DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-07-2020 07:01
SXEU31 DWAV 310800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 31.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H M, Übergang zu S a
Heute an und in den Alpen nur mit geringer Wahrscheinlichkeit einzelne Gewitter,
dabei Unwettergefahr. In der Nacht zum Samstag und Samstagfrüh ganz im Westen
einzelne starke Gewitter.
Am Samstag von Nordwesten und Westen auf die Mitte übergreifend sowie zwischen
Schwarzwald, Bayerischen Wald und Alpen einzelne Gewitter; Unwetter durch
heftigen Starkregen und Hagel nicht ausgeschlossen. In der Nacht zum Sonntag in
Teilen der Mitte sowie im Süden andauernd, dabei weiterhin Gefahr von Starkregen
bis hin zum Unwetter.
Am Sonntag im Südosten und ganz im Osten noch einmal Aufleben der
Gewittertätigkeit, in der Nacht zum Montag im Südosten andauernd, dabei
zusehends geringer werdende Wahrscheinlichkeit für Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... nähert sich von der Nordsee her ein Höhenkeil, der unter Verkürzung
der Wellenlänge mit seiner Achse die Benelux-Staaten und die norwegische
Westküste erreicht. Warmluftadvektion setzt um und etwas östlich von Island an,
was diesen Keil noch etwas nach Norden ausgreifen lässt. Der nachfolgende Trog
erreicht bereits das Seegebiet unmittelbar westlich von Irland. Vorderseitig
bildet sich der zuvor über Frankreich eingeflossenen Subtropikluft eine flache
Tiefdruckrinne, mit deren Annäherung und infolge weiterer Aufheizung von
Südwesten her über Deutschland Druckfall einsetzt. Hierdurch kommt eine schwache
nördliche bis östliche bodennahe Windkomponente auf, so dass trockene Luft
advehiert wird. Daher ist hochreichende Konvektion unwahrscheinlich. Eine
Ausnahme stellt der Südosten dar. Reste feuchtlabiler Luft (CAPE bis ca. 2000
J/kg und einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser um 25 mm) können bei einem
Kondensationsniveau um 2500 m mit Hilfe der Orografie eine Auslösung bewirken,
wenngleich die Wahrscheinlichkeit hierfür nur gering ist. Auf dynamische
Unterstützung oder gar Scherung ist ohnehin nicht zu setzen. Sollten sich
tatsächlich (stehende) Konvektionszellen entwickeln, sind diese rasch
unwetterträchtig. Bei weitgehend ungehinderter Einstrahlung steigt die
Temperatur auf 28 bis 34, im Westen und Südwesten in tieferen Lagen bis 37 Grad.
Nur ganz im Norden und Nordosten wird es mit 21 bis 27 Grad nicht ganz so warm.
In der Nacht zum Samstag rückt der Keil unter Abflachung nach Deutschland vor,
so dass der Westen und in höheren Troposphärenschichten bereits die mittleren
Landesteile unter eine südwestliche Strömung gelangen. Die Tiefdruckrinne, die
dem nachfolgenden Trog vorgelagert ist, erfasst den Westen Deutschlands. Erste
Gewitter können daher dort bereits aufkommen. Dabei dürfte es sich um abgehobene
Entwicklungen handeln. In den anderen Gebieten hält sich noch trockenere Luft.
Der dort noch vorhandene Keil unterdrückt wirkungsvoll jegliche Konvektion.

Samstag... schwenkt der über Deutschland liegende Keil in seinem Südteil rascher
nach Osten als in seinem Nordteil. Der nachfolgende Trog kommt zwar kaum nach
Osten voran, kurzwellige Anteile laufen jedoch in der südwestlichen Strömung
nach Nordosten ab und in den über Deutschland liegenden Keil hinein, was dessen
weitere Abflachung bewirkt. Diese Kurzwellentröge aktivieren dann auch die
Tiefdruckrinne, die sich bis in die Mitte Deutschlands vorarbeitet und deren
Achse (sofern man aufgrund der geringen Luftdruckgegensätze hiervon reden kann)
sich am Abend von der Nordsee nach Niederbayern erstreckt. Bodennahe Konvergenz,
die durch diese Rinne zustande kommt, dürfte hoch reichende Konvektion auslösen.

Die Luftmasse, die mit dieser Tiefdruckrinne nach Deutschland gelangt, hat es in
sich. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt auf 30 bis 40, im Nordwesten
auf Werte um 45 mm, CAPE erreicht mehr als 2000 J/kg. Aufgrund der geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit der Konvektionszellen besteht Unwettergefahr durch
heftigen Starkregen, teils auch durch größere Hagelansammlungen und aufgrund des
trockenen "Fußes" durch schwere Sturmböen. Für Großhagel ist die Scherung zu
schwach ausgeprägt. Da die Luftmasse im Bereich dieser Tiefdruckrinne bodennah
relativ trocken ist, sind unwetterartige Entwicklungen nicht so verbreitet, als
dass dies die Ausgabe einer Vorabinformation rechtfertigen würde. Zudem dauert
das Entrainment trockener Luft von Osten an, daher liegt das Kondensationsniveau
mit 700 bis 800 hPa relativ hoch. Lediglich im Westen und Nordwesten setzt
Konvektion bereits oberhalb von 800 bis 900 hPa ein. So ist die Auslösung auf
orografische und tagesgangsbedingte Unterstützung angewiesen. Hierdurch
konzentriert sich das konvektive Geschehen auf eine Region vom Weser-Ems-Gebiet
bis zum Hochrhein und zu den Alpen.
Der Westen gelangt zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit bereits unter die
Rückseite eines in den Keil hereinlaufenden Kurzwellentroges. Im Nordosten und
im Osten ist die Luft für die Auslösung hochreichender Konvektion einfach zu
trocken; zudem sorgt der dort noch vorhandene Keil für Absinken. Dort ist nach
wie vor nahezu ungehinderte Einstrahlung zu erwarten, wogegen sich im Bereich
der Tiefdruckrinne Quellbewölkung bildet. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen
31 bis 37, im Norden 24 bis 30 Grad.
In der Nacht zum Sonntag verabschiedet sich der Keil nach Westpolen. Nachfolgend
greift ein Kurzwellentrog auf die Benelux-Staaten über, der allerdings von
Kaltluftadvektion (die in abgeschwächter Form auch Deutschland erfasst)
überlaufen wird. Daher beginnt sich die Tiefdruckrinne, die dann auf den
Nordosten Deutschlands übergreift, aufzufüllen. Konvektive Umlagerungen dürften
hierdurch kaum den Nordosten Deutschlands erfassen. Auch rückseitig davon wird
durch die im Nordwesten und Westen einströmende trockenere und stabilere Luft
hochreichende Konvektion unterbunden.
Im Süden und Südosten hält sich noch feuchtlabile Luft (mit den oben
beschriebenen Parametern), so dass dort, bedingt durch den nunmehr auf den
Südwesten Deutschlands übergreifenden Kurzwellentrog, die Gewittertätigkeit
nicht so recht zur Ruhe kommt und vielmehr in der zweiten Nachthälfte noch
einmal aufleben kann. Unwetter sind jedoch nur wenig wahrscheinlich, hierfür
fehlt die dynamische Unterstützung, auch Scherung ist nach wie vor kaum
vorhanden.

Sonntag... schwenkt der o.g. Kurzwellentrog nach Südnorwegen, wogegen der
Haupttrog über den Britischen Inseln verbleibt. Hierdurch ergibt sich eine
südwestliche, leicht zyklonal geprägte und etwas mäandrierende Strömung. Die
Tiefdruckrinne mit feuchtlabiler Luft mit den oben beschriebenen Parametern
erstreckt sich nunmehr von den Ostalpen zur Niederlausitz. Kaltluftadvektion und
hieraus resultierendes Absinken lässt einen schwachen Bodenhochkeil auf die
Nordsee übergreifen, wodurch sich, abgesehen vom Osten und Südosten
Deutschlands, eine nordwestliche bodennahe Windkomponente einstellt. Mit dieser
wird trockenere und merklich stabilere Luft advehiert. In diesen Gebieten sind
dann auch wieder größere Auflockerungen möglich. Südlich der westlichen
Mittelgebirge ergeben sich dann auch längere sonnige Abschnitte.
Die im Südosten und ganz im Osten noch vorhandene Luftmasse wird durch einen
Kurzwellentrog aktiviert, der in der südwestlichen Strömung nordostwärts
gesteuert wird. Dabei ist entscheidend, wann dieser Trog nach Nordosten schwenkt
und ob die vorderseitige Hebung in Verbindung mit dem Tagesgang wirksam werden
kann. Sollte es hierzu kommen, sind erneut unwetterartige Entwicklungen (vor
allem durch heftigen Starkregen) vorstellbar. Am wahrscheinlichsten ist dies im
Südosten Deutschlands. Eine genaue Aussage hierzu lässt sich noch nicht treffen,
da die Prognose dieser kurzwelligen Keil-Trog-Strukturen so weit im Voraus noch
unsicher ist. In der eingeflossenen gemäßigten Luftmasse erreichen die
Tageshöchsttemperaturen 23 bis 28, in Nordseenähe Werte um 21 Grad.
In der Nacht zum Montag verlagert sich der Haupttrog ein wenig nach Osten und
erreicht mit seiner breiten Achse die Bretagne. Ein weiterer, nach Osten
ablaufender Kurzwellentrog, der vor allem in unteren Troposphärenschichten
ausgeprägt ist, erfasst den Alpenraum und Süddeutschland. Da vorderseitig die
Südwestströmung Bestand hat und in Bodennähe die nordwestliche bis nördliche
Strömung sogar noch etwas zulegt, ergibt sich eine Aufgleitsituation mit
kräftigen Niederschlägen im Donauraum und südlich davon. Diese sind nach
Südosten hin, d.h. in Oberbayern und in Niederbayern, aufgrund der dort noch
vorhandenen feuchtlabilen Luft konvektiv durchsetzt bis hin zu eingelagerten
Gewittern. Unwettergefahr besteht vor allem durch heftigen Starkregen. Bedingt
durch das Aufsteilen dieser südwestlichen Strömung können einzelne Gewitter im
Osten weiter nach Norden, d.h. bis auf die Lausitz, ausgreifen, wobei dort die
Wahrscheinlichkeit für Unwetter gering ist.
In den anderen Gebieten dürfte sich aufgrund der vorausgegangenen Stabilisierung
die Wetterwirksamkeit des Troges auf ein paar schwächere Schauer beschränken.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebe Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Hinsichtlich der Regionalisierung der konvektiven Umlagerungen am Samstag lassen
sich die verfügbaren hochauflösenden Modelle kaum auf einen gemeinsamen Nenner
bringen. Dabei zeichnet sich lediglich ab, dass der Nordosten Deutschlands
hiervon ausgespart bleibt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann