DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-09-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.09.2020 um 10.30 UTC



Sonniges und teils heißes Spätsommerwetter, später von Nordosten kühler
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 18.09.2020


Wir starten in der neuen Woche, dem Beginn der Mittelfrist, direkt mit dem
Höhepunkt des aktuellen Spätsommers. Ein fettes Höhenhoch mit 594 gpdm liegt
über dem östlichen Mitteleuropa. Am Boden wird dadurch ein Hoch mit nahezu 1030
hPa über Böhmen gestützt. Die trockene Subtropikluft mit 850 hPa Temperaturen
zwischen 16 und 19 Grad liefern Mitte September bei maximaler Einstrahlung
immerhin noch Höchstwerte zwischen 27 und 32 Grad. Bei schwachem Südostwind
werden es selbst unmittelbar an den Küsten kaum kühler sein. Da stören auch
lokale CI/CS-Bänder kaum. Beeindruckend ist die Mos-Mix Sonnenscheindauer, die
nahezu landesweit bei 100% liegt, was man in einer Mittelfristprognose kaum zu
Gesicht bekommt (mit zunehmender Vorhersagedauer zunehmende Wichtung der
Klimareferenzwerte).

Nach einer teils klaren Nacht, an dem die Nebelneigung vorrangig auf die Gebiete
entlang und südlich der Donau beschränkt bleibt, steht am Dienstag ein weiterer
"Hochglanztag" ins Haus. Das Hoch schwächt sich nur unwesentlich ab und
verlagert sich geringfügig ostwärts. Ein Randtrog über den Pyrenäen, der
Druckfall über Frankreich erzeugt, spielt für unser Wettergeschehen noch keine
Rolle. Die Höchstwerte liegen ähnlich hoch wie am Vortag. Absolute Rekordwerte
liegen vielfach noch 3-4K höher für Mitte September, als die erwarteten 32 oder
lokal auch mal 33 Grad.

Sorgt KLA über Südskandinavien für langsamen Potentialfall, so dass daraus im
Endeffekt eine sehr fache Geopotential-/Druckverteilung resultiert. Ohne
dynamischen Antrieb überwiegt weiterhin der Sonnenschein und die Warmluftblase
in 850 hPa wird nur sehr zögernd abgebaut. Die Schichtung der Luftmasse wird im
Süden Deutschlands etwas labiler, für eine lokale Auslöse bedarf es aber
orografischer Unterstützung, so dass über dem Schwarzwald, am Alpenrand und dem
Bayerwald vereinzelte Schauer nicht ausgeschlossen sind. Ansonsten bleibt es
aber weiterhin "knochentrocken".

Nach Wochenmitte kommt ein bisschen Bewegung in die Atmosphäre. Unter Verkürzung
der Wellenlänge findet ein Downstream Development statt, das für den Aufbau
eines Blockings von der Nordsee bis zur Norwegischen See sorgt und auf dessen
Vorderseite ein südwärtiger Trogvorstoß vom Baltikum bis nach Ostpolen
begünstigt wird. Bodennah fließt am Randes eines sich kräftigenden Hochs über
Südnorwegen subpolare Kaltluft mit Temperaturen nahe 0 Grad in 850 hPa in den
Nordosten ein. Da diese doch recht antizyklonal einfließt, erscheinen die
simulierten Niederschläge (bis 5 l/qm binnen 6 h) beim EZ übertrieben und man
muss befürchten, dass erneut keine signifikanten Mengen zustande kommen.
Inwieweit die deutlich kühlere Luft landeinwärts vordringt, bleibt noch
abzuwarten. Schließlich hält die Tiefdruckrinne über Südfrankreich mit eher
südöstlichen Winden über dem Südwesten Deutschlands dagegen. Möglicherweise
mündet das in die Formation einer markanten Luftmassengrenze.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 0z Lauf des EZ ist in weiten Teilen konsistent zu seinen
Vorgängern. Erst ganz am Ende der Mittelfrist kündigt sich ab dem kommenden
Donnerstag eine schnellere Abkühlung im Norden und Osten an, allerdings
weiterhin ohne signifikante Niederschläge. In Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern erreichen die Höchstwerte demnach dann keine 20 Grad
mehr. Da sich dieses Szenario gestern bereits vorsichtig ankündigte, muss man
diesen Trend ernst nehmen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Mittwoch sind die Unterschiede in den gängigen Globalmodellen
marginal und nicht von Relevanz. Heißt im Umkehrschluss, dass die
spätsommerliche Witterung mit Höhepunkt am Montag und Dienstag bis dahin nahezu
gesichert ist.

Danach wird's spannend: Initialzündung für den Trogvorstoß nach Südskandinavien
ist die Bildung einer markanten Frontalwelle im Raum Stockholm. Während EZ die
Schnittflächen zwischen Isobaren und Isothermen auf dessen Rückflanke nahezu
senkrecht und damit die KLA sehr effektiv südwärts simuliert, ist diese bei
ICON, GFS und GEM flacher und teils sogar parallel gerechnet. Insofern wird bei
letztgenannten der Potentialabbau über Mitteleuropa verlangsamt und der
Kaltluftvorstoß findet später und weiter östlich statt. Gerade für die Gebiete
östlich der Elbe bedeutet das: Ab Donnerstag ist bei den 2m-Temperaturen
zwischen 15 und 25 Grad alles möglich. Auf nennenswerte Niederschläge sollte man
bei keinem Szenario wirklich hoffen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis einschließlich Mittwoch ist die Kurvenschar von Temperatur und Geopotential
sowohl bei ICON, GFS und EZ wenig überraschend gut gebündelt.
Ab Donnerstag öffnet sich der Spread schlagartig und die Streuung ist riesig. In
Hamburg ist beispielsweise in Sachen 850 hPa Temperaturen von 17 bis 0 Grad
alles vertreten und es kristallisieren sich kaum Mehrheiten im in den
Perzentilen heraus. Zumindest Haupt- und Kontrolllauf laufen einigermaßen
synchron, liegen aber gerade im Norden und Osten am unteren Ende der
EPS-Verteilung. Die eingangs bereits vermutetet Übertreibung der Niederschläge
wird am Beispiel für Berlin im EPS gedeckt, wo der Kontrolllauf gar mit 4 l/qm
binnen 6 h "rausschießt" und der Median deutlich unter 1 l/qm verbleibt.

Am Beispiel der Freiburger Rauchfahnen wird deutlich, dass im Südwesten
Deutschlands nur eine leichte "Abkühlung" von 18 auf dann immer noch rund 15
Grad in 850 hPa am wahrscheinlichsten ist.

In den 4 Clustern des EZ im Zeitraum (+120-168h, Mi-Fr) dominiert die Farbe rot
für ein ausgeprägtes Blocking. Die Cluster 1 und 2, in denen auch Haupt- und
Kontrolllauf angesiedelt sind, übernehmen dabei eine eher westliche Position des
Rückens (Achse entlang des Greenwich Meridians am Freitag), wohingegen Cluster 3
und 4 eher die östliche Variante (Achse circa entlang von 10E) präferieren.
Prozentual ist die westliche Variante mit 34 (2 Drittel) gegenüber 17 Mitglieder
(1 Drittel) der östlichen Variante relativ klar im Vorteil. Es sind jedoch
Nuancen in der Konfiguration, die im Detail größere (Temperatur-)Auswirkungen
haben können. Daraus jetzt dem deterministischen EZ-Lauf am meisten Glauben zu
schenken, erscheint dem Autor definitiv zu vage.

Die Cluster in der erweiterten Mittelfrist sehen in der Mehrheit weiterhin sehr
hochdrucklastig aus, tendenziell mit einem kühleren Nordosten und wärmeren
Südwesten.

FAZIT:
Bis einschließlich Mittwoch bei verbreiteten Höchstwerten um 30 Grad nochmals
sehr warmes bis heißes und sonniges Spätsommerwetter.
Ab Donnerstag von Nordosten kühler, Details hierzu aber noch sehr unsicher (wie
kühl?, wie weit nach Südwesten?, mit zumindest leichten Niederschlägen?).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


TROCKENHEIT:
Bis Ende nächster Woche und damit bis in die erweiterte Mittelfrist hinein sind
keine signifikanten Niederschläge zu erwarten, weshalb die vielerorts
gravierende Trockenheit anhält.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen