DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-11-2020 10:30
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 05.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Zunächst BM (Brücke Mitteleuropa), im Laufe des Wochenendes Übergang zu Sa
(Süd antizyklonal)

Hochdruck(rand)lage ohne besondere Vorkommnisse. Lediglich heute an der See noch
mal windig, teils stürmisch, sonst nur Grenzschichtwarnparameter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... hat sich die Großwetterlage inzwischen ganz schön verändert. Dort,
wo sich vor Wochenfrist, ja selbst am Wochenende noch zahlreiche Tiefs und/oder
Wellen quasi die Klinke in die Hand gegeben haben - wir sprechen vom nahen
Ostatlantik - hat sich mittlerweile ein fettes Hoch eingenistet. Obwohl, so fett
ist das Hoch (es heißt übrigens RAMESH) gar nicht, im Gegenteil, es handelt sich
um ein ziemlich schlankes Exemplar, das sich mit seiner zonal ausgerichteten
Divergenzachse weit vom mittleren Nordatlantik her über tausende von Kilometern
via West- und Mitteleuropa bis in die Schwarzmeerregion erstreckt. Die
1035-hPa-Isobare verläuft heute Mittag vom Seegebiet knapp westlich Irlands bis
nach Tschechien, was Beleg dafür ist, dass auch wir uns im inneren Zirkel der
Antizyklone befinden.
Gestützt wird das Hoch von einem ebenfalls stark zonal exponierten Höhenrücken
mit Schwerpunk knapp westlich von UK/Irland (über 586 gpdam in 500 hPa), der
sich im Laufe des heutigen Tages peu a peu nach Osten ausdehnt. Damit verdrängt
er nicht nur den heute früh über Nordostdeutschland noch befindlichen KW-Trog,
auch die ohnehin schon weit nach Norden abgedrängte Frontalzone kriegt immer
mehr Schwierigkeiten, noch Zugriff auf unser Wettergeschehen zu bekommen. Heute
gelingt ihr das aber schon noch im Stile einer klassischen Hochrandlage. So
schafft es die Warmfront eines zwischen Nordkap und Spitzbergen positionierten
Tiefs, in den nächsten Stunden auf Teile Nord- und Nordostdeutschlands
überzugreifen - die vorlaufende WLA hat bereits eingesetzt - und dabei
mehrschichtige Bewölkung zu platzieren, aus der es vornehmlich in Küstennähe
sowie in SH und im Hamburger Raum mitunter sogar etwas regnet oder nieselt.
Darüber hinaus hat sich zwischen dem Tief und dem Hoch über Skandinavien ein
veritabler Gradient aufgebaut, der an der See heute einen geschmeidig flotten
Südwest- bis Westwind ankurbelt mit Böen 7 Bft, an der vorpommerschen Küste 8
Bft, am Kap Arkona vielleicht auch mal ´ne 9 Bft.
Ansonsten verläuft der heutige Donnerstag in ziemlich ruhigen Bahnen, wobei in
einem relativ breiten, über die Mitte verlaufenden Streifen (also quasi im
Dunstkreis der Divergenzachse) für längere Zeit die Sonne scheint. In einigen
Regionen müssen sich allerdings erst die nächtlichen Nebelfelder auflösen, was
hier und da etwas dauern kann, am Ende aber geschehen wird. Nicht ganz so gut in
puncto Sonnenschein sieht es im äußersten Süden aus, wo noch Reste meist tiefer
frontaler Bewölkung hängen (gemeint ist die Kaltfront, die von Montag auf
Dienstag bei uns durchgegangen ist), die sich nicht so leicht tilgen lassen.
Außerdem drückt der supergeostrophisch leicht auffrischende Ost-Nordostwind die
Bewölkung gegen die Alpen, so dass es am Alpenrand und im südlichen Vorland
sowie in den Gebieten südlich der Schwäbischen Alb überwiegend stark bewölkt bis
bedeckt bleibt.
Während in den äußersten Norden und Nordosten feuchte Nordseeluft gelangt
(Anstieg T850 auf 5 bis 8°C am Abend), setzt sich in den übrigen Landesteilen
der Alterungsprozess der eingeflossenen maritimen Polarluft fort (T850 knapp
über dem Gefrierpunkt). Unter dem Strich bedeutet das im Norden trotz der
Bewölkung Tageshöchstwerte von 10 bis 13°C, sonst meist 6 bis 12°C.

In der Nacht zum Freitag verlagert der Höhenrücken respektive das inzwischen
eigenständige Höhenhoch seinen Schwerpunkt via UK/Irland zur Nordsee. Damit kann
sich das bisher noch gar nicht erwähnte Höhentief westlich der Iberischen
Halbinsel etwas nach Norden ausbreiten, was für uns aber keine Relevanz hat.
Auch ein über Frankreich erkennbarer KW-Trog am Rande des Höhentiefs (es handelt
sich um Reste einer heute über Süddeutschland noch auszumachenden flachen
Potenzialrinne) zeigt keinerlei Wetterwirksamkeit.
So dominieren in weiten Teilen des Landes Grenzschichtprozesse das Geschehen,
wobei sich durch permanentes Absinken, aber auch durch die langwellige
Ausstrahlung die Inversionen (sowohl in den aktuell gemessenen als auch in den
Prognosetemps lassen sich mehrere Inversionen detektieren) noch verstärken. In
der Mitte und im Süden startet die Nacht vielerorts klar, lediglich im äußersten
Süden halten sich noch Reste der o.e. starken Bewölkung. Später bildet sich
teils dichter Nebel oder Hochnebel. Außerdem kühlt es vielerorts in den
leichten, am Boden gebietsweise sogar mäßigen Frostbereich ab. In den Hochlagen
des Südschwarzwalds könnte mit Hilfe von Low-Level-Effekten die Bise etwas in
Schwung kommen, allerdings muss es dafür mit der Lage der Inversion passen, was
unsicher ist.
Im Norden breitet sich die starke Bewölkung bis etwa zur Mittelgebirgsschwelle
aus, hier und da fällt noch etwas Regen oder Nieselregen. Frost und Nebel sind
unter den Wolken kein Thema und auch der anfangs noch frische und böige
westliche Wind an der Küste steht im Zuge des von Westen einsetzenden
Druckanstiegs vor dem Aus.

Freitag... wandern sowohl das höhen- als auch das Bodenhoch langsam über den
Vorhersageraum ost-südostwärts hinweg. Dabei dreht sich die Divergenzachse des
Bodenhochs etwas im Uhrzeigersinn, so der schwache Wind auch im Nordwesten mehr
und mehr eine südliche bis östliche Komponente annimmt. Warntechnisch spielt der
Wind nirgendwo mehr eine Rolle, weil der Gradient immer weiter auffächert.
So ist die Geschichte des Tages rasch erzählt. Im Norden und Osten halten sich
unterhalb der sich inzwischen etwas klarer darstellenden Absinkinversion bei 800
bis 750 hPa ausgedehnte SC-Felder, die im Tagesverlauf aber Lücken bekommen
respektive von Süden her langsam aufgelöst werden. Im großen Rest des Landes
setzt sich bei deutlich tieferer Inversion nach unterschiedlich lang andauernder
Auflösung von Nebel oder Hochnebel die Sonne durch. Allerdings gibt es ein paar
Landstriche, wo das mit der Auflösung morgen sehr schwer, ja wahrscheinlich
sogar unmöglich wird. Gemeint sind die Gebiete vom Hochrhein bis ins Schwäbische
Oberland sowie vielleicht auch noch Teile der oberen Donau. Dort im Dauergrau
bleibt es natürlich auch ziemlich frisch, stellenweise werden nicht mal 5°C
erreicht. Ansonsten stehen 6 bis 12°C, im Norden trotz Wolken (aber eben auch
ohne ausgekühlter Grenzschicht) stellenweise um 13°C auf der Karte.

In der Nacht zum Samstag passiert nicht sonderlich viel an der Großwetterlage.
Zwischen dem Hoch im Osten und dem Tief im Westen dreht die schwache
Höhenströmung mehr und mehr auf südliche Richtungen, wodurch neben dem weiterhin
wirksamen Absinken auch etwas WLA ins Spiel kommt. Oder mit anderen Worten, der
Temperaturunterschied zwischen der weiter auskühlenden Grundschicht und der
darüber liegenden milderen Luftmasse wird immer größer. So liegen die
Frühtemperaturen auf 850 hPa zwischen 7 und 11°C, während "unten" in den
Gebieten mit klarem Himmel leichter, im Südosten stellenweise sogar mäßiger
Frost auf den Plan tritt. Nebel oder Hochnebel sind insbesondere im Süden und
Südwesten (und dort vor allem in Gewässernähe) sowie im Nordosten ein Thema,
aber auch dazwischen sind Nebelfelder nicht ausgeschlossen. Vereinzelt kann an
exponierten Stellen wie z.B. Brücken durchaus mal glatt werden durch Reif, das
ganz große Glättepotpourri ist sicherlich aber noch nicht zu erwarten (Stichwort
Bodenwärmestrom).
Bedingt durch Low-Level-Effekte kann der Ost-Südostwind in einigen wenigen
Kammlagen der Mittelgebirge regional auffrischen, was von MOS-Mix z.B. für den
Bayerischen Wald vorgeschlagen wird.

Samstag... verlagert sich das Höhenhoch zur Ukraine, während der Schwerpunkt des
Bodenhochs Rumänien als bevorzugtes Ziel auslotet. Wenig Dynamik zeigt weiterhin
das hochreichende Tief westlich der Biskaya, so dass auch bei uns am Samstag
eine ruhige Bundesligakugel geschoben werden kann. Jammerschade, dass keine
Zuschauer in die Stadien dürfen, zeigt sich dieser Novembertag in weiten Teilen
des Landes doch von seiner freundlichen Seite. So scheint nach teils zäher
Auflösung von Nebel oder Hochnebel verbreitet die Sonne, was nicht zuletzt auch
der Tatsache zu verdanken ist, dass die Inversion sehr weit nach unten gedrückt
wird und somit darunter keine nennenswerte Feuchteakkumulation stattfinden kann.

Nun wäre aber der November nicht November und das Hoch nicht Hoch, wenn nicht
doch einige Regionen ausscheren und sich für ungemütliches Dauergrau statt
freundlichen Sonnenschein "entscheiden" würden. Am anfälligsten sind der Hoch-
und Oberrhein (im worst case bis hoch zum Rhein-Main-Gebiet), die Gebiete vom
Bodensee bis hoch zur Schwäbischen Alb und zum Nördlinger Ries sowie Teile der
Donauniederungen und des Alpenvorlands (nicht das höhere). Im äußersten
Nordosten, vornehmlich in Ostvorpommern, können sich längere Zeit dichte
SC-Felder halten.
Während in den zähen Nebelgebieten temperaturmäßig gekleckert wird - das
Erreichen der 5°C-Marke kann dabei als großer Erfolg gefeiert werden und es
sollte den Verfasser nicht wundern, wenn lokal eng begrenzt sogar der erste
Eistag der Saison nicht fern wäre -, wird in den anderen Regionen z.T.
ordentlich geklotzt. Insbesondere in mittleren Höhenlagen sowie bei südöstlicher
Anströmung im Lee einiger Mittelgebirge (z.B. hinter der Eifel und dem
Bergischen Land) geht es hoch auf 15, 16, vielleicht sogar bis zu 17°C.
Ansonsten stehen überwiegend 7 bis 13°C auf der Karte. Ob im Laufe des
Nachmittags und Abends im äußersten Westen und Südwesten hohe Wolkenfelder als
Abgesandte des o.e. Tiefs auftauchen, steht noch nicht fest.

In der Nacht zum Sonntag steigt die Wahrscheinlichkeit dafür allerdings, wenn
nämlich ein von Spanien kommender KW-Trog die Pyrenäen in Richtung Frankreich
überquert und dabei etwas Hebung generiert. Darüber hinaus passiert aber nicht
allzu viel. Das Setup bleibt gradientschwach und antizyklonal konturiert, meint,
Nebel und Hochnebel breiten sich vor allem im Süden und in der Mitte aus.
Außerdem kühlt sich die Luft schwerpunktmäßig in der Osthälfte bis in den
Frostbereich ab.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Wetterlage sehr ähnlich und können in den nächsten
Tagen/Nächten beweisen, was sie grenzschichtmäßig so draufhaben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann