DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-09-2020 07:30
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM
In der Mitte und im Süden Gewitter mit Starkregengefahr. Am Mittwoch im
Nordosten schauerartiger Regen mit eingelagerten Gewittern, dabei ebenfalls
Starkregengefahr.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... spielt ein Höhentief den Hauptakteur in Sachen Wetter in
Deutschland. Sein Drehzentrum liegt mittags über dem Osten von Tschechien, sein
Einflussbereich im gradientschwachen Umfeld reicht bis zur Ostsee, nach Benelux,
zur Schweiz, Oberitalien und bis nach Ungarn sowie nach Slowenien. Das Zentrum
bewegt sich im Tagesverlauf langsam nach Südpolen, ohne dass sich dabei der
Einflussbereich groß ändert. Auf der Nordflanke wird Hebung generiert, die vor
allem kräftiger WLA, aber auch ein wenig PVA geschuldet ist. Diese
Hebungsgebiete erreichen Deutschland erst zum Abend hin, wenn von Nordosten
erste Schauer auf die vorpommerische Küste übergreifen.
Zuvor wird durch Hoch HARALD, das sich vom Ärmelkanal über die Nordsee bis nach
Skandinavien erstreckt, an dessen Südostflanke trockene Luft in den Nordosten
und Norden von Deutschland eingeschleust. Diese sorgt für weitgehend stabile
Verhältnisse und vielfach für einen sonnigen Tag, bevor zum Nachmittag hin mit
Annäherung des Höhentiefs die Bewölkung langsam wieder zunimmt.
In der Mitte und insbesondere im Süden lagert jedoch noch feuchte Luft, die
mithilfe des Tagesganges wieder zur Konvektion angeregt wird bzw. aus der Nacht
heraus noch aktiv ist. Dabei treten in der Mitte (im Westen stabiler in der Nähe
zum Hoch) einzelne Schauer und Gewitter auf, wobei sich als nördlichste Grenze
etwa eine Linie von der Pfalz bis nach Thüringen bis zum West-Erzgebirge
ausmachen lässt. Im Süden (Baden-Württemberg, Bayern) ist die Schauer- und
Gewitterbereitschaft erhöht, dort herrscht die stärkste, wenn auch nicht
überbordende Labilität (Lapse Rates immerhin bei -0,6 bis -0,65 K/100 m).
ML-CAPE gibt mit Werten bis 350 J/kg nicht allzu viel her, die Oberwinde sind
dank der mauen Verteilung im Bereich des Höhentiefs vernachlässigbar.
So rücken Starkregenfälle in den Fokus. Die PPW's liegen bei 20 bis 25 mm, die
Zuggeschwindigkeit der Zellen ist als langsam zu bezeichnen. Gewitter dürften
daher vor allem durch Starkregen zum Teil markant werden. COSMO-D2 gibt lokal
geringe Wahrscheinlichkeiten bis 20 % für Mengen über 15 l/qm in einer Stunde
aus, für über 20 l/qm in 6 Stunden werden sogar bis zu 35 % serviert.
Prädestiniert scheint eine Region von der Pfalz bis nach Franken zu sein, dort
könnte die Sonneneinstrahlung im Gegensatz zum bereits stärker bewölkten Süden
für stärkere Konvektion sorgen.
Der Nordostwind weht schwach bis mäßig, im Nordosten frischt er nachmittags
zeitweise etwas auf.
Die Höchsttemperaturen liegen in der eingeflossenen kühlen Luft zwischen 15 und
21 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch erreicht der Höhentiefkern Vorpommern, womit auch die
Hebung in dieses Gebiet vordringt. Dadurch kommen von Osten bzw. Nordosten
schauerartige Niederschläge auf, die morgens bis nach Mecklenburg, ins
südöstliche Niedersachsen, bis nach Sachsen-Anhalt und bis in den Norden von
Brandenburg ausgreifen. Vereinzelt werden von COSMO-D2 Gewitter simuliert, die
Übermodellierung dieses Modells bei Konvektion vor allem in den Herbstmonaten
(heute ist ja meteorologischer Herbstanfang) ist jedoch bekannt. Die Regenmengen
liegen meist unter den Warnschwellen, ein schwaches Signal für ein- oder
sechsstündigen Starkregen ist aber in den Ensembles von COSMO-D2 nicht ganz von
der Hand zu weisen.
In der Mitte und im Süden kommt die Konvektion dagegen größtenteils zum
Erliegen. Ein schwacher um das Höhentief herumlaufender Randtrog sorgt
allerdings im Westen (hauptsächlich Rheinland-Pfalz und Saarland) noch für
einzelne Schauer, Gewitter werden aufgrund des fehlenden Tagesganges nicht mehr
simuliert. Darüber hinaus ist auch an den Alpen bzw. im Alpenvorland, dort aber
vornehmlich durch Stau oder konvergente Winde (unten Südwest, oben Nordost) mit
einzelnen Schauern zu rechnen. In diesen beiden Niederschlagsgebieten im Westen
und Süden sind die Hinweise für Starkregen noch geringer als im Nordosten.
Zwischen den drei Niederschlagsbereichen bleibt es überwiegend trocken und
zeitweise lockern die Wolken auf. Da die Temperaturen auf 11 bis 5 Grad sinken
(nur an den Küsten und im Nordosten unter den Wolken bleibt es etwas milder) und
es nur schwachwindig ist, rückt passend zum Herbstbeginn Nebel in den Fokus.
Insbesondere dort, wo es bis in den Abend hinein geregnet hat, bilden sich teils
dichte Nebelfelder. Im Nordwesten hingegen steht in der tagsüber eingesickerten
trockenerer Luft Nebel höchstens lokal auf der Agenda.

Mittwoch... dreht das Höhentief weiter fröhlich seine Kreise, ohne unser Gebiet
vorerst zu verlassen. Das Zentrum macht bei seiner Kreisbewegung zunächst eine
kleine Pirouette gen nördliches Brandenburg, um bis zum Abend dann in den
Nordwesten von Polen zu schwenken. Am Boden führt das Höhentief sein Pendant
namens NATASCHA ebenfalls in den Nordwesten von Polen, wobei die Ausläufer
Deutschland nur touchieren. WLA und PVA auf der Nordwestflanke des Höhentiefs
bleibt jedoch weiter über dem Nordosten von Deutschland aktiv, sodass von
Mecklenburg-Vorpommern über Sachsen-Anhalt und dem östlichen Niedersachsen bis
ins nördliche Thüringen und über Brandenburg bis ins nördliche Sachsen mit
weitere schauerartige Regenfälle ausgelöst werden. Lokal können diese von Blitz
und Donner (Warmlufteinschub-Gewitter) und von Starkregen begleitet werden. In
Vorpommern werden von den deutschen Modellen auch mehr als 25 l/qm in 3 oder 6
Stunden angeboten.
In den anderen Regionen macht sich dagegen allmählich ein von Westen
herannahender Rücken bemerkbar. Dessen Achse liegt abends mit positiver
Achsneigung über der Biskaya und reicht bis zu den Britischen Inseln. Das
Höhentief muss damit allmählich nach Osten weichen. Damit kommt es zum Absinken
sowie zu Druckanstieg am Boden, was die Konvektion vielfach schon unterdrückt.
Ganz vereinzelt werden im Süden, und dort vornehmlich an den Alpen, noch Schauer
oder Gewitter ausgelöst. Das Starkregenpotenzial ist dabei aufgrund abnehmender
PPW's von 15 bis 20 l/qm nur noch gering bzw. tritt höchstens vereinzelt noch
und wenn, dann lokal eng begrenzt auf.
Zeitweiliger Sonnenschein lässt die Temperatur trotz fehlendem Austausch der
alternden Luftmasse im Westen und Südwesten auf 19 bis 22 Grad steigen. Im Osten
und Südosten, also im Regen und unter teils stärkerer Bewölkung, werden 17 bis
21 Grad erreicht.
Der Wind weht meist nur schwach aus Nordwest. Im Nordosten allerdings weht er
teils mäßig und frischt zuweilen böig auf, an den vorpommerschen Küsten gibt es
dann einzelne starke Böen Bft 7 (die aber auch nur mit Gewittern verbunden sein
könnten).

In der Nacht zum Donnerstag zieht sich das Höhentief weiter aus Deutschland
zurück, der Kern findet sich morgens über der mittleren Ostsee wieder. So kann
der Rücken von Westen her weiter voranrücken und sich bis in die westliche
Nordsee verlagern. Damit steht einer locker bewölkten Nacht vielerorts nichts
entgegen und erneut sinken die Temperaturen auf erfrischende 11 bis 5, in
einigen Mittelgebirgen sogar bis auf 2 Grad. Nicht ausgeschlossen, dass es dann
lokal sogar mal für Bodenfrost reicht. Für Nebel aber reicht es bei solchen
Temperaturen wohl häufiger.
Etwas milder bleibt die Nacht im Nordosten, wo das Höhentief weiter aktiv ist
und weiterhin schauerartige Regenfälle bringt. Vor allem anfangs können diese
auch noch von Blitz und Donner sowie Starkregen begleitet sein. Bis zum Morgen
ziehen sich die Niederschläge etwa bis nach Vorpommern, Brandenburg und nach
Ost-Sachsen zurück.
Der West- bis Nordwestwind weht meist nur schwach, im Nordosten teils mäßig und
an der vorpommerschen Küste in Böen noch frisch.

Donnerstag... schwenkt der Rücken unter Abflachung über Deutschland hinweg und
verdrängt das Höhentief nach Osten. Letzte Niederschläge im Osten lassen daher
bald nach. Dann stellt sich Hochdruckeinfluss ein, der vielerorts längeren
Sonnenschein bringt, wobei Schauer kaum noch vorkommen sollten.
Im Westen und Nordwesten allerdings ziehen bald wieder Wolken auf. Sie sind WLA
geschuldet, die den Rücken überläuft und auf der Vorderseite eines Tiefs mit
Zentrum im Seegebiet südlich von Island nach Westen geführt wird. Dieses
steuernde Tief wiederum erhält Support von einem über ihm liegenden Höhentief.
Die zunehmende mehrschichtige Bewölkung kündigt Regen an, der etwa ab mittags
die Deutsche Bucht, das Emsland und den Niederrhein erfasst und sich bis abends
bis nach Schleswig-Holstein, Südostniedersachsen und bis ins nördliche
Rheinland-Pfalz und ins nördliche Hessen vorarbeitet. Die Niederschlagsmengen
bleiben unter den Warnschwellen, einzig EZMW deutet an der nordfriesischen
Küsten schwaches Starkregenpotenzial an.
Im Zuge dessen frischt der Südwestwind ein wenig auf, aber nur an der Nordsee
werden starke Böen Bft 7 simuliert. Im Osten und Süden weht nur schwacher
Südwestwind.
Mit der Strömungsdrehung auf Südwest werden in 850 hPa Temperaturen von 6 bis 10
Grad erreicht, was Höchstwerte zwischen 18 Grad im Nordwesten und bis 24 Grad im
Südwesten erwarten lässt.

In der Nacht zum Freitag wandert der Rücken bereits nach Osten ab und kann dem
Frontensystem des Islandtiefs nur im Süden noch entgegenwirken.
So greifen die Ausläufer des Tiefs mit nicht markanten Niederschlägen (1 bis 10
l/qm in 12 h) bis in den Osten aus. Im Nordwesten kann es im Verlauf bereits
wieder auflockern und trocken bleiben.
Auch im Süden bleibt es größtenteils trocken und die Wolken lockern stärker auf.
Bei Tiefstwerten von 11 bis 7 Grad bilden sich erneut lokale Nebelfelder.
Unter den Wolken bleibt es mit 16 bis 11 Grad deutlich milder.
Dazu weht an den Küsten weiterhin frischer, in Böen vereinzelt starker Wind.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die anstehende Wetterlage sehr ähnlich. Lokale
Unterschiede in der Vorhersage der Konvektion liegen in der Natur der Sache.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Tripppler