DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-11-2020 08:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 11.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu SWa bzw. SWz
Meist ruhiges, zu Nebel und Hochnebel neigendes, ansonsten mildes Herbstwetter.
Ab Donnerstag allmählich zyklonaler mit etwas Regen und Wind (aber auch auf den
Bergen bzw. an den Küsten kaum markante Böen).

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland nach wie vor an der Westflanke einer
hochreichenden und blockierenden Antizyklone mit Schwerpunkt über Osteuropa, von
der ausgehend ein Höhenkeil über Skandinavien nordwärts bis nach Spitzbergen
reicht. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt bis zur
kommenden Nacht zwar allmählich von der Ukraine bzw. Weißrussland allmählich
nach Südrussland, verhindert aber zunächst noch das Übergreifen atlantischer
Frontensysteme auf Kontinentaleuropa.
Der blockierenden Antizyklone steht ein umfangreicher Langwellentrogkomplex über
dem mittleren Nordatlantik gegenüber, der im Tagesverlauf durch einen
Kaltluftvorstoß von Grönland her regeneriert wird, während der vorgelagerte
Langwellentrog abends auf Irland übergreift. Diesem ist ein Randtrog
vorgelagert, der inzwischen auf den äußersten Westen des Vorhersagegebietes
übergegriffen hat und gegen Abend bzw. der kommenden Nacht über dem Alpenraum
austropft, während sich das nördliche Trogresiduum über Nordwestdeutschland
auffüllt. Die PVA-induzierten Hebungsprozesse auf dessen Vorderseite führen im
Westen anfangs noch gebietsweise zu schauerartigen Regenfällen, vermögen aber
die vorhandene Hochnebeldecke dort gebietsweise aufzulösen, so dass sich nach
Abzug der Schauer zumindest vorübergehend die Sonne durchsetzen kann. Vielerorts
bleibt es aber trüb, allerdings steigt die Obergrenze allmählich auf 1500 m oder
gar etwas darüber, womit sich immerhin die bodennahen Sichten bessern dürften.
Ansonsten ändert sich nur wenig an der ruhigen Hochdruckrandlage. Meistens
befindet sich die Inversion in etwa 1000 m Höhe (an den Alpen und im
angrenzenden südlichen Alpenvorland darüber), so dass es in den Niederungen
überwiegend bedeckt und trüb bleibt, während auf den höchsten
Mittelgebirgsgipfeln bei sehr guten Sichten zumindest teilweise die Sonne
scheint. Lediglich in den ostbayerischen und östlichen Mittelgebirgen sowie im
Tagesverlauf an den Alpen kann sich die Sonne auch mal in tieferen Lagen
durchsetzen. Während die Grundschicht im Westen nach teils recht milder Nacht im
Tagesverlauf etwas besser durchmischt und es dort mit Höchstwerten zwischen 10
und 14 Grad recht mild wird, werden sonst meist 6 bis 10 Grad erreicht, bei
längerer Zeit dichtem Nebel im Süden gebietsweise auch kaum 5 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Trog über Irland unter Verkürzung seiner
Wellenlänge ostwärts voran, läuft aber gegen den blockierenden Höhenrücken über
Kontinentaleuropa an und tropft schließlich zumindest nach Lesart des ICON und
IFS über Ostengland ab. Auf dessen scharf gekrümmter Vorderseite kann aufgrund
kräftiger PVA, die anfangs auch noch durch leichte WLA gestützt wird,
vorübergehend markante Hebung generiert werden, wodurch sich ein ebenfalls recht
scharf konturierter Bodentrog ausbildet, der morgens auf den Ostausgang des
Ärmelkanals bzw. auf die südwestliche Nordsee übergreift. Ein mit dem
Langwellentrog korrespondierendes Bodentief verlagert sich im Laufe der Nacht
von den Hebriden Richtung Nordmeer, dessen Kaltfront mündet in den soeben
erwähnten Bodentrog.
Die Annäherung des Bodentroges führt ausgangs der Nacht zu einer leichten
Gradientverschärfung über dem Westen und Nordwesten des Landes, folglich dreht
der Wind dort auf südliche Richtungen und frischt zumindest in den Höhenlagen
etwas auf. Für warnrelevante Böen reicht das aber nicht. Immerhin bekommt die
Hochnebeldecke erste Lücken, allerdings ziehen doch recht rasch hohe und
mittelhohe Wolken auf, es bleibt aber noch trocken.
Im großen Rest des Landes ändert sich dagegen nur wenig, meist bleibt es trüb
durch Nebel und Hochnebel, im Süden und Osten bildet sich gebietsweise auch
wieder dichter Bodennebel. Leichten Frost gibt es höchstens noch in einigen
Tälern der östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge sowie der Alpen, während
es im Westen mit Tiefstwerten zwischen 10 und 6 Grad erneut recht mild bleibt.

Donnerstag... verlagert sich das kleinräumige Cut-Off-Tief bis zum Abend
allmählich zur Deutschen Bucht, nach GFS bzw. GEM dagegen als Randtrog nach
Jütland. Nach wie vor kann auf dessen scharf gekrümmter Vorderseite aufgrund von
PVA markante Hebung generiert werden, die allerdings zunehmend von KLA
kompensiert wird, während trogrückseitig rasch markante WLA wirksam wird. Vor
allem nach Lesart des ICON-EU bleibt der unmittelbar vorgelagerte Bodentrog
recht markant ausgeprägt, greift im Tagesverlauf auf den Westen und Norden
Deutschlands über und erreicht abends in etwa die Elbe. Somit frischt der Wind
aus Süd bis Südost weiter auf und dreht mit Trogpassage auf Süd bis Südwest. In
den Kammlagen einiger Mittelgebirge reicht es zumindest nach Lesart des ICON-EU
für einzelne stürmische Böen (Bft 8), auf dem Brocken sogar für Sturmböen (Bft
9), im Lee einiger Mittelgebirge eventuell für steife Böen (Bft 7). IFS und vor
allem GFS haben die Windentwicklung allerdings schwächer auf der Agenda.
An den Trog gekoppelt sind zudem schauerartige Regenfälle im Westen und
Nordwesten Deutschlands, die der trogvorderseitigen PVA bzw. - vor allem im ICON
bzw. IFS auch rückseitigen WLA geschuldet sind, wobei von allen Modellen ähnlich
zunächst etwa 1 bis 5 mm in 12 Stunden simuliert werden, in Ostfriesland dann
nach ICON/IFS (aufgrund der WLA) auch etwas mehr. Im Bereich der Deutschen Bucht
ist die Luftmasse zudem bis an die 600 hPa leicht labil geschichtet. C-D2 hat
dort zum Abend hin sogar vereinzelte Gewitter auf der Agenda, verbucht damit
allerdings ein Alleinstellungsmerkmal.
Der Süden und Osten bekommt von dem zyklonalen Einschlag dagegen nur am Rande
etwas mit. Immerhin führt das auch dort wahrnehmbare Auffrischen des Windes zu
einer besseren Durchmischung der feuchtkalten Grenzschicht, so dass sich Nebel
und Hochnebel ausgehend von den Mittelgebirgen und den Alpen teilweise auflösen
und sich zumindest zeitweise die Sonne zeigen kann. Am ehesten dicht bleibt es
dagegen wohl in den Niederungen Südostdeutschlands sowie im Nordosten und
äußersten Osten. Während es dort mit Höchstwerten zwischen 6 und 10 Grad (in
Südostbayern teilweise auch darunter) recht frisch bleibt, werden sonst milde 10
bis 14 Grad erreicht, in einigen Lee-Lagen Südwestdeutschlands auch bis zu 16
Grad.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Cut-Off-Tief nach Lesart von IFS und
ICON-EU zur südwestlichen Ostsee, nach der GEM/GFS-Schiene zieht der Randtrog
dagegen rasch nach Südschweden. Vor allem IFS hat an der Südwestflanke des Tiefs
markante WLA auf der Agenda und simuliert von Ostholstein bis nach Vorpommern
gebietsweise um 15 mm in 12 Stunden, während ICON-EU die höchsten Mengen mit 5
bis 8 mm im Bereich der Deutschen Bucht auf der Agenda hat und GFS generell
weniger als 1 mm simuliert.
Der korrespondierende Bodentrog kommt rasch nordostwärts voran, so dass sich der
Wind im Laufe der Nacht wieder abschwächt, allerdings hat ICON-EU im Bereich der
Deutschen Bucht einen weiteren, an die Achse des Cut-Off gekoppelten Bodentrog
auf der Agenda, an dessen Südflanke im Südteil der Deutschen Bucht vorübergehend
stürmische Böen (Bft 8) aus Südwest simuliert werden. Nach wie vor hat C-D2 dort
auch noch ganz vereinzelte Gewitter im Gepäck, die aber aus aktueller
Modellsicht eher unwahrscheinlich erscheinen.
Dem Cut-Off-Tief folgt ein Höhenrücken, der von der Nordsee bzw. Benelux her
Freitagfrüh auf den Westen und Nordwesten Deutschlands übergreift, so dass die
Niederschläge dort bereits in der zweiten Nachthälfte rasch nachlassen, während
das an der Ostsee erst in den Frühstunden der Fall ist.
Die Mitte und der Süden bleiben von diesem zyklonalen Geschehen weiterhin
weitestgehend unberührt; im Gegenteil, der Gradient fächert wieder etwas auf, so
dass sich erneut Nebel und Hochnebel ausbreiten können. Dort, wo es aufklart,
was am ehesten in einigen Mittelgebirgs- und Alpentälern der Fall ist, kann es
leichten Frost geben, meist bleibt es aber frostfrei.

Freitag... greift von den Britischen Inseln her ein weiterer Höhentrog auf die
Nordsee über, dessen scharf gekrümmte Trogspitze erreicht bereits abends die
Deutsche Bucht. Der vorgelagerte kurzwellige Höhenrücken überquert somit im
Tagesverlauf rasch das Vorhersagegebiet ostwärts. Insgesamt schwächt sich die
Blockadewirkung des inzwischen recht weit nach Osteuropa abgedrängten
Höhenrückens allmählich ab, so dass das Wettergeschehen über Mitteleuropa nach
und nach einen etwas zyklonaleren "Touch" bekommt.
In weiten Teilen des Landes ist am Freitag davon aber zunächst noch nicht viel
zu spüren. Die Regenfälle an der Ostsee bzw. im Nordosten klingen mit Abzug des
Cut-Off-Tiefs mehr (ICON; bereits am Vormittag trocken) bzw. weniger (IFS) rasch
ab. Bereits am späten Nachmittag bzw. Abend greift aber das okkludierte
Frontensystem eines mit dem Trog korrespondierenden Tiefs südlich von Island auf
den Westen und Nordwesten Deutschlands über. Die recht markante PVA auf der
Trogvorderseite wird durch zunehmende KLA teilkompensiert, so dass sich die
frontalen Hebungsprozesse nur wenig dynamisch gestützt werden. Mit Annäherung
der Front werden somit zwar die Wolken im Norden und in der Mitte von Westen her
rasch wieder dichter (vor allem in der Mitte vielerorts über dem eh dichten
Hochnebel), allerdings fällt nur gebietsweise etwas Regen.
Erneut simuliert ICON-EU den an die Okklusion gekoppelten Bodentrog über dem
Norden und der Mitte des Landes am markantesten ausgeprägt. Nach Lesart des
Modells frischt der Wind präfontal zunächst in den Kammlagen einiger
Mittelgebirge aus Süd bis Südwest auf (Böen Bft 7 bis 8, auf dem Brocken
eventuell auch Bft 9), mit Frontpassage dann am Abend vor allem über der
Nordsee, wo ICON-EU als einziges Modell verbreitet Bft 8 (aus West) auf der
Agenda hat, IFS und GFS dagegen maximal exponiert Bft 7.
Im Süden und Südosten ändert sich dagegen nur wenig am ruhigen Wettergeschehen.
Vor allem an den Alpen und am Nordrand des Erzgebirges vermag der etwas
auffrischende Wind den Hochnebel erneut aufzulösen, in einigen Niederungen
bleibt es aber trüb durch Nebel und Hochnebel.
Allgemein wird es noch etwas milder als am Vortag, meist liegen die Höchstwerte
zwischen 11 und 15 Grad, im Alpenvorland werden gebietsweise auch bis zu 17 Grad
erreicht. Bei beständigem Nebel/Hochnebel bleibt es dagegen teilweise deutlich
kühler, vor allem in Süddeutschland.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich der Trog weiter nach Südskandinavien,
dahinter stellt sich eine relativ glatt konturierte westliche Höhenströmung ein,
wobei sich ein darin eingebetteter, durch kräftige WLA vorderseitig eines auf
den nahen Ostatlantik übergreifenden Troges gestützter flacher Höhenrücken bis
Samstagfrüh zur Nordsee verlagert.
Im Bodenfeld schwenkt die Okklusion über die Osthälfte hinweg rasch ostwärts,
wobei es mit Frontpassage zumindest nach ICON-EU im Bereich der Ostseeküste und
auf dem Brocken anfangs noch Böen Bft 7 bis 8 geben kann. Postfrontal fächert
der Gradient aber auf und der Wind flaut rasch ab.
Vor allem im Süden, teilweise aber auch im Osten breiten sich erneut Nebel und
Hochnebel aus bzw. verdichten sich. Im Westen und in den mittleren Landesteilen
macht sich die den Rücken überlaufende WLA bereits in Form dichterer
mehrschichtiger Bewölkung bemerkbar, aus der gebietsweise auch etwas Regen
fallen kann.
Ansonsten lockern die Wolken postfrontal vor allem im Norden und Osten auch mal
auf, während es im Süden oft trüb durch Nebel bzw. Hochnebel bleibt. Frost gibt
es dabei höchstens bei aufgelockerter Bewölkung in einigen Alpentälern.



Modellvergleich und -einschätzung
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Bereits für den morgigen Donnerstag lassen sich durchaus schon warn- und
prognoserelevante Differenzen zwischen den Modellen ausmachen, wobei bereits
seit einigen Läufen ICON-EU und IFS die oben beschriebene Cut-Off Variante auf
der Agenda haben, GFS und GEM dagegen lediglich die Passage eines Randtroges.
Die sich dadurch ergebenden Unterschiede betreffen warntechnisch in erster Linie
die Windentwicklung und wurden oben beschrieben.
Auch am Freitag simuliert ICON den an die Okklusion gekoppelten Bodentrog
markanter ausgeprägt als IFS und GFS, wodurch sich zumindest an den Küsten
durchaus Böen mit Warnrelevanz ergeben könnten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff