DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-11-2020 08:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 18.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
B M
Heute kaum markante Wettergefahren. In der Nacht zunächst an der Nordsee, später
auch an der Ostseeküste aufkommend Sturmböen Bft 8/9. Am Donnerstag bis ins
nördliche und nordwestliche Binnenland sowie in Teilen der Mitte stürmische
Böen. Im Bergland und an der See Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln
schwere Sturmböen Bft 10, Brocken darüber. In der Nacht zum Freitag an der Küste
noch Sturmböen Bft 8/9, tendenziell abschwächend.
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag abgesehen von stürmischen Böen an
einigen Küstenabschnitten und Sturmböen auf dem Brocken keine markanten
Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland an der Nordwestflanke eines Höhenkeils, der sich
von den Pyrenäen bis nach Polen erstreckt und der in seinem Nordteil allmählich
nach Osten schwenkt. Warmluftadvektion an dessen Nordseite verhindert allzu
raschen Geopotentialverlust. Die stark mäandrierende Frontalzone verläuft vom
mittleren Nordatlantik und Südfinnland hinweg zum nördlichen Ural. Ein darin
eingelagerter markanter Trog erreicht die Britischen Inseln und lässt die
Strömung über Mitteleuropa auf Südwest drehen. Hierdurch wird mit zunehmendem
Gradienten erneut sehr milde Luft herangeführt. Demzufolge dürfte die scharf
ausgeprägte Grenze tiefer Bewölkung, die aktuell knapp südlich der Mittelgebirge
liegt, über diese hinweg nach Norden verschoben werden und nachfolgend sich auch
in den mittleren und nördlichen Landesteilen die tiefe Bewölkung weitgehend
auflösen. Auch im Süden sind die Chancen, dass die dort vorhandenen Nebelfelder
noch einmal verschwinden, durchaus gegeben (wenn man von einigen Regionen in
Bodenseenähe sowie in der Donauniederung absieht).
Bedingt durch die allmähliche Gradientzunahme legt, abgesehen vom Südosten, der
Wind zu. Für warnrelevante Böen reicht es vorerst nur an der Nordsee (dort bis
Bft 7) und auf exponierten Gipfeln (Brocken, Bft 9). Zum Abend hin können auch
in weiteren Mittelgebirgslagen (Eifel, Thüringer Wald, ...) Wind- und stürmische
Böen aufkommen; in Nordfriesland wird dann in Böen Bft 8 erreicht. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen noch einmal je nach Sonne 10 bis 16 Grad. Bei
zähem Nebel sind kaum mehr als 5 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag rückt der Trog von den Britischen Inseln kommend bis
in die Nordsee vor. Die an dessen Vorderseite eingelagerte Kaltfront greift
leicht schleifend auf den Nordwesten Deutschlands über und liegt in den
Frühstunden diagonal über der Mitte. Da diese Front von kräftiger
Kaltluftadvektion überlaufen wird, ist deren Wetterwirksamkeit gering und
beschränkt sich auf wenige (meist weniger als 5) mm Niederschlag. Der Wind legt
dann auch im Binnenland etwas zu, so dass mit Frontpassage in freien Lagen
Windböen auftreten können. Auf höheren Berggipfeln und an der See (zunächst
Nordsee, später auch Ostsee) sind Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten. Leichter Frost
und/oder Nebel sollte dann nur noch ganz im Südosten bzw. in alpennähe ein Thema
sein.

Donnerstag... gelangt Deutschland in den Bereich des von der Nordsee
hereinschwenkenden Troges. Dieser hängt in seinem Südteil etwas zurück, so dass
der Südosten noch den ganzen Tag unter einer südwestlichen Strömung verbleibt.
Hierdurch wird die leicht schleifend weiter nach Südosten vorrückende Kaltfront
in ihrem Südteil aktiviert, so dass im südwestdeutschen Bergland und an den
Alpen zwar keine warnrelevanten Mengen, aber durchaus 10 bis 15 mm Niederschlag
zusammenkommen können. Im Trogbereich sind durch wiederholte Schauer ein paar
Millimeter Niederschlag vorstellbar. Für Gewitter ist die Labilität nicht
hinreichend.
Im Bereich des Troges, der sich auch im Bodendruckfeld abbildet, frischt der
Wind auf, so dass, abgesehen vom Südosten und Osten sowie windgeschützten
Tallagen Süddeutschlands, Windböen aufkommen. Im Norden und Nordwesten sowie in
Teilen der Mitte muss mit stürmischen Böen gerechnet werden, an der See sowie im
höheren Bergland erreicht der Wind in Böen Sturmstärke (Brocken Bft 10/11). Bis
zum Abend flaut der Wind im Nordwesten und Westen bereits wieder ab und ist
abgesehen von der Nordsee und von höheren Berglagen, wo weiterhin Wind- und auch
stürmische Böen auftreten, nicht mehr warnrelevant. Im Nordosten muss aber
weiterhin mit Wind- und stürmischen Böen, an der Ostsee sowie auf den Gipfeln
der östlichen Mittelgebirge mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden.
Aufgrund der Durchmischung im Trogbereich kommen Wolkenlücken am ehesten im
Nordwesten und Norden sowie in den Leegebieten der Mittelgebirge zustande. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 7 und 12 Grad wird es aber nicht mehr so mild
wie bisher.

In der Nacht zum Freitag verabschiedet sich der wetterbestimmende Trog nach
Osten, wobei dessen südlicher Teil über die Westalpen hinweg nach Süden
austropft. Nachfolgend nähert sich ein breiter Höhenrücken, so dass sich eine
nordwestliche Strömung ergibt. Durch diesen Rücken gestützt schiebt sich ein
Bodenhochkeil von der Biskaya her nach Süddeutschland und weitet sich nach
Tschechien aus. Für den Süden und für Teile der Mitte ist eine Gradientabnahme
die Folge, so dass dort, wo Aufklaren erfolgt, rasch dichter Nebel zustande
kommt.
Im Norden erfolgt die Gradientabnahme verzögert. Im Binnenland ist der Wind
nicht mehr warnrelevant, an der Küste und im Erzgebirge musst aber weiter hin
mit Wind- und stürmischen Böen (an der Ostsee bis in die Frühstunden des
Freitags hinein mit Böen bis Bft 8) gerechnet werden.
In den Gipfellagen der süddeutschen und östlichen Mittelgebirge gehen die
Niederschläge in Schnee über. Während es in den Mittelgebirgen nur für wenige
Zentimeter Schnee reicht, können an den Alpen oberhalb etwa 800 m auch mehr als
5 cm Schnee zusammenkommen. Frostgefahr besteht im höheren Bergland und bei
längerem Aufklaren.

Freitag... arbeitet sich der Höhenrücken bis in die Nordsee vor.
Warmluftadvektion an dessen Nord- und Ostflanke ergibt dort weiteren
Geopotentialgewinn. Da aber der über Polen liegende Trog nur allmählich weiter
nach Osten vorankommt, dreht die Strömung über Nordwest nahezu auf Nord, so dass
an den Alpen die staubedingten Niederschläge noch andauern. Oberhalb von 800 bis
1000 m können noch ein paar Zentimeter Schnee hinzukommen. Ansonsten sorgt die
mit der Achse über dem Süden Deutschlands liegende Hochbrücke für Absinken, so
dass bei geringen Luftdruckgegensätzen südlich der Mittelgebirge typisches
Spätherbstwetter mit größeren Auflockerungen, aber auch mit Gebieten mit
ganztägigem Nebel oder Hochnebel die Folge ist.
Der Norden bleibt zunächst noch leicht zyklonal beeinflusst, wobei Schauer vor
allem in Küstennähe auftreten. Von Nordwesten her setzt alsbald kräftige
Warmluftadvektion ein, die in Verbindung mit einer auf die Nordsee
übergreifenden Warmfront steht. Hierdurch kommt im Nordwesten und ganz im Westen
mehrschichtige Bewölkung auf, wobei später am Tag Niederschlag einsetzt. An der
Küste bleibt aufgrund der Nähe zur Frontalzone der Wind wahrscheinlich den
ganzen Tag mit Böen bis Bft 7 warnrelevant. Bis zum Abend legt der Gradient im
Nordwesten und ganz im Norden erneut zu, so dass an der Nordseeküste und auf
exponierten Gipfeln und vielleicht auch am Nordrand der Eifel stürmische Böen
(Brocken Sturmböen) aufkommen. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 3 und 8 Grad
wird es merklich kühler als bisher.

In der Nacht zum Samstag greift die Warmfront eines südlich an Island vorbei
nach Osten ziehenden Sturmtiefs auf das Vorhersagegebiet über. Aufgrund der
nahezu frontsenkrechten Windkomponente kommt die Front rasch nach Osten voran.
Niederschläge, die fernab von jeglicher Warnrelevanz sind, erfassen den
Nordwesten, Westen sowie Teile der Mitte. In Staulagen sind um 10 mm innerhalb
von 12 Stunden vorstellbar. Mit dem Übergreifen der Warmfront frischt im Norden
und in der Mitte der Wind auf und wird an der Küste mit Böen Bft 7/8 wieder
warnrelevant. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge treten Sturmböen
Bft 8/9, auf dem Brocken schwere Sturmböen bis Bft 10 auf.
Während es im Norden, Westen und größtenteils auch in der Mitte frostfrei
bleibt, ist im Süden und Osten bis in die Lausitz hinein leichter Frost, in
Alpennähe und im südostdeutschen Bergland durchaus auch mäßiger Frost zu
erwarten. Da dort die Luftdruckgegensätze gering bleiben, muss in Tallagen
erneut mit teils dichtem Nebel gerechnet werden. Bei leichtem Frost und Nebel
kann örtliche Glätte nicht ganz ausgeschlossen werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevante
Unterschiede ableiten. Hier ist lediglich erwähnenswert, dass EZMW Die Warmfront
in der Nacht zum Samstag langsamer auf Deutschland übergreifen lässt als ICON.
Letzteres Modell zeigt an dieser Front auch die kräftigsten Niederschläge.
Sämtliche anderen Modelle zeigen an dieser Front nur wenige (weniger als 5) mm
Niederschlag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann