DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-10-2020 17:01
SXEU31 DWAV 171800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.10.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Sonntagfrüh an der See vorübergehend mal etwas windiger mit Böen 7-8 Bft, im
Laufe des Vormittags schon wieder abebbend. Zu Beginn der neuen Woche beginnende
Umstellung der Wetterlage in Richtung SWz (Südwest zyklonal).

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... kann man vereinfacht sagen, dass Deutschland bodennah unter
Hochdruckeinfluss liegt, während in der Höhe leicht zyklonale Verhältnisse
herrschen. Die Ursache dafür - wen wundert´s - ist der großräumigen Potenzial-
und Druckkonstellation geschuldet. So wird bei uns auf der Westflanke eines
trägen und nur ganz langsam ost-nordostwärts ziehenden Höhentiefs eine zyklonal
konturierte nördliche Strömung generiert, der zwar die ganz großen Antriebe
fehlen, die aber zumindest in der Mitte und im Süden für etwas Hebung gut ist.
Bodennah hingegen befinden wird uns im Randbereich eines vom Nordostatlantik bis
nach Mitteleuropa gerichteten Hochkeils. Das Basishoch - es handelt um den schon
seit Tagen auf der Bühne befindlichen OTMAR - hat sich inzwischen weit nach
Westen zurückgezogen. Es befindet sich heute Abend mit seinem Zentrum südöstlich
der Südspitze Grönlands (Kap Farvel), wo es stattliche 1042/1043 hPa auf die
Waage bringt.
In der Nacht zum Sonntag kommt insofern ein wenig Dynamik ins ansonsten sehr
statische Setup, indem sich von Norden her die stabile Kaltfront eines von
Nordschweden zum nördlichen Bottenbusen ziehenden Tiefs (HELGA) nähert. Bereits
aktuell ist im Norden Druckfall zu beobachten, der als guter Indikator für die
Frontannäherung herhält. Es kommt zu einer Gradientverschärfung, die wiederum
ein Auffrischen des vorübergehend auf West bis Südwest rückdrehenden Windes zur
Folge hat. Am signifikantesten tritt die Windzunahme unmittelbar an der See
zutage, wo in der zweiten Nachthälfte Böen der Stärke 7 Bft, in Nordfriesland
sowie an der vorpommerschen Küste auch 8 Bft auftreten.
Darüber hinaus nimmt im äußersten Norden ab Mitternacht die
Niederschlagswahrscheinlichkeit zu, es dürften aber nur örtlich schauerartige
Regenfälle schwacher Intensität dabei herauskommen. Im großen Rest des Landes
bleibt es in der gealterten feuchten Polarluft (T850 um 0°C) häufig stark
bewölkt bis bedeckt und besonders im äußersten Süden sowie in der östlichen
Mitte fällt gebietsweise noch etwas Regen oder Nieselregen. Dort, wo es doch mal
längere Zeit aufreißt, bildet sich Nebel.

Sonntag ... zieht das nordeuropäische Tief weiter nach Finnland, während die
zugehörige Kaltfront noch im Laufe des Vormittags auf die Norddeutsche Tiefebene
übergreift. Vor dort arbeitet sie sich auf antizyklonal konturierter Spur mühsam
bis zur nördlichen Mitte voran. Da die Kaltfront weder besonders baroklin ist -
die rückseitig einfließende frische maritime Polarluft ist niedertroposphärisch
nur geringfügig kälter als die präfrontal lagernde gealterte Polarluft -, noch
besonders viel dynamischen Support aus der Höhe erfährt (die auf West bis
Nordwest rückdrehende Höhenströmung ist weitgehend indifferent bis leicht
antizyklonal, zudem ist die Schichtung sehr stabil), bleibt ihre
Wetterwirksamkeit limitiert.
So dürfte nicht mehr als ein schmales und durchbrochenes frontales Regenband
zustande kommen, aus dem von Nord nach Süden hier und da ein paar Tropfen fallen
(kaum mal 1-2 l/qm).
Postfrontal lockert die Wolkendecke von Skandinavien und der Ostsee her auf, so
dass am Nachmittag insbesondere in Teilen SHs und MVs die Sonne scheint.
Präfrontal besteht im Süden mit geringfügig auflebendem Wind ebenfalls die
Chance auf einige Auflockerungen, ohne dass es aber für den ganz großen
Sonnenwurf reicht. Hier und dort können sogar noch ein paar Tröpsche fallen
Noch ein Wort zum Wind, dem nach dem morgendlichen Aufmucken an der Küste mit
postfrontaler Drehung auf West bis Nordwest rasch die Puste ausgeht, so dass
etwaige Warnungen noch im Laufe des Vormittags auslaufen können. Auch sonst
bleibt der Wind deutlich unter den Warnschwellen, ein paar exponierte Kammlagen
einzelner Mittelgebirge (die üblichen Verdächtigen Brocken und Fichtelberg) mal
ausgenommen (=> Einzelfallentscheidung).
Trotz Kaltfront bleibt die Temperatur vergleichsweise konservativ, im Süden geht
es aufgrund einiger Auflockerungen sowie zumindest gebietsweise besserer
Durchmischung tendenziell sogar etwas nach oben. Am Ende liegt die
deutschlandweite Spanne zwischen 8 und 14°C.

In der Nacht zum Montag nähert sich von Westeuropa her ein Höhenrücken ganz
zaghaft dem Vorhersageraum an. Vorderseitig steigt der Luftdruck über
Süddeutschland und dem Alpenraum sowie den Nachbarregionen etwas an, so dass aus
dem ehemaligen Keil eine eigenständige, zonal orientierte Hochparzelle mit etwas
über 1025 hPa wird. Diese blockt die Progression der Kaltfront nach Süden, die
sich zudem an den zentralen Mittelgebirgen mehr und mehr die Zähne ausbeißt.
Kurzum, am Ende löst sie sich auf, was sie aber nicht daran hindert, in den
mittleren Landesteilen noch etwas Wasser zu lassen.
Postfrontal lockert die Wolkendecke im Norden gebietsweise auf, vor allem an der
Küste kann es aber vereinzelte Schauer geben. Nebel ist in Norddeutschland
aufgrund leichten Windes eher die Ausnahme, der tritt stellenweise eher in der
feuchten Grundschicht Süd- und Südwestdeutschlands auf. Insbesondere am
Alpenrand sowie in höheren Lagen der Mittelgebirge ist bei Aufklaren lokal
leichter Frost zu erwarten.

Montag ... schiebt sich der breite, dafür aber nur wenig amplifizierte
Höhenrücken noch dichter an den Vorhersageraum heran. Derweil kommt es über dem
nahen Ostatlantik zu einer markanten Austrogung, indem ein aus dem Raum Island
süd-südostwärts steuernder KW-Trog ein nördlich der Azoren positioniertes
Höhentief aufschnappt. Dadurch entsteht nicht nur ein recht scharfer Höhentrog
mit stark positiv geneigter Achse, es wird zudem eine Sturmtiefzyklogenese knapp
westlich der Biscaya initiiert. Das resultierende Tief erreicht am Ende des
Tages mit etwas unter 985 hPa Kerndruck das Seegebiet knapp südwestlich von
Irland. Mit der Austrogung respektive der Geburt des Sturmtiefs erfolgt die
Weichenstellung für die weitere Entwicklung bei uns, vor allem aber auch in den
Alpen, wo mal wieder eine knackige Föhnlage auf der Karte steht.
Bevor es soweit ist, verläuft der Wochenstart erstmal noch sehr beschaulich mit
weitgehend antizyklonalem Touch, auch wenn die o.e. Hochparzelle ihren
Schwerpunkt südostwärts in Richtung Balkan verlagert. In der Nordhälfte bleibt
es im Zuge von Westen den Rücken überlaufender WLA häufig stark bewölkt,
gebietsweise fällt etwas Regen oder Nieselregen. Dagegen reißt die Wolkendecke
im Süden vielerorts auf und besonders auf den Bergen, teils aber auch im
Alpenvorland sowie in Südbaden wird es - nach Nebelauflösung - andauernd sonnig.

Die 850-hPa-Temperatur steigt insbesondere im Südwesten absinkbedingt, aber auch
durch Winddrehung auf Südwest merklich an auf etwa 4 bis 8°C am Abend (sonst
weiterhin um 0°C). Damit besteht die realistische Chance, dass im Süden und
Südwesten mal wieder die 15°C-Marke erreicht oder knapp überschritten wird, wenn
auch nur örtlich. Auch in den übrigen Gebieten setzt sich ein zaghafter
Temperaturanstieg auf verbreitet 10 bis 14°C durch.
Der auf Süd bis Ost rückdrehende Wind lebt mitunter zwar etwas auf, bis zum
Abend werden aber noch keine Warnschwellen gerissen.

In der Nacht zum Dienstag arbeitet sich der Rücken endgültig bis nach
Mitteleuropa vor, wobei er weiterhin von WLA gestützt wird. Dabei macht auch die
niedertroposphärische Erwärmung weitere Fortschritte, indem die 0°C-Isotherme in
850 hPa bis zum Morgen nach Polen rausgedrückt wird, während gleichzeitig im
Süden und Westen zweistellige Werte bis 12°C aufblinken.
Steter Druckfall auf der Ostflanke des sich intensivierenden Sturmtiefs bei
Irland bewirkt eine kontinuierliche Gradientverschärfung, die aufgrund der
Tageszeit sowie stabiler Schichtung aber noch nicht 1:1 auf die Windentwicklung
in Bodennähe weitergegeben werden kann. Mit anderen Worten, in exponierten
Hochlagen der Mittelgebirge sowie in einigen Leegebieten erreicht der
Süd-Südostwind in Böen Stärke 7-8 Bft, gegen Morgen vereinzelt (Kuppenlage) 9
Bft. Ansonsten bleibt der Wind mit Ausnahme der freien Nordsee (7 Bft) noch
unterhalb der Warnschwellen.
Ansonsten bleibt die Nacht weitgehend trocken, erst gegen Morgen kann es in
Küstennähe etwas regnen. Im Süden und Südosten bildet sich bei auflockernder
Bewölkung gebietsweise Nebel.

Dienstag ... offeriert die großräumige Potenzialverteilung im Wesentlichen zwei
Protagonisten: über dem nahen Ostatlantik der stark zurückhängende und kaum nach
Osten vorankommende Trog, über dem östlichen Mitteleuropa der ebenfalls nur
wenig progressive Rücken. Dazwischen gerät Deutschland unter eine recht glatt
verlaufende südwestliche Höhenströmung. Mit der gesamttroposphärisch Warmluft
advehiert wird. In 850 hPa steigt die Temperatur landesweit auf 7 bis 12°C,
südlich der Donau mit Hilfe des einsetzenden Südföhns auf bis zu 14°C. Kein
Wunder also, dass es auch in 2 Meter Höhe kräftig bergauf geht auf Tagesmaxima
von rund 13°C in Norddeutschland, sonst 13 bis 18°C und im äußersten Süden mit
Sonnenunterstützung punktuell gar auf nahe 20°C.
Ansonsten lässt sich konstatieren, dass das o.e. Sturmtief am Mittag mit immer
noch rund 985 hPa Kerndruck über der Keltischen See aufschlägt. Die zugehörige
Warmfront schwenkt über den Norden des Vorhersageraums nordostwärts und
initiiert dabei gebietsweise leichten Regen. Die Kaltfront folgt etwas später,
da sie durch Wellenbildung vor Portugal bzw. im Bereich der Biskaya zunächst
noch aufgehalten wird. Der von ihr ausgelöste Regen greift im Tagesverlauf auf
den Westen und Teile der Mitte über, wohingegen es im Süden und Osten noch lange
Zeit (im Süden sogar noch die ganze Nacht zum Mittwoch) trocken bleibt.
Der aus südlichen Richtungen wehende Wind legt mit Ausnahme Süddeutschlands
(Ausnahme Alpengipfel, wo der Südföhn Fahrt aufnimmt) tagsüber zu, steife bis
stürmische Böen 7-8 Bft fokussieren sich aber im Wesentlichen auf die Hoch- und
Leelagen der Mittelgebirge sowie die Deutsche Bucht incl. Küstenstreifen (dort
durch die ablandige Windkomponente allerdings gedämpft).


Modellvergleich und -einschätzung
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Die spielentscheidenden Modelle fahren eine ziemlich einheitliche Linie, alle
habe die Nase voll von Nordwind. Der Übergang hin zu einer südlichen
Grundströmung und damit einhergehender Milderung ist alternativlos.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann