DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-08-2020 08:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ws

Verbreitet stürmische Böen oder Sturmböen, vereinzelt schwere Sturmböen, auf
exponierten Berggipfeln auch Orkanböen. Im Norden in Verbindung mit Gewittern
auch Böen Bft 10 möglich.
Am Donnerstag an der Ostsee noch einzelne stürmische Böen, sonst
Wetterberuhigung.
Am Freitag vor allem im Nordwesten einzelne Gewitter mit stürmischen Böen. Im
Alpenraum beginnender Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... Ein Tief vor der südlichen Nordseeküste Dänemarks zieht heute in der
Westdrift in den Raum Bornholm. Es hat bereits in den Morgenstunden seinen
Höhepunkt erreicht, denn ein korrespondierendes kleines Höhentief liegt über dem
Bodentief und löst sich somit bis zum Abend auf und der Kerndruck des Tiefs
steigt derweil auf knapp über 995 hPa. Sein Hauptwindfeld auf der Südseite
überquert Deutschland in den Mittags- und Nachmittagsstunden, wobei die Modelle
in den tiefen Lagen durchweg 8er und 9er Böen simulieren. Lediglich im südlichen
Oberrheingraben und teils in den Leelagen des Schwarzwaldes treten
wahrscheinlich nur 7er Böen auf und auch im Nordosten ist der Wind anfangs
schwächer. Vor allem in etwas höheren Lagen der Mittelgebirge und an der Nordsee
sind auch Böen Bft 10 möglich.
CD2-EPS deutet mit geringen Wahrscheinlichkeiten im Norden Thüringens und im
Norden Sachsens Böen BFt 11 an.
Auf der Südseite des Tiefs gibt es Aufgleitvorgänge im Zusammenhang mit der
´herumgeholten´ Okklusion an, so dass es vor allem im Küstenbereich auch größere
Regenmengen geben kann. In diesem Zusammenhang sind im Nordseeküstenbereich
Regensummen über 30 mm recht wahrscheinlich (20 bis 60 Prozent bei CosmoLEPS und
ICON-Nest-EPS). Etwa südlich des Mains macht sich zunächst KLA und am Nachmittag
auch die Rückseite des Kurzwellentroges durch Absinken bemerkbar, so dass hier
kaum Regen fällt. Im Norden dagegen hängt der Trog zurück und KLA setzt erst am
Abend ein. Im äußersten Nordwesten und im Küstenbereich sind angesichts des
warmen Wassers einzelne Gewitter mit schweren Sturmböen nicht ausgeschlossen.
Bei guter Durchmischung werden etwa südlich des Mains recht sommerliche 24 bis
27 Grad erreicht (trotz Kaltfrontdurchgang). In der Mitte werden Temperaturen um
22 Grad und im verregneten Norddeutschland stehen nur 17 bis 20 Grad auf der
Karte.
In der Nacht zum Donnerstag zieht der Höhentrog des nordskandinavischen
Zentraltiefs endgültig ostwärts ab und Sturmtief Kirsten verlagert sich zum
südlichen Baltikum. Sein Sturmfeld beeinflusst aber zunächst noch den Norden und
Osten Deutschlands. Allerdings arbeitet der Tagesgang dagegen an, so dass nur in
den Abendstunden noch einzelne stürmische Böen auftreten und anschließen treten
wahrscheinlich im Landesinneren nur noch 6er bis 7er Böen auf. An der Küste und
im höheren Bergland gibt es aber weiter stürmische Böen und auf exponierten
Bergen auch Sturmböen bis Bft 10, auf dem Brocken 11. Im Westen und Süden
Deutschland ist der Wind dagegen abgesehen von exponierten Bergen nicht mehr
warnwürdig. Es kühlt ab auf Werte zwischen 8 Grad auf der Alb und 15 Grad an der
Nordsee.

Donnerstag... verlagert sich ein flacher Kurzwellentrog vormittags über den
Nordosten Deutschlands hinweg ostsüdostwärts. Ihm folgt ein flacher Höhenrücken,
der sich vorderseitig eines auf die Britischen Inseln übergreifenden Höhentroges
aufgrund von WLA aufwölbt und am Nachmittag auf das Vorhersagegebiet übergreift.

Im Bodenfeld schwenkt der Hochkeil über den Süden und die Mitte des
Vorhersagegebietes hinweg ostwärts. Das Sturmtief ´Kirsten´ über dem Baltikum
kommt nur langsam nach Osten voran, so dass der Gradient im Nordosten anfangs
noch scharf ausgeprägt bleibt. Dort frischt der Wind am Vormittag sogar noch
etwas auf und es gibt verbreitet steife, entlang der Ostseeküste sowie in den
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge auch stürmische Böen oder Sturmböen
(rund um Rügen) aus Nordwest. Erst am Nachmittag und Abend wird der Wind von
Westen her langsam schwächer.
Dazu gibt es vor allem in Mecklenburg-Vorpommern noch Schauer, die in
Ostvorpommern erst abends abklingen. Anfangs kann ein kurzes Gewitter nicht
ausgeschlossen werden.
Insgesamt bleibt es im Norden und Osten im Zustrom feuchter Nordseeluft
wechselnd bis stark bewölkt und südlich einer Linie von Bremen nach
Nordbrandenburg weitgehend trocken. Erst im Laufe des Nachmittags trocknen die
tiefen Wolken allmählich ab und es reicht noch für ein paar Sonnenstunden.
Allerdings nimmt nach Westen hin durch WLA wieder die hohe, eventuell auch die
mittelhohe Bewölkung zu.
Im Südwesten und Süden scheint dagegen häufig die Sonne bei nur flachen
Quellwolken und es bleibt trocken. Bei Temperaturen in 850 hPa zwischen 5 Grad
über der Nordsee und 12 Grad im äußersten Süden werden im Norden und Osten
Höchstwerte zwischen 17 und 22 Grad, im Süden und Südwesten zwischen 22 und 26
Grad erwartet.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Höhenrücken mit seiner Achse nach Polen
und Deutschland gelangt auf die Vorderseite des Höhentroges über den Britischen
Inseln. Dabei dreht die Höhenströmung allmählich auf Südwest.
Mit kräftiger und weiter nach Osten ausgreifender WLA werden die Wolken vor
allem im Westen und Norden wieder dichter und in der 2. Nachthälfte kommt im
Westen und Nordwesten leichter Regen auf. Im Bodenfeld zieht ein mit dem Trog
korrespondierendes Tiefdruckgebiet im Laufe der Nacht von Irland zur
südwestlichen Nordsee und kann sich dabei etwas vertiefen. Die Kaltfront des
Tiefs erreicht in den Frühstunden Nordwestfrankreich bzw. die belgische Küste.
Im Vorfeld setzen ausgangs der Nacht auch im Westen Deutschlands gebietsweise
schauerartige Regenfälle ein, mit beginnendem Einschub potenziell instabiler
Luftmassen sind auch einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen.
Der Wind dreht zurück auf Süd bis Südost und frischt im Westen wieder auf und
über der Nordsee kann es steife Böen (Bft 7) geben.
In der Westhälfte bleibt es mild mit Tiefstwerten zwischen 12 und 15 Grad. Im
Osten und Süden wird es bei aufgelockerte Bewölkung mit 11 bis 7 Grad deutlich
kühler.

Freitag... der Höhentrog über den Britischen Inseln kommt nur noch wenig nach
Osten voran und weitet sich stattdessen nach Süden in Richtung Biskaya und
Iberische Halbinsel aus. Dabei steilt die südwestliche Höhenströmung über
Deutschland etwas auf und ist zunehmend zyklonal konturiert.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief kann sich über der westlichen
Nordsee noch etwas vertiefen (auf 992 hPa). Die teilokkludierte Kaltfront des
Tiefs greift auf den Westen und Nordwesten des Landes über, kommt aber aufgrund
zunehmend höhenströmungsparalleler Exposition nur sehr zögernd nach Osten bzw.
Südosten voran, wobei sich nach Lesart des ICON-EU am Abend über den Westalpen
eine Frontalwelle entwickelt. Somit kann präfrontal in den Südosten Deutschlands
noch einmal recht warme Luft (12 bis 16 Grad in 850 hPa) vordringen.
Im Bereich der sich langsam ostwärts verlagernden Kaltfront gibt es einzelne
Schauer und Gewitter können nicht ganz ausgeschlossen werden (100 bis 300 J/kg
ML-Cape), wobei als Begleiterscheinungen am ehesten noch stürmische Böen denkbar
sind. Nachmittags und abends setzt im Südwesten mit Annäherung der Frontalwelle
dann länger anhaltender Regen ein.
Der Wind nimmt noch etwas zu und dreht mit Frontpassage von Süd bis Südost auf
Südwest. An der Nordsee kann es steife Böen, in den Gipfellagen einiger
Mittelgebirge auch stürmische Böen geben.
Während im Südosten präfrontal anfangs noch die Sonne scheint, lockern die
Wolken postfrontal im Westen und Nordwesten wieder auf, wobei es mangels
Labilität außer an der Nordsee wohl kaum mehr für Schauer reichen dürfte. Erst
gegen Abend steigt vom Niederrhein bis nach Schleswig-Holstein mit Absinken der
500 hPa-Temperatur auf -17 bis -20 Grad die Labilität, so dass einzelne kurze
Gewitter mit stürmischen Böen möglich sind.
Die Höchstwerte liegen mit 19 Grad an der Nordsee und 25 Grad in Südostbayern
meist im angenehmen Bereich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum recht ähnlich.

CosmoLEPS deutet im Nordosten noch eine geringe Gefahr von Böen Bft 8 am
Donnerstagvormittag an, was man sich am ehesten in Verbindung mit einzelnen
Gewittern in Mecklenburg-Vorpommern vorstellen kann.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden