DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-08-2016 21:00
SXEU31 DWAV 071800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 07.08.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Montag im Norden windig, an der Küste teils stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... ist ein flacher Höhenrücken dabei, Deutschland ostwärts zu
überqueren, was im Norden schneller vonstattengeht als im Süden. Somit gelangt
der Vorhersageraum in der Nacht zum Montag zunehmend auf die Vorderseite eines
sich intensivierenden, von UK/Irland gen Nordsee vorstoßenden Troges. Dabei
nimmt vor allem im N und W die südwestliche Höhenströmung wieder zyklonalere
Konturen an. Außerdem dringt die wellende Kaltfront des vom Seegebiet knapp
nördlich Schottlands zur südlichen Norwegischen See ziehenden Sturmtiefs in den
NW ein, was dort aber nur zu geringen Niederschlägen führt. Im S und O sowie im
größten Teil der Mitte bleibt es unter leichtem Hochdruckeinfluss trocken.
Nach einer vorübergehenden Abschwächung frischt der südwestliche Wind an und auf
der Nordsee wieder auf mit Böen 7 Bft, exponiert vereinzelt 8 Bft.

Montag ... wird der o.e. Höhentrog durch einen in seine Rückseite vorstoßenden
Sekundärtrog regeneriert. Zum Tagesende reicht seine stark nach SW
zurückreichende Achse etwa von Südskandinavien über die Nordsee und den
Ärmelkanal hinweg bis zum Nordrand der Biscaya (ICON, 500 hPa). Deutschland
verbleibt zunächst auf seiner Vorderseite unter einer glatten bis leicht
zyklonal gekrümmten südwestlichen Höhenströmung.
Das Bodentief zieht von der südlichen Norwegischen See nordostwärts, wobei es
wahrscheinlich im Laufe der Abendstunden das norwegische Festland erreichen
wird. Die erste, oben bereits angesprochene Kaltfront macht langsam Boden nach
SO hin gut und erreicht am Abend etwa eine Linie Nordbaden-Erzgebirge. Ihr folgt
eine zweite Front nach, die am Abend etwa von der Eifel bis zum Oderbruch reicht
und die rückseitig einen Schwall maritimer Polarluft vom Nordmeer zunächst mal
vor allem in den NW heranführt. Dort geht die 850-hPa-Temperatur bis 24 UTC auf
etwas unter 5°C zurück, was an den Stränden zwischen Sylt und Borkum
wahrscheinlich keine Jubelstürme auslösen wird.
Wie auch immer, nolens, volens bekommen wir es zu Wochenbeginn gleich mit zwei
Kaltfronten zu tun, deren Wetterwirksamkeit sich allerdings mangels dynamischer
Unterstützung in Grenzen hält. Auch die Labilität der beteiligten Luftmassen
sowohl prä- als auch postfrontal ist nicht allzu stark ausgeprägt, so dass die
Gewittergefahr allgemein als gering bezeichnet werden kann. Ob es am Ende an der
ersten Kaltfront tatsächlich zu einzelnen Gewittern im Osten reicht, wie von GFS
simuliert, ist mehr als fraglich.
So kann man davon ausgehen, dass es in Verbindung mit den beiden Fronten zu dem
einen oder anderen Schauer oder etwas Regen kommt, wobei die externen Modelle
diesbezüglich nach wie vor etwas progressiver agieren als die deutsche
Modellkette (vor allem GFS lässt die Schauer bis zum Abend sehr weit nach Süden
ausgreifen). Fakt ist, dass es im S und SO sowie in der östlichen Mitte bei
zunächst noch andauerndem leichten Hochdruckeinfluss nicht nur weitgehend
trocken bleibt, sondern auch für längere Zeit die Sonne scheint. Dabei steigt
die Temperatur auf 25 bis 29°C, während im N und W 19°C (Nordseeküste bei
auflandigem Wind) bis 25°C (Uckermark) erreicht werden.
Warntechnisch steht weiterhin der südwestliche Wind im Blickpunkt des
Geschehens, der vor allem in der Nordhälfte tagsüber mehr und mehr auffrischt.
Dabei treten an der Küste und im nördlichen SH Sturmböen 8 Bft, an der Nordsee
vereinzelt 9 Bft, im küstennahen Binnenland und etwas südlich davon (bis etwa zu
einer Linie Emsland-Bremen-HH-Vorpommern) 7 Bft auf. Weiter südlich sind
7er-Böen ebenfalls möglich, vor allem im Bergland sowie in freien Lagen und bei
Schauern. Auf dem Brocken sind Böen bis zu 10 Bft, auf dem Fichtelberg bis 9 Bft
zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag kommen die beiden Fronten weiter nach S bzw. SO voran,
wobei ihr Abstand immer geringer wird. Gut möglich, dass sie in den frühen
Morgenstunden zusammenwachsen, vor allem dann, wenn die Augen des nächtlichen
Bearbeiter der Analysen an chronischer Übermüdung leiden. Egal, ob ein oder zwei
Fronten, mit Annäherung eines aus dem Haupttrog herauslaufenden KW-Troges kommt
es im Süden zu einer Intensivierung der Hebungsprozesse, was eine verstärkte
Schauer- und Gewitteraktivität (mit Starkregen und Sturmböen) zur Folge hat.
Auch postfrontal treten im Norden - insbesondere im Küstenumfeld - noch einzelne
Schauer, auf offener See vielleicht auch ein kurzes Gewitter auf.
Der SW-Wind nimmt besonders im Binnenland spürbar ab, dafür bleibt es an der
Küste ziemlich windig mit Böen 7, exponiert 8 Bft.

Dienstag ... nähert sich der weiterhin nach SW zurückhängende und mittlerweile
gut ausgeprägte Höhentrog immer weiter dem Vorhersageraum an. Am Ende des Tages
reicht seine Achse (ICON, 500 hPa) etwa von Portugal über Zentralfrankreich und
die Nordsee bis hoch zum Europäischen Nordmeer. Das korrespondierende, aus
mehreren Kernen bestehende Bodentief positioniert sich über Skandinavien und den
angrenzenden Gewässern. Die zugehörige Kaltfront (mittlerweile ist der
Verschmelzungsprozess vollzogen worden) verlagert sich langsam zu den Alpen,
wobei sie zunehmend Anacharakter annimmt. Dabei kommt es im äußersten S und SO
präfrontal zu einigen kräftigen Gewittern (wahrscheinlich maximal markant),
bevor sich später an den Alpen, zum Teil aber auch bis ins Vorland ausgreifend,
eine Dauerregenlage einstellt. Akkumuliert bis Donnerstagfrüh können dort in 24
Stunden durchaus 15 bis 30 mm, in Staulagen um 40 mm zusammenkommen. Hinweise
auf ein mögliches Überschreiten der Unwetterschwelle sind eher gering. Ohnehin
muss man noch etwas abwarten, wie man das Ganze warntechnisch managt, weil man
noch nicht genau weiß, wie der Übergang von eher konvektiv geprägten hin zu
skaligen Niederschlägen abläuft (12h-Dauerregen oder länger).
Postfrontal flutet die polare Meeresluft nun immer größere Flächen, wobei die
850-hPa-Temperatur im N und W teils auf Werte um 1°C zurückgeht - immerhin noch
im Plus. In 500 hPa erreichen die tiefsten Werte knapp unter -25°C, was eine mit
Unterstützung des Tagesgangs ausreichende Labilisierung mit Schauern und kurzen
Gewittern zur Folge hat.
Temperaturmäßig kommen wir nur noch auf rund 17°C unmittelbar an der See und
maximal 22 oder 23°C im SO. Die gestern für SO-Bayern noch apostrophierten
örtlichen 25°C scheinen aufgrund der etwas schnelleren Frontverlagerung vom
Tisch.
An der See weht weiterhin ein frischer westlicher Wind mit Böen 7 Bft, exponiert
8 Bft.

Mittwoch ... erfasst der Potenzialtrog, angefüllt mit höhenkalter Luft, quasi
ganz Deutschland. Einzig der äußerste S und SO verbleiben noch längere Zeit im
unmittelbaren Vorfeld der Trogspitze, wodurch auch die an den Alpen liegende
Luftmassengrenze nur zögerlich südostwärts abgedrängt wird. Entsprechend fällt
am Alpenrand sowie im Vorland noch längere Zeit Regen (nach Osten hin mehr als
im Westen), was freilich in einer möglichen Dauerregenwarnung berücksichtigt
werden muss. Allerdings zeigen die Modelle diesbezüglich noch uneinheitliche
Tendenzen, sprich, ECMF und GFS haben weniger Regen auf dem Zettel als die
deutsche Modellkette.
Ansonsten breiten sich Schauer und kurze Gewitter von W und NW her landeinwärts
aus bzw. entwickeln sich neu, wobei der SW und Teile des Ostens am wenigsten
abbekommen dürften.
Temperaturmäßig können wir uns schon mal ein wenig auf den Frühherbst
einstellen, mehr als 12 oder 13°C am regnerischen Alpenrand und rund 20°C mit
etwas Sonnenunterstützung im SW sind nicht zu erwarten. Daneben weht an der See
nach wie vor ein frischer, in Böen starker bis steifer (6-7 Bft), in kräftigen
Schauer auch mal stürmischer (8 Bft) West- bis Nordwestwind, was an der Nordsee
ordentlich Welle bedeutet - immerhin das, wenn´s schon nicht richtig warm wird.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte Entwicklung als solche ist unstrittig. Von substanzieller
Bedeutung ist derzeit noch die Frage, wie das Warnmanagement im Hinblick auf die
ab Dienstag Richtung Alpen erwarteten Regenfälle ausfällt. Morgen sollte man
diesbezüglich schon etwas schlauer sein.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann