DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-11-2020 09:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 15.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Abends und in der ersten Nachthälfte in der Westhälfte Durchzug einer Kaltfront
mit einzelnen stürmischen Böen. In Hochlagen Sturmböen. Dabei einzelne kurze
Graupelgewitter mit Böen Bft 8 nicht ausgeschlossen. Auf dem Brocken Böen Bft 10
bis 11. In der 2. Nachthälfte dann wahrscheinlich nur noch im höheren Bergland
und an der See stürmische Böen.
Am Montag an der Nordsee sowie in Hochlagen Böen Bft 8 bis 9, auf exponierten
Bergen 10.
Am Dienstag an der Nordsee stürmische Böen, auf sehr exponierten Bergen
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Eine mittlerweile hochreichende Zyklone dicht nordwestlich von
Irland zieht bis zum Abend nach Schottland und seine Kaltfront greift ab dem
Spätnachmittag mit Regen auf den Westen und Nordwesten über. Zuvor strömt von
Süden und Südwesten abermals ungewöhnlich milde Luft nach Deutschland mit
850-hPa-Temperaturen zwischen 7 Grad im Westen und 10 Grad im Südosten. Im
größten Teil Deutschlands gibt es aber nach Auflösung einiger Nebelfelder einen
recht freundlichen Tag mit einigen mittelhohen und hohen Wolkenfeldern, so dass
die Nachmittagstemperaturen 14 bis 19 Grad erreichen mit den höchsten Werten am
Oberrhein. Lediglich im Südosten ist es je nach Nebelauflösung kühler bei 8 bis
13 Grad.
Präfrontal frischt der Wind ab Mittag im Westen und Nordwesten kräftig auf mit
7er Böen und exponiert mit 8er Böen. Bei Frontdurchgang am Abend kann es im
äußersten Westen auch ein kurzes Gewitter geben mit stürmischen Böen. Zumindest
werden geringe CapeML-Werte um 50 J/Kg simuliert und Modelltemps von ICON-Nest
lassen Konvektion bis knapp an die -20 Grad zu. Auf exponierten Bergen gibt es
Sturmböen, auf dem Brocken 10er und 11er Böen. In der Osthälfte ist der Wind
meist noch nicht warnwürdig.

In der Nacht zum Montag passiert die Kaltfront rasch weite Landesteile,
lediglich im Südosten kommt sie zum Morgen etwas ins Schleifen. Gleichzeitig
erreicht das Tief das Seegebiet vor Südnorwegen. Rückseitig sorgt die Zufuhr
erwärmter Meeresluft subpolaren Ursprungs für einen markanten Luftmassenwechsel
(Rückgang T850 auf 3 bis -1°C). Die Front bringt Regenmengen meist zwischen 4
und 10 mm, im Stau des Schwarzwaldes auch etwas mehr. Die
Gewitterwahrscheinlichkeit nimmt im Laufe der Nacht ab, zumindest an der Front.
Dafür sind später über und an der Nordsee einzelne Troggewitter (T500 um -28°C)
möglich.
Zwar frischt der Wind mit Frontdurchgang auch nach Osten hin kurzzeitig auf,
meist wird es aber bei 6er bis 7er Böen bleiben. Auch postfrontal sind mit
Schauern 7er Böen, an der Nordsee 8er und 9er Böen angesagt und auf exponierten
Bergen Sturmböen, auf dem Brocken Böen Bft 10.


Montag... schwenkt der Höhentrog in der westlichen Strömung zügig über uns nach
Osten. Abends erreicht seine Achse die Oder und Neiße, während sich von Westen
ein breiter Höhenrücken, der von Warmluftadvektion überlaufen wird, nähert.
Dabei strömt tagsüber von Westen her erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs ein,
die in 850 hPa Temperaturen von 0 bis 2 °C aufweist. Mit Passage des Troges
labilisiert die Schichtung kurzzeitig (T500 bis -26°C) und es kommt
zu Schauern. Einzelne kurze Gewitter sind an der Nordsee und in
Schleswig-Holstein nicht völlig ausgeschlossen, obwohl die Labilität sich
zugegebenermaßen in Grenzen hält. Im Übergangsbereich von hohem Druck über dem
Mittelmeer zu den Tiefs über Nord- und Nordwesteuropa herrscht ein veritabler
Druckgradient, der für starke bis steife Böen reichen sollte. Bei Schauern kann
im Norden eine einzelne 8er Böen aus Südwest bis West nicht ganz ausgeschlossen
werden (s. u.)
Dank der guten Durchmischung liegen die Temperaturen zwar unter denen des
Sonntags, aber weiterhin im milden Bereich zwischen 9 Grad im mittleren Bergland
und 14 Grad am Oberrhein.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Trog nach Polen ab und von Westen her rückt
der breite Höhenrücken nach Mitteleuropa vor. Er wird abgesehen vom äußersten
Süden von kräftiger Warmluftadvektion überlaufen, die im Zusammenhang steht mit
der Warmfront eines an den Shetlandinseln vorbei nach Osten ziehenden Tiefs.
Gleichzeitig breitet sich ein Bodenhochkeil von Frankreich her nach
Süddeutschland aus.
Damit verschärft sich der Druckgradient im Nordwesten wieder, nachdem er zum
Montagabend und in der Nacht zunächst geringer ist. An der Nordsee sind erneut
steife bis stürmische Böen aus Südwest zu erwarten.
Im höheren Bergland gibt es nach wie vor steife bis stürmische Böen, auf dem
Brocken Sturmböen, hier dürfte auch die vorangegangene Windabnahme nur wenig
spürbar gewesen sein.
Zudem breitet sich Regen in den Nordwesten und Westen aus, die vorlaufende
kompakte Bewölkung überzieht weite Landesteile, mit Ausnahme des äußersten
Südens, wo nur dünne, hohe Wolken ankommen. Frost gibt es somit nur örtlich im
Alpenraum und in Süddeutschland sind bei längeren Auflockerungen lokale
Nebelfelder nicht ausgeschlossen.

Dienstag... verhält sich das Strömungsmuster progressiv und die Hauptachse des
Rückens liegt abends ganz im Westen Deutschlands. Die Warmfront wird über den
Norden nach Osten gesteuert. Sie kann ihren Wirkungsradius dabei noch etwas nach
Südosten ausweiten, während sich im Süden aus dem Hochkeil eine Hochzelle
abspaltet.
Entsprechend überwiegt im Norden, Osten und über weiten Teilen der Mitte stark
bewölkter bis bedeckter Himmel und es regnet oder nieselt zunächst verbreitet,
bevor der Niederschlag von Südwesten her nachlässt, da der Höhenrücken
übergreift und die Warmluftadvektion von Westen her schwächer wird.

Nur im Süden und Südwesten bestehen Chancen für Auflockerungen. An den Küsten
und im höheren Bergland bleibt es windig mit steifen bis stürmischen Böen
(Tendenz aber eher leicht abnehmend), ansonsten langt es in der stabil
geschichteten milden Meeresluft (T850 wieder auf +3 bis +7°C steigend) nicht für
warnrelevante Böen.
Es bleibt sehr mild mit Temperaturen zwischen 10 Grad in der Oberpfalz und 15
Grad örtlich im Rheintal.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wahrscheinlichkeit von stürmischen Böen (6 stg.) ist nach CD2-EPS bis 21 UTC
nur örtlich im Westen und Nordwesten leicht erhöht (5 bis 30 Prozent) und
CosmoLEPS stützt die Wahrscheinlichkeiten nur bedingt. Ab etwa 400 bis 600 m,
aber auch im Raum Eifel sowie Ostwestfalen sind die Wahrscheinlichkeiten dann
aber deutlich höher (40 bis über 90 Prozent).
In der 2. Nachthälfte sind die Wahrscheinlichkeiten in der Osthälfte dann
praktisch gleich null und selbst Böen Bft 7 sind nur gering Wahrscheinlich. Eine
Ausnahme bildet die Oberlausitz, wo stürmische Böen recht wahrscheinlich sind
(40 bis 90 Prozent nach CD2-EPS).
Am Montag gibt es (abgesehen von der Nordseeküste) nur am Nordostrand von Harz
und Thüringer Wald leicht erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 8 und im
Nordwesten sind die Wahrscheinlichkeiten nur marginal erhöht. Auf den Bergen
sind nach Mosmix 8er und 9er Böen zu erwarten (Brocken Bft 10 bis 11). An der
Nordsee können vor allem in Schleswig-H. 9er Böen auftreten
(Wahrscheinlichkeiten zwischen 20 und 80 Prozent.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden