DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-10-2020 07:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.10.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z
Heute auf exponierten Berggipfeln sowie in Verbindung mit kräftigeren Schauern
oder kurzen Gewittern einzelne Sturmböen Bft 8/9. Am Donnerstag im Nordwesten,
Westen und in Teilen der Mitte in Hochlagen stürmische Böen, im Bergland und an
der Nordsee sowie ab dem Abend an der Ostsee Sturmböen Bft 9, auf Nordseeinseln
und höheren Berggipfeln zeitweise schwere Sturmböen, Brocken darüber. Mit
Kaltfrontpassage bis ins nordwestliche und nördliche Binnenland hinein Gefahr
von Sturmböen. Wind in der Nacht zum Freitag von Westen her rasch abflauend.
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag wahrscheinlich nur auf exponierten
Berggipfeln einzelne Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland unter einem breiten Trog, der für eine rege
Schauertätigkeit sorgt; auch kurze Gewitter sind nicht ganz auszuschließen. Die
Labilität hierfür ist hinreichend, durch kurzwellige Anteile, die diesen Trog
regenerieren, kommt zudem etwas Hebung zustande. Das korrespondierende
Bodentief, das über der Norwegischen See liegt, hält einen kräftigen Gradienten
aufrecht. In freien Lagen West- und Südwestdeutschlands sowie durch
Leitplankeneffekte am Alpenrand können Windböen auftreten. Da dies jedoch nicht
verbreitet der Fall sein dürfte, drängt sich eine großflächige Windwarnung
vorerst nicht auf. In Verbindung mit kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern
können ebenfalls Wind- und mit geringer Wahrscheinlichkeit auch stürmische Böen
zustande kommen. Bedingt durch die Durchmischung im Trogbereich sind
zwischendurch auch größere Auflockerungen vorstellbar.
Im Tagesverlauf verlagert sich die Hauptachse des Troges nach Ostdeutschland.
Von Westen und Südwesten setzt, bedingt durch Warmluftadvektion, Stabilisierung
ein, was die Schauertätigkeit dort zuerst dämpft, wo der Gradient am
ausgeprägtesten ist. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen in der eingeflossenen
maritimen Polarluft 12 bis 17, im höheren Bergland Werte um 10 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag tropft der Trog nach Südosteuropa aus und der
Resttrog schwenkt nach Osteuropa. Von Westen her setzt sich ein flacher Rücken
durch. An der Vorderseite eines auf die Britischen Inseln übergreifenden Troges
erfolgt eine markante Zyklogenese. An der Ostflanke des sich entwickelnden Tiefs
greift kräftige Warmluftadvektion auf Deutschland über, wodurch alsbald wieder
mehrschichtige Bewölkung aufzieht und ausgangs der Nacht im Westen Regen
einsetzt. Bis dahin wird im Bereich des Höhenrückens der Gradient so weit
aufgeweicht, so dass es nur noch auf exponierten Berggipfeln und an einigen
Küstenabschnitten für warnrelevante Böen reicht.

Donnerstag... wird das sich noch etwas intensivierende Tief von Mittelengland
bis zum Abend ins Grenzgebiet zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein
gesteuert. Da der Trog, durch den die Intensivierung dieses Tiefs bedingt ist,
nur eine schwache Ausprägung aufweist, sind der Entwicklung dieses Tiefs Grenzen
gesetzt, d.h. wesentlich unter 1000 hPa sollte dessen Kerndruck nicht sinken.
Dennoch dürfte eine merkliche Gradientzunahme erfolgen, so dass im Nordwesten
und Westen sowie bis in Teile der Mitte übergreifend Wind- und in Hochlagen
stürmische Böen zustande kommen. Im höheren Bergland und zunächst an der Nordsee
und im Tagesverlauf dann auch an der Ostsee muss mit Böen bis Sturmstärke,
exponiert mit schweren Sturmböen (Brocken mit orkanartigen Böen) gerechnet
werden. Die Schichtung ist im Bereich des Warmsektors dieses Tiefs stabil, so
dass der kräftige Oberwind (bis 55 kt im 925- und 850 hPa-Niveau) nicht
heruntergemischt wird und in tieferen Lagen wahrscheinlich eine Warnung vor
Windböen hinreichend wäre. Mit der Warmfront dieses Tiefs kommen Niederschläge
auf, die den Norden, Westen und größtenteils auch die Mitte Deutschlands
erfassen. Wenngleich sich keine warnrelevanten Mengen abzeichnen, so kommen doch
in diesen Gebieten 5 bis über 10, in Nordseenähe um 15 mm zusammen.
Ab dem späten Nachmittag, eher zum Abend hin, greift die Kaltfront dieses Tiefs
auf den Nordwesten Deutschlands über. In Tiefnähe, d.h. im Nordwesten und ganz
im Norden, erfolgt eine leichte Labilisierung. Diese dürfte für ein
Heruntermischen des Oberwindes hinreichend sein, so dass bei Kaltfrontpassage
Sturmböen bis weit ins Binnenland hinein vorstellbar sind. Die vorhandene
niedertroposphärische sowie hochreichende Scherung verspricht auch einiges an
Organisation, möglicherweise sogar staffelartige Strukturen, auch kurze Gewitter
sind im Nordwesten und ganz im Norden mit Frontpassage nicht ganz
auszuschließen. Weiter nach Westen hin sowie in den mittleren Gebieten bleibt
die Schichtung stabil, so dass mit Frontpassage Wind- oder allenfalls stürmische
Böen einhergehen.
Auflockerungen kommen am ehesten im Osten und Süden Deutschlands zustande, in
Alpennähe ergeben sich durch leicht föhnigen Einfluss sogar sonnige Abschnitte.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 14 bis 18, im Süden bei Sonne Werte um 20
Grad.

In der Nacht zum Freitag wird das Tief von dem o.g. Trog überlaufen und daher
unter beginnender Auffüllung rasch in den Raum Stockholm gesteuert.
Stromaufwärts erfolgt bereits wieder eine Austrogung, was die vorübergehend
westliche zyklonale Strömung alsbald rückdrehen lässt. In dieser Strömung
beginnt die Kaltfront des sich auffüllenden Tiefs über der Mitte Deutschlands zu
schleifen, so dass es in diesen Gebieten wenn auch nicht intensiv, so doch mal
längere Zeit regnen kann.
An der Südflanke dieses Tiefs bleibt zunächst noch ein kräftiger Gradient
bestehen, wodurch an der Ostsee und auf höheren Berggipfeln Sturmböen Bft 8/9
auftreten. Ausgangs der Nacht wird aber, bedingt durch die Verlagerung dieses
Tiefs nach Nordosten unter gleichzeitiger Auffüllung, der Gradient so weit
auseinandergezogen, so dass warnrelevante Böen an der See wie auch auf
exponierten Berggipfeln dann kaum noch auftreten sollten.

Freitag... greift erneut ein breiter Trog auf die Britischen Inseln über, was
über Mitteleuropa die Strömung vollends auf Südwest rückdrehen lässt. An der
über der Mitte Deutschlands schleifenden Kaltfront entwickelt sich daher eine
flache Welle, was die Niederschläge in einem breiten Streifen von
Rheinland-Pfalz und vom Nordschwarzwald bis zur Neiße reichend andauern lässt.
Warnrelevante Niederschlagsmengen werden dabei selbst in Staulagen nicht
erreicht.
In den anderen Gebieten bleibt es weitgehend niederschlagsfrei. Eine Ausnahme
stellt der Nordseeküstenbereich dar. Dort kommt ein Kurzwellentrog zum Zuge, der
aus dem über den Britischen Inseln liegenden Haupttrog herausläuft und nach
Nordosten schwenkt. Hierdurch kommt in Nordseenähe eine regen Schauertätigkeit
zustande, für Gewitter dürfte die Labilität nicht hinreichend sein. Bedingt
durch die Passage der Welle ist der Gradient nicht allzu ausgeprägt, so dass
warnrelevante Böen allenfalls auf exponierten Berggipfeln und bei kräftigeren
Schauern vielleicht auch an der Nordseeküste zustande kommen.
Abgesehen vom Schleifbereich der Front zeichnen sich Auflockerungen, am
Alpenrand bedingt durch leicht föhnigen Einfluss auch sonnige Phasen ab. Die
Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber Donnerstag nur unwesentlich.

In der Nacht zum Samstag greift der o.g. Trog mit seiner Achse auf den Westen
Deutschlands über. Die Achse des Troges zeichnet sich auch im Bodendruckfeld ab,
was im Westen zu einer Gradientzunahme bis hin zu Windböen in freien Lagen und
stürmischen Böen im Bergland führt. Die dem Trog vorgelagerte Kaltfront wird
nach Südosten gedrückt. Die Annäherung des Troges dürfte die Front aktivieren,
so dass in den Staulagen des Schwarzwaldes die Überschreitung von Warnschwellen
in Bezug auf Dauerregen vorstellbar ist.
Mit diesem Trog gelangt labil geschichtete Luft in den Nordwesten und Westen
Deutschlands. In diesen Gebieten setzt eine rege Schauertätigkeit ein, auch
kurze Gewitter sind vorstellbar, die Labilität ist hierfür hinreichend. Zudem
kommt durch kräftige positive Vorticityadvektion Hebung zustande. In Verbindung
mit kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern können in diesen Gebieten
stürmische Böen auftreten. Ansonsten sind warnrelevante Böen sehr wahrscheinlich
nur auf exponierte Berggipfel beschränkt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder ergeben sich nur geringe Unterschiede. So
wird von EZMW das Tief über die Nordsee hinweg auf einer um etwa 200 km nach
Norden versetzten Zugbahn nach Osten gesteuert. Da aber EZMW eine etwas
intensivere Entwicklung zeigt, sind die Auswirkungen, was die Böenentwicklung
betrifft, mit den Ergebnissen des ICON vergleichbar.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann