DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-10-2020 08:01
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.10.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM
In den Alpen heute etwas Schnee, an der Nordsee Gewitter. Am Montag warnfrei. In
der Nacht auf Mittwoch im Osten Starkregenpotential, im Bergland und an der See
Sturmböen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... beeinflusst ein Langwellentrog große Teile von Deutschland, wobei das
Höhentiefzentrum mittlerweile nach Schweden gewandert ist. Im Vergleich zum
Vortag hat sich der Trog deutlich nach Süden amplifiziert und der Abtropfprozess
ins westliche Mittelmeer ist voll im Gange. Damit hat auch am Boden Zyklogenese
über dem Golf von Genua eingesetzt.

Mit dem im westlichen Mittelmeerraum entstehendem Tief werden feuchte Luftmassen
über die Alpen wieder etwas weiter nach Norden geführt. Damit kommen auch die
Niederschläge am bayerischen Alpenrand nicht zum Erliegen, sondern breiten sich
stattdessen wieder etwas weiter nordwärts aus. Große Mengen werden damit nicht
erreicht, aber bei bedecktem Himmel fällt in den Regionen länger anhaltender
Regen und die Höchstwerte bewegen sich häufig um oder unter 10 Grad. Die
Schneefallgrenze steigt im Tagesverlauf nur geringfügig an, sodass oberhalb etwa
1500 m sich weiterhin etwas Neuschnee akkumulieren kann.

Die Achse des Troges erstreckt sich vom Norden bis in den Westen Deutschland und
kommt nur langsam ostwärts voran. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt der
konvektiven Niederschläge weiterhin in diesen Regionen, während es in einem
breiten Streifen über der Mitte tagsüber trocken bleibt und auch die Sonne etwas
länger scheinen kann.

An der Nordsee kann es weiterhin kurze Gewitter mit Graupel geben. Zum
Nachmittag besteht auch entlang der Ostseeküste ein leichtes Gewitterpotential.

Daneben bleibt nur noch der Wind zu erwähnen. Mit stärkeren Schauern besteht im
niedersächsischen Binnenland ein geringes Risiko für einzelne Windböen.
Vornehmlich konzentrieren sich die Windböen aber bei Winddrehung von West auf
Nordwest auf die Nordseeküste. Das gilt bevorzugt für die ostfriesischen Inseln
bis hoch zu Elbmündung. Weiter in Richtung Dänemark sind die Höhenwinde mit der
Nähe des Höhentiefzentrums schwächer. Zudem fehlt mit der Winddrehung die
auflandige Windkomponente, sodass dort das Böenpotential geringer ist.
An exponierten Abschnitten der Ostfriesen besteht durch den Nordwestwind auch
die Möglichkeit einzelner stürmischer Böen.

Die Höchstwerte erreichen mit Sonnenunterstützung die 15 Grad-Marke im Südwesten
des Landes. Sonst werden 10 bis 14 Grad erreicht, im höheren Bergland und bei
Dauerniederschlag in Richtung Alpen auch darunter.

In der Nacht auf Montag setzt sich die Entwicklung vom Tage fort. Das aus dem
Abtropfprozess resultierende Bodentief hat sich verstärkt und liegt nun mit
mehreren Zentren zwischen Golf von Genua und Adria. Damit halten auch die
Niederschläge am Bayerischen Alpenrand an wobei oberhalb etwas 1200 m Schnee
fällt. In den Hochlagen kommen also abermals ein paar Zentimeter Neuschnee
hinzu.

Die Schauertätigkeit nach Westen und Norden lässt tagesgangbedingt rasch nach.
An den Küsten und in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge kann es aber
weiterhin meist schwache Schauer geben. Gewitter sollten kein Thema mehr sein,
was nicht zuletzt daran liegt, dass sich die Höhenkaltluft etwas erwärmt hat.

Gebietsweise kann die Wolkendecke stärker auflockern. Das gilt vornehmlich für
den Süden (nördlich der Aufgleitniederschläge) und Osten des Landes. Auch in
Schleswig-Holstein kann es größere Wolkenlücken geben. Überall dort ist mit
Bodenfrost zu rechnen. Ganz vereinzelt kann in anfälligen Lagen im Süden und
Osten wie in der Vornacht auch die Temperatur in 2m in den negativen Bereich
sinken.

Montag... verlagert sich der komplette Trogkomplex etwas nach Osten. Dies gilt
entsprechend auch für die Entwicklung am Boden. Dem folgend lassen auch die
Aufgleitniederschläge am bayerischen Alpenrand ganz allmählich nach. Nachmittags
kann es im Süden (bevorzugt im Bergland) noch ein paar Schauer geben. Sonst
bleibt es trocken.

Das Trogresiduum wandert langsam in Richtung Osten und schwächt sich weiter ab.
Damit gibt es zwar gebietsweise noch Schauer, insbesondere im Westen und
Nordwesten. Deren Intensität und Häufigkeit nimmt aber durch allmähliche
Stabilisierung immer mehr ab.

Ziemlich freundlich wird es in Teilen von Schleswig-Holstein und Vorpommern.
Dort kann man trogrückseitig etwas vom Skandiföhn profitieren.

Warnungen sollten tagsüber nach Auflösung von Nebelfeldern kein Thema sein.

In der Nacht auf Dienstag setzt sich die langsame Ostverlagerung fort, wobei
sich das Bodentief mit Zentrum mittlerweile über den Balkan befindet und
verstärkt. Gleichzeitig findet sich ein neues Höhentief bei den Britischen
Inseln. Deutschland befindet sich zwischen den verschiedenen Tiefzentren am
Boden und in der Höhe unter leicht antizyklonalem Einfluss.

Dementsprechend bleibt es häufig trocken und die Wolkendecke lockert
gebietsweise stärker auf. Schauer treten am ehesten noch an der Nordsee auf und
auch in Richtung bayerischen Alpenrand kann es zeitweise Schauer geben. Mit dem
Aufklaren bildet sich häufiger Nebel, als noch in den Vornächten. Das liegt
unter anderem auch an den nur geringen Druckgegensätzen und
Windgeschwindigkeiten. Dabei lassen sich kaum Regionen finden, wo Nebel
ausgeschlossen werden kann. Vornehmlich sollte er aber vom Nordosten bis zur
Mitte auftreten.

Zudem kann es auch wieder gebietsweise Bodenfrost geben, vornehmlich im Osten
und Süden. Lokaler Luftfrost kann erneut nicht ausgeschlossen werden.

Dienstag... ergibt sich in der Höhe eine Dipolstruktur. Das ehemals abgetropfte
Höhentief ist mittlerweile bis nach Österreich gewandert. Daran gekoppelt
verlagert sich das weiter intensivierende Bodentief auf Vb-ähnlicher Zugbahn
nordwärts mit einer leichte Westkomponente vom Balkan nach Polen. Das hat zur
Folge, dass sich die Bewölkung im Südosten und Osten des Landes im Tagesverlauf
verdichtet und nachfolgend erste Niederschläge übergreifen. Zudem nimmt der Wind
zum Abend im Nordosten allmählich zu. Auf Rügen sind erste Bft 7 Böen aus
Nordost möglich.

Ein zweites Höhentief wandert samt Bodentief allmählich von den Britischen
Inseln nach Frankreich. Der Westen Deutschlands liegt zwischen den beiden
Entwicklungen im gradientschwachen und leicht antizyklonal geprägten Bereich.
Entsprechend ist es weitegehend trocken und zeitweise scheint die Sonne. Dort
wird es mit bis zu 14 Grad auch am wärmsten, während in den süd- und
ostdeutschen Mittelgebirgen die Maxima nur im einstelligen Bereich liegen.

In der Nacht auf Mittwoch verlagert sich das eine Höhentief über Frankreich
weiter nach Süden, während das andere über Osteuropa nordwärts vorankommt. Dabei
kann sich das vorgelagerte Bodentief mit Zentrum über Polen deutlich verstärken
und an seine Westflanke einen scharfen Druckgradienten ausbilden, der den Osten
Deutschlands beeinflusst.

Die Folge ist ein im Osten böig auffrischender Nordwest- bis Nordwind. Im
Binnenland kann es Windböen geben, auf den Bergen Sturmböen. Vor allem an der
Ostsee weht der Wind stürmisch, in den Regionen mit einem langen Fetsch über die
Ostsee können Sturmböen auftreten. Damit bestünde im weiteren Verlauf (zum
Mittwoch) auch die Gefahr einer Sturmflut.

Gleichzeitig verstärken sich die von Polen und Tschechien übergreifenden
Niederschläge. Vom deterministischen Modell wird für Ostsachsen und den Osten
von Brandenburg auch die Möglichkeit ins Spiel gebracht, dass die
Starkregenschwelle überschritten wird. Die Temperatur in 850 hPa sinkt bis zum
Morgen auf nahe 0 Grad, sodass in den Gipfellagen des Westerzgebirges zum Morgen
nasse Flocken mit dabei sein können.

Abseits der Entwicklung in Richtung Westen und Süden ist die Wolkendecke zum
Teil aufgelockert, streckenweise kann sich Nebel bilden. Dort wird es mit 5 bis
0 Grad und Bodenfrostgefahr auch recht kalt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis kurz vor Ende der Kurzfrist zeigen die Modelle eine recht gute Einigkeit.
Die nachfolgende Vb-ähnliche Zugbahn des Tiefs wird allerdings noch recht
unterschiedliche vorhergesagt. ICON zeigt da in Bezug auf Deutschland die
aggressivste Variante, während EZ und GFS das Tiefzentrum weiter östlich
vorhersagen, mit Auswirkungen auf möglich Wind-und Starkregenwarnungen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer