DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-09-2020 07:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Übergang TrM zu Wz
Heute im Nordosten Starkregengefahr. Am Donnerstag an der Nordsee stürmische
Böen. Sonst im Kurzfristbereich keine markanten Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich ein abgeschlossenes Höhentief mit Zentrum im
Grenzgebiet zwischen Deutschland und Polen und beeinflusst dabei vor allem die
Osthälfte und den Süden des Landes mit hochreichend feuchten Luftmassen.
Gleichzeitig liegt über Westeuropa ein kurzwelliger Höhenkeil, der auch Einfluss
auf die Westhälfte von Deutschland nimmt und am Boden eine flache
Hochdruckbrücke ausgehend vom nahen Ostatlantik bis nach Mitteleuropa stützt.

In den westlichen Landesteilen gibt es neben einigen (tagesgangbedingt und
konvektiv geprägten) Wolkenfeldern, vor allem im Laufe des Nachmittags immer
häufiger die Sonne. Gerade in den Nachmittagsstunden stabilisiert die Luftmasse
von Benelux durch den sich nähernden Hochkeil, was gut an den Lapse Rates zu
erkennen ist. Dies spiegelt sich zudem in der kräftigen Absinkinversion in den
CD2 Prognosesoundings bei etwa 750 bis 800 hPa wider.

Etwas interessanter schaut es in der Osthälfte aus. Dort dominiert dichte
Bewölkung, insbesondere im Nordosten, wo feuchte Luftmassen von der Ostsee
landeinwärts geführt werden, bleibt es zum Teil den ganzen Tag dicht.

Im Nordosten sind bereits in den Morgenstunden einige Schauer unterwegs, die von
der Ostsee kommend landeinwärts geführt werden. Auch wenn diese recht
unscheinbar wirken, so bringen sie durch den hohen Feuchtgehalt (ppw-Werte
zwischen 25 und 30 mm) lokal auch Mengen im markanten Bereich (siehe Groß-Kiesow
um 06 Uhr MESZ mit 18.9 mm). Die RH-Bilder sind dabei nicht sehr repräsentativ,
da sich der Niederschlag größtenteils aus dem unteren (warmen) Wolkenbereich
heraus akkumuliert. Dies kann vom Radar nur bedingt erfasst werden, sobald man
sich etwas weiter entfernt vom Radar befindet.

Gestützt wird die Konvektion nicht nur durch den hohen Feuchtebereich, sondern
auch durch konvergente Strukturen am Boden und entlang der Küsten. So kommt der
Wind direkt an den See recht stramm (mit einzelnen Bft 7 Böen an exponierten
Abschnitten) aus Nordost. Weiter im Landesinneren dreht er hingegen auf Nordwest
und schwächt sich ab. Die Winddrehung resultiert dabei zum einen aus der Lage
des Bodentiefzentrums über Polen, aber auch durch die stärkere Reibung über den
Landflächen. Neben der Richtungskonvergenz ergibt sich durch die Abbremsung auch
die Geschwindigkeitskonvergenz.
Als Resultat können sich Straßen entwickeln, wo wiederholt Schauer über die
gleiche Region hinweg ziehen. Damit ergibt sich als Warnkriterium der
(ungewittrige) Starkregen. Dabei können in einer Stunde durchaus um 20 l/qm
zusammenkommen, über mehrere Stunden hinweg sind bis 30 l/qm möglich.

Die Lokalmodelle sind diesbezüglich recht zurückhaltend, die Meldungen in den
Morgenstunden zeigen aber, dass die anberaumten Mengen durchaus realistisch
erscheinen.

Zum Thema Gewitter: Zumeist sollten keine Gewitter auftreten, da die
Oberseitentemperatur häufig oberhalb von -10 Grad liegt. Direkt an der See mit
dem unterstützenden warmen Ostseewasser kann aber der ein oder andere Blitz
nicht ausgeschlossen werden.

Bleibt noch der Süden zu erwähnen, wo sich ebenfalls labil geschichtete
Luftmassen befinden. Der Feuchtegehalt ist dort allerdings deutlich geringer.
Etwas CAPE wird simuliert und so ist zumindest an den Alpen das eine oder
anderen Gewitter bei Oberseitentemperaturen bis -15 Grad im Bereich des
Möglichen. Meist bleibt es aber auch dort bei Schauern. Bei moderaten
Zuggeschwindigkeiten (um 10 kn) und ppws zwischen 15 und 20 mm erscheint das
Starkregenkriterium eher unwahrscheinlich.

In der Nacht auf Donnerstag greift der Rücken auf den Westen des Landes über,
wird aber nachfolgend in der zweiten Nachthälfte bereits von WLA überlaufen,
sodass nach zunächst klarer Nacht im weiteren Nachtverlauf allmählich
mehrschichtige Bewölkung auf den Westen übergreift. Es bleibt aber noch trocken.


Im äußersten Osten und Nordosten dreht die Höhenströmung in Folge der
stromaufwärtigen Entwicklung stärker auf Nord und gleichzeitig schiebt sich
nochmal ein Feuchtmaximum an der Ostflanke des zu polnischen Ostsee ziehenden
Bodentiefs nach Vorpommern. Damit kann sich die Schaueraktivität an der Grenze
zu Polen vor allem in der ersten Nachthälfte nochmal intensivieren. Da
gleichzeitig auch etwas mehr Labilität mit ins Spiel kommt, scheint auch ein
kurzes Gewitter möglich.
Bei Schauern und Gewittern besteht weiterhin das Potential für Starkregen, dass
erst in der zweiten Nachthälfte langsam nachlässt. Unsicher im Vergleich der
Modelle ist noch, ob der Schwerpunkt eher über Polen zu finden ist, oder auch
bis nach Deutschland reicht.

Im übrigen Land bilden sich bei meist nur wenigen Wolken gebietsweise dichte
Nebelfelder.


Donnerstag... liegt der Rücken über Deutschland, flacht aber immer weiter ab,
sodass er zunehmend an Wetterwirksamkeit verliert. Das liegt nicht zuletzt an
der stromaufwärtigen Entwicklung, wo die Höhenströmung leicht zyklonal gekrümmt
zunehmend zonalisiert.

Als Folge breitet sich durch Warmluftadvektion mehrschichtige Bewölkung im
Tagesverlauf bis in die östlichen Landesteile aus. Im Westen und Nordwesten
beginnt es im Laufe des Vormittags länger anhaltend zu regnen. Der Niederschlag
breitet sich bis zum Abend in die mittleren Landesteile aus. Ganz im Osten und
Nordosten wird es nach grauem Start im Tagesverlauf freundlicher. Dort greifen
die Wolken erst zum Abend über.

Ganz anders gestaltet sich das Wetter im Süden. Dort kann der Höhenrücken mit
Absinken noch seine volle Wirksamkeit entfalten. Dementsprechend ist es dort
freundlich, südlich der Donau auch länger sonnig und trocken.

Zudem ist es im Süden schwachwindig, während im Norden der Wind im Tagesverlauf
beginnt aufzufrischen. An der Nordsee kann es dann Windböen, auf den Inseln
sowie entlang der nordfriesischen Küste am Nachmittag auch stürmische Böen aus
SW bis WSW geben.

In der Nacht auf Freitag zieht der Höhenrücken ostwärts ab und es greift die
zonalisierte Höhenströmung auf Deutschland über. Dies zeigt allerdings einen
leicht antizyklonalen Verlauf und stützt damit den hohen Luftdruck am Boden, der
vor allem in Richtung Alpen sichtbar ist.

Dadurch bleibt es im Süden weiter bei nur wenigen oder dünnen hohen
Wolkenfeldern. Die Tiefstwerte sinken entsprechend häufig in den einstelligen
Bereich.

Von der Mitte bis in den Norden bleibt es unter dichten Wolken deutlich milder.
In NRW liegen die Minima zum Teil bei gerade einmal 18 Grad. Dabei fällt immer
wieder, teils auch länger anhaltender Regen. Der Schwerpunkt verlagert sich
dabei gekoppelt an die Kaltfront allmählich in die mittleren Landesteile.
Gleichzeitig fließen in den Norden etwas kühlere Luftmassen ein.

Der Wind bleibt an der See weiter lebhaft mit Windböen und dreht auf West.


Freitag... liegt die zonalisierte Höhenströmung weiter über Deutschland.
Stromaufwärts deutet sich eine stärkere Austrogung an. Die einstige Kaltfront
bleibt als Luftmassengrenze über der Mitte des Landes liegen. Stromaufwärts
bildet sich in Folge der Austrogung bei den Britischen Inseln ein Randtief, dass
am Abend den Ärmelkanal erreicht.

Die Luftmassengrenze führt zu einer klaren Zweiteilung des Wetters in
Deutschland. Über dem Süden gibt es viel Sonne, insbesondere an den Alpen auch
ohne Einschränkung. Dazu steigen die Maxima auf sommerliche 25 bis 29 Grad.
Ganz anders im Norden. Dort ist es wechselnd bewölkt, mit vereinzelten Schauer
an der See. Die Höchstwerte bewegen sich gerade einmal bei 18 bis 22 Grad. Dabei
gibt es entlang der Nordsee einen lebhaften auflandigen Westwind mit Windböen.

Zwischen beiden befindet sich die Luftmassengrenze über der Mitte des Landes mit
starker Bewölkung und zeitweiligen Regenfällen. Allerding sind die
Niederschlagsmengen überschaubar, da der Hebungsantrieb fehlt, der sich erst
weiter stromaufwärts findet.

In der Nacht auf Samstag bewegt sich der Trog ostwärts. Auf der Vorderflanke des
Haupttroges erreicht ein Kurzwellentrog bis zum Morgen den Westen des Landes.
Daran gekoppelt ist auch das Wellentief, welches über den Norden Deutschlands
ostwärts zieht. Seine Kaltfront greift von Nordwesten im Laufe der Nacht etwa
bis zur Mitte aus.

Im Vorfeld der Kaltfront wird ein Schub feuchtlabiler Luft nach Deutschland
geführt. Damit sind vor allem in Richtung Holland und Belgien auch einzelne
Gewitter möglich. Die Konvektion ist allgemein abgehoben, sodass die guten
Scherwerte nur bedingt zum Tragen kommen. Dennoch kann die ein oder andere
organisiertere Struktur nicht ausgeschlossen werden. Bei den hohen Feuchtewerten
besteht die Möglichkeit für Starkregen

Davon abgesetzt bleibt es im Süden bei nur geringer Bewölkung trocken. An der
See kann es Windböen, auf den Bergen vereinzelt auch Sturmböen geben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Grundlegend herrscht in der Modellwelt Einigkeit bezüglich der kurzfristigen
Wetterentwicklung. Etwas unsicher ist, wo der Niederschlagsschwerpunkt in der
kommenden Nacht liegt (Polen, oder auch mit Starkregenpotential bis nach
Deutschland ausgreifend.

Unklar ist auch noch wieviel hochreichende Konvektion mit der Kaltfront in der
Nacht auf Samstag im Westen zu erwarten ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer