DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-08-2020 08:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL HNz

Heute von der Deutschen Bucht bis zum Erzgebirge hohes Unwetterpotential. Auch
sonst gebietsweise Gewitter, loakl Unwetter. Am Dienstag im Nordosten noch
erhöhtes Unwetterpotential, sonst primär markante Gewitter. Am Mittwoch
Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich ein Höhentief über Südengland und wird allmählich von
einem stromaufwärts liegenden kräftigen Trog eingefangen. Am Boden liegt ein
daran gekoppelter sich im Tagesverlauf zunehmend zonal ausrichtender Bodentrog.
Darin eingelagert ist eine Bodenkonvergenz. Entlang dieser Konvergenzzone sind
schon aus der Nacht heraus gewittrige Starkniederschläge aktiv. Diese
konzentrieren sich derzeit von der Deutschen Bucht über Nordhessen bis nach
Bayern.

Im weiteren Tagesverlauf kommt die Bodenkonvergenz schleppend ostwärts voran.
Sie verlagert sich in ihrem Südteil rascher, als weiter nach Norden und richtet
sich damit wie angesprochen langsam stärker zonal aus. Entlang der Konvergenz
kann die Feuchte akkumuliert werden, sodass die spezifische Feuchte auf Werte
oberhalb von 13 g/kg ansteigt und die ppw-Werte sich zwischen 35 und 40 mm
bewegen. Demgegenüber steht eine deutlich trockenere Luftmasse, die aktuell noch
im Osten und Nordosten aktiv ist. Die Taupunkte liegen dort zum Teil im
einstelligen Bereich.

Mit den östlichen Winden drücken die trockenen Luftmassen bodennah in Richtung
Konvergenz. Sehr eindrücklich ist dies im 00 UTC Aufstieg von Bergen zu sehen.
Dort liegen abgehoben feuchte Luftmassen oberhalb einer Grundschicht mit einem
großen Spread. Dieser Vorgang ist auch der Grund, warum sich die Niederschlags-
und Gewitteraktivität nicht direkt auf die Konvergenz konzentriert, sondern
weiter stromaufwärts, wo die feuchtwarme Luft durch den vorstoßenden Trockenkeil
gehoben wird.

Dass die Konvergenz überhaupt weiter nach Nordosten vorankommt, liegt an dem
Höhentief, dessen vorderseitige Trogspitze sich ebenfalls etwas nordostwärts
bewegt. Die Verlagerung der Konvergenz wird also dynamisch gestützt.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Gewitteraktivität heute im Laufe des
Vormittags vorübergehend etwas abschwächt, gebietsweise kann es aber weiter
zumindest markante (auch ungewittrige) Starkniederschläge geben.

Ab den Mittagsstunden, spätestens zum frühen Nachmittag sollte die Linie wieder
deutlich aktiver werden. An der Vorderkante des konvektiv durchsetzten
Regengebietes sollen sich auch gestützt durch die Konvergenz verstärkende
thermische Querzirkulation, neue Gewitter entwickeln. Diese werden wie
angesprochen und erläutert etwas stromaufwärts der Konvergenz entstehen. Am
besten lässt sich die Region in der 12h Tendenz der spezifischen Feuchte
erkennen. Dort zeichnet sich ein klares und gut ausgeprägtes Maximum von
Thüringen und dem Westerzgebirge, über Sachsen-Anhalt und Ostniedersachsen bis
zu den nordfriesischen Inseln ab. Dies ist auch die Region wo einige
hochauflösende Modelle einen Schwerpunkt der nachmittäglichen Konvektion setzen.
Die Wahrscheinlichkeiten im COSMO-D2 EPS liegen bei zum Teil über 80% für mehr
als 20 l/qm in 6 h und bis 65% für mehr als 35 l/qm in 6 h, selbst für die
extreme Warnstufe werden noch bis 30 % vorhergesagt. Dies wird auch von anderen
(wenn auch nicht allen) Lokalmodellen wie bspweise Euro4 18UTC gestützt.
Beim Blick auf die Verlagerungsvektoren fällt auf, dass diese nur sehr gering
und vornehmlich parallel zu Organisationsform sind. Dies erhöhte das Risiko für
große Mengen zusätzlich und lässt auch das mehrstündige Unwetterkriterium durch
wiederholte Konvektion ins Auge fassen.

Ein zweiter Schwerpunkt wird vom CD2-EPS für das Emsland gebracht, wo ebenfalls
recht hohe Wahrscheinlichkeiten bis in den extremen Bereich gebracht werden.
Vermutlich hängt dies mit der Lage auf der Vorderseite der diffluenten
Trogspitze zusammen. Auch am Boden lässt sich aktuell noch über den Niederlanden
eine gewisse Windkonvergenz erahnen. Wenn es zuvor nochmal richtig einstrahlt
erscheint die Lösung durchaus plausibel und aktuell ist tatsächlich eine größere
Wolkenlücke vom Norden der Niederlande bis ins Emsland zu erkennen.

Beim Blick weiter nach Süden fallen noch die Mittelgebirge vom Fichtelgebirge
bis zum Bayerischen Wald ins Auge. Dort sind als Verlängerung der
Bodenkonvergenz ebenfalls unwetterartige Starkniederschläge zu erwarten, wobei
die Konvergenz bald ostwärts nach Tschechien abwandert und damit das Risiko bis
zum Abend nachlässt.

Bleibt noch der Süden allgemein zu erwähnen. Diese liegt zwar auf der
ungünstigen Seite des Höhentroges, aber es sind weiter feuchtwarme und labile
geschichtete Luftmassen vorhanden. So werden einige Gewitter mit Starkregen
vorhergesagt. Die Gewitter haben immerhin eine Zuggeschwindigkeit von 10 kn in
östliche Richtung, dennoch sind durch die hohe Feuchte einzelne Unwetter
denkbar.

Bleiben noch die beiden anderen Begleiterscheinungen zu erwähnen. Hagel wird
sicherlich eine untergeordnete Rolle spielen. Bei Neuentwicklungen sind aber
durchaus um 2 cm möglich. Interessant ist noch die Windentwicklung. Das COSMO-D2
EPS simuliert in vielen Läufen die Entwicklung eines Windmaximums über Thüringen
im Rahmen von linienartiger Konvektion am Nachmittag. Dabei werden auch
Sturmböen simuliert, die sich dann nachfolgend weiter nordostwärts verlagern.
Andeutungen dazu gibt es auch aus anderen hochauflösenden Modellen.

In der Nacht auf Dienstag verlagert sich die Aktivitätszone weiter nordostwärts.
Im weiteren Verlauf ist dann hauptsächlich die Region von Schleswig-Holstein und
Mecklenburg bis zum Erzgebirge und Zittauer Gebirge betroffen. Dabei steht vor
allem der Starkregen im Fokus, der auch in den Nachtstunden lokal
Unwettercharakter haben kann.

Im äußerste Nordosten sind noch die trockenen Luftmassen aktiv. Südwestlich der
Linie trocknet es auch ab. Nur an der Nordsee kann es ein paar Schauer geben.
Sonst lockert die Wolkendecke auch mal auf und es kann sich Nebel bilden.


Dienstag... verlagert sich die Bodenkonvergenz in den Nordosten Deutschlands.
Bei etwas reduzierter Feuchte sind dann auch dort Gewitter mit Starkregen bis in
den Unwetterbereich zu erwarten.

Für den Rest des Landes ist der westeuropäische Trog wetterbestimmend, dessen
Achse über dem äußersten Westen von Deutschland liegt. Am Boden schiebt sich
bereits ein Hochkeil in den Süden Deutschlands. Mit dem Trog werden in labiler
Schichtung im Tagesverlauf einige Schauer und Gewitter erwartet. Die Luftmasse
ist dabei lange nicht mehr so feucht, wie im Bereich der Konvergenz. Dennoch
reichen die ppw-Werte noch bis 30 mm. Die Zuggeschwindigkeiten werden bis 15 kn
vorhergesagt, sodass zwar markante Gewitter plausibel erscheinen, Unwetter aber
eher gering wahrscheinlich sind.

Ein gewisses Feuchteminimum lässt sich vom nördlichen NRW bis nach Hessen und
Nordbayern ausmachen. Dort erscheint das Potential für Gewitter entsprechend
etwas gedämpft.

Die Sonnenanteile sind im Westen und Südwesten höher als im Nordosten. Der Wind
ist insgesamt mäßig unterwegs. Im Zusammenhang mit den Schauern kann es Windböen
geben.

In der Nacht auf Mittwoch liegen noch Reste der Niederschläge im äußersten
Nordosten. Auch im Süden, vornehmlich in Richtung Südostbayern und Alpenrand
können die Schauer und Gewitter im Bereich der Trogspitze in der Nacht noch
anhalten. Im großen Rest des Landes fallen Schauer und kurze Gewitter (Ausnahme
direkte Nordsee) in sich zusammen und die Wolkendecke kann stärker auflockern.
Dann bildet sich gebietsweise Nebel, der vereinzelt auch warnwürdig ausfällt.

Mittwoch... wandert der Trog ostwärts ab und ein Rücken arbeitet sich von Westen
her nach Deutschland. Gleichzeitig kann sich ein kräftiges Höhentief westlich
der Britischen Inseln aufbauen. Auch der Bodentiefkomplex befindet sich im
Seegebiet vor den Großbritannien. Die Warmfront wandert im Tagesverlauf über
Frankreich ostwärts.

Die Aufgleitbewegungen machen sich im Tagesverlauf auch über Deutschland
bemerkbar. Zunächst greifen hohe Wolkenfelder von Westen her auf Deutschland
über. Im Laufe des Nachmittags verdichten sich die Wolken auch in mittleren
Schichten. Es bleibt aber trocken. Im äußersten Osten und Nordosten liegen immer
noch Feuchtereste mit letztem Regen.

Zwischen beiden erstreckt sich ein freundlicher Streifen mit längeren sonnigen
Abschnitten. Bei nur schwachem Wind bleibt es allgemein warm bei 24 bis 28 Grad,
nur im Bergland und an der See darunter.

In der Nacht auf Donnerstag überquert die Achse des Höhenrückens Deutschland.
Der Westen gelangt allmählich auf die Trogvorderseite. Mit der auf Südwest
drehenden Höhenströmung breitet sich ein kräftiger Warmluftschub von Südwesten
langsam über Deutschland aus.

Die Warmfront kommt ostwärts voran und vor allem in der Westhälfte fällt
gebietsweise Regen. Im Osten und Südosten sind noch größere Auflockerungen
möglich, streckenweise kann sich dann Nebel bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die kurzfristige Entwicklung wir von den Modellen einheitlich vorhergesagt. Es
bestehen allerdings noch gewisse Detailunterschiede bezüglich der genauen
Konvektionsschwerpunkte. Die Unsicherheiten wurden im Haupttext diskutiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer