DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-10-2020 07:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.10.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Vorerst keine markanten Wettergefahren. Erst in der Nacht zum Mittwoch im Osten
aufkommend stürmische, an der Ostsee und im östlichen Bergland Sturmböen, im
Laufe des Mittwochs auf die zentralen Mittelgebirge übergreifend. Dann auch an
der Nordsee stürmische Böen und an der Ostsee zeitweise schwere Sturmböen bis
Bft 10. In der Nacht zum Donnerstag an der Ostsee und auf exponierten Gipfeln
der nördlichen Mittelgebirge weiterhin Sturmböen Bft 8/9.
Im Nordosten am Mittwoch gebietsweise Dauerregen, in den Staulagen der östlichen
Mittelgebirge unwetterartige Niederschlagssummen nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland unter einem zum Tyrrhenischen Meer austropfenden
Trog. Der Resttrog überquert den Osten Deutschlands, wodurch ein zyklonales
Gepräge bestehen bleibt. Hebung, die durch nachstoßende kurzwellige Anteile
bedingt ist, lässt die Schauertätigkeit im Tagesverlauf zunehmen. Von Frankreich
her weitet sich ein schwacher Hochkeil nach Deutschland aus; Absinken in dessen
Bereich und die hieraus resultierende Inversion unterbindet hochreichende
Konvektion. An dieser Sperrschicht breitet sich die Bewölkung Sc-artig aus,
größere Auflockerungen sind im Norden am wahrscheinlichsten, wo noch etwas
Durchmischung vorhanden ist. Der Wind ist aufgrund der schwachgradientigen Lage
generell nicht warnrelevant. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 8 bis 14, im
höheren Bergland und in Alpennähe kaum mehr als 5 Grad.

In der Nacht zum Dienstag läuft an der Westflanke des wetterbestimmenden Troges
(oder was hiervon nach dem o.g. Austropfen noch übrig ist) ein Trog nach Süden
ab und überquert die Britischen Inseln. Zwischen diesem Trog und dem südlich der
Alpen liegenden, nunmehr dipolartigen Höhentief erfolgt kompensierendes
Absinken. Abgesehen von geringen Niederschlägen an den Alpen (die bis etwa 1000
m herunter als Schnee fallen) kommt die Schauertätigkeit zu Erliegen. Da
deutschlandweit die Luftdruckgegensätze gering bleiben, bildet sich
streckenweise sicher Nebel. Bei längerem Aufklaren ist zumindest in Erdbodennähe
mit leichtem Frost zu rechnen.

Dienstag... tropft der Trog über den Britischen Inseln aus, das resultierende
Cut-Off-Tief gelangt nach Nordfrankreich und ergibt mit dem über Südosteuropa
liegenden Höhentief einen Dipol, der einen Drehpunkt über dem zentralen
Alpenraum aufweist. Dieser Dipol wird von einem Bodenhoch über dem Nordmeer
flankiert, das einen nach Deutschland reichenden Keil aufweist. In dessen
Bereich stellen sich, nachdem sich Nebel und Hochnebel aufgelöst haben,
Auflockerungen ein und es bleibt weitgehend niederschlagsfrei.
Der östliche Tiefkern des Dipols bezieht feuchtwarme Luft aus dem östlichen
Mittelmeerraum in seine Zirkulation mit ein, wodurch über dem nördlichen
Karpatenraum eine Zyklogenese zustande kommt. An der Nordflanke des entstehenden
Tiefs greift Warmluftadvektion und hierdurch mehrschichtige Bewölkung auf den
Osten Deutschlands über, was Niederschläge einsetzen lässt. Zum Hoch über dem
Nordmeer hin legt im Nordosten Deutschlands der Wind zu, wodurch an der
vorpommerschen Ostseeküste erste Windböen aufkommen. Die Tageshöchsttemperaturen
ändern sich gegenüber heute nur unwesentlich.

In der Nacht zum Mittwoch setzt sich die Rotationsbewegung des o.g. Dipols fort.
Das vom östlichen Höhentief induzierte Bodentief wird nach Südwestpolen
gesteuert, wodurch die Niederschläge an dessen Nordwestflanke auf den Nordosten
Deutschlands bis zum Erzgebirgsraum übergreifen. Sehr wahrscheinlich werden die
Warnschwellen für Dauerregen überschritten, wobei die 24-std. Schwellenwerte zum
Ansatz kommen sollten. In Staulagen können unwetterartige Niederschlagssummen
nicht ganz ausgeschlossen werden. Zudem legt zu dem sich über Skandinavien
hinweg ostwärts ausweitenden Bodenhoch der Gradient weiter zu, so dass im
Nordosten Wind- und stürmische Böen, an der Ostseeküste Vorpommerns sowie im
östlichen Bergland Sturmböen bis Bft 9 aufkommen.
Im Südwesten und im Süden bleibt es hingegen noch vergleichsweise
schwachgradientig, so dass dort erneut mit der Bildung von teils dichtem Nebel
zu rechnen ist. Bei klarem Himmel kann es in diesen Gebieten Bodenfrost, in
ungünstigen Lagen auch leichten Luftfrost geben.

Mittwoch... verlagert sich der östliche Kern des Höhentiefkomplexes nur noch
wenig nach Westen, wogegen der westliche Kern das Zentralpassiv überquert. Das
mit dem östlichen Kern korrespondierende Bodentief wird nach Südwestpolen
gesteuert, so dass sich mit dem Höhentief eine nahezu senkrechte Achsenlage
ergibt. Hierdurch setzt die Auffüllung des Bodentiefs ein. Allerdings ist der
Gradient noch hinreichend kräftig, so dass im Nordosten und im küstennahen
Binnenland Windböen, an der See sowie im zentralen und östlichen Bergland
Sturmböen Bft 8/9 und auf exponierten Gipfeln sowie an der vorpommerschen
Ostseeküste auch schwere Sturmböen zustande kommen.
Mit der Verlagerung des Tiefs greifen die Niederschläge, vor allem durch
kräftige Warmluftadvektion bedingt, über den zentralen Mittelgebirgsraum hinweg
bis auf den Westen Deutschlands über. Im Nordosten kommt ein zusätzlicher
Hebungsantrieb hinzu, der aus positiver Vorticityadvektion resultiert und die
durch die Annäherung des Höhentiefs bedingt ist. Folglich sind dort die
Niederschläge am intensivsten, was die oben beschriebenen Niederschlagssummen
erklärt. Wahrscheinlich bleibt es nur im Südwesten und ganz im Süden
niederschlagsfrei. In diesen Gebieten sind Auflockerungen am ehesten
vorstellbar. Gegenüber den Vortagen ergibt sich ein leichter Temperaturrückgang,
am Nachmittag werden 7 bis 12 und im höheren Bergland kaum mehr als 4 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag entfernt sich das östlicher Höhentief in Richtung
Nordostpolen. Das korrespondierende Bodentief füllt sich daher über dem
östlichen Mittelgebirgsraum weitgehend auf. Die Warmluftadvektion schwächt sich
ab und erfolgt dann im Wesentlichen über Nordostfrankreich. Daher lassen in der
zweiten Nachthälfte von Osten her die Niederschläge alsbald nach und
konzentrieren sich dann auf den Norden und Westen Deutschlands, ohne dass in
diesen Gebieten Warnschwellen in Bezug auf Dauerregen zu erreichen.
Mit der Auffüllung des Tiefs wird auch über dem Mittelgebirgsraum der Gradient
auseinandergezogen, so dass dann allenfalls auf exponierten Gipfeln der
nördlichen Mittelgebirge (Brocken) noch warnrelevante Böen zustande kommen. Zu
dem über dem Nordmeer liegenden Bodenhoch, dass durch ein abgeschlossenes
Höhenhoch gestützt wird, bleibt jedoch ein kräftiger Gradient bestehen. Somit
flaut nur im Binnenland der Wind soweit ab, so dass sich keine Warnrelevanz mehr
ergibt. An der Küste treten jedoch nach wie vor Wind- und stürmische Böen, an
der vorpommerschen Küste Böen bis Sturmstärke auf. In exponierten Küstenlagen
können zumindest in der ersten Nachthälfte schwere Sturmböen nicht
ausgeschlossen werden.
Aufgrund der meist vorherrschenden starken Bewölkung ist dann auch im Südwesten
und im Süden die Nebelneigung wie auch die Frostgefahr gering.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Selbst das Übergreifen der Niederschläge am Mittwoch wird
hinsichtlich der räumlichen Verteilung und Intensität ähnlich simuliert. Geringe
Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Fragestellung, wie rasch sich das
über Südwestpolen liegende Tief auffüllt. Dieser Prozess wird von den externen
Modellen etwas hinausgezögert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann