DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-10-2020 07:01
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 08.10.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z, Übergang zu Tr M
Heute im Bergland und an der Küste Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln
schwere Sturmböen, Brocken darüber. Mit Kaltfrontpassage im Norden in Verbindung
mit kräftigeren Schauen oder kurzen Gewittern auch abseits der Küste Sturmböen
Bft 8/9 nicht ganz ausgeschlossen. In der Nacht zum Freitag auf exponierten
Berggipfeln und anfangs auch an der Ostsee noch Gefahr von Sturmböen.
Am Freitag allenfalls auf höheren Schwarzwaldgipfeln, in der Nacht zum Samstag
sowie am Samstag zusätzlich auf höheren Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge
einzelne Sturmböen. In der Nacht zum Samstag zunächst an der Nordsee und später
an der Ostseeküste einzelne stürmische Böen. Auf exponierten Berggipfeln der
nördlichen Mittelgebirge weiterhin Sturmböen Bft 8/9.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... gelangt Deutschland nach der Passage eines flachen Höhenrückens
wieder unter die Frontalzone. Durch diese wird ein sich noch etwas
intensivierende Tief von Mittelengland bis zum Abend ins südliche Dänemark
gesteuert. Da der Trog, durch den die Intensivierung dieses Tiefs bedingt ist,
nur eine schwache Ausprägung aufweist, sind der Entwicklung dieses Tiefs Grenzen
gesetzt, d.h. wesentlich unter 1000 hPa sollte dessen Kerndruck nicht sinken.
Dennoch dürfte eine merkliche Gradientzunahme erfolgen, so dass im Nordwesten
und Westen sowie bis in Teile der Mitte übergreifend Wind- und in Hochlagen
stürmische Böen zustande kommen. Im höheren Bergland und zunächst an der Nordsee
und im Tagesverlauf dann auch an der Ostsee muss mit Böen bis Sturmstärke, in
exponierten Gipfellagen mit schweren Sturmböen (Brocken mit orkanartigen Böen)
gerechnet werden. Die Schichtung ist im Bereich des Warmsektors dieses Tiefs
stabil, so dass der kräftige Oberwind (bis 55 kt im 925- und 850 hPa-Niveau)
nicht heruntergemischt wird und in tieferen Lagen wahrscheinlich eine Warnung
vor Windböen hinreichend ist. Mit der Warmfront dieses Tiefs kommen
Niederschläge auf, die den Norden, Westen und größtenteils auch die Mitte
Deutschlands erfassen. Wenngleich sich keine warnrelevanten Mengen abzeichnen,
so kommen doch in diesen Gebieten 5 bis über 10, in Nordseenähe um 15 mm
zusammen.
Ab dem späten Nachmittag greift die Kaltfront dieses Tiefs auf den Nordwesten
Deutschlands über. In Tiefnähe, d.h. im Nordwesten und ganz im Norden, erfolgt
eine leichte Labilisierung. Diese dürfte für ein Heruntermischen des Oberwindes
hinreichend sein, so dass bei Kaltfrontpassage Sturmböen bis ins nördliche
Binnenland hinein nicht ganz ausgeschlossen werden können. Die vorhandene
niedertroposphärische sowie hochreichende Scherung verspricht einiges an
Organisation, möglicherweise sogar staffelartige Strukturen, auch kurze Gewitter
sind im Nordwesten und ganz im Norden mit Frontpassage vorstellbar. Weiter nach
Westen hin sowie in den mittleren Gebieten bleibt die Schichtung stabil, so dass
mit Frontpassage Wind- und mit geringer Wahrscheinlichkeit stürmische Böen
einhergehen.
Auflockerungen kommen am ehesten im Osten und Süden Deutschlands zustande, in
Alpennähe ergeben sich durch leicht föhnigen Einfluss sogar sonnige Abschnitte.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 14 bis 18, im Süden bei Sonne Werte um 20
Grad.

In der Nacht zum Freitag wird das Tief von dem o.g. Trog überlaufen und daher
unter beginnender Auffüllung rasch über Südschweden hinweg in den Raum Stockholm
gesteuert. Stromaufwärts erfolgt bereits wieder eine Austrogung, was die
vorübergehend westliche zyklonale Strömung alsbald rückdrehen lässt. In dieser
Strömung beginnt die Kaltfront des sich auffüllenden Tiefs über der Mitte
Deutschlands zu schleifen, so dass es in diesen Gebieten, wenn auch nicht
intensiv, so doch mal längere Zeit regnen kann.
An der Südflanke dieses Tiefs bleibt zunächst noch ein kräftiger Gradient
bestehen, wodurch an der Ostsee und auf höheren Berggipfeln Sturmböen Bft 8/9
auftreten. Ausgangs der Nacht wird aber, bedingt durch die Verlagerung dieses
Tiefs nach Nordosten unter gleichzeitiger Auffüllung, der Gradient so weit
auseinandergezogen, so dass warnrelevante Böen an der See wie auch auf
exponierten Berggipfeln dann kaum noch auftreten sollten.


Freitag... greift erneut ein breiter Trog auf die Britischen Inseln über, was
über Mitteleuropa die Strömung vollends auf Südwest rückdrehen lässt. An der
über der Mitte Deutschlands schleifenden Kaltfront entwickelt sich daher eine
flache Welle, was die Niederschläge in einem breiten Streifen von
Rheinland-Pfalz und vom Nordschwarzwald bis zur Neiße reichend andauern lässt.
Warnrelevante Niederschlagsmengen werden dabei selbst in Staulagen nicht
erreicht.
In den anderen Gebieten bleibt es weitgehend niederschlagsfrei. Eine Ausnahme
stellt der Nordseeküstenbereich dar. Dort kommt ein Kurzwellentrog zum Zuge, der
aus dem über den Britischen Inseln liegenden Haupttrog herausläuft und nach
Nordosten schwenkt. Hierdurch kommt in Nordseenähe eine regen Schauertätigkeit
zustande, für Gewitter dürfte die Labilität nicht hinreichend sein. Bedingt
durch die Passage der Welle ist der Gradient nicht allzu ausgeprägt, so dass
warnrelevante Böen allenfalls auf exponierten Berggipfeln und bei kräftigeren
Schauern vielleicht auch an der Nordseeküste zustande kommen.
Abgesehen vom Schleifbereich der Front zeichnen sich Auflockerungen, am
Alpenrand bedingt durch leicht föhnigen Einfluss auch sonnige Phasen ab. Die
Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber Donnerstag nur unwesentlich. Im
Süden dürfte dies vorerst der letzte Tag mit Höchsttemperaturen um oder etwas
über 20 Grad sein.

In der Nacht zum Samstag greift der o.g. Trog mit seiner Achse auf Ostfrankreich
über. Die dem Trog vorgelagerte Kaltfront wird allmählich nach Südosten
gedrückt. Die Annäherung des Troges dürfte die Front aktivieren, so dass sich
die frontalen Niederschläge noch etwas intensivieren. Mit einem vorlaufenden und
nach Nordosten schwenkenden Kurzwellentrog gelangt labil geschichtete Luft in
den Nordwesten und Westen Deutschlands. In diesen Gebieten setzt eine rege
Schauertätigkeit ein, auch kurze Gewitter können in Nordseenähe nicht ganz
ausgeschlossen werden, die Labilität ist hierfür hinreichend. Zudem kommt durch
kräftige positive Vorticityadvektion Hebung zustande. In Verbindung mit
kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern können unmittelbar an der Nordsee
stürmische Böen auftreten. Ansonsten sind warnrelevante Böen sehr wahrscheinlich
nur auf exponierte Berggipfel beschränkt.

Samstag... greift der o.g. Trog auf Deutschland über. Mit diesem Trog setzt
sich, abgesehen vom Südosten und äußersten Osten, ansonsten überall labil
geschichtete maritime Polarluft durch, was eine rege Schauertätigkeit zur Folge
haben dürfte. Auch kurze (Kaltluft)gewitter sind nicht ganz auszuschließen. Die
diesem Trog vorgelagerte Kaltfront, die bis dahin längst einen Anacharakter
angenommen hat, überquert die Alpen und hat Polen erreicht. Frontale
Niederschläge fernab von jeglicher Warnrelevanz sind daher in der ersten
Tageshälfte noch im äußersten Osten zu erwarten, im Südosten dauern diese
Niederschläge staubedingt wahrscheinlich den ganzen Tag an, wobei im Allgäu und
vielleicht auch am östlichen Alpenrand eine Überschreitung warnrelevanter
Schwellenwerte in Bezug auf Dauerregen nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Im
Allgäu dürfte dann bis zum Abend die Schneefallgrenze auf etwa 1500 m absinken.
In einem breiten Streifen, der von Vorpommern und von der Oder bis in die Pfalz
und zum Oberrhein reicht, sorgt kräftige Kaltluftadvektion für Absinken, was die
Schauertätigkeit etwas dämpfen dürfte und Auflockerungen wahrscheinlicher werden
lässt. Gegenüber den Vortagen erfolgt ein spürbarer Temperaturrückgang. Nur
dort, wo Auflockerungen zustande kommen, werden Maxima um 15 Grad erreicht.
Ansonsten bewegen sich die Temperaturen zwischen 9 und 14 Grad.

In der Nacht zum Sonntag schnürt sich der Trog über Dänemark ab. Das darin
eingelagerte Höhentief zeichnet sich auch im Bodendruckfeld ab, wandelt sich
allmählich in ein Zentraltief um und verlagert sich vor die Nordfriesische
Küste. An dessen Südflanke frischt der Wind an der Nordsee und später auch an
der holsteinischen sowie mecklenburgischen Ostseeküste sowie auf exponierten
Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge mit Wind- und stürmischen Böen auf. Bedingt
durch diesen Trog, dessen Hauptachse weiterhin über dem Vorhersagegebiet liegt,
ist in Küstennähe weiterhin eine rege Schauertätigkeit bis hin zu kurzen
Gewittern zu erwarten, während sonst die Schauer nachlassen und vermehrt
Auflockerungen zustande kommen. Bis Sonntagfrüh sinkt an den Alpen die
Schneefallgrenze auf 1200 bis 1000 m, bevor auch dort die Niederschläge
nachlassen. Folglich dürfte nennenswerter Neuschnee nur auf die Hochlagen am
östlichen Alpenrand beschränkt bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Samstagfrüh zeigen die verfügbaren Modelle eine ähnliche
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede sind bis dahin nicht erkennbar.
Selbst die Schleifzone am Freitag einschließlich der zu erwartenden
Niederschlagsmengen wird nahezu identisch abgebildet.
Unterschiede ergeben sich ab Samstag. Hier hatte EZMW (07.10., 12 UTC-Lauf) über
den dänischen Inseln ein Tief simuliert, das sich in der Nacht zum Sonntag mit
einem Kerndruck unterhalb von 1000 hPa über Südschweden etabliert und im Norden
Deutschlands für einen kräftigen Gradienten sorgt. Demnach wären am Samstag im
Norden und in der "nördlichen" Mitte verbreitet stürmische Böen, in Verbindung
mit Schauern und kurzen Gewittern im Norden auch im Binnenland Böen bis
Sturmstärke zu erwarten. In der Nacht zum Sonntag dürfte nach dieser Version der
Wind im Binnenland und an der Nordsee abflauen, wogegen an der Ostseeküste
weiterhin Sturmböen Bft 8/9 zustande kommen. Andere Modelle zeigen diese
Entwicklung schwächer, belassen dieses Tief bei einem Kerndruck etwas unter 1010
hPa, was zwar ebenfalls im Norden eine Gradientzunahme zur Folge haben dürfte.
Stürmische Böen wären dann aber auf die Küste beschränkt. Die EZMW-Version wird
aber von probabilistischen Verfahren nicht gestützt. Auch der aktuelle
Modelllauf hat sich von der Version des gestrigen 12 UTC-Laufes verabschiedet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann