DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-12-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.12.2020 um 10.30 UTC



Südwestlage, Milderung, keine großräumigen markant zu bewarnenden
Wetterereignisse.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 17.12.2020


Am Sonntag liegt Deutschland an der Vorderseite eines Keils, der von der
Iberischen Halbinsel in die Nordsee gerichtet ist. Nach Osten hin wird dieser
Keil durch einen Trog flankiert, der von der Ostsee bis ins Ionische Meer
reicht. Hieraus resultiert eine schwache nördliche Strömung, die staubedingt an
den Alpen noch für leichte Niederschläge sorgt; oberhalb von 1000 bis 1200 m
können bis etwa 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden fallen. Ansonsten ist bei
meist schwachen Luftdruckgegensätzen kein nennenswerter Niederschlag zu
erwarten.
Am Montag schwenkt der Keil über Deutschland hinweg ostwärts, gefolgt von einem
Trog, der bis in den nahen Ostatlantik vorrückt. Diesem Trog ist eine wellende
Kaltfront vorgelagert, die wahrscheinlich noch über der Nordsee verbleibt, deren
Niederschläge aber den Nordwesten bereits erfassen können. Deutschlandweit
erfolgt eine Gradientzunahme, so dass es auf exponierten Berggipfeln und auch an
der Nordfriesischen Küste für stürmische Böen reichen kann. Ansonsten sollte der
Wind noch nicht warnrelevant sein, aber immerhin verbreitet eine Auflösung von
Nebel oder Hochnebel ermöglichen. Hierdurch kommt dann auch eine Milderung
zustande, in den Leegebieten der Mittelgebirge, wo Auflockerungen am
wahrscheinlichsten sind, kann die 10 Grad-Marke erreicht oder leicht
überschritten werden.
Am Dienstag läuft aus dem über dem nahen Ostatlantik liegenden Trog ein
kurzwelliger Anteil heraus und überquert, in Richtung Nordsee schwenkend,
Nordfrankreich. Vorübergehendes Aufsteilen der Strömung bremst die diesem Trog
vorgelagerte Kaltfront aus; frontale Niederschläge erfassen aber den Nordwesten
und Westen Deutschlands. Auflockerungen sind demnach im Lee der Alpen und der
östlichen Mittelgebirge am ehesten zu erwarten. Wie bereits am Vortag sind
markant zu bewarnende Böen auf exponierte Berglagen und vielleicht die
Nordfriesische Küste beschränkt. Zudem kann an den Alpen leichter Föhn
aufkommen.
Am Mittwoch schwenkt der vorlaufende Kurzwellentrog über den Nordwesten
Deutschlands hinweg nordostwärts und überläuft die Kaltfront, die sich zwar bis
in den Osten Deutschlands vorarbeitet, aber dort nur noch geringe Niederschläge
zustande bringt. Gleichzeitig wird das mit dem Haupttrog korrespondierende
Bodentief nach Cornwall gesteuert, kompensierendes Absinken stromabwärts weicht
den Gradienten auf, so dass markant zu bewarnende Böen nur noch mit geringer
Wahrscheinlichkeit in den Hochlagen der westlichen Mittelgebirge und auf
Alpengipfeln (dort durch leichten Föhn) auftreten können.
Am Donnerstag greift der Haupttrog auf Ostfrankreich über, was die nach wie vor
leicht schleifende Kaltfront nach Deutschland drückt. Niederschläge erfassen
dann den gesamten Nordwesten, Westen und Teile der Mitte. Das mit dem Trog
korrespondierende Bodentief gelangt in die Nordsee, beginnt sich aber rasch
aufzufüllen, so dass markant zu bewarnende Böen auf die Nordseeküste beschränkt
sind.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum tropft der Trog rasch nach
Südeuropa aus, der Resttrog schwenkt nach Deutschland, wird dabei zugeschüttet
und weist somit nur noch eine geringe Wetterwirksamkeit auf. Vielleicht reicht
es im Bergland oberhalb von 1000 bis 1200 m für ein paar Schneeflocken. Vom
nahen Ostatlantik nähert sich bereits ein weiterer Trog, der am Samstag rasch
auf die Britischen Inseln übergreift. Das mit diesem Trog korrespondierende
Bodentief nimmt rasch den Charakter eines Zentraltiefs an. An dessen Vorderseite
erfasst ein bis dahin okkludiertes Frontensystem mit Niederschlägen weite Teile
Deutschlands. Der Gradient verstärkt sich, so dass neben höheren Berggipfeln und
einigen Abschnitten der Nordseeküste im Westen und Südwesten bis in mittlere
Lagen Sturmböen Bft 8/9 auftreten können.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Dienstag ist der aktuelle Modelllauf gegenüber den beiden
gestrigen Simulationen weitgehend konsistent. Das kräftige Bodentief, das am
Mittwoch auf Cornwall übergreifen soll, wurde von den Modellläufen des Vortages
um ca. 500 km (beim 12 UTC-Lauf) und knapp 1000 km (bei der 00 UTC-Simulation)
weiter östlich erwartet, d.h. der aktuelle Modelllauf beschleunigt die
Entwicklung. Demzufolge liegt auch am Donnerstag der Haupttrog nach dem
aktuellsten Lauf ein wenig weiter östlich.
Ab Freitag ergeben sich größere Unterschiede zu den gestrigen Simulationen. Der
00 UTC-Lauf vom Mittwoch hatte die Passage eines schwachen Bodentroges zu
bieten, der nachfolgende Modelllauf zeigte ein schwaches, über Norddeutschland
liegendes Tief. Nach der aktuellsten Modellrechnung wäre am Freitag eher
Zwischenhocheinfluss zu erwarten. Für Samstag ergibt sich zur gestrigen
Modellrechnung von 00 UTC ein ähnliches Bild, wogegen der 12 UTC-Lauf nach wie
vor das flache, über Norddeutschland liegende Tief im Programm hatte. Das sich
nach dem aktuellsten Modelllauf über den Britischen Inseln entwickelnde
Zentraltief war bei weiter zurückliegenden Simulationen noch nicht zu finden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Dienstag wird die oben beschriebene Entwicklung durch die
externen Modelle weitgehend gestützt. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich
bis dahin nicht ableiten. Die für Mittwoch prognostizierte schwache Trogpassage
fällt nach ICON etwas kräftiger aus, aber auch nach ICON sollte dies weitgehend
ohne markante Wettererscheinungen vonstattengehen.
Für Donnerstag ergeben sich größere Unterschiede. Während nach den externen
Modellen der vorübergehend wetterbestimmende Keil längst nach Osteuropa
abgedrängt ist, liegt dieser nach ICON mit seiner Achse noch über dem
Vorhersagegebiet. Frontale Prozesse würden demnach noch nicht auf Deutschland
übergreifen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ist von dem
Zwischenhocheinfluss, den am Freitag EZMW im Programm hat, bei den anderen
Modellen nichts zu sehen. Vielmehr kommt eine schwache südwestliche Strömung in
Gang. Diese dreht sich nach GFS am Wochenende auf Süd und im Norden und Osten
Deutschlands eher auf östliche Richtungen, was einer erneuten Blockierung (nach
GFS) über Fennoskandien zuzuschreiben wäre. Demnach könnte im Norden und Osten
Deutschlands kältere Luft einsickern. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes
stützt hingegen die oben beschriebene Version, zeigt das Zentraltief aber
deutlich weiter westlich und noch vor Irland.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt die Version des hauseigenen deterministischen Laufes.
Demnach würde sich im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum die
Frontalzone nicht nach Mitteleuropa durchsetzen. Vielmehr wäre ein erneutes
Austropfen in Richtung westliches Mittelmeer zu erwarten, so dass sich bei
leicht steigendem Druck wieder ein allmählicher Temperaturrückgang abzeichnen
würde und ein Witterungscharakter zu erwarten wäre wie in der ersten
Dezemberdekade. Der Spread ist während des gesamten Vorhersagezeitraumes relativ
gering; herausragende Einzellösungen lassen sich nicht finden.
Sämtliche Member des EPS des EZMW werden in nur einem Cluster zusammengefasst,
wobei das Ensemblemittel keine Ähnlichkeit mit dem oben beschriebenen Szenario
aufweist. Demnach nistet sich das Zentaltief (nach dem für dieses Cluster
repräsentativen Member) über dem mittleren Nordatlantik ein und nicht, wie oben
beschrieben, über den Britischen Inseln. Frontale Prozesse würden somit nur in
abgeschwächter Form und größtenteils auch ohne markant zu bewarnende
Wetterereignisse auf Mitteleuropa übergreifen. Der Hauptlauf scheint hiernach
eine Außenseiterrolle einzunehmen. Ab der Wochenmitte zeigt sich bei hohem
Spread ein leichter Temperaturrückgang, der in Bodennähe jedoch eher aus einem
abnehmenden Gradienten mit erneut aufkommender Grundschichtproblematik als aus
Kaltluftzufuhr resultiert. Wie beim EPS des GFS und auch bei den externen
Modellen ist auch nach EZMW kein Wintereinbruch in Sicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Sonntag sind wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse zu
erwarten. Am Montag können an der Nordfriesischen Küste stürmische Böen
aufkommen, mit geringer Wahrscheinlichkeit können am Montag und Dienstag
derartige Böen auch in Teilen der Lausitz (Böhmischer Wind) auftreten. Ebenfalls
ab Dienstag stellt sich an den Alpen leichter Föhn ein, Sturmböen Bft 8/9
sollten aber auf exponierte Gipfellagen beschränkt bleiben, eine ausgewachsene
Föhnlage ist nicht in Sicht. An allen Tagen muss auf dem Brocken mit Sturmböen
bis Bft 9 gerechnet werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann