DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-09-2020 07:30
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Auf dem Brocken anfangs Sturmböen. Ansonsten bis Samstagabend allmähliche
Kaltfrontpassage meist ohne signifikante Wettererscheinungen bzw. nur einem
geringen Gewitterrisiko, vorher im Süden nochmals sommerlich.
Am Sonntag im Alpenraum mit geringer Wahrscheinlichkeit Dauerregen 12- bis
24stg. oder Starkregen 6stg.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... Nach Abzug eines Höhenkeiles nach Osteuropa liegen wir in einer recht
glatten westsüdwestlichen Höhenströmung. Eine über dem Norden und Westen
angelangt Kaltfront erfährt dadurch kaum Hebungsantrieb, ist dadurch nur wenig
wetteraktiv und kommt nur langsam weiter nach Südosten voran. Durch einen vom
Atlantik zu den Britischen Inseln schwenkenden Höhentrog dreht die Strömung
leicht zurück auf Südwest und bei uns bildet sich ein flacher Bodentrog auf der
Südseite des steuernden Tiefs südöstlich von Island. Dadurch gerät die Kaltfront
im nördlichen Mittelgebirgsraum in Schleifen und vor allem dort hält sich doch
überwiegend stärkere Bewölkung und besonders am Vormittag regnet es etwas. Im
Norden lockern sich die Wolken postfrontal auf und es gibt kaum Schauer.
Anders südlich von Hunsrück, Taunus und Main: Hier zeigen sich nach Süden hin
immer weniger Wolken und es gibt nochmals einen Sommertag bei 25 bis 29 Grad mit
den höchsten Werten in Südbaden.
Der Wind ist heute im Norden recht lebhaft und an der Nordsee sowie gibt es
steife Böen.

In der Nacht zum Samstag zieht der Langwellentrog von Großbritannien zum
westlichen und nördlichen Deutschland und nach Süden hin verliert er nahezu
seine zyklonale Struktur. Die oben angedeutete Wellenentwicklung zeigt sich um
00 UTC durch einen Wellenscheitel über dem östlichen Sachsen-Anhalt. Rückseitig
setzt sich die Front mit auf West bis Nordwest drehendem Wind südostwärts in
Bewegung. Um 06 UTC liegt die Welle über dem Westen Polens und die Kaltfront
erreicht den Taunus. Der meiste Regen soll auf der kalten Seite der Front
fallen, da hier die Hebung durch PVA die der Kaltluftadvektion übersteigt.
Dadurch entwickelt die Front Anafrontcharakter, d. h. die Stabilität ist recht
groß und Gewitter sind hier eher unwahrscheinlich. Die Regenmengen erreichen
12stg. in der Nordhälfte meist Werte zwischen 3 und 10 mm und nur ganz
vereinzelt etwas mehr. Die Starkregengefahr (6stg.) ist entgegen den Modellruns
von gestern und vorgestern gering (CD2-EPS).
Labiler ist es dagegen knapp südlich der Front, wo sich nach Südosten hin etwas
CapeMU aufbauen kann. Hier ist es oberhalb von 750 hPa leicht labil und hier ist
somit in der 2. Nachthälfte ein isoliertes Gewitter nicht ganz ausgeschlossen
(etwa ausgelöst durch die Orographie oder Ausstrahlung an der Wolkenobergrenze).
Die meisten Modelle deuten Schauer knapp südlich der Front auch an.
Der Wind wird an der See nur vorübergehend schwächer und frischt in der 2.
Nachthälfte an der See wieder auf und bringt erneut 7er Böen.

Samstag... zieht der Kurzwellige Anteil rasch nach Polen und nachmittags
erreicht ein weiterer Troganteil von Westen kommend die westliche Nordsee und
Frankreich. Dieser Prozess führt dazu, dass die Kaltfront aus dem Höhenantrieb
zunächst herausläuft. Damit verliert sie im Laufe des Vormittages rasch an
Wetterwirksamkeit und kommt zum zweiten nur noch langsam nach Südosten voran.
Postfrontal setzt eine kräftige Stabilisierung ein (geringe Lapse Rates), wobei
ziemlich trockene Luftmassen nachströmen (siehe spezifische Feuchte).
Dementsprechend gibt es kaum Schaueraktivität trotz des vorhandenen Troges. Am
höchsten ist das Potential für Schauer an den Küsten von Nord- und Ostsee. Sonst
bleibt es im Wesentlichen trocken.

Im Süden, südlich der Donau, sind im Vorfeld der Kaltfront noch labile und etwas
feuchtere Luftmassen aktiv. Dort kann sich im Tagesverlauf entsprechend ein
wenig CAPE bilden und einzelne Gewitter sind damit nicht ausgeschlossen. Dazu
herrschen ganz gute Scherbedingungen mit 0-6 km Scherung bis nahe 20 m/s.
Allerdings sind die Modelle noch recht zurückhaltend, was wahrscheinlich an der
mangelnden Hebung durch das Höhenfeld liegt. Im Alpenraum ist das
Gewitterpotential aber am ehesten erhöht.
Beim Wind bleibt alles beim Alten. An den Küsten gibt es Windböen, einzelne
stürmische Böen auf exponierten Nordseeinseln nicht ausgeschlossen. Ansonsten
sind nur auf einzelnen Bergen in der Mitte und im Süden noch stürmische Böen zu
erwarten.
Etwa südlich einer Linie Karlsruhe-Nürnberg gibt es mit längerer
Sonnenunterstützung nochmal 25 bis 28 Grad, während im Rückseitenbereich der
Kaltfront nur noch 20 bis 24 Grad, im Norden nur 17 bis 20 Grad erwartet werden.


In der Nacht zu Sonntag kommt die neue, anfangs westlich von uns gelegen
Trogachse nach Deutschland voran. Diese sorgt dafür, dass die im Süden liegende
Kaltfront wieder aktiviert wird. Damit nehmen die Signale für schauerartig
verstärkte Regenfälle südlich der Donau deutlich zu. Eingelagert kann es zudem
auch kurze Gewitter geben (CapeMU rund 300 J/Kg). Ob im Zuge der konvektiven
Aktivität auch Warnschwellen für ein- oder mehrstündigen Regen überschritten
werden ist noch unsicher. Davon abgesehen sollte es aber trotz guter Scherung
durch den abgehobenen Charakter kaum organisierte Entwicklungen geben.
Im Rest Deutschlands sorgt die neue Trogachse für aufkommende dichtere
Wolkenfelder vor allem im Nordwesten und Norden. Große Schaueraktivität ist
damit aber nicht verbunden. Die Schauer konzentrieren sich vor allem auf die
küstennahen Bereiche von Nord- und Ostsee.

Während im Süden die Tiefstwerte noch im zweistelligen Bereich liegen, gehen die
Werte sonst abgesehen von der Küste meist in den einstelligen Bereich zurück.

Der Wind bleibt direkt an der See lebhaft mit einzelnen steifen Windböen.

Sonntag... wird der Trog bei uns durch einen weiteren Troganteil, der von
Westen heranschwenkt, regeneriert, wobei nach Süden hin der Trog nach Westen
´zurückhängt´. Die Kaltfront des im Raum Nordkap liegenden und sich allmählich
auffüllenden Tiefdruckgebietes erreicht die Alpen und kommt dann nur noch wenig
weiter nach Süden voran. Sie erweist sich weiterhin als wetteraktiv, so dass es
an den Alpen und im angrenzenden (südlichen) Alpenvorland weitere Regenfälle
gibt. ICON berechnet in diesem Zusammenhang in den östlichen Alpen sowie im
südlichen Vorland 12stg. Regenmengen über 25 mm. Die Wahrscheinlichkeit für
Dauerregen ist aber gering (s. u.)
Ansonsten werden weite Teile des Landes im Trogbereich von maritimer Polarluft
geflutet, die vor allem im Norden und in der Mitte bis nahe 500 hPa leicht labil
geschichtet ist. Dort entwickeln sich im Tagesverlauf einzelne Schauer und auch
kurze Gewitter (mit Graupel und Böen Bft 7, maximal 8). Wie weit diese nach
Süden vorankommen, ist noch unklar. Von Frankreich her kann sich der nach
Südwestdeutschland und Nordbayern gerichtete Bodenhochkeil noch etwas verstärken
und wirkt dämpfend, so dass es wohl zwischen der Main-Linie und Donau sowie im
Raum Sachsen und im Süden von Thüringen und Brandenburg vielerorts trocken
bleibt.
Der Wind frischt vor allem im Norden und Osten mit dem Tagesgang wieder auf, für
warnrelevante Böen reicht es außerhalb von Schauern aber wohl nur an den Küsten,
wenn überhaupt.
Insgesamt kühlt es auch im Süden deutlich ab. Die Temperatur in 850 hPa liegt
zwischen 3 Grad im Norden und 7 Grad an den Alpen. Entsprechend liegen die
Höchstwerte zwischen 16 und 21 Grad mit den höchsten Werten am Oberrhein. Bei
Dauerregen an den Alpen werden kaum 15 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen.

Was den 6stg. Starkregen in der kommenden Nacht im Nordwesten angeht so zeigt
CD2-EPS von heute 21 bis morgen 09 UTC rund 5 Prozent Wahrscheinlichkeit für
Regenmengen über 20 mm anfangs in NRW und Niedersachsen und morgens dann auch
vereinzelt im Osten.

Die Dauerregenmengen von ICON am Sonntag und in der Nacht zum Montag werden von
der Probabilistik kaum gestützt (meist um oder unter 5 Prozent, vor allem in den
Berchtesgadener Alpen.)

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden