DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-11-2020 08:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 19.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z, Übergang zu W a
Heute ruppige Trogpassage. Danach im Norden leicht zyklonal, sonst wieder meist
ruhiges Herbstwetter.
Zunächst in der Nordwesthälfte Deutschlands vereinzelt stürmische Böen. Ab
Mittag von Nordwesten her vermehrt Sturmböen Bft 8/9 vor allem in Schauernähe.
Kurze Gewitter mit Sturmböen im Nordwesten und Westen nicht ganz auszuschließen.
An der ostfriesischen Küste schwere Sturm- und einzelne orkanartige Böen (Bft
10/11). Am Abend Sturmböen Bft 8/9 auf Ostdeutschland übergreifend. An der See
und im höheren Bergland generell Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken orkanartige
Böen bis 110 km/h (Bft 11). In der Nacht zum Freitag von West nach Ost
nachlassender Wind. In höheren Berglagen Ost- und Süddeutschlands noch Sturmböen
bis 85 km/h (Bft 8/9). An der See stürmische Böen (Bft 8) aus Nordwest, in
exponierten Lagen vor allem an der Ostsee Sturmböen bis 85 km/h (Bft 9).
Am Freitag abgesehen von einzelnen Sturmböen auf dem Brocken keine markant zu
bewarnenden Böen. In der Nacht zum Samstag zunächst an der Nordsee und später
auch an der ostholsteinischen Küste Sturmböen Bft 8/9. Am Samstag und auch in
der Nacht zum Sonntag im Norden windig mit Sturmböen Bft 8/9 an der See sowie
auf exponierten Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... wird der bisher wetterbestimmende Höhenkeil nach Osten abgedrängt.
Im Tagesverlauf gelangt Deutschland in den Bereich eines von der Nordsee
hereinschwenkenden Troges. Dieser hängt in seinem Südteil etwas zurück, so dass
der Südosten noch den ganzen Tag unter einer südwestlichen Strömung verbleibt.
Die dem Trog vorgelagerte und leicht schleifend weiter nach Südosten vorrückende
Kaltfront wird in ihrem Südteil aktiviert, so dass im südwestdeutschen Bergland
und an den Alpen zwar keine warnrelevanten Mengen, aber durchaus 10 bis 15 mm
Niederschlag zusammenkommen können. Im Trogbereich sind durch wiederholte
Schauer ein paar Millimeter Niederschlag vorstellbar. Einzelne kurze Gewitter,
die durchaus mit Böen bis Sturmstärke einhergehen können, sind im Nordwesten und
Westen mit Trogpassage nicht ganz auszuschließen. Meist ist jedoch die Labilität
nicht hochreichend genug.
Mit Passage des Troges, der sich auch im Bodendruckfeld abbildet, frischt der
Wind auf, so dass, abgesehen vom Südosten und Osten sowie windgeschützten
Tallagen Süddeutschlands, Windböen aufkommen. Im Norden und Nordwesten sowie in
Teilen der Mitte muss mit stürmischen Böen (und bei entsprechender Organisation
der Konvektion auch mit Sturmböen bis Bft 9) gerechnet werden, an der See sowie
im höheren Bergland erreicht der Wind in Böen durchweg Sturmstärke (Brocken und
ostfriesische Küste Bft 10/11). Hochauflösende Modelle liefern hierfür
hinreichend konsistente Signale. Bis zum Abend flaut der Wind im Nordwesten und
Westen bereits wieder ab und ist abgesehen von der Nordsee und von höheren
Berglagen, wo weiterhin Wind- und auch stürmische Böen auftreten, nicht mehr
warnrelevant. Im Nordosten muss aber weiterhin mit Wind- und stürmischen Böen,
an der Ostsee sowie auf den Gipfeln der östlichen Mittelgebirge mit Sturmböen
Bft 8/9 gerechnet werden.
Aufgrund der Durchmischung im Trogbereich kommen Wolkenlücken am ehesten im
Nordwesten und Norden sowie in den Leegebieten der Mittelgebirge zustande. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 7 und 12 Grad wird es aber nicht mehr so mild
wie bisher.

In der Nacht zum Freitag verabschiedet sich der wetterbestimmende Trog nach
Osten, wobei dessen südlicher Teil über die Westalpen hinweg nach Süden
austropft. Nachfolgend nähert sich ein breiter Höhenrücken, so dass sich eine
nordwestliche Strömung ergibt. Durch diesen Rücken gestützt schiebt sich ein
Bodenhochkeil von der Biskaya her nach Süddeutschland und weitet sich nach
Tschechien aus. Für den Süden und für Teile der Mitte ist eine Gradientabnahme
die Folge, so dass dort, wo Aufklaren erfolgt, rasch dichter Nebel zustande
kommt.
Im Norden erfolgt die Gradientabnahme verzögert. Im Binnenland ist der Wind
nicht mehr warnrelevant, an der Küste und im Erzgebirge musst zumindest in der
ersten Nachthälfte noch mit Wind- und stürmischen Böen (an der Ostsee mit
Sturmböen bis Bft 9) gerechnet werden. Bis Freitagfrüh flaut der Wind weiter ab,
so dass an der See und auf höheren Berggipfeln meist nur noch Windböen zu
erwarten sind.
In den Gipfellagen der süddeutschen und östlichen Mittelgebirge gehen die
Niederschläge in Schnee über. Während es in den Mittelgebirgen nur für wenige
Zentimeter Schnee reicht, können an den Alpen oberhalb etwa 800 m auch mehr als
5 cm, ab 1200 m auch 10 bis 15 cm Schnee zusammenkommen. Frostgefahr besteht im
höheren Bergland und bei längerem Aufklaren.

Freitag... arbeitet sich der Höhenrücken bis in die Nordsee vor.
Warmluftadvektion an dessen Nord- und Ostflanke ergibt dort weiteren
Geopotentialgewinn. Da aber der über Polen liegende Trog nur allmählich weiter
nach Osten vorankommt, dreht die Strömung über Nordwest nahezu auf Nord, so dass
an den Alpen die staubedingten Niederschläge noch andauern. Oberhalb von 800 bis
1000 m können noch ein paar Zentimeter Schnee hinzukommen. Ansonsten sorgt die
mit der Achse über dem Süden Deutschlands liegende Hochbrücke für Absinken, so
dass bei geringen Luftdruckgegensätzen südlich der Mittelgebirge typisches
Spätherbstwetter mit größeren Auflockerungen, aber auch mit Gebieten mit
ganztägigem Nebel oder Hochnebel die Folge ist.
Der Norden bleibt zunächst noch leicht zyklonal beeinflusst, wobei Schauer vor
allem in Küstennähe auftreten. Von Nordwesten her setzt alsbald kräftige
Warmluftadvektion ein, die in Verbindung mit einer auf die Nordsee
übergreifenden Warmfront steht, die aber im Gegensatz zu den gestrigen
Modellläufen etwas ausgebremst wird. Hierdurch kommt im Nordwesten und ganz im
Westen gegen Abend mehrschichtige Bewölkung auf, wobei später Niederschlag
einsetzt. An der Küste bleibt aufgrund der Nähe zur Frontalzone der Wind anfangs
noch mit Böen bis Bft 7 warnrelevant. Ab Mittag sollte es für warnrelevante Böen
allenfalls auf exponierten Berggipfeln (Brocken) reichen. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 3 und 8 Grad wird es merklich kühler als
bisher.

In der Nacht zum Samstag greift die Warmfront eines südlich an Island vorbei
nach Osten ziehenden Sturmtiefs auf den Nordwesten Deutschlands über. Aufgrund
der nahezu frontsenkrechten Windkomponente kommt die Front zunächst rasch nach
Osten voran. Niederschläge, die fernab von jeglicher Warnrelevanz sind, erfassen
den Nordwesten, Westen sowie Teile der Mitte. In Staulagen sind um 10 mm
innerhalb von 12 Stunden vorstellbar. Mit dem Übergreifen der Warmfront frischt
im Norden und in der Mitte der Wind auf und wird an der Küste mit Böen Bft 7/8
wieder warnrelevant. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge sowie an der
Nordsee treten Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken schwere Sturmböen bis Bft 10
auf.
Während es im Norden, Westen und größtenteils auch in der Mitte frostfrei
bleibt, ist weiter südlich leichter Frost, in Alpennähe und im südostdeutschen
Bergland durchaus auch mäßiger Frost zu erwarten. Da dort die
Luftdruckgegensätze gering bleiben, muss in Tallagen erneut mit teils dichtem
Nebel gerechnet werden. Bei leichtem Frost und Nebel kann örtliche Glätte nicht
ganz ausgeschlossen werden.

Samstag... weitet sich der Rücken nach Mitteleuropa aus, wird aber durch einen
breiten Trog, der von einem Zentraltief östlich von Island ausgeht, etwas nach
Süden gedrückt, so dass sich eine antizyklonale Westlage einstellt. Die diesem
Trog vorgelagerte Kaltfront verbleibt schleifend und unter Wellenbildung über
der Nordsee. Geringe Niederschläge erfassen daher allenfalls den Küstenbereich
und den Nordosten Deutschlands. Mehrschichtige Bewölkung, die vor allem aus
Warmluftadvektion resultiert, weitet sich bis in den Mittelgebirgsraum hinein
aus. Mit der Annäherung der Frontalzone legt im Norden der Gradient wieder zu,
so dass an der See und auf höheren Gipfeln vor allem der nördlichen
Mittelgebirge erneut Sturmböen Bft 8/9 zustande kommen und Windböen bis ins
küstennahe Binnenland ausgreifen können. Südlich der Mittelgebirge hält sich der
Einfluss einer vom Seegebiet nördlich der Azoren bis in den Karpatenraum
reichenden Hochbrücke. Absinken lässt dort das ruhige Spätherbstwetter andauern,
so dass längere sonnige Abschnitte zu erwarten sind. Hiervon können dann auch
die Leelagen der östlichen Mittelgebirge profitieren. In einigen Tallagen dürfte
es den ganzen Tag neblig-trüb bleiben. Auch wenn Deutschland unter einen breiten
Warmsektor gelangt, so kommt nur im Norden und in Teilen der Mitte, bedingt
durch die Gradientzunahme, etwas Durmischung in Gang, so dass sich dort ein
leichter Temperaturanstieg einstellt. Ansonsten ergibt sich keine nennenswerte
Temperaturänderung.

In der Nacht zum Sonntag wird der Rücken unter weiterer Abflachung nach Osten
abgedrängt. Somit setzt sich die Frontalzone über die Baltischen Staaten hinweg
nach Osten durch. Von dieser wird von der Nordsee her eine flache Welle rasch
über die Ostsee hinweg ostwärts gesteuert. Spätestens in der zweiten Nachthälfte
dürfte dann die Kaltfront schleifend auf den Küstenbereich übergreifen. Geringe
Niederschläge können dann den Norden Deutschlands erfassen. Hinsichtlich der
Windentwicklung ist gegenüber dem Vortag keine Änderung zu erwarten.
Im Süden bleibt der Einfluss der nunmehr mit ihrer Achse über dem Alpenraum
liegenden Hochbrücke bestehen. Bei geringen Luftdruckgegensätzen schreitet die
Alterung der Luftmasse fort. Hierdurch kann sich erneut Nebel bilden oder
vorhandene Nebelfelder verdichten sich. Bei längerem Aufklaren ist leichter, im
östlichen Bergland und in einigen Alpentälern auch mäßiger Frost zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen bis einschließlich Samstag weitgehend die oben
beschriebene Entwicklung. Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine
prognoserelevanten Unterschiede ableiten. Erst in der Nacht zum Sonntag sind GFS
und vor allem EZMW etwas zyklonaler geprägt. Die o.g. Kaltfront würde demnach
etwas rascher auf Deutschland übergreifen und in den Frühstunden des Sonntags
bereits das südliche Emsland und die Uckermark und nicht wie bei ICON zunächst
nur den Küstenraum erreichen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann