DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-08-2020 08:01
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 16.08.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL HNz

Im Nordosten zunächst trockenere Luftmassen, sonst in feuchtwarmer Luft
gebietsweise Gewitter, örtlich Starkregenunwetter. Zum Dienstag auch im
Nordosten konvektive Aktivität.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt ein Höhentief mit Zentrum über der Bretagne. Deutschland
befindet sich am Rande des Tiefs, an der Westflanke eines breiten Rückens mit
Schwerpunkt über dem Baltikum. Die Höhenströmung ist dabei zunächst weiter
schwach, ehe sich in der zweiten Tageshälfte das Höhentief von Frankreich her
etwas annähert. Damit nimmt die südliche bis südwestliche Strömung in der
zweiten Tageshälfte von Westen her langsam zu.

Am Boden herrscht eine nur flache Druckverteilung mit nur geringen
Luftdruckgegensätzen, wobei die Winde meist aus Ost bis Südost kommt. Das
Bodentiefzentrum befindet sich ebenfalls über der Bretagne. Ihm vorgelagert ist
eine Bodenkonvergenz, die sich im Tagesverlauf langsam ostwärts bewegt und am
frühen Abend den äußersten Westen Deutschlands erreicht. Gut zu erkennen ist
diese auch im Feuchteflussdivergenzfeld. Dieses zeigt zunächst ein, später auch
zwei ausgeprägte Konvergenzmaxima, die im weiteren Verlauf in der Nacht auf
Montag langsam ostwärts vorankommen.

Die Luftmasse über Deutschland ist ähnlich wie an den Vortagen mit feuchtwarm,
was sich an recht hohen Taupunkten zwischen 16 und 19 Grad zeigt. Im Nordosten
und Osten liegt weiterhin deutlich trockenere Luft mit niedrigeren Bodenwerten
an ThetaE und geringeren Taupunkten. Auch in Richtung Allgäu und Schwarzwald
sind die Taupunkte aktuell tendenziell etwas niedriger.
Die trockenere Luftmasse im Nordosten ist auch eindrücklich in den
Radiosondenaufstiegen der Nacht zu sehen, wo beispielsweise Greifswald
hochreichenden großen Spread zeigt. Gleichzeitig sind in Kümmersbruck und Essen
ziemlich feuchte Profile mit ppw-Werten über 35 mm zu sehen.

Durch die Persistenz der Luftmasse ist eigentlich auch die Wetterentwicklung am
heutigen Tage vorgezeichnet. Allerdings macht sich in der mittleren Troposphäre
etwas WLA bemerkbar, wie man beispielsweise im 00 UTC Aufstieg von
Idar-Oberstein zwischen 500 und 700 hPa erkennen kann. Diese schwache WLA, die
sich auch in einem leichten Anstieg der 850 hPa Temperatur im Tagesverlauf
zeigt, könnte dazu führen, dass die Konvektionsauslöse zunächst etwas gedeckelt
ist und die Gewitter etwas später und nicht ganz so verbreitet entstehen. Dies
zeigen ein Stück weit auch die hochauflösenden Modelle, in denen die
Reflektivitätssignale eher verhalten sind. Am wahrscheinlichsten erscheint, dass
beginnend ab dem frühen Nachmittag sich zunächst im süddeutschen und
westdeutschen Bergland erste Gewitter entwickeln, die dann im weiteren
Nachmittagsverlauf im Westen auch auf das Flachland übergreifen können.
Einerseits durch Eigendynamik gesteuert, aber auch durch allmähliche Annäherung
der Vorderseite des Höhentiefs. Die Gewitter im Süden bleiben vornehmlich auf
das Mittelgebirgsumfeld und den direkten Alpenrand beschränkt.

Die Zuggeschwindigkeit ist nur gering und wird allgemein nur mit 5 kn im Süden
vorhergesagt (Bunkers) und bis 10 kn im Westen. Bei ppw-Werten die weiterhin
über 35 mm liegen, ist vorprogrammiert, dass lokal wieder die Unwetterschwelle
durch Starkregen gerissen wird und auch die Überschreitung der 40 mm Marke ist
im Süden nicht ausgeschlossen.
Neben dem Starkregen ist aufgrund er hohen Labiliät im Anfangsstadium der
Gewitter vereinzelt auch Hagel bis 3cm nicht ausgeschlossen. Die Windgefahr
scheint hingegen eher gedämpft, da die Prognosesoundings keinen so großen Spread
mehr zeigen.

Interessant wird es dann wieder ab den frühen Abendstunden, wenn von Westen die
Maxima der Feuchtflusskonvergenz auf Deutschland übergreifen. So nimmt am
späteren Abend und im weiteren Verlauf der Nacht im Westen vorübergehend die
hochreichende Scherung etwas zu und erreicht zwischen 0-6 km Werte von 15 m/s.
Damit sind auch ein paar organisiertere Strukturen denkbar. Zudem gibt es
abgehoben von der Grundschicht gute Lapse Rates und damit ausreichend Labilität
zur vorhandenen Feuchte. Die verschiedenen Modelle zeigen linienartig
organisiert, aber durchbrochen, Gewitter, die von Frankreich her auf Deutschland
übergreifen. Je weiter die Gewitter nach Osten wandern, verlieren sie wieder an
Organisationstruktur.

Kurzum: Das Potential für organisierter Strukturen erhöht sich, je weiter man
sich nach Westen in Richtung Frankreich bewegt. Dort sind dann in
Linienelementen Sturmböen, vereinzelt vielleicht auch schwere Sturmböen denkbar.
Mehr sollte es aber aufgrund der Orientierung der Höhenwindvektoren (eher
parallel zur Ausrichtung) nicht werden. Unwetterartig kann am ehesten wieder der
Regen werden. Es sei zudem betont, dass es noch eine große Schwankungsbreite
bezüglich der tatsächlichen Schwerpunkte in der Interpretation der verschiedenen
Lokalmodelle gibt.

Einen klaren Schwerpunkt beim Niederschlag sieht das CD2-EPS im Südwesten in der
zweiten Nachthälfte. Von der Schweiz ausgreifende bis zur Alb werden
Wahrscheinlichkeiten bis 30 % für unwetterartigen Starkregen in 6 h gezeigt.


Montag... verlagert das Höhentief seinen Schwerpunkt nach England und kommt
damit nicht mehr weiter ostwärts voran. Gleichzeitig wird es allmählich in einem
von Westen sich nähernden Trog eingebunden. Die Bodenrinne legt sich quer über
die Mitte des Landes, sodass sich ausgehend von den Friesischen Inseln bis in
den Südosten von Bayern eine Windkonvergenz finden lässt.

Diese Rinne ist allerdings schon ziemlich weit vorderseitig des Troges und damit
aus seinem direkten Antrieb raus gewandert. Dementsprechend sind auch die
Scherwerte in seinem Umfeld nur gering.

Der Großteil der Konvektion wird am Hinterrand und eher etwas abseits der
Windkonvergenz gerechnet, was darin liegen mag, dass von Osten durch den Ostwind
etwas trockenere Luft zugeführt wird. Auch etwas CIN in den Modellfeldern deutet
an, dass die Luftmasse dort etwas gedeckelt ist.

Der wahrscheinlichste Ablauf ist, dass sich die aus der Nacht vorhandene
Konvektion vom Westen und Südwesten allmählich etwas nordostwärts schiebt. Dabei
können sich auch mesoskalig organisierte Schwerpunkte ergeben, die nicht
zwingend gewittrig sind, durch den hohen Gehalt an Feuchte (ppw-Werte über 35
mm) aber dennoch Starkregen bis in den Unwetterbereich bringen können (auch
mehrstündig). Die Aktivität wird wahrscheinlich einem gewissen Tagesgang folgen
(dynamischer Antrieb aus der Höhe fehlt ja eher). Das heißt, nach einem
spätvormittäglichen Minimum, dürfte die Gewittertätigkeit und die Intensität am
Nachmittag eher wieder aufleben ... gerade am Vorderrand hin zu warmen Luft, wo
es auch noch Einstrahlung gibt. Am Nachmittag hauptsächlich betroffen ist ein
breiter Streifen von den ostfriesischen Inseln bis zum Bayerischen Wald, sowie
allgemein der Süden des Landes.
Die ppw-Wert liegen am Nachmittag bei bis zu 40 mm. Die Zuggeschwindigkeiten
sind nur gering und gerade über dem Nordteil des Streifens vorwiegend parallel
zur Organisationsform. Wie bereits gesagt, steht damit der Starkregen
(vielleicht auch bis in den extremen Bereich) klar im Fokus.

Nordöstlich der Windkonvergenz liegen trockene Luftmassen, sodass dort bei viel
Sonne kein Niederschlag zu erwarten ist und die Höchstwerte auch die 30 Grad
Marke überschreiten. Da über Polen ein kleine Höhentief liegt, kann aber nicht
vollends ausgeschlossen werden, das vereinzelt Schauer oder auch ein kurzes
Gewitter auch mal bis zur Oder ausgreift.

Westlich der Konvektionsrinne wird zunächst kaum noch Konvektion simuliert. Zum
Abend greift auf der Vorderseite des Höhentiefs aber eine Trogspitze auf den
Westen über. Die Modelle sind zwar noch verhalten, geben aber Hinweise darauf,
dass dann im Westen bei Scherwerten zwischen 10 und 15 m/s auch einzelne
Gewitter auftreten können. Ob und wie verbreitet dies der Fall ist, ist aber
noch unsicher.
Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass im Südwesten auch entlang der Orographie
noch einzelne Gewitter auftreten können.

In der Nacht auf Dienstag hält die Konvektion in der Rinne weiter an, wobei sich
diese etwas nach Nordosten verschiebt. Sie reicht dann vom Emsland bis nach
Sachsen. Die Gewitter können lokal weiterhin durch ein - oder mehrstündigen
Starkregen unwetterartig ausfallen. Auch im Westen, im Trogbereich, kann es noch
Gewitter geben. Im Nordosten bleibt es trocken und auch weiter nach Südwesten
fällt die Tageskonvektion zusammen und es gibt bei wechselnder Bewölkung kaum
noch Schauer.


Dienstag... zieht das Höhentief weiter nach Schottland und wird immer stärker in
den von Westen sich nähernden Trog eingebunden. Deutschland liegt in seinem
Westteil weiterhin in seinem Einflussbereich. Die Bodenrinne verschiebt sich in
den Nordosten. Dort liegt entsprechend ein Schwerpunkt der Konvektion. Schon aus
der Nacht heraus wird diese aktiv sein und sich dann allmählich in den äußersten
Nordosten verlagern. Weiter stromaufwärts schließt sich ein trockener Streifen
an.

Noch weiter südwestlich folgt der Trog, der im Tagesverlauf durch Hebungsimpulse
in der weiterhin labilen Luftmasse neue Konvektion auslöst. Die Luftmasse im
Trogbereich ist nicht mehr ganz so feucht wie noch an den Vortagen mit
ppw-Werten zwischen 25 und 30 mm. Das CAPE erreicht nur noch Werte um 500 J/kg.

Die zu erwartende Trogkonvektion ist damit eher im markanten Bereich
angesiedelt. Neben den niedrigeren ppw-Werten ist auch die Zuggeschwindigkeit
von etwas mehr als 10 kn ein Argument dafür.
Vereinzelt kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Unwetterschwelle
überschritten wird. Teile des Westens und Nordwestens befindet sich schon
rückseitig des kurzwelligen Troges, sodass dort kaum noch Schauer oder gar
Gewitter auftreten. Eine Ausnahme bildet das Nordseeumfeld.

In der Nacht auf Mittwoch zieht der Kurzwellentrog weiter nach Osten. Damit
verschiebt sich die Hauptaktivität der Konvektion allmählich in den Osten und
Südosten, schwächt sich aber deutlich ab. Auch an der Nordsee kann es weitere
Schauer und Gewitter geben. Sonst lockert die Wolkendecke teils stärker auf.
Während im Osten die Tiefstwerte noch meist oberhalb der 15 Grad Marke liegen,
werden sonst 14 bis 9 Grad erwartet.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Ausrichtung der kurzfristigen Großwetterlage wird sehr ähnlich
prognostiziert. Im Detail, bezüglich des Auftretens von
Konvektionsschwerpunkten, gibt es natürlich noch gewisse Unterschiede.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer