist wohl der Westen und weite Teile des Südwestens, wo sich bereits
niedertroposphärisch (etwas über 0 Grad in 850 hPa) und auch weitgehend am Boden
wärmere Luft durchgesetzt hat. Dort bleibt es in der Nacht mit Ausnahme der
höheren Lagen frostfrei. Insofern fällt der Niederschlag als Regen, in höheren
Lagen anfangs noch als Schnee, bevor auch dort die Schneefallgrenze bis in die
Hochlagen bzw. darüber hinaus ansteigt. Länger schneit es nur im Hochschwarzwald
oberhalb 1000 m, wo 5 bis 10 cm Neuschnee in 12 Stunden fallen.
Weiter Richtung Osten und Südosten bleibt hingegen durch die anhaltende östliche
Windkomponente die kalte Grundschicht erhalten. Dort liegen die Tiefstwerte um
oder leicht unter dem Gefrierpunkt. Entsprechend werden auch die
Straßenbelagstemperaturen gebietsweise im negativen Bereich liegen. Am
gefährdetsten sind aus aktueller Sicht die Regionen entlang und südlich der
Donau sowie im Thüringischen Mittelgebirgsraum. Betrachtet man die
Prognosesoundings so ist durchaus eine "warme Nase" zu erkennen. Insofern sind
die Voraussetzungen für das Auftreten der gefrierenden Phase (Niesel/Sprühregen)
durchaus gegeben. Fraglich bleibt aber, wie verbreitet Glatteis letztendlich
auftritt. Denn zum einen sind die prognostizierten Niederschlagsmengen in den
genannten Bereichen äußerst gering und zum anderen sind in den Temps die unteren
Schichten eher trocken, sodass fraglich ist, wieviel Niederschlag noch am Boden
ankommt bzw., ob die warme Nase durch Verdunstungsabkühlung sogar abgebaut wird
und somit Schnee fällt. Letzteres könnte allerdings durch die anhaltende WLA
unterbunden werden. Kurzum muss die Situation im Nowcasting mit nur geringer
Vorlaufzeit bewarnt werden. Eine überregionale Glatteislage zeichnet sich aber
nicht ab. In den Regionen mit Schneefall, bzw. in denen es Niederschlag gab,
muss teilweise mit Glätte durch überfrierende Nässe gerechnet werden.
Richtung Ostbayern sowie im Nordosten des Landes bleibt es noch trocken.
Bleibt noch der Wind zu erwähnen, der aktuell warnwürdige Böen Bft 7 bis 8 auf
den Nordseeinseln, der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste sowie im höheren
Bergland bringt. Zudem treten in wenigen Föhntälern Böen Bft 7 auf. Da sich die
Rinne aber bereits in der Nacht beginnt aufzufüllen, lässt auch der
Druckgradient nach und der Wind schwächt sich weitgehend ab.

Samstag ... nähert sich vom Ostatlantik ein kräftiger Höhenrücken an. Dadurch
kommt der vorderseitig liegende Höhentrog unter Abschwächung ein wenig ostwärts
voran, verbleibt aber über dem Vorhersageraum. Die Bodenrinne erstreckt sich
schließlich Samstagabend von Schottland über die Nordsee hinweg Richtung
Deutschland. Dabei flacht sie weiter ab, wobei sich über der südlichen Nordsee
(Humber) ein Teiltief mit abgeschlossener Isobare bildet. Entsprechend kommt
auch die darin eingelagerte Okklusion ein wenig ostwärts voran. Die Okklusion
ist als solche im thermischen Feld nur schwer zu erkennen, sie könnte aber
morgen Abend so eben die deutsche Grenze erreichen. Leichte Hebungsvorgänge
sorgen vorneweg weiterhin gebietsweise für leichte Niederschläge, die aber mehr
oder weniger "zufällig" über Deutschland verteilt sind, soll heißen, es gibt
kein zusammenhängendes Niederschlagsgebiet und auch von den Modellen werden
diese nicht einheitlich prognostiziert. Die Mengen bleiben mit 0,1 bis 4 mm
weiter gering. Durch die voranschreitende Erwärmung nimmt die Gefahr für
Glatteis durch gefrierenden Regen von Westen weiter ab, sodass überwiegend Regen
fällt. Nur noch in den höchsten Lagen des Schwarzwaldes fällt etwas Schnee. Am
ehesten besteht die Gefahr für Glatteis noch Richtung Südost- bzw. Ostbayern
sowie lokal im östlichen Mittelgebirgsraum. Die Temperatur steigt im Westen und
Südwesten auf 4 bis 9 Grad. Sonst dominiert noch die östliche Windkomponente mit
der weiterhin kältere Festlandsluft herangeführt wird, sodass nur 0 bis maximal
5 Grad erreicht werden. Mit dem allmählichen Auffüllen der Rinne schwächt sich
der Wind ab, sodass keine warnwürdigen Böen mehr auftreten.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Höhenrücken weiter ostwärts voran, sodass das
tiefe Geopotential weiter abgebaut wird. Über dem Norden und Osten liegt
weiterhin die nur noch schwach ausgeprägte Tiefdruckrinne. Am Boden setzt sich
von Westen der Druckanstieg fort, wobei sich ein schwaches Zwischenhoch
allmählich von Westen zu uns hereinschiebt. Dieses kann sich allerdings nur
wenig auswirken, denn das Wettergeschehen wird weiterhin von dem Trog in der
Höhe dominiert. Es kommt gebietsweise zu weiteren leichten Niederschlägen. Es
bleibt in dieser Nacht zwar bereits weitgehend frostfrei, Richtung Osten und
Ostbayern liegen die Temperaturen aber gebietsweise noch um den Gefrierpunkt,
sodass dort nochmals die Gefahr von örtlichem Glatteisregen besteht. An den
Alpen fällt oberhalb von etwa 1000 m Schnee (bis 5 cm Neuschnee).

Sonntag ... verläuft die Achse des Höhenrückens am Abend etwa von Spanien über
Frankreich hinweg bis zur Nordsee und der Höhentrog wird nordostwärts
abgedrängt. Im Bodendruckfeld herrscht meist schwacher Hochdruckeinfluss, wobei
im Nordosten nach wie vor Reste der Rinne zu erkennen sind. Entsprechend lässt
die Niederschlagstätigkeit unter östlicher Verlagerung im Tagesverlauf deutlich
nach. In Südostbayern kann noch gefrierender Regen auftreten, sonst fällt
geringfügig Regen. In den Hochlagen der Alpen schneit es etwas. Mit der auf
Südwest drehenden Grundströmung, setzt sich die Milderung weiter fort. Die
Temperatur steigt auf 3 bis 9 Grad an, mit den höchsten Werten im Westen und
Südwesten. Am kältesten bleibt es im Nordosten sowie in Ostbayern, wo weiterhin
der östliche Wind dominiert.

In der Nacht zum Montag wandert der Höhenrücken weiter ostwärts, sodass dessen
Achse über Deutschland verläuft. Gleichzeitig vollzieht sich vor Westeuropa eine
Austrogung, mit der ein umfangreiches Tief mit Kern nordwestlich von Irland
verbunden ist. Mit Annäherung des Tiefs setzt auch im Nordwesten Deutschlands
Druckfall ein und der Druckgradient nimmt zu. Entsprechend sind auf den
Nordseeinseln erste starke bis stürmische Böen aus Süd zu erwarten. Auch im
Hochschwarzwald und auf dem Brocken frischt der Wind teils stürmisch auf. Das
teilokkludierte Frontensystem des Tiefs greift noch nicht auf Deutschland über,
erste Niederschläge in Form von Regen erreichen aber bereits den äußersten
Nordwesten und Westen. Vor allem südlich der Donau gibt es noch leichten Frost.


Montag ... setzt sich die Austrogung vor Westeuropa fort, wobei ein Randtrog
über Großbritannien hinweg Richtung Nordsee schwenkt. Das steuernde Tief
verbleibt mit seinem Zentrum nordwestlich von Irland. Das zugehörige okkludierte
Frontensystem greift auf Deutschland über und kommt über dem Norden und der
Mitte langsam ostwärts voran. Dabei lässt die Niederschlagstätigkeit in Form von
Regen nach. Warnwürdig bleibt weiterhin der Wind aus südlichen Richtungen,
insbesondere auf den Nordseeinseln (Bft 7 bis 8) und auf dem Brocken (Bft 10).


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung wird von den Modellen ähnlich prognostiziert.
Unterschiede gibt es wie bereits in den Vorläufen weiterhin insbesondere
bezüglich der Niederschlagsausweitung und Intensität. Dass die gefrierende Phase
auftreten wird, scheint sicher. Unklar ist aber noch, wie verbreitet
Glatteiswarnungen notwendig werden. Dies muss aus jetziger Sicht in situ
entschieden werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger