DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-08-2020 09:30
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Trog Mitteleuropa
Neben Dauerregen (teils Unwetter) heute auch zunehmend konvektive Entwicklungen,
bis hin zu zumindest teils unwetterartigem Starkregen vom Süden bis in den
Osten. In den Folgetagen weiterhin teils unbeständig mit leichter
Gewitterneigung.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Am heutigen Sonntag... liegt Deutschland auf der Vorderseite eines zum Abtropfen
neigenden Langwellentroges, in den ein Höhentiefkern über Frankreich eingelagert
ist. Seine Achse, die sich aktuell von Norwegen bis Kastilien erstreckt, und
damit auch der Höhentiefkern schwenken heute nur sehr langsam nach Osten.
Dadurch gelangen aber von Nordwesten zunehmend in die zentralen Bereiche des
Troges und die kräftige südsüdwestliche Höhenströmung liegt zunehmend nur noch
über den südöstlichen Landesteilen Deutschlands. Mit dieser Höhenströmung wird
heute auch ein Kurzwellentrog nordwärts geführt, der am Nachmittag auf den Süden
Deutschlands übergreift und am Abend auch den Osten erfasst. Im Bodendruckfeld
liegt Deutschland im Bereich einer meridionalen Rinne, in der zwei Tiefkerne
eine Rolle spielen. Tief Nr. 1 hat am Morgen in den Niederlanden auf Land
übergegriffen und soll sich im Laufe des Tages wohl über Nordrhein-Westfalen
langsam auflösen. An seiner Nordwestflanke verstärkt sich der Nordwind ab dem
späteren Nachmittag, so dass es im Bereich der Ostfriesischen Inseln dann auch
vorübergehend steife Böen geben kann. Tief Nr.2 (Marlis) formiert sich derzeit
über Österreich und soll sich unter Verstärkung bis zum Abend nach Schlesien
verlagern. Damit dreht der Wind in Süddeutschland auf West und frischt zeitweise
auf, auch im Alpenvorland kann es dann vorübergehend mal steife Böen geben.
Richtung Osten dreht der Wind eher auf Nordwest bis Nord, dort frischt der Wind
vor allem über den Bergen spürbar auf. In den übrigen Landesteilen dreht der
Wind im Tagesverlauf ebenso meist auf nordwestliche Richtungen, bleibt aber
schwächer. Die anhaltenden Regenfälle, die sich derzeit auf den Süden
Baden-Württembergs fokussieren, verstärken sich ab dem späten Vormittag durch
die von Süden übergreifende Hebung und die sich weiter verstärkende
Gegenstromsituation (Am Boden vorübergehend Nordwind, in der Höhe Südsüdwest)
wieder. Sie weiten sich zudem zunächst nach Nordwesten aus und verlagern sich
später in den Osten des Landes. Dabei werden vor allem in einem Streifen vom
Bodensee bis nach Brandenburg meist über 20 l/qm simuliert, mit leichten
Modellunterschieden. Schwerpunkt mit etwas mehr Regen kann es um den Bodensee
und in Sachsen geben. Die aktuell ausgegebenen Dauerregenwarnungen (gültig bis
00 Uhr) können somit erstmal bestehen bleiben, müssen aber wohl im Tagesverlauf
von Osten her abgebaut werden. Die eventuell in dem oben erwähnten Streifen
auftretenden großen Regenmengen können wohl über kürzerfristige
Starkregenwarnungen abgefangen werden. Zudem bleibt die Frage, wieviel
Konvektion in der Südosthälfte, auf der warmen Seite des Regengebietes noch zu
erwarten ist. Zwar wird nicht viel CAPE simuliert, aber die Luftmasse ist sehr
feucht und die Hebung stark sowie nach Osten hin auch noch etwas Scherung
vorhanden. Die hochauflösenden Modelle simulieren recht übereinstimmend
konvektive Niederschlagsstrukturen und Modellgewitter. Da es aber bodennah recht
kühl ist, kommt hauptsächlich abgehobene Konvektion in Frage. Hagel und
Sturmböen spielen dabei kaum eine Rolle, sehr wohl aber kurzfristige und vor
allem mehrstündige Starkregenwarnungen (mit oder ohne Gewitter), wie oben schon
angedeutet. Da viele Modelle vor allem in Sachsen und Umgebung sehr große
Regenmengen bringen, sollte gerade dort auch auf unwetterartige Entwicklungen
hingewiesen werden. Auch am westlichen (kalten) Rand des Regengebiets, von der
Mitte bis in den Nordosten, wird etwas Konvektion simuliert. Dort sollte es aber
- wenn überhaupt - nur zu kurzen Gewittern reichen. Ein letzter Schwerpunkt ist
noch der äußerste Westen, wo sich ab dem späteren Nachmittag Bodentief Nr.1
bemerkbar macht und wo ebenfalls noch einige Schauer und kurze Gewitter
auftreten können. Daneben gibt es auch einige Regionen, in denen es heute recht
ruhig bleibt, vor allem von der Mosel bis an die Ostsee. Dort kann sich heute
auch mal länger die Sonne durchsetzen. Damit wird es heute auch in der
Nordhälfte am wärmsten, wo noch einmal über 20 Grad erreicht werden, während es
im Süden im Dauerregen teils nicht mal 15 Grad werden.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Langwellentrog mit seiner Achse bis auf
eine Linie Ostsee-Löwengolf, wobei das Höhentief nach Südostfrankreich ziehen
soll. Der an der Vorderseite nordostwärts laufende Kurzwellentrog zieht rasch
zum Baltikum ab. Auch das Bodentief Marlis zieht rasch ab und erreicht am Morgen
Belarus. Damit verlassen alle Hebungs- und Scherungszonen Deutschland und die
Niederschlags- und Gewittertätigkeit nimmt im Nachtverlauf ab. Bis zum Morgen
kommt es meist noch ganz im Westen (wo Tief Nr.1 verschwunden ist) und von
Franken bis zur Oder zu schauerartigen Regenfällen. Mit dem weiterziehenden Tief
frischt auf den Gipfeln im Osten (vom Großen Hundstod über den Großen Arber bis
zum Fichtelberg stürmisch aus Nord bis Nordwest auf, einzelne Sturmböen sind
durchaus möglich. In der zweiten Nachthälfte beruhigt sich aber der Wind schon
wieder. Im übrigen Land sorgt der meist um Nordwest wehende und schwache Wind
für die Zufuhr noch etwas kühlerer Luftmassen. Es bleibt aber reichlich bewölkt,
so dass die Temperatur nur auf 13 bis 8 Grad zurück gehen kann.

Am Montag... schwenkt der Langwellentrog mit seinem Südteil weiter nach Osten
und der Höhentiefkern erreicht die obere Adria. Deutschland liegt dann im
inneren Bereich des Troges und es sind kaum noch Hebungsgebiete aktiv. Lediglich
an der Nordflanke des Höhentiefs kann ein Kurzwellentrog bis nördlich der Alpen
ausgreifen und im Süden Deutschlands für etwas Hebung sorgen. Dort ist auch die
Schichtung noch nicht so stabil, so dass in der Südhälfte einige Schauer und
vereinzelt Gewitter ausgelöst werden können. Vielleicht reicht es auch ganz im
Osten anfangs noch zu geringfügigen Regen. Von Nordwesten her fließt aber eine
sehr stabile Luftmasse ein, so dass es dort nicht mehr zu Schauern kommen kann,
wenngleich zu flacher Quellbewölkung. Ganz im Norden ist dann auch mit etwas
Sonne zu rechnen, nach Süden hin macht diese sich rar. Da ein Höhenrücken sich
über der Nordsee aufbaut, kann sich über dem umgangssprachlich Britische Inseln
genannten Archipel ein Hochdruckgebiet aufbauen. Dieses sorgt dafür, dass der
Wind meist auf Nordwest bis Nord dreht und die Zufuhr recht kühler Luft anhält.
Da aber der Gradient an der Ostflanke des Hochs recht schwach ist, spielt der
Wind keine große Rolle. Die Temperatur pendelt sich tagsüber meist um 20 Grad
ein.

In der Nacht zum Dienstag spaltet sich aus dem Langwellentrog dann endgültig ein
Höhentief ab, dessen Kern sich etwa Richtung Ostösterreich verlagern soll. Ein
neues Bodentief wird damit vom Balkan zur Großen Ungarischen Tiefebene
gesteuert. An der Westflanke dieses Systems greifen auch wieder Hebungsgebiete
auf den Südosten Deutschlands über, was letztlich dafür sorgt, dass es vom Süden
bis in den Osten weiterhin zu schauerartigen Regenfällen kommt, bzw. diese sich
wieder etwas verstärken. Durch die Tiefentwicklung nimmt auch der Nord- bis
Nordwestwind an den Alpen wieder etwas zu, so dass es an den Alpen zu Stau
kommt. Dort kann es dann etwas kräftiger regnen, allerdings sollten nach den
aktuellen Prognosen keine Dauerregenwarnung vonnöten sein. Das Bodenhoch weitet
sich noch etwas nach Skandinavien aus und beeinflusst vor allem den Nordwesten
des Landes. Dort tun sich dann wohl auch die größten Wolkenlücken auf. Im
gesamten Norden und Westen weht auch der Wind nur schwach aus Nordost bis Nord,
was vielleicht hier und da die Entstehung von Nebelfeldern begünstigt. Die Nacht
verläuft etwas kühler als die Nacht zuvor mit meist 11 bis 7 Grad, bei
Auflockerungen in den Mittelgebirgen durchaus auch um 5 Grad.

Am Dienstag... zieht der Höhentiefkern weiter nordwärts nach Tschechien, was vor
allem ganz im Osten des Landes weiter für Hebung sorgt. Auch das Bodentief
verlagert sich noch etwas nach Norden, schwächt sich aber ab. Dennoch kommt es
in der gesamten Südosthälfte weiterhin zu schauerartigen Regenfällen, mitunter
bei leicht labiler Schichtung auch noch zu kurzen Gewittern. Mit der
Nordwärtsverlagerung des Tiefs schwächt sich der Stau an den Alpen wieder ab und
die Regenfälle werden dort schwächer. Gleichzeitig verstärkt sich der Nordstau
in den östlichen Mittelgebirgen etwas, allerdings soll es nur im Riesengebirge
zu warnwürdigen Regensummen kommen (falls in den Nachbarländern ähnliche
Schwellen gelten wie bei uns). Bei uns passt wohl die Windrichtung nicht so ganz
und auch die stärkste Entwicklung ist einfach noch zu weit weg. Richtung
Nordwesten ist die Schichtung weiterhin stabiler, so dass es dort meist trocken
bleibt, wenngleich auch dort mit recht viel Bewölkung zu rechnen ist. Am meisten
Sonne gibt es wohl wieder an der See. An der Südostflanke des Hochs weht meist
schwacher bis mäßiger Nordostwind, nur ganz im Osten frischt er mitunter stärker
auf.

In der Nacht zum Dienstag nähert sich der Höhentiefkern von Osten her wieder
Deutschland. Die schauerartigen Regenfälle weiten sich nach Nordosten aus, so
wie auch das Bodentief weiter nach Polen zieht. Im Westen und Südwesten gibt es
mehr Wolkenauflockerungen und bei sehr schwachem Wind kann sich Nebel bilden.
Dagegen weht ganz im Osten weiter mäßiger Nordwind.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen zwar grob ähnliche Entwicklungen, bei der
Prognose der warnwürdigen Wettererscheinungen kommt es aber eher auf die Details
an. Zwar werden für die Niederschlagsmaxima heute und in der Nacht recht
ähnliche Gebiete gezeigt, wo sich aber genau Starkregengebiete bilden und wie
gewittrig diese sind, bleibt schwer vorherzusagen. Zumal sowohl leichte
Unsicherheiten bezüglich Labilität als auch bei der Höhenströmung (die ist heute
Abend im Detail nicht ganz gleich simuliert) erhebliche Auswirkungen haben kann.
Auch für die weitere Prognose von Regen, Schauern, Gewittern und Bewölkung
helfen sehr ähnlich simulierte synoptische Felder nur bedingt weiter. Also wird
auch weiterhin viel Nowcasting angesagt sein. Zumindest sollten aber ab morgen
die potentiell gefährlichen Wettererscheinungen rasch weniger werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann