DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-11-2020 09:01
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 06.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Sa (Süd antizyklonal)

Heute und am Wochenende ruhiges und meist grenzschichtgeprägtes Hochdruckwetter.
Zum Sonntag hin im Westen leicht zyklonaler Touch.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung eine ganz weit nach Norden
verschobene Frontalzone, die Deutschland nicht nur heute, sondern auch in den
nächsten Tagen nicht sonderlich zu interessieren hat. Relevant ist, was südlich
davon abgeht, wo das Strömungsmuster hochgradig meridionale Komponenten
aufweist. Wenn man so will lässt sich sogar eine omegaähnliche Konstellation
detektieren, dessen zentrale Säule ein von Nordafrika über Mitteleuropa bis nach
Südskandinavien reichender Höhenrücken ist. Über der Nordsee hat sich eine
abgeschlossene Höhenantizyklone gebildet, die sich im Laufe des Tages nach Polen
verlagert. Flankiert wird der Rücken von einem abtropfenden KW-Trog über dem
Ostatlantik bzw. einem Höhentief westlich der Iberischen Halbinsel auf der einen
und einem von Nordwestrussland bis zum Schwarzen Meer reichenden Trog auf der
anderen Seite. Als I-Tüpfelchen des ganzen Konstrukts fungiert ein kleiner und
weitgehend wetterunwirksamer Kaltlufttropfen, der von der Schweiz respektive
Südwestdeutschland her (06 UTC) zur südwestlichen Nordsee (24 UTC) zieht.
Korrespondierend zum Rücken findet man auf den Wetterkarten eine umfangreiche
Bodenhochdruckzone (RAMESH), deren nordwest-südost-orientierte Divergenzachse
mitten über den Vorhersageraum verläuft. Der Schwerpunkt mit etwas über 1035 hPa
wandert heute unter leichter Abschwächung in den Raum Ungarn-Slowakei, was das
Hoch aber nicht daran hindert, bei uns weiterhin den Ton anzugeben. Dabei lassen
sich über Deutschland im Großen und Ganzen drei Wetterzonen ausmachen, die es im
Folgenden kurz zu skizzieren gilt.
Da wären zum ersten die Regionen etwa nördlich der Mittelgebirgsschwelle zu
nennen (Zone 1), die die vergangene Nacht nördlich der Divergenzachse in
wolkenreicher Nordseeluft und entsprechend frostfrei verbracht haben. Die bis
zur Absinkinversion bei etwa 800 hPa reichende Bewölkung entpuppt sich als zähe
Materie, der aufgrund fehlender Durchmischung nur schwer beizukommen ist. Oder
mit anderen Worten, die Wolkendecke bekommt im Tagesverlauf nur zögernd Lücken,
allerdings wird die südliche Wolkenkante peu a peu nord-nordostwärts verschoben.
Vereinzelt fällt anfangs noch etwas Nieselregen, meist bleibt es aber trocken.
Zone 2 schließt sich südlich an und reicht über die Mitte des Landes bis nach
Süddeutschland. Hier ist das Absinken am stärksten, wodurch die Inversion bis
auf Bodennähe gedrückt worden ist. Die Nacht war in gealterter maritimer
Polarluft überwiegend klar und entsprechend frostig, nur in einigen
Flussniederungen neblig. Die Tagesprognose lautet schlicht und einfach "nach
teils zäher Nebelauflösung sonnig".
Bliebe noch die kleine Zone 3 im äußersten Süden, etwa vom südlichen
Oberrheingraben und dem Hochrhein über das Schwäbische Oberland bis hinüber ins
südliche Alpenvorland, wo hochnebelartige Bewölkung und lokale Nebelfelder den
Ton angeben. Hier liegt die Inversion wieder etwas höher als in der Mitte.
Ähnlich wie im Norden wird sich auch hier die Bewölkung dem andauernden Absinken
erwehren und sich zumindest gebietsweise über den Tag retten.
Während Zone 1 mit durchweg zweistelligen Tageshöchstwerten zwischen 10 und 14°C
aufwartet, geben sich die anderen beiden Regionen thermisch heterogener. 5 bis
14°C lautet die Spanne in Abhängigkeit von Nebel-/Hochnebel- respektive
Sonnenscheinandauer.

In der Nacht zum Samstag bleibt das Geschehen antizyklonal beeinflusst. Im
Norden und Nordosten wird von Südwesten her zwar weiterhin an der Tilgung der
Wolkendecke gearbeitet, was bis zum Frühstück aber nicht vollständig gelingt. So
dürfte etwa von SH über MV bis ins nördliche BB ein Streifen mit starker
Bewölkung übrigbleiben, der dort immerhin frostfreie Verhältnisse garantiert.
Weiter südlich klart es verbreitet auf, allerdings kann sich vornehmlich in
Gewässernähe erneut Nebel bilden. Auch ganz im Süden breitet sich der vom Tag
übriggebliebene Hochnebel bzw. die hochnebelartige Bewölkung aus respektive
bildet sich "neuer" Nebel. Mit Ausnahme einiger Regionen West- und
Nordwestdeutschlands geht die Temperatur bei Aufklaren in den leichten, zwischen
Oberfranken und Niederbayern teils sogar in den mäßigen Frostbereich zurück.
Zwar lässt sich vereinzelte Reifglätte nicht ausschließen, insbesondere auf
Brücken, für präventive, flächige Glättewarnungen reicht das aber nicht aus.
Bedingt durch Low-Level-Effekte kann der Ost-Südostwind in einigen wenigen
Kammlagen der Mittelgebirge lokal auffrischen, was von MOS-Mix z.B. für den
Bayerischen Wald vorgeschlagen wird.

Samstag... gelangt Deutschland unter eine schwache südliche Höhenströmung, die
zwischen dem noch etwas weiter nach Osten wandernden Höhenhoch und den beiden
Höhentiefs über dem nahen Ostatlantik generiert wird. Da die Druckverteilung am
Boden äquivalent ist, dort aber ageostrophische Gesetzmäßigkeiten gelten, stellt
sich bodennah eine meist schwache Strömung aus dem Sektor Ost bis Süd ein.
Gefallen wird das vor allem den norddeutschen MitbürgerInnen, die den heutigen
Tag unter dichtem Gewölk verbringen müssen. Morgen wird dieses mehr und mehr auf
die Ostsee rausgedrückt (zuletzt aus Vorpommern), so dass sich nachfolgend die
Sonne durchsetzen kann.
Auch im großen Rest des Landes ist Sonne Trumpf, allerdings - bei Hochdrucklagen
im November nicht ungewöhnlich, ja eigentlich normal - nicht überall. Die
schlechtesten Karten, den Samstag über weite Strecken, wenn nicht sogar
ganztägig im Dauergrau verbringen zu müssen, haben der Hoch- und Oberrhein (im
worst case bis hoch zum Rhein-Main-Gebiet), die Gebiete vom Bodensee bis zur
Schwäbischen Alb, evtl. bis zum Nördlinger Ries sowie Teile der Donauniederungen
plus das westliche Alpenvorland (aber nicht das höhere).
Interessant ist die morgige Temperaturverteilung, wo zunächst mal ein
deutschlandweiter Anstieg in 850 hPa auf 9 bis 13°C konstatiert werden kann
(fortwährendes Absinken plus Advektion). Die Projektion auf die 2m-Temperatur
fällt deutlich uneinheitlicher aus: Während bei zähem Nebel kaum 5°C erreicht
werden, kann in einigen Mittellagen des Berglands (die ausgeprägte Inversion
liegt niedrig) sowie in Leelagen Westdeutschlands (Eifel, Haarstrang, Bergisches
Land) das Erreichen bzw. Überschreiten der 15°C-Marke gefeiert werden. Der
überwiegende Teil der Bevölkerung sollte sich aber auf Höchstwerte zwischen 7
und 14°C einstellen.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt ein Randtrog von den Pyrenäen nach Frankreich.
Vorderseitig wird etwas Hebung generiert, was bei unseren Nachbarn zumindest in
Teilen "Wetter" zur Folge hat. Bei uns in Deutschland, genau genommen im
Südwesten und Westen, kommen ab den Abendstunden wohl aber nur die peripheren
Brosamen in Form hoher und später einiger mittelhoher Wolken an. Dies sowie ein
vor allem in NRW nicht gänzlich einschlafender Südostwind verhindern eine
Abkühlung in den Frostbereich.
Der große Rest des Vorhersageraums hingegen bleibt ungestört, was bei verbreitet
klarem Himmel leichten, in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen sowie
in einigen Alpentälern mäßigen Frost bedeutet. Darüber hinaus breiten sich
erneut Nebel und Hochnebel aus, vornehmlich in der Südhälfte, gebietsweise aber
auch im Norden.

Sonntag... kommt der Trog über Frankreich langsam nord-nordostwärts voran.
Vorderseitig verstärkt sich der Höhenkeil über Deutschland, während das
eigentliche Höhenhoch von Rumänien zum Schwarzen Meer wandert. Bodennah bleibt
alles beim Alten, sprich, zwischen hohem Luftdruck östlich von uns und dem Tief
knapp westlich der Biskaya präsentiert sich der Gradient flau mit schwachen
Winden vornehmlich aus Ost bis Süd.
Wettertechnisch scheint im Norden und Osten sowie in der östlichen Mitte nach
teils zäher Auflösung von Nebel/Hochnebel häufig die Sonne. Auch am Alpenrand
sowie dem höheren Alpenvorland ist Sonnenschein Trump(f), während sich sonst im
Süden (vor allem Donauniederungen sowie zwischen Bodensee und Alb) hartnäckig
Nebel/Hochnebel hält. Und dann wäre da noch die mehrschichtige Bewölkung im
Westen und Südwesten, die zwar weiter nord-nordostwärts vorankommt, in puncto
Niederschlag aber kaum was zu bieten hat. Lediglich in den westlichen
Landesteilen simulieren einige Modelle gebietsweise etwas Regen, der aber erst
mal unten ankommen muss, was angesichts einer nicht komplett durchgefeuchteten
unteren und mittleren Troposphäre gar nicht so einfach ist.
Bei der Temperatur ändert sich kaum etwas gegenüber dem Vortag: maximal stehen
15°C oder etwas mehr in einigen Leelagen auf der Karte, während im Dauernebel
stellenweise keine 5°C erreicht werden. In Ost- und Südbayern ist bei
ungünstigem Verlauf (erst starke Abkühlung, dann Nebel oder Hochnebel) lokal
sogar ein Eistag nicht ganz von der Hand zu weisen.

In der Nacht zum Montag tendenziell wenig Änderung. In der Westhälfte mehr oder
weniger stark bewölkt, hier und da etwas Regen, überwiegend frostfrei. Sonst
gering bewölkt oder klar, gebietsweise Nebel oder Hochnebel, vor allem im Süden
und in der Mitte Frost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Ausrichtung passt modellübergreifend. Mal sehen, wer bei der
Grenzschichtparametrisierung die Nase vorn hat. Eine erste Bewährungsprobe steht
bereits morgen im Süden und Südwesten an, wo COSMO-D2 voller Optimismus den
Nebel und Hochnebel bis zum Nachmittag weitgehend wegerodiert, während z.B.
ICON6, EURO4 oder auch das grenzschichtstarke polnische UM nicht so optimistisch
simulieren.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann