DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-11-2020 08:30
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Süden und Westen zunehmend ruhiges und sehr mildes Hochdruckwetter, Norden und
Osten länger wechselhaft, Küsten und Bergland teils stürmisch. Nachts im Süden
regional Frostgefahr und Nebel.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... greift ein Langwellentrog auf Mitteleuropa über, wobei dieser über
Deutschland im Tagesverlauf in zwei eigenständige Tröge aufbricht. Der eine wird
als vergleichsweise scharf konturierter Trog ostwärts in Richtung Polen geführt,
während an dessen Südwestflanke aus diesem durch die Orografie (den Alpenbogen)
forciert ein zweiter Trog über dem zentralen Mittelmeer hervorgeht. Beide Tröge
driften in der kommenden Nacht ostwärts bzw. südostwärts, sodass der Einfluss
auf Deutschland allmählich nachlässt. Im Verlauf der Nacht greift von Westen ein
kräftiger Höhenkeil auf den Westen von Deutschland über.

Eingebettet in diese westliche Grundströmung wird heute Vormittag eine Kaltfront
zügig ostwärts in Richtung Polen abgedrängt, wobei sie für die Alpenüberquerung
voraussichtlich bis zur Mittagszeit benötigt. Nachfolgend erfolgt die oben
erwähnte und sich auffüllende Höhentrogpassage mit mäßiger Kaltluft in 500 hPa
(-23 bis -26 Grad). Daran gekoppelt ist niedertroposphärisch ein diffus
strukturierter "Schlauch" von Mischluft, die um das steuernde Bodentief vor
Norwegen herumgewickelt wurde. Diese feuchte Luftmasse passiert im Tagesverlauf
Deutschland ostwärts. In der Nacht zum Dienstag greift nach Mitternacht zügig
die nächste Front in Form einer Warmfront auf den Nordwesten Deutschlands über.

Die Kurzfrist über entwickeln sich zwischen Irland und Norwegen innerhalb eines
großräumigen "Tiefdrucksumpfs" zahlreiche eigenständige Zentren aus. Dabei
verlagert sich dieser Komplex bis Mittwoch nur zögernd ostwärts, sodass
Deutschland über längere Zeit in dessen breit aufgespannten Warmsektor
verbleibt.

Somit verläuft der Vormittag südlich der Donau und da besonders im Alpenstau
noch regnerisch, oberhalb von rund 1500 m fällt etwas Schnee. Ansonsten lockert
die dichte Wolkendecke besonders im Norden und Osten postfrontal zeitweise auf,
sodass sich hier die Sonne wiederholt zeigen kann. Bereits zur Mittagszeit
verdichten sich die Wolken von Westen erneut im Zuge der herumgeholten Mischluft
und bedingt durch marginale Labilität entwickeln sich wiederholt Schauer. Diese
erreichen bis zum Abend auch den Süden und Osten. In Verbindung mit rund 30 kn
in 950 hPa können vormittags und mittags in Schauernähe auch über Nord- und
Westdeutschland teils starke Böen von Bft 7 aus West auftreten, höhere
Windgeschwindigkeiten (Bft 8 Bereich) können zwar kategorisch nicht
ausgeschlossen werden, sollten jedoch bei dieser Schichtung nur lokal auftreten
(werden im CD2-EPS sogar keiner Wahrscheinlichkeitsaussage gewürdigt). Abseits
der Schauer dürften sich warnwürdige Böen nur auf prädestinierte Regionen
beschränken, wie z.B. auf das Umfeld der Eifel oder das Saarland. Etwas strammer
weht der Südwestwind über der Deutschen Bucht (Bft 8) und auf exponierten
Berggipfeln (Bft 8-9, auf dem Brocken Bft 10). Bereits im Verlauf des
Nachmittags und Abend sollte die etwas stabiler geschichtete Mischluft und ein
nachlassendes Windfeld in der Höhe die Böenwahrscheinlichkeit sukzessive
beenden, was sich auch im EPS zeigt (ausgenommen die See und die Berggipfel).
Abgesehen von strichweise wenigen Litern auf den Quadratmeter wird heute
tagsüber mit keinen größeren Niederschlagsmengen gerechnet und das bei einer
unverändert hohen Schneefallgrenze von um 1500 m.
Die Höchstwerte liegen mit 10 bis 15 Grad im milden bis sehr milden Bereich,
einzig im Südosten Bayerns bleibt es bei späterem Niederschlagsende mit um 9
Grad etwas kälter. Dort, wo strichweise im Lee leicht föhniges Absinken
vorherrscht kann lokal die 15 Grad-Marke überschritten werden.

In der Nacht zum Dienstag sorgt die sich annähernde Keilachse für Absinken,
sodass sich in der feuchten Restluft vielerorts dichter Hochnebel bildet, der
sich nur kurzzeitig auflockert. Zudem erfasst die genannte Warmfront mit dichter
Bewölkung und etwas Regen (1-3 l/qm/12h) den Nordwesten. Lokal bildet sich
Bodennebel und das bei Tiefstwerten von 10 bis 5 Grad, im Süden zwischen 5 und
örtlich 0 Grad. Etwas häufiger tritt dort leichter Frost in Bodennähe auf. Der
Südwestwind spielt nur noch im oberen Bergland mit stürmischen oder Sturmböen
ein Thema und auch über der Deutschen Bucht frischt der Südwestwind zeitweise
böig auf, ausgangs der Nacht zunehmend mit stürmischen Böen.

Dienstag... verlagert sich der Höhenkeil weiter nach Osten und erfasst mit
seiner Achse zunehmend Deutschland. Allerdings ist dieser besonders in der
unteren Troposphäre deutlich schwächer ausgeprägt und im Bodendruckfeld bleibt
davon nur eine ostwärts über den Alpenkamm wandernde Bodenhochdruckzelle übrig.
Somit hat die Warmfront eines Tiefs vor Südnorwegen leichtes Spiel den Norden
von Deutschland im Tagesverlauf ostwärts zu überqueren. Dichte Bewölkung und
etwas Regen prägen das Tagesbild. Mehr als 2-5 l/qm, im Weststau des Harzes bis
10 l/qm Niederschlag fällt jedoch nicht. Die Numerik zeigt weiterhin ein
einheitliches Bild, dass diese Niederschläge in Form einzelner Schauer bis in
den Bereich der zentralen Mittelgebirge ausgreifen. Südlich davon überwiegt
hoher Luftdruck und Absinken, sodass es hier trotz ausgedehnter WLA Bewölkung
zeitweise für Sonne reicht. Südlich der Donau dürfte der Nachmittag neben
einigen Cirren gar überwiegend sonnig verlaufen.
Der Südwestwind weht im Küstenumfeld stark böig, auf exponierten Inseln auch
stürmisch und auch im oberen Bergland ist die eine oder andere stürmische Böen
zu erwarten (Brocken teils schwere Sturmböen). Ansonsten weht der Wind nur
schwach bis mäßig aus Südwest, im Süden aus Süd bis Südost. Die Höchstwerte
liegen unverändert zwischen 9 und 15 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch steilt die Strömung stromab eines sich über dem
Nordostatlantik amplifizierenden Troges etwas auf und dreht in der Höhe mehr auf
Südwest. Der Keil hat Deutschland weiterhin fest im Griff und auch
niedertroposphärisch steigt der Druck bis zur Mitte Deutschlands etwas an.
Dichte hochnebelartige Bewölkung mit letzten Tropfen beschränkt sich daher
zunehmend auf den Norden und Osten von Deutschland, während sonst die
Wolkenlücken von Südwesten immer größer werden, teils verläuft die Nacht im
Süden auch klar. Allerdings bilden sich in der feuchten Restluft besonders über
der Mitte und dem Süden teils dichte Bodennebelfelder. Allgemein schwächt sich
der Wind auch im Küstenumfeld und im Bergland unter die Warnschwellen ab
(Ausnahme weiterhin der Brocken mit Sturmböen aus Südwest). Die Tiefstwerte
verbleiben unter der dichten Wolkendecke bei milden 12 bis 8 Grad, während es im
Süden mit +4 bis -2 Grad am Alpenrand deutlich kälter wird.

Mittwoch... verbleiben wir weiterhin in der Höhe unter dem breiten Keil.
Derweilen nähert sich der Tiefdruckkomplex zwischen Irland und Norwegen weiter
an, sodass besonders in der unteren und mittleren Troposphäre der Druck- bzw.
Geopotenzialgradient weiter zunimmt. In dieser Strömung gelangt eine
vergleichsweise trockene Luftmasse mit ausfällbaren Wasserwerten von rund 10 mm
nach Deutschland, sodass vielerorts die einzige Frage ist, wie lange sich
nächtliche Inversionen und Nebelfelder halten können. Aktuell ist sich die
Numerik einig, dass abgesehen vom Bodenseeumfeld der Nebel im Vormittagsverlauf
Geschichte sein soll. Nachfolgend würde nach Abzug letzter dichter Wolkenfelder
im äußersten Norden und Osten deutschlandweit die Sonne von einem wolkenlosen
oder leicht bewölkten Himmel scheinen. Niederschlag wird keine erwartet. Der im
Süden aus Ost, sonst aus Süd bis Südwest wehende Wind bleibt im Tiefland schwach
und erreicht nur auf dem Brocken (Bft 8-9) und über der Deutschen Bucht (Bft
7-8) warnwürdige Kriterien. Bleibt noch ein Blick auf die wenig novemberlich
anmutenden Höchstwerte zu werfen, die je nach Nebelauflösung zwischen 10 und 15
Grad liegen, im Umfeld des Bodensees und entlang der Donau etwas darunter, im
Umfeld der Eifel auch etwas darüber.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht ein Langwellentrog die Nordsee und drückt
den umfangreichen Tiefdruckkomplex zunehmend nach Norwegen und Schweden, sodass
rückseitig der Weg frei ist für eine atlantische Kaltfront, die im Verlauf der
Nacht den Westen Deutschlands mit etwas Niederschlag erreicht. Von KLA
überlaufen weist sie aus heutiger Sicht keine signifikanten Hebungsantriebe auf,
sodass sich die Niederschlagsmengen in Grenzen halten sollten. Präfrontal
erwartet und aber noch eine ruhige und teils klare, teils hochnebelartig
bedeckte Nacht. Die Tiefstwerte liegen von Nordwest nach Südost zwischen +9 und
-1 Grad. Der Südwestwind gewinnt besonders über der Deutschen Bucht (Bft 8-9),
später auch entlang der Ostsee (Bft 7-8) sowie im exponierten Bergland (Bft 8-9,
auf dem Brocken Bft 10) an Kraft. Im Tiefland ist davon zumeist nichts zu
spüren. Davon ausgenommen ist Schleswig-Holstein, wo der Südwestwind ebenfalls
stark böig bis stürmisch weht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Keilaufwölbung erfassen alle Modelle sehr gut. Erst mit der Annäherung des
Troges am Mittwoch/Nacht zum Donnerstag gibt es geringe Unterschiede bei der
Verlagerung (IFS etwas schneller als GFS). Diese Unterschiede haben Auswirkungen
darauf, ob die Kaltfront in der Nacht zum Donnerstag den gesamten
Westen/Nordwesten erfasst (IFS/ICON), oder nur den Grenzbereich zu Benelux
(GFS).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy