DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-08-2020 07:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z
Heute in Nordseenähe wiederholt, an der Ostsee einzelne kurze Gewitter. Dabei
stürmische Böen, an der Nordsee Starkregen, mehrstündig lokal unwetterartige
Mengen nicht ausgeschlossen. Bis ins küstennahe Binnenland ausgreifend in
Verbindung mit kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern einzelne stürmische
Böen. Mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch ganz im Südosten einzelne starke
Gewitter.
In der Nacht zum Montag abseits der Küste Wetterberuhigung, am Montag, in der
Nacht zum Dienstag und auch am Dienstag nur in Küstennähe (auch an der Ostsee)
kurze Gewitter. Sonst keine markanten Wettergefahren.
In der Nacht zum Mittwoch Gefahr einer Sturmtiefentwicklung über der südlichen
Nordsee. An der Nordseeküste aufkommend Sturmböen bis Bft 9, bis ins
nordwestliche und westliche Binnenland ausgreifend stürmische Böen. Außerdem auf
den Nordwesten und Westen übergreifend Gefahr von Gewittern mit teils schweren
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland unter einer zyklonalen westlichen Strömung. Ein
darin eingelagerter Trog überquert rasch das Vorhersagegebiet. Dieser Trog weist
eine positive Achsenneigung auf, d.h. der Bodentrog folgt erst etwas später und
überquert den Norden Deutschlands erst am späten Nachmittag. Trogvorderseitige
Hebung und Labilisierung, die durch die hohe Wassertemperatur von Ost- und
Nordsee noch verstärkt wird, sorgt in Küstennähe für eine rege Schauer- und
Gewittertätigkeit, wobei an der Nordsee Gefahr von Starkregen besteht. Dort sind
durch wiederholte kurze Gewitter über mehrere Stunden hinweg örtlich eng
begrenzt auch unwetterartige Mengen nicht auszuschließen.
Mit dem Übergreifen des Troges legt im Nordwesten und im Norden der Gradient zu.
Dies erfolgt zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit, so dass in Verbindung mit
Schauern oder kurzen Gewittern stürmische Böen auftreten können. Bis ins
küstennahe Binnenland hinein muss mit einzelnen stürmischen Böen gerechnet
werden. Auch im gesamten Norden, Westen und in Teilen der Mitte frischt der Wind
auf und erreicht in Böen Bft 7. Dies ist vor allem in Verbindung mit Schauern
der Fall, für Gewitter sollte deutlich abseits der Küste die Labilität nicht
hinreichend sein.
Einzelne Gewitter mit Starkregengefahr, wenn auch mit geringerer
Wahrscheinlichkeit, können sich über dem Südosten Deutschlands entwickeln, die
möglicherweise auch auf den Erzgebirgsraum übergreifen können. Diese Gewitter
sind noch auf Reste feuchtlabiler Luft zurückzuführen, die dann auch aus diesen
Gebieten nach Osten und Süden herausgedrängt wird.
In einem breiten Bereich von den Gebieten südlich der westlichen Mittelgebirge
bis in den Osten hinein wird Absinken wetterwirksam, das vor allem aus
Kaltluftadvektion resultiert. Hierdurch sind in der einfließenden mäßig warmen
Atlantikluft größere Auflockerungen zu erwarten. Mit Tageshöchsttemperaturen
zwischen 20 und 26 Grad bleibt es noch recht warm.
In der Nacht zum Montag hält ein Randtief, das in den Bottnischen Meerbusen
gesteuert wird, im Norden den kräftigen Gradienten zunächst aufrecht. Ein
weiteres, relativ flaches Randtief folgt in die Deutsche Bucht. Hierdurch dürfte
die rege Schauer- und Gewittertätigkeit vor allem an der Nordsee, aber in leicht
abgeschwächter Form auch an der Ostsee, andauern. An der Nordsee besteht
weiterhin Gefahr von Starkregen, in Verbindung mit kräftigeren Schauern und
kurzen Gewittern muss an der gesamten Küste mit stürmischen Böen gerechnet
werden. Weiter landeinwärts sollte aber der Gradient so weit aufweichen, so dass
keine warnrelevanten Böen mehr auftreten. Im Süden sind die Luftdruckgegensätze
schwach, so dass sich dort vor allem in Flussniederungen erneut Nebel bilden
kann.

Montag... nähert sich von Westen her ein weiterer Trog, der bis zum Abend
Deutschland erreicht. Das flache Bodentief wird von der Deutschen Bucht in die
mittlere Ostsee gesteuert, ohne sich dabei zu intensivieren. Ein weiterer,
markanter Bodentrog dringt im Tagesverlauf bis in die südliche Nordsee vor. Das
Ganze geschieht jedoch unter einem deutlich schwächeren Gradienten, was die
Windentwicklung dämpft. Die Böen dürften daher 1 Bft unterhalb der Werte des
Vortages liegen.
Der "neue" Trog wird mit seiner vorderseitigen Hebung zur tagesgangsbedingt
aktivsten Zeit wetterwirksam, so dass Schauer und kurze Gewitter im Nordwesten
und im Norden etwas weiter landeinwärts ausgreifen können als am Sonntag. An der
gesamten Küste besteht dabei die Gefahr von Starkregen. Aufgrund des schwachen
Gradienten sollten in Verbindung mit Schauern oder kurzen Gewittern allenfalls
Windböen und mit geringer Wahrscheinlichkeit lediglich an exponierten
Küstenabschnitten stürmische Böen auftreten. Im Süden und Osten dauert im
Bereich eines Bodenhochkeils, der von einem Hoch über den Azoren ausgeht, das
Absinken an, was größere Auflockerungen zur Folge hat. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Sonnenscheindauer 18 bis 24 Grad.
In der Nacht zum Dienstag setzt die Frontalzone über dem mittleren Nordatlantik
etwas weiter südlich an. Eine entwicklungsgünstig liegende Frontalwelle
intensiviert sich, getriggert durch einen markanten Trog, zu einem Sturmtief,
das bis Dienstagfrüh Irland erreicht. Stromabwärts wölbt sich der Bodenhochkeil,
gestützt durch einen flachen Höhenrücken, etwas stärker auf, so dass die
Luftmasse zur Ruhe kommt und im Süden sowie auch in einigen Regionen in der
Mitte Deutschlands flache Nebelfelder entstehen können. Während an der Ostsee
noch eine rege Schauertätigkeit bis hin zu kurzen Gewittern andauert, setzt von
Nordwesten her, bedingt durch Warmluftadvektion, Stabilisierung ein. Die Schauer
sollten demzufolge an der Nordsee alsbald nachlassen.

Dienstag... überquert das Sturmtief, das sich zusehends auch in mittleren
Troposphärenschichten abzeichnet, Nordengland. Vorderseitige Hebung lässt im
Zusammenspiel mit Warmluftadvektion im Nordwesten zunächst skalige Niederschläge
aufkommen, die nicht warnrelevant sind. Mehrschichtige Bewölkung dürfte dann
über dem gesamten Norden und Westen Deutschlands aufziehen.
Im Süden und Südosten sorgt die niedertroposphärisch auf Südwest drehende
Strömung für leicht föhnigen Einfluss, der auch an der Nordseite des Erzgebirges
bis in die Lausitz hinein wetterwirksam wird. Dies hat Auflockerungen, im
Südosten sogar längere sonnige Abschnitte zur Folge. Generell dürften die
Temperaturen mit Höchstwerten zwischen 20 und 26 Grad noch einmal leicht
ansteigen.
Ab dem Abend ist dem sich nähernden Sturmtief mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Der
Gradient legt zu, im Nordwesten und Westen treten erste Windböen, an der Nordsee
auch Böen bis Sturmstärke auf. An der Vorderseite des Sturmtiefs wird ein
Schwall labil geschichteter Subtropikluft einbezogen, der dann den Nordwesten
und Westen Deutschlands erfasst. Diese Gebiete gelangen dann an die Vorderseite
eines Kurzwellentroges und zudem an den linksseitigen Ausgang des Jets, was in
Verbindung mit starker Scherung einiges an Potential für organisiertere,
möglicherweise sogar rotierende Strukturen hoch reichender Konvektion
verspricht. Sollte es zu konvektiven Umlagerungen kommen, sind aufgrund des
Oberwindes, der im 850 hPa-Niveau 55 kt erreicht, zumindest schwere Sturmböen
vorstellbar. Weitere Details (z.B. ob der Kurzwellentrog letztendlich zur
"passenden" Zeit folgt und wie kräftig der Schwall von labil geschichteter
Subtropikluft ausgeprägt ist) sind noch zu unsicher.
Zumindest der Wind dürfte weiter zulegen, im Nordwesten, Westen und in Teilen
der Mitte können verbreitet Windböen bis Bft 7 auftreten. Im Bergland sind dann
verbreitet stürmische Böen, auf Berggipfeln Sturm- und schwere Sturmböen bis Bft
10 zu erwarten. Der dann auch im Südosten zunehmende Gradient dürfte die Bildung
von Nebel auch in diesen Gebieten unterbinden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Die Sturmtiefentwicklung am Dienstag und in der Nacht zum
Mittwoch haben alle Vorhersagemodelle im Programm, wobei hinsichtlich des
Kerndrucks und auch der Zugbahn die Unterschiede im Bereich der
Vorhersageungenauigkeit liegen, d.h. relativ gering sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann