DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-08-2020 07:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu SWz
Heute im Osten/Nordosten nochmals einzelne Gewitter mit Starkregen. Donnerstag
und Freitag kurzer Hitzepeak, am Freitag mit Annäherung einer Kaltfront im
Westen und in der Mitte kräftige Gewitter möglich, Unwetter nicht
ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... schwenkt ein flacher Höhentrog über dem östlichen Mitteleuropa
allmählich südostwärts und verliert somit seinen Einfluss auf das
Wettergeschehen im Vorhersagegebiet. Im Bodenfeld reicht allerdings noch eine
flache Tiefdruckrinne bis in den Osten/Nordosten des Landes. Innerhalb dieser
Rinne ist die Luftmasse nach wie vor potenziell instabil geschichtet, durch
Entrainmentprozesse trocknet sie aber von Westen her zusehends ab. Dennoch
werden vor allem vormittags und mittags an der polnischen Grenze nochmals
PPW-Werte bis 35 mm simuliert und - etwas Einstrahlung vorausgesetzt - können
gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden. Bereits aktuell haben
sich im Bereich lokaler Bodenkonvergenzen über dem äußersten Nordwesten Polens
sowie im Oderbruch Schauer entwickelt. Diese bauen im Vormittagsverlauf sowohl
nach Westen, als auch nach Osten an, dabei gibt es auch vermehrt Gewitter.
Mangels Scherung bleibt der Organisationsgrad der Gewitter gering, aufgrund der
geringen Zuggeschwindigkeit ist das Starkregenkriterium allerdings schnell
erreicht. Im Tagesverlauf können stellenweise auch kleinkörniger Hagel und
stürmische Böen auftreten. Das Unwetterpotenzial ist im Vergleich zu den
vergangenen Tagen gering, dennoch kann das ein oder andere Starkregen-Unwetter
vor allem um die Mittagszeit bzw. am frühen Nachmittag nicht ausgeschlossen
werden.
Ansonsten gilt es, den Blick gen Westen zu richten. Über dem nahen Ostatlantik
befindet sich ein umfangreiches und hochreichendes Zentraltief, das sich bis zur
kommenden Nacht nur sehr zögerlich den Britischen Inseln annähert. Kräftige WLA
auf dessen Vorderseite wölbt einen Höhenrücken auf, der im Tagesverlauf von
Westen her auf das Vorhersagegebiet übergreift. Vorderseitig des Rückens setzt
im Laufe des Nachmittags und Abends auch im Osten Stabilisierung ein, so dass
die Schauer und Gewitter abklingen bzw. nach Polen abgedrängt werden. Ansonsten
steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus.
Im Bodenfeld sind aktuell südlich des Zentraltiefkerns zwei Randtiefs
auszumachen, die beide aktuell noch einen "warmen" Kern aufweisen, also wohl
(sub)tropischen Ursprungs sind (eines davon "Ex-Kyle"). Ein Tief befindet sich
südlich von Irland verlagert sich bis zum Abend nach Irland, ein weiteres folgt
auf ähnlicher Zugbahn und erreicht abends das Seegebiet knapp westlich der
Bretagne, während der Dipol-Kern des Zentraltiefs über dem Ostatlantik ein wenig
nach Süden vorankommt. Die Warmfront dieses Tiefdruckkomplexes erreicht abends
Frankreich, bereits weit im Vorfeld greifen aufgrund kräftiger WLA hohe und
mittelhohe Wolkenfelder auf den Westen und Südwesten des Vorhersagegebietes
über. Eventuell fällt am Abend ganz im Westen auch schon etwas Regen.
Auch niedertroposphärisch setzt zunehmend WLA ein, bis zum Abend steigen die 850
hPa-Temperaturen auf Werte zwischen 10 Grad an der Odermündung und 16 Grad am
Hochrhein.
Während es im Osten und auch an den Alpen noch längere Zeit bewölkt bleibt und
im Tagesverlauf im Westen die Wolken dichter werden, steht sonst ein recht
sonniger Tag mit einzelnen flachen Quellwolken ins Haus. Die Höchstwerte liegen
zwischen 23 und 28, am Oberrhein vielleicht 29 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag kann sich der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet
aufgrund der kräftigen WLA noch etwas nach Norden aufwölben. Das Zentraltief
über dem nahen Ostatlantik kommt weiterhin nur zögernd nach Osten voran. Im
Bodenfeld vertieft sich der ganze Komplex unter Einbeziehung der "warmen" Kerne
und aufgrund der Freisetzung potenzieller Wärmeenergie deutlich, wobei ICON-EU
um 06 UTC einen Kerndruck von unter 975 hPa simuliert. Die Warmfront des Tiefs
greift mit leichten Regenfällen auf den Westen des Landes über und kommt
allmählich nordnordostwärts voran. Auffällig ist in den Modellsimulationen eine
konvektiv durchsetzte Intensivierung der Niederschläge an der Südflanke der
Warmfront im Westen/Südwesten Deutschlands im Laufe der zweiten nachthälfte,
wobei C-D2 (in Rheinland-Pfalz) und EURO4 (in BaWü) kleinräumig mehr als 10 mm
in 6 Stunden simulieren. Diese ist wohl markanten Hebungsprozessen aufgrund der
kräftigen WLA geschuldet. Ob es für Warmlufteinschubgewitter reicht, ist
angesichts marginaler Labilität der Luftmasse aber fraglich. Immerhin simulieren
einige Modelle etwas MU-Cape.
Ansonsten bleiben die Mengen im Westen nur gering.
Die dichte Warmfrontbewölkung weitet sich allmählich ostwärts aus, ganz im Osten
bleibt es aber noch gering bewölkt, örtlich bildet sich Nebel. Somit wird die
Nacht im Osten und Südosten mit Tiefstwerten zwischen 14 und 9 Grad - in einigen
Mittelgebirgstälern auch darunter - nochmals recht frisch, während es im Westen
und Norden mit 19 bis 13 Grad, in einigen Ballungszentren vielleicht nicht mehr
unter 20 Grad, deutlich milder bleibt.

Donnerstag... intensiviert sich das Zentraltief knapp westlich von Irland noch
etwas. Das Bodentief befindet sich abends mit einem Kerndruck von unter 970 hPa
vor der Südwestküste Irlands, dabei ist nach wie vor ein Dipol-Tief weiter
nördlich, nordwestlich von Schottland, auszumachen. Die Warmfront des
Tiefdruckkomplexes überquert mit leichten Regenfällen Norddeutschland
nordostwärts, die höhenströmungsparallel exponierte und kaum wetteraktive
Kaltfront erreicht im Tagesverlauf Benelux bzw. Nordwestfrankreich und kommt
unter Wellenbildung nur sehr zögerlich ostwärts voran. Somit geraten weite Teile
des Vorhersagegebietes in den Warmsektor des Tiefs, wobei sich der Höhenrücken
mit seiner Achse im Tagesverlauf in die Osthälfte Deutschlands verlagert und
noch etwas nach Norden aufwölbt. Somit gerät die Westhälfte zunehmend unterhalb
einer leicht diffluenten, aber recht glatten südwestlichen Höhenströmung. Ein
kurzwelliger Troganteil greift dabei am Nachmittag/Abend auf Benelux und
eventuell auch auf den äußersten Westen Deutschlands über.
Im Warmsektor gelangt in breitem Strom sehr warme bis heiße Luft aus
Südwesteuropa ins Vorhersagegebiet, die Temperatur in 850 hPa steigt auf Werte
zwischen 14 Grad auf Rügen und 21 Grad im Südwesten. Diese Luftmasse ist zwar
vor allem im Westen hochreichend labil geschichtet, aber durch die kräftige
niedertroposphärische WLA auch stark gedeckelt. Deshalb ist es mehr als
fraglich, ob es mit Annäherung des oben erwähnten kurzwelligen Troganteils gegen
Abend ganz im Westen irgendwo zur Auslöse reicht. C-D2 gibt fast keine Anzeichen
dafür, SuperHD und AROME haben immerhin im ein oder anderen Lauf schwache
Signale auf der Agenda, am ehesten vom Niederrhein bis ins Emsland. Dabei werden
in dieser Region gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-cape simuliert bei PPW-Werten
um 30 mm. Die Scherung ist vor allem hochreichend markant (um 25 m/s 0 bis 6
km), aber auch bodennah ist eine gut ausgeprägte Richtungsscherung gegeben, C-D2
hat abends sogar ein kleines Bodentief über den Niederlanden auf der Agenda,
wodurch die Bodenwinde auf Ost zurückdrehen könnten. Sollte es zur Auslöse
kommen, sind in diesem Umfeld auch rotierende Aufwinde (bei entsprechender
Persistenz also auch Superzellen) denkbar mit entsprechenden
Begleiterscheinungen bis in den Unwetterbereich. Die Wahrscheinlichkeit dafür
ist aber nach aktuellem Modellstand als sehr gering zu beziffern.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Im Norden bleibt es im
Bereich der abziehenden Warmfront noch längere Zeit stark bewölkt, ansonsten
setzt sich aber zunehmend die Sonne durch. Dabei steigen die Temperaturen im
äußersten Norden auf 23 bis 28 Grad, sonst auf 27 bis 32 Grad, im Südwesten und
entlang des Rheins bereits auf 34 Grad. Die Wärmebelastung ist in diesen
Regionen entsprechend stark.

In der Nacht zum Freitag verlagert der inzwischen sehr umfangreiche Höhentrog
sein Drehzentrum ins Seegebiet nördlich von Irland. Das Bodentief erreicht dort
achsensenkrecht unterhalb des Drehzentrums gelegen den Höhepunkt seiner
Entwicklung. Die Kaltfront kommt weiterhin kaum nach Südosten voran und erweist
sich weiterhin als so gut wie gar nicht wetteraktiv. Der kurzwellige Troganteil
läuft mit der südwestlichen Höhenströmung nur allmählich nordostwärts ab und
liefert über dem äußersten Nordwesten noch etwas dynamischen Hebungsantrieb,
entsprechend haben einige hochauflösenden Modelle vor allem über der Nordsee
auch Konvektion auf der Agenda. In einem nach wie vor gut geschertem Umfeld ist
bei dort hohen PPW-Werten über 30 mm und gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape
ein MCS denkbar, welches eventuell auch das deutsche Küstengebiet tangieren
könnte. Nach wie vor ist die Wahrscheinlichkeit dafür als nicht allzu hoch zu
beziffern, wenngleich mehr Modelle Konvektion simulieren als für die
Abendstunden im Westen.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht ruhig, wobei über den Westen und Norden
zeitweise dichtere hohe und mittelhohe Wolkenfelder ziehen. Dort sinkt die
Temperatur vielerorts nicht unter 20 Grad, in einigen Ballungszentren bleibt es
mit 22/23 Grad sehr warm, was die Wärmebelastung weiter verstärkt. Im Südosten
kühlt es dagegen bei teils klarem Himmel auf frische 16 bis 11 Grad ab, wobei
sich stellenweise Nebel bildet.

Freitag... verlagert das Zentraltief sein Drehzentrum ins Seegebiet nördlich von
Schottland. Der Haupttrog erreicht abends das Seegebiet westlich der Biskaya.
Der vorgelagerte markante Höhenrücken wird allmählich ins östliche Mitteleuropa
abgedrängt. Somit kann sich die relativ glatte südwestliche Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet weiter verschärfen. Mit einem oder zwei durchschwenkenden
kurzwelligen Troganteilen ist sie vor allem im Norden und Westen leicht zyklonal
konturiert.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront mangels Schubkomponente weiterhin nur sehr
zögernd südostwärts voran, greift aber im Tagesverlauf auf den Nordwesten und
äußersten Westen Deutschlands über. Die Troganteile liefern etwas dynamischen
Hebungsantrieb, so dass sie allmählich aktiviert wird und gebietsweise
schauerartige Regenfälle auftreten. Im Vorfeld der Front verstärkt sich die
Advektion potenziell instabiler Luftmassen vor allem in die südwestlichen,
westlichen und mittleren Landesteile etwas. Die simulierte Cape ist zwar nicht
allzu hoch (meist unter 500 J/kg), allerdings steigen die PPW-Werte unmittelbar
präfrontal auf über 35 bis nahe 40 mm. Das Umfeld ist nach wie vor gut geschert,
sollte es zur Auslöse bei nach wie vor recht starkem Deckel reichen, sind erneut
organisierte Systeme denkbar mit Unwetterpotenzial vor allem aufgrund von
Sturmböen und Hagel. Die so weit im Voraus rechnenden hochauflösenden Modelle
geben allerdings noch keine eindeutigen Hinweise darauf. SuperHD simuliert
durchaus einige Gewitter, das IFS-basierte SwissHD zeigt lediglich entlang der
Kaltfront schwache konvektive Signale.
Vor allem in den Süden und Osten verstärkt sich die Advektion heißer
Subtropikluft noch einmal. Während in den Nordwesten postfrontal nachmittags und
abends bereits etwas kühlere Luftmassen mit 850 hPa-Temperaturen um 12 Grad
gelangen, steigt sie im Süden und Osten nochmals auf 19 bis 23 Grad, mit den
höchsten Werten im Alpenvorland. Auch dort ist die Luftmasse potenziell instabil
geschichtet, allerdings reicht es angesichts des Deckels und noch nahe an der
Rückenachse gelegen wohl nicht bzw., wenn überhaupt, höchstens an den Alpen oder
im Schwarzwald zur Auslöse. Diesbezügliche Modellhinweise gibt es aber nicht.
Während es im Nordwesten und Westen im Frontbereich bewölkt bleibt - erst am
Mittag oder Nachmittag lockern die Wolken postfrontal an der Nordsee wieder auf
- scheint im Süden und Osten die Sonne. Dort wird es heiß mit Höchstwerten
zwischen 32 und 36, vielleicht sogar 37 Grad, im Westen und Nordwesten werden
dagegen "nur" noch 23 bis 29 Grad erreicht, an der Nordsee eventuell auch nur
etwa 20 Grad.

In der Nacht zum Samstag greift die Achse des Haupttroges auf Westfrankreich
über. Kräftige PVA auf dessen Vorderseite kann markante Hebung generieren, wobei
KLA etwas kompensierend wirkt, dennoch wirkt sich das unmittelbar auf die
Wetteraktivität der nach wie vor nur sehr zögernd nach Osten vorankommenden
Kaltfront aus, die Samstagfrüh in etwa eine Linie Saarland - Westmecklenburg
erreicht. Vor allem im Laufe der zweiten Nachthälfte verstärken sich die
Niederschläge im Frontbereich von Westen her und sind auch teilweise konvektiv
durchsetzt. Angesichts der hohen PPW-Werte steht damit vor allem im Westen das
Thema mehrstündiger Starkregen - ob mit oder ohne Gewitter - auf der Agenda.
Postfrontal gelangt erwärmte Meeresluft in den Westen und Nordwesten des Landes
(T850 hPa um 11 Grad); dort lockern die Wolken auf und die Temperaturen sinken
auf gegenüber der Vornacht angenehme 18 bis 14 Grad. Präfrontal bleibt es im
Südosten dagegen noch überwiegend gering bewölkt, stellenweise bilden sich
flache Nebelfelder bei ähnlichen Tiefstwerten wie im Nordwesten und im
Frontbereich. Lediglich im unmittelbar präfrontalen Bereich sinkt die Temperatur
gebietsweise nicht unter 20 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Bzgl. der doch recht übersichtlichen konvektiven
Aktivität der kommenden Tage gibt es noch gewisse Differenzen innerhalb der
hochauflösenden bzw. Konvektion erlaubenden Modelle, vor allem, was den
Donnerstagabend und die Nacht zum Freitag angeht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff