DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-08-2020 08:30
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Von Südwesten und Süden Zustrom sehr warmer bis heißer Subtropikluft, aber
zunächst kaum Gewitter. In der Nacht zu Samstag und am Samstag mit
Kaltfrontpassage Temperaturrückgang. Dabei Gefahr starker Gewitter, Unwetter
möglich.
Im Nordseeküstenbereich dann Böen Bft 8, vereinzelt 9.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... Der vom westlichen Mittelmeer ausgehende kräftige Höhenrücken hat
das zentrale Deutschland erreicht und verlagert sich unter Verstärkung heute mit
seiner Achse zur Oder. Kräftige Warmluftadvektion auf der Vorderseite des
Zentraltiefs westlich von Irland sorgt aber anfangs bei uns für stärkerer
Bewölkung und etwas Regen. Die Kaltfront des Tiefs greift vorübergehend auf
Nordwestdeutschland über, wird aber mit Bildung einer Frontalwelle über der
südlichen Nordsee wieder rückläufig und erstreckt sich zum Tagesende etwa an der
holländischen Küste zum Ärmelkanal, wo sich eine weitere Welle entwickelt. An
der Kaltfront kann am Nachmittag ein kurzes Gewitter mit stürmsichen Böen nicht
ganz ausgeschlossen werden.
Zwischen dem zum südöstlichen Mitteleuropa wandernden Hoch und dem Tief kommen
wir in eine südliche bis südwestliche Strömung, mit der sehr warme bis heiße
Subtropikluft nach Deutschland geführt wird, wobei die 850-hPa-Temperaturen im
Nordosten auf 14 Grad und am Oberrhein auf 20 Grad ansteigen. Mit der im
Tagessverlauf noch auflockernden Bewölkung entwickelt sich vor allem im
Nordwesten Cape-ML zwischen 200 und gut 500 J/Kg, wobei aber die Troposphäre gut
gedeckelt ist mit CIN-Werten meist über 100 J/Kg. Die Auslösetemperatur liegt
hier teils bei 34 Grad, die aber nur am Oberrhein erreicht werden. Ansonsten
steigen die Temperaturen meist auf 29 bis 33 Grad, im Nordwesten und an der
Ostsee nur auf 24 bis 28 Grad. Von Gewitterböen abgesehen weht der Wind schwach
bis mäßig aus Südwest bis Süd.

In der Nacht zum Freitag zieht das Zentraltief nur wenig weiter nach ostnordost
zum Seegebiet knapp nordwestlich von Irland. Die Kaltfront des Tiefs wird durch
die Frontalwelle aufgehalten, die etwa zur mittleren Nordsee zieht. Der
Kurzwellentrog erreicht die westliche Nordsee. Der Trog liefert über dem
äußersten Nordwesten noch etwas dynamischen Hebungsantrieb und entsprechend
haben einige hochauflösenden Modelle vor allem über der Nordsee auch Konvektion
auf der Agenda. In einem nach wie vor gut geschertem Umfeld ist bei dort hohen
PPW-Werten über 30 mm und gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape ein MCS
denkbar, welches eventuell auch das deutsche Küstengebiet tangieren könnte.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht ruhig, wobei über den Westen und Norden
zeitweise dichtere hohe und mittelhohe Wolkenfelder ziehen. Dort sinkt die
Temperatur vielerorts nicht unter 20 Grad, in einigen Ballungszentren bleibt es
mit 22/23 Grad warm, was die Wärmebelastung weiter verstärkt. Im Südosten kühlt
es dagegen bei teils klarem Himmel auf frische 16 bis 11 Grad ab.

Freitag... verlagert sich das Zentraltief ins Seegebiet nördlich von Schottland.
Der Haupttrog erreicht abends die Biskaya. Der vorgelagerte markante Höhenrücken
wird allmählich nach Polen abgedrängt. Somit kann sich die relativ glatte
südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet weiter verschärfen. Mit
einem oder zwei durchschwenkenden kurzwelligen Troganteilen ist sie vor allem im
Norden und Westen leicht zyklonal konturiert.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront mangels Schubkomponente nur sehr zögernd
südostwärts voran, greift aber im Tagesverlauf auf den Nordwesten und äußersten
Westen Deutschlands über. Schwache Randtröge liefern etwas dynamischen
Hebungsantrieb, so dass die Front allmählich aktiviert wird und örtlich
schauerartige Regenfälle auftreten. Im Vorfeld der Front verstärkt sich die
Advektion potenziell instabiler Luftmassen vor allem in die südwestlichen,
westlichen und mittleren Landesteile etwas. Die simulierten Cape-Werte sind zwar
nicht allzu hoch (meist unter 500 J/kg), allerdings steigen die PPW-Werte
unmittelbar präfrontal auf 35 bis 45 mm. Das Umfeld ist nach wie vor gut
geschert, sollte es zur Auslöse bei nach wie vor recht starkem Deckel reichen,
sind erneut organisierte Systeme denkbar mit Unwetterpotenzial vor allem
aufgrund von Sturmböen und Hagel. Immerhin liegen die Mittelwinde in 850 hPa im
Nordwesten teils bei 40 kt, so dass 9er Böen, wenn nicht gar 10er Böen möglich
sind.
Vor allem in den Süden und Osten verstärkt sich die Advektion heißer
Subtropikluft noch einmal. Während in den Nordwesten postfrontal nachmittags und
abends bereits etwas kühlere Luftmassen mit 850 hPa-Temperaturen um 12 Grad
gelangen, steigt sie im Süden und Osten nochmals auf 18 bis 23 Grad, mit den
höchsten Werten im Alpenvorland. Auch dort ist die Luftmasse potenziell instabil
geschichtet, allerdings reicht es angesichts des Deckels und noch nahe an der
Rückenachse gelegen wohl nicht bzw., wenn überhaupt, höchstens an den Alpen oder
im Schwarzwald zur Auslöse. Diesbezügliche Modellhinweise gibt es aber nicht.
Während es im Nordwesten und Westen im Frontbereich bewölkt bleibt - erst am
Mittag oder Nachmittag lockern die Wolken postfrontal an der Nordsee wieder auf
- scheint im Süden und Osten die Sonne. Dort wird es heiß mit Höchstwerten
zwischen 32 und 36 Grad, im Westen und Nordwesten werden dagegen "nur" noch 23
bis 29 Grad erreicht mit den niedrigsten Werten an der Nordsee.

In der Nacht zum Samstag greift die Achse des Haupttroges auf Frankreich über.
Kräftige PVA auf dessen Vorderseite kann markante Hebung generieren, wobei KLA
etwas kompensierend wirkt, dennoch wirkt sich das unmittelbar auf die
Wetteraktivität der nach wie vor nur sehr zögernd nach Osten vorankommenden
Kaltfront aus, die Samstagfrüh eine Linie Oberrhein - Oderhaff erreicht. Vor
allem im Laufe der zweiten Nachthälfte verstärken sich die Niederschläge im
Frontbereich von Westen her und sind auch teilweise konvektiv durchsetzt.
Angesichts der hohen PPW-Werte steht damit vor allem im Westen das Thema
mehrstündiger Starkregen - ob mit oder ohne Gewitter - auf der Agenda.
Postfrontal gelangt erwärmte Meeresluft in den Westen und Nordwesten des Landes
(T850 hPa um 11 Grad); dort lockern die Wolken auf und die Temperaturen sinken
auf gegenüber der Vornacht angenehme 18 bis 14 Grad. Präfrontal bleibt es im
Südosten dagegen noch überwiegend gering bewölkt bei ähnlichen Tiefstwerten wie
im Nordwesten und im Frontbereich. Lediglich im unmittelbar präfrontalen Bereich
sinkt die Temperatur gebietsweise nicht unter 20 Grad.

Samstag... überquert der von Frankreich kommende Kurzwellentrog unter
Abschwächung Deutschland nordostwärts, es folgt aber ein Trog, der nach
Frankreich zieht. Die Kaltfront bewegt sich vor dem ersten Trog gelegen
schneller nach Osten und Südosten voran, als in den Modellläufen zuvor und
erreicht bereits um 12 UTC Südostbayern. Sie ist immer noch an das Tief JANTRA
angebunden, das um 12 UTC mit einem Kerndruck von etwa 985 hPa knapp nördlich
der Shetlandinseln liegt.

Die schauerartigen und evtl. mit einzelnen Gewittern durchsetzen frontalen
Regenfälle verlagern sich langsam südostwärts und erreichen zuletzt Nieder- und
Oberbayern. Akkumuliert über 12 h können im Süden und in der Mitte gebietsweise
10 bis 15, in konvektiven Peaks lokal vielleicht auch mal gut 20 l/qm
zusammenkommen. Die große Frage aus heutiger Sicht lautet: Was geht noch vor der
Front im Südosten, wo die Luftmasse zuletzt ausgetauscht wird? Reicht es mit
Hilfe präfrontaler Einstrahlung und entsprechender CAPE-Bildung noch für schwere
Gewitter oder sorgt eine vorlaufende Druckwelle (ggf. auch weit nach Südosten
ausgreifende starke Bewölkung) mit nachfolgender Winddrehung auf West/Nordwest
möglicherweise für eine frühzeitige Reduktion des konvektiven Potenzials? Wenn
es reicht, sind Unwetter möglich. Nach dem derzeitigem Stand ist die Front aber
etwas schneller als gestern angenommen und daher sind Unwetter nicht mehr so
wahrscheinlich.
Fakt ist, dass sich postfrontal erwärmte Meeresluft subpolaren Ursprungs weiter
ausbreitet (T850 13 bis 9°C). Darin lockert die Wolkendecke mitunter auf und es
bleibt für längere Zeit trocken. Etwa ab Mittag können dann ein paar Schauer und
vielleicht auch ein Kaltluftgewitter von der Nordsee und den Niederlanden her in
den Nordwesten driften. Temperaturmäßig reicht es "nur noch" zu Höchstwerten von
23/24°C im Nordwesten und rund 28°C von der Lausitz bis hinunter in den Südosten
Bayerns.
Der Südwestwind frischt im Nordwesten auf mit 7er Böen und in Küstennähe mit 8er
Böen. Exponiert kann es an der Nordsee auch für eine Sturmbö reichen.

Modellvergleich und -einschätzung
Die großräumige Entwicklung wird recht ähnlich simuliert.

Differenzen gibt es in der Niederschlagsprognose: CD2 simuliert bereits morgen
früh im Westen und Nordwesten recht verbreitet Regen und örtlich Gewitter.
SuperHD hat dagegen kaum Gewitter dabei und weniger Niederschlag.

Auch bei dem Regenstreifen, der in der Nacht zum Samstag von Ostfrankreich
heranzieht, simuliert CD2 Gewitter und Super HD nur Regen. Starkregensignale
fehlen allerdings meist auch bei CD2-EPS im Zeitraum 18 bis 24 UTC.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden