DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-12-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.12.2020 um 10.30 UTC



Mäßig kalt und leicht wechselhaft, meist nur geringe Niederschläge. Also "ein
bisschen Winter".
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 10.12.2020


Am Sonntag liegt Deutschland unmittelbar an der Vorderseite eines
langgestreckten Troges, der vom Nordmeer übe Westeuropa hinweg bis nach Algerien
reicht. Dieser Trog wird durch ein über Westrussland liegende abgeschlossenes
Höhenhoch blockiert. Somit ergibt sich eine südliche bis leicht südöstliche
Strömung. Ein darin eigelagertes quasistationäres Frontensystem sorgt in einem
breiten Streifen von der Nordsee und von Schleswig-Holstein bis zu den Alpen für
zeitweise Niederschläge, die im südwestdeutschen Bergland und an den Alpen als
Schnee fallen. Im Alpenvorland kann auch gefrierender Regen nicht ganz
ausgeschlossen werden. Im Osten und ganz im Westen bleibt es weitgehend trocken.

Zu Wochenbeginn weitet sich der Trog zum östlichen Mittelmeer aus, wird aber
durch einen westlich an Irland vorbei nach Südosten vorstoßenden Sekundärtrog
regeneriert. Dieser Prozess lässt die Strömung auf Süd-Südost kippen, das o.g.
Niederschlagsband wird hierdurch auseinandergerissen und schwächt sich ab. In
der feuchtkalten Grundschicht dürften Auflockerungen ehe Seltenheitswert haben.
Durch diesen Regenerationsprozess verbleibt die Hauptachse des Troges über
Westeuropa, so dass die nunmehr schwächer werdende Strömung wieder auf Süd
dreht. Im Bodendruckfeld wird der Gradient auseinandergezogen, nennenswerte
Niederschläge treten nicht mehr auf und die Luftmasse kommt zur Ruhe.
Zur Wochenmitte tropft der Trog nach Oberitalien aus. Schwache Hebungsprozesse,
die durch Warmluftadvektion bedingt sind, sorgen am Mittwoch und Donnerstag im
Süden und vielleicht auch im Westen für geringe Niederschläge, die bei insgesamt
zurückgehenden Temperaturen meist als Schnee fallen. Im Bodendruckfeld erfolgt
dabei eine weitere Gradientabnahme.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum deutet sich über dem Atlantik,
wenn auch mit einer etwas mäandrierenden Frontalzone, eine Zonalisierung an. Am
Freitag ist die Blockierung wahrscheinlich noch standfest, am Samstag greifen
Niederschläge auf Deutschland über, die in Verbindung mit einer Milderung
durchweg als Regen fallen. Im höheren Bergland und an der Küste können dann auch
wieder Sturmböen auftreten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Lauf gegenüber weiter
zurückliegenden Modellrechnungen weitgehend konsistent. Unterschiede beziehen
sich auf die Lage der einzelnen Höhentiefzentren der in den o.g. Trog
eingelagerten Höhentiefs, was aber im Bereich der Prognoseunschärfe liegt.
Allerdings zeichnet sich bereits am Mittwoch nach dem aktuellsten Modelllauf
über dem Atlantik eine ausgeprägtere Zonalisierung ab als am Vortag noch
erkennbar war. Am Donnerstag werden die Signale hierzu deutlicher.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt sich somit auch die
Milderung früher durch, als dies die weiter zurückliegenden Modellläufe im
Programm hatten. Nach den gestrigen Simulationen hätte auch am Samstag die
mildere Luft über Mitteleuropa noch keine Chance gehabt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Donnerstag stützen die verfügbaren Modelle weitgehend die
oben beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis
dahin nicht ableiten. Lediglich ICON und auch das Modell des kanadischen
Wetterdienstes sind beim Bodendruckfeld etwas zyklonaler geprägt, was aber bei
der vorhandenen feuchtkalten Grundschicht keine Auswirkungen haben sollte.
Die Frage sei gestellt, wie die Modelle mit der im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum angedeuteten Milderung umgehen. In Verbindung damit dürften
bereits am Freitag nach dem kanadischen Modell Niederschläge auf den Südwesten
übergreifen. Nach GFS würde sich die Frontalzone über die Iberische Halbinsel
hinweg zum östlichen Mittelmeer durchsetzen und sich am Wochenende ein
Viererdruckfeld ergeben mit Tiefs südlich von Island und Südosteuropa und Hochs
über Nordwestrussland und der Iberischen Halbinsel bzw. westlich davon als
Gegenspieler. Die Folge wäre eine diagonal über Mitteleuropa liegende flache
Tiefdruckrinne. Eine ähnliche Struktur hat auch das Modell des kanadischen
Wetterdienstes zu bieten. Bei geringen Luftdruckgegensätzen wäre dann das
Wettergeschehen wieder durch Grundschichtprozesse geprägt. EZMW ist somit das
einzige Modell, das eine Milderung im Programm hat.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt in Bezug auf das Ensemblemittel eher die Version des
EZMW-Modells als des hauseigenen Hauptlaufes. Die Frontalzone setzt sich nicht
so weit im Süden nach Osten durch, wie es der deterministische GFS-Lauf zeigt,
sondern biegt weiter östlich in Richtung Südosteuropa ab. Das über Westrussland
liegende ausgedehnte Hoch wirkt auch hier blockierend. Der Spread des EPS ist
über den gesamten Zeitraum hinweg gering, die Temperaturen sind eher leicht
unternormal. Eine ausgeprägte Zunahme der Niederschlagssignale zeichnet sich ab
dem 2. Dezemberwochenende nicht ab. Außerdem steigt der Bodendruck
kontinuierlich - eine durchgreifende Milderung sieht anders aus.
Das EPS des EZMW zeigt im Gegensatz zum hauseigenen deterministischen Lauf keine
Anzeichen für eine Milderung. Vielmehr setzt sich auch hier die Frontalzone
weiter südlich durch (etwa wie beim deterministischen GFS-Modell), mit dem
Ergebnis, dass sich eine zunehmende südöstliche bis östliche bodennahe Strömung
einstellt. Mehr und mehr EPS-Member (im Vergleich zu weiter zurückliegenden
Modellrechnungen) setzen auf eine Blockierung über Fennoskandien und
Nordwestrussland und der Ausbildung eines bis in die Nordsee reichenden
Bodenhochkeils. Dies lässt sich auch anhand der "Rauchfahnen" nachvollziehen. Im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum sind bei zunehmendem Spread die
beiden ungestörten Modellläufe am oberen Rand der Verteilung zu finden. Auch die
Tortendiagramme, mit denen die wahrscheinlichste Windrichtung dargestellt wird,
lassen eine Drehung der Windrichtung auf West oder gar Südwest vermissen. Eine
Milderung, wie sie der deterministische Lauf des EZMW zu bieten hat, ist demnach
eher unwahrscheinlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Sonntag und mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit besteht in den Hochlagen
der östlichen Mittelgebirge sowie in der Lausitz durch den böhmischen Wind noch
die Gefahr von Sturmböen. Zwar sind gelegentlich Niederschläge zu erwarten, aber
die Mengen sind außerhalb jeglicher Warnrelevanz. Ob und wo hierdurch
Glättegefahr besteht, hängt von der Entwicklung der Grundschicht ab. Lediglich
am Sonntag ist im Süden zu den Alpen hin und im Südosten die Wahrscheinlichkeit
für gefrierenden Niederschlag und somit für örtliches Glatteis etwas erhöht.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann