DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-11-2020 08:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu SWa
An den Küsten vor allem heute und am Dienstag zeitweise windig, sonst ruhiges,
zu Nebel und Hochnebel neigendes Herbstwetter.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... markiert den Übergang von einer bereits antizyklonal konturierten
Westlage zu einer eindeutig antizyklonalen Südwestlage.
Aktuell erstreckt sich allerdings noch die recht glatte und nur leicht
mäandrierende Frontalzone vom mittleren Nordatlantik über West- und Mitteleuropa
bis weit in den Westen bzw. Nordwesten Russlands. Darin eingebettet, überquert
in den kommenden Stunden ein flacher Kurzwellentrog den Nordosten Deutschlands
und befindet sich bereits mittags über Polen. Derweil deutet sich ein
Trogvorstoß über dem Nordatlantik weit westlich der Britischen Inseln an. Auf
dessen Vorderseite führt kräftige WLA zu Geopotenzialgewinn und über den
Britischen Inseln wölbt sich ein Höhenrücken auf, dessen Achse sich abends
bereits von der Norwegischen See südsüdwestwärts über die Nordsee hinweg bis
nach Südengland bzw. der Bretagne erstreckt. Somit stellt sich über dem
Vorhersagegebiet vorübergehend eine westnordwestliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld hat eine schwache (Höhen)kaltfront inzwischen die südliche Mitte
Deutschlands erreicht. Sie wurde mit Annäherung des weiter oben erwähnten
Kurzwellentroges etwas aktiviert, so dass es vor allem zwischen Main und Donau
am Vormittag noch zu leichten Regen- bzw. Nieselregenfällen kommt, in einigen
Tälern des Bayerwaldes ist anfangs gefrierendes Nieseln nicht ausgeschlossen.
Die Annäherung des Höhenrückens führt aber im Tagesverlauf von Westen her zu
deutlichem Druckanstieg und abends befindet sich bereits eine abgeschlossene
Hochdruckparzelle (über 1030 hPa) über dem Alpenraum und Süddeutschland. Damit
zeigt auch die Front über Süddeutschland mehr und mehr Auflösungstendenzen und
nachmittags sind kaum mehr Niederschläge zu erwarten, innerhalb der feuchten
Grundschicht bleibt es aber überwiegend trüb, lediglich an den Alpen lässt sich
noch ab und zu die Sonne blicken.
Der äußerste Norden und Nordosten befinden sich hingegen bis mittags noch im
Einflussbereich des Kurzwellentroges, wobei die Labilität dort für einzelne
Schauer reicht, aber wahrscheinlich kaum für Gewitter. Mit Durchschwenken eines
flachen Bodentroges und dem nachfolgenden kräftigen Druckanstieg hat sich ein
recht scharfer Gradient eingestellt und es gibt an den Küsten recht verbreitet
steife, mittags und nachmittags an exponierten Abschnitten der vorpommerschen
Ostseeküste auch stürmische Böen aus West bis Nordwest. Auch auf dem
Brockenplateau ist anfangs noch mit stürmischen, eventuell auch mit Sturmböen zu
rechnen. Mit Annäherung des Hochs fächert der Gradient aber auf und mittags
flaut der Wind zunächst an der Nordsee, bis zum Abend dann auch an der Ostsee
ab.
Ansonsten steht ein ruhiger Tag ins Haus, wobei sich postfrontal vor allem im
Westen und Nordwesten sowie im Lee des Harzes (bis zur Leipziger Bucht) und auch
an den Küsten zeitweise die Sonne durchsetzen kann, wobei sich im Nordwesten
später bereits die den Höhenrücken überlaufende WLA in Form hoher und
mittelhoher Wolken bemerkbar macht. Der Front folgt ein Schwall erwärmter
Polarluft (0 bis -2 Grad in 850 hPa), innerhalb derer die Temperaturen im Norden
und in der Mitte auf etwa 7 bis 11 Grad steigen. Im Süden vermag die sich dort
auflösende Front kaum die kalte Grundschicht auszuräumen, so dass es vor allem
entlang der Donau, in der Oberpfalz und in Niederbayern mit Höchstwerten
zwischen 2 und 5 Grad recht frisch bleibt.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der zunehmend breiter werdende Höhenrücken
mit seiner Achse bereits nach Südnorwegen, Benelux bzw. Westdeutschland und
Ostfrankreich. Er wird weiterhin gestützt und überlaufen von WLA vorderseitig
des sich über dem Ostatlantik nach Süden ausweitenden, dafür aber kaum mehr nach
Osten vorankommenden Langwellentroges.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich Richtung Ungarn. An dessen
Nordflanke verstärkt sich vorübergehend die WLA über Norddeutschland, wobei die
Warmfront eines Nordmeertiefs das Küstengebiet streift. Somit bleibt es dort
überwiegend stark bewölkt bis bedeckt, aber meist trocken. Im Warmsektor dreht
der Wind in der Nordhälfte wieder auf Südwest zurück und frischt etwas auf, vor
allem entlang der Nordfriesischen Küste kann es in den Frühstunden steife Böen
(Bft 7) geben, auf dem Brocken eventuell auch erste stürmische Böen (Bft 8).
Im Süden, im Einflussbereich der ehemaligen Kaltfront, bleibt es, außer an den
Alpen, überwiegend trüb bedeckt, und wenn die Wolken dort mal auflockern
sollten, weiten sich rasch wieder Nebel- und Hochnebelfelder auf. In den
mittleren Landesteilen kann der Himmel dagegen vorübergehend auch mal aufklaren,
ehe sich auch dort Nebelfelder ausbreiten. Dort, wo es einige Stunden
aufgelockert bewölkt oder klar bleibt, kann es leichten Frost und gebietsweise
auch Glätte durch Reif geben.

Dienstag... befindet sich der Höhenrücken ziemlich genau über dem
Vorhersagegebiet und verstärkt sich noch etwas, so dass generell Absinken
überwiegt. Lediglich an dessen Nordflanke führt WLA über Norddeutschland nach
wie vor zum Durchzug dichterer, teils auch mehrschichtiger Bewölkung, es bleibt
aber weitestgehend trocken. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt noch
etwas weiter nach Südosten, wobei sich der Gradient südlich eines über der
nördlichen Nordsee und den Britischen Inseln verwellenden Frontenzuges im
Nordwesten Deutschlands vorübergehend noch etwas verschärft. Vor allem
vormittags und mittags reicht das im Nordseeumfeld für einzelne steife, an
exponierten Küstenabschnitten Nordfrieslands eventuell sogar für stürmische Böen
aus Südwest, auf dem Brockenplateau kann es auch Sturmböen geben. Bereits am
Nachmittag fächert der Gradient aber wieder auf und der Wind flaut ab.
Im großen Rest des Landes dominiert Hochdruckeinfluss, wobei der Tag innerhalb
der feuchtkühlen Grundschicht vielerorts mit Nebel und Hochnebel beginnt. Das
Absinken drückt die Inversion allmählich auf etwa 1000 bis 600 m. Darüber
scheint überwiegend die Sonne. In tieferen Lagen hält sich dagegen mancherorts
ganztägig Nebel oder Hochnebel, am ehesten kann sich die Sonne noch mit
niedertroposphärisch auf Süd drehendem Wind an den Nordseiten der Mittelgebirge
sowie am Alpenrand durchsetzen.
Bis zum Abend steigt die Temperatur in 850 hPa bereits auf Werte zwischen 2 Grad
im Nordosten und nahe 8 Grad an den Alpen. Vor allem am Nordrand der westlichen
Mittelgebirge können bei leicht auffrischendem Süd- bis Südostwind Höchstwerte
über 10 Grad erreicht werden, sonst bewegen sie sich meist zwischen 4 und 9
Grad, in den Nebelgebieten Süddeutschland dagegen teils nur um 2 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich die Achse des Höhenrückens allmählich
ins östliche Mitteleuropa, womit die Höhenströmung auf Südwest dreht, sich etwas
verstärkt und zumindest nieder- und mitteltroposphärisch wärmere Luftmassen ins
Vorhersagegebiet advehiert werden (T850 hPa zwischen 4 und 9 Grad). Die
Inversion sinkt noch etwas ab (etwa 500 bis 800 m), darüber ist es oft
wolkenlos, lediglich im Nordwesten und Norden macht sich nach wie vor die WLA
auch in Form etwas dichterer hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar.
Innerhalb der Grundschicht können sich dagegen wieder Nebel- und Hochnebelfelder
verdichten und ausbreiten, vorher sinkt die Temperatur gebietsweise in den
Frostbereich (in einigen Alpentälern eventuell auch bis -5 Grad) und es kann
sich stellenweise Reifglätte ausbilden. Im Westen und Norden bleibt es dagegen
überwiegend frostfrei.
Im Bereich einiger Mittelgebirgskammlagen bzw. Kuppen treten an der Inversion
Low Level Jet-Effekte auf, dann frischt der Wind böig meist aus Südost bis Süd
auf, wobei durchaus auch mal steife bis stürmische Böen möglich sind.
Warntechnisch dürfte das Ganze aber kaum greifbar sein.

Mittwoch... beginnt der sich weiter amplifizierende Langwellentrog westlich der
Iberischen Halbinsel abzutropfen. Durch beginnende WLA wird der seinen
Schwerpunkt nur zögernd nach Ost- bzw. Südosteuropa verlagernde und nach wie vor
breit angelegte Höhenrücken über Südwest- bzw. Westeuropa regeneriert. Somit
bleibt die schwache und antizyklonal konturierte Höhenströmung über Mitteleuropa
aufrecht. Das Residuum des abtropfenden Troges befindet sich abends über
Schottland, der vorgelagerte Frontenzug kommt allmählich bis zur mittleren
Nordsee voran. Südlich davon ziehen weiterhin hohe und mittelhohe Wolkenfelder
über den Nordwesten und Norden Deutschlands hinweg, es bleibt aber trocken.
Zumindest in der Höhe verschärft sich der Gradient wieder etwas, was neben den
weiter oben angesprochenen Wind-Grenzschichtphänomenen (Low Level Jets), die
einigen Kuppenlagen weiterhin steife bis stürmische Böen bescheren könnten, auch
oberhalb der Inversion zu einem Auffrischen des Südsüdwestwindes führt.
Eventuell reicht es auf dem Brocken für einzelne stürmische Böen oder gar
Sturmböen.
Ansonsten ändert sich nur wenig am ruhigen Spätherbstwetter. Das Bodenhoch hat
mit seinem Schwerpunkt inzwischen Rumänien erreicht, die Absinkinversion
befindet sich nach wie vor etwa zwischen 400 und 800 m. Darunter bleibt es
vielerorts trüb durch Nebel oder Hochnebel, darüber scheint die Sonne oder es
ist nur leicht bewölkt, vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge löst sich
der Nebel/Hochnebel ebenfalls auf. In den sonnigen Regionen werden Höchstwerte
zwischen 8 und 13 Grad erreicht (die höchsten Werte wohl in NRW), ansonsten etwa
4 bis 8 Grad, in den Nebelregionen Süddeutschlands teilweise nur wenig über 0
Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verstärkt sich der Höhenrücken über Westeuropa und
weitet sich über den Westausgang des Ärmelkanals bis zur Keltischen See aus,
während sich an Lage und Ausrichtung des Rückens bzw. inzwischen abgeschlossenen
Höhenhochs über Südosteuropa kaum etwas ändert. Das nördliche Trogresiduum über
Schottland und der nördlichen Nordsee kommt allmählich etwas nach Süden voran,
ebenso der Frontenzug über der mittleren Nordsee, der morgens auf die Deutsche
Bucht übergreift. Die trogvorderseitigen Hebungsprozesse halten sich aber in
Grenzen, so dass es wohl maximal nur für leichte Niederschläge im Nordseeumfeld,
am ehesten in Nordfriesland reicht. Der Wind dreht präfrontal über der Nordsee
auf Südwest und frischt etwas auf, erreicht aber wohl keine Warnrelevanz.
Ansonsten ändert sich nichts Wesentliches am ruhigen Hochdruckwetter. Nebel- und
Hochnebelfelder weiten sich wieder aus und in der Mitte und im Süden sinkt die
Temperatur vor allem bei länger klarem Himmel vielerorts wieder in den
Frostbereich (Südosten gebietsweise auch mäßiger Frost), während es im Norden
und Westen frostfrei bleibt. Hier und da kann Glätte durch Reif oder
gefrierendes Nebelnässen auftreten.



Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognose- und
warnrelevanten Unterschiede ausmachen. Die Kaltfront greift ausgangs der Nacht
zum Donnerstag nach Lesart des IFS bereits auf den äußersten Nordwesten
Deutschlands über und wird auch etwas wetteraktiver simuliert als nach GFS und
ICON.
Ansonsten stellt sich die Frage, inwieweit sich die Nebel- und Hochnebelfelder
mit Absinken der Inversion in den kommenden Tagen aufzulösen vermögen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff