DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-09-2020 07:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Brücke Mitteleuropa (HM), Übergang zu Hoch Mitteleuropa (HM)

Im Norden heute und morgen noch windig. Ansonsten ruhiges und sehr warmes
Hochdruckwetter mit nur leichter Nebelneigung in den Nächten.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Am heutigen Samstag... verläuft die Frontalzone mit recht kräftiger
Höhenströmung nördlich unseres Landes von Nova Scotia über den Atlantik zur
Nordsee und biegt dann auffächernd nach Nordosten Richtung Russland ab. Die
Achse eines eingelagerten Troges hat die Nordsee erreicht und schwenkt bis zum
Abend nach Südschweden. Bodennah liegen wir im Bereich einer Hochdruckbrücke
zwischen einer zonal ausgerichteten Hochdruckzone über dem Atlantik und einem
Hoch über Südrussland, wobei die Schwachstelle dieser Brücke heute zunächst im
Bereich unseres Landes liegt, zum Abend gelangen wir aber in den Einflussbereich
des westlichen Hochs. Über Nordwesteuropa herrscht rege Tiefdrucktätigkeit, die
uns aber allenfalls tangiert, nämlich in Form einer Kaltfront, die heute den
Nordwesten Deutschlands erreicht und noch etwas ins nordwestliche Binnenland
eindringt. Sie bringt über der Nordsee noch Regen, der sich aber im Verlauf
abschwächt, so dass es heute im Nordwesten Deutschlands nur vereinzelt etwas
regnet. Immerhin ziehen in der Nordwesthälfte heute mal dichtere Wolken auf.
Ansonsten sorgt der Trog auch bodennah für eine Gradientverschärfung, so dass
der südwestliche, postfrontal westliche Wind im Norden auffrischt. An der
Nordsee, im Schleswig-Holsteinischen Binnenland und vereinzelt auch noch an der
Ostsee reicht es zu steifen Böen. Wo an der Nordsee die Streichlänge des Windes
etwas größer ist, von Büsum bis List, kann es vereinzelt auch mal eine
stürmische Bö sein. Am Abend steigt der Druck von Südwesten her wieder und der
stärkste Gradient verschiebt sich außerhalb unseres Landes, so dass dann keine
Windwarnungen mehr nötig sind. Der Rest des Landes verbleibt unter
Hochdruckeinfluss. Bei schwachem Wind bilden sich harmlose Quellwolken, die hin
und wieder mal die Sonne verdecken können, zu der der Blick aber ohnehin wieder
teils durch Aerosol etwas getrübt sein dürfte. Wie sich letzteres auch auf die
Temperatur auswirkt, bleibt abzuwarten, laut MOS werden abseits des Nordwestens
Deutschlands 25 bis 30 Grad angepeilt, im Nordwesten nur 18 bis 24 Grad. Ganz im
Südosten ist die Luftmasse etwas feuchter, was mit Unterstützung durch die
Orographie in den Alpen vielleicht auch mal für größere Quellwolken reicht. Die
Bildung einzelner Schauer und Gewitter sollte sich aber auf den inneralpinen
Raum beschränken, so dass Deutschland wohl nicht davon betroffen sein wird,
wenngleich das nicht ganz auszuschließen ist.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Trog weiter Richtung Baltikum. Über der
Nordsee und dem äußersten Norden Deutschlands stellt sich wieder eine recht
glatte Westströmung ein, während der Rest des Landes unter hohem Geopotential
liegt. Mit der westlichen Strömung zieht ein Wellentief über Schottland hinweg
zur Nordsee. Es sorgt für kräftige Warmluftadvektion über dem Norden
Deutschlands. Dies lässt das Geopotential zusätzlich etwas steigen, zudem ziehen
viele hohe Wolkenfelder über den Himmel im Norden und teils auch im Osten. Der
Druckgradient nimmt ebenso zu, weil nicht nur die Welle für Druckfall in der
Nordsee sorgt, sondern sich gleichzeitig auch das Hoch über dem Festland stärkt
und einen Schwerpunkt über den Alpen bildet. Das sorgt vor allem an der Nordsee
für auffrischenden Wind und gegen Morgen für erste starke bis stürmische Böen in
Nordfriesland. Von der Mitte an südwärts ist der Wind dagegen sehr schwach. Nach
Auflösung der Quellwolken ist dort Himmel dort meist wolkenfrei. Nicht ganz
sicher ist die Entwicklung des eingeströmten Aerosols, das ja über dem Süden bei
recht schwachen Windverhältnissen nur wenig weiter transportiert werden dürfte.
Möglicherweise wirkt das auch leicht dämpfend auf die Ausstrahlung, was dann die
Nebelneigung etwas verringert. Zumindest nach ICON soll recht viel Nebel
entstehen, nach fast allen anderen Modellen sowieso deutlich weniger. Die
Tiefstwerte sollen meist um 10 Grad liegen.


Am Sonntag... macht sich ein Trog über dem Atlantik westlich unseres Kontinents
immer stärker indirekt bemerkbar. Er schneidet unsere Hochdruckzelle gänzlich
vom atlantischen Hoch ab. Stattdessen wird von Südwesten zunächst in der Höhe
immer wärmere Luft advehiert, was das Geopotential über Deutschland weiter
steigen lässt, so dass sich ein Höhenhoch mit über 5920 gpm über Deutschland
aufbaut. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach Osten, so dass
auch in tieferen Schichten immer wärmere Luft zu uns gelangt. Das oben erwähnte
Wellentief zieht über Südskandinavien hinweg, seine Kaltfront erreicht uns aber
nicht mehr, da sie auf der Vorderseite eines neuen Tiefs, das Richtung
Schottland zieht, sofort wieder rückläufig wird. Damit kann sich landesweit sehr
warme Luft mit Werten von 14 bis 18 Grad in 850 hPa durchsetzen. Da zudem im
Norden die Wolken abnehmen sollen, kann sich vielfach die Sonne durchsetzen. Als
leichter Unsicherheitsfaktor kommt weiterhin das Aerosol ins Spiel, so dass
möglichweise die vom MOS angenommenen (und bei der warmen Luftmasse nicht
unerwarteten) 25 bis 30 Grad bis in die Norddeutsche Tiefebene hinein nicht ganz
erreicht werden. Ganz im Norden sollen es eh nur 20 bis 25 Grad werden. Dort
weht auch bei recht starkem Gradient noch kräftiger Wind mit steifen Böen an den
Küsten und im Land zwischen den Meeren. Stellenweise können es in exponierten
Lagen auch stürmische Böen sein. In der Mitte und im Süden weht der Wind unter
dem Hoch schwach, ganz im Süden aus nordöstlicher Richtung.
In der Nacht zum Montag weitet sich das Bodenhoch noch weiter nach Norden aus
und verstärkt sich noch etwas. Da sich sein Schwerpunkt immer deutlicher östlich
unseres Landes herausbildet, drehen die Winde zunehmend auf Süd bis Südwest,
wobei im Norden der Wind deutlich abnimmt. Im Süden ist er ohnehin schwach, was
dort die Nebelbildung begünstigt. Andererseits simuliert wieder nur ICON viel
Nebel und auch die letzte Nacht zeigte ja schon, dass die Luftmasse gar nicht so
sehr zu Nebel neigt, so dass wahrscheinlich nur kleine und flache Nebelfelder
entstehen. Abgesehen davon ist der Himmel meist wolkenfrei. Die Tiefstwerte
werden erneut bei Werte um 10 (7 bis 13) Grad gesehen.

Am Montag... wird der Trog über dem Atlantik durch einen neuen Trog "gefüttert",
was die Südströmung westlich unseres Landes noch verstärkt, so dass sich der
Höhenrücken bei uns immer weiter aufwölbt und das Potential noch etwas steigt.
Der Schwerpunkt des Höhenhochs verschiebt sich langsam zum östlichen
Mitteleuropa, auch das Bodenhoch folgt dieser Bewegung. Damit dreht der recht
schwache Bodenwind allgemein auf Südost. Landesweit steigt in 850 hPa die
Temperatur auf 18 Grad. Was im Hochsommer Höchstwerte bei Sonnenschein bis 35
Grad zur Folge hätte, klappt am Montag nicht mehr so ganz. Zum einen fehlt der
Sonne jahreszeitgemäß schon etwas Kraft, die Absinkinversion komplett
wegzuheizen, zum anderen gibt es auch nach wie vor den Unsicherheitsfaktor
Aerosol. Nach MOS sollen es aber immerhin meist 27 bis 32 Grad werden, nur
unmittelbar am Meer bleibt es deutlich kühler. Nachdem die ohnehin nicht sehr
verbreiteten Nebelfelder aufgelöst sind, scheint die Sonne von einem fast
wolkenfreien Himmel.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich nichts Wesentliches. Interessant ist die
markante Entwicklung eines Tiefs im Bereich des atlantischen Troges, was aber
auf Deutschland nicht viel Einfluss hat. Die Nacht verläuft weitgehend
wolkenlos, wenn man von den obligatorischen Nebelfeldern absieht. Zudem bleibt
es nach dem sehr warmen Tag auch in der Nacht mit Tiefstwerten zwischen 15 und 8
Grad für Mitte September sehr mild.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen keine signifikanten Unterschiede. Auf die
Unsicherheiten bei der Nebelprognose wurde schon eingegangen, wobei die
Überzeugung des Autors dieses Textes ist, dass es bei recht kleinräumigen und
flachen Nebelfeldern bleibt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann