DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-07-2020 07:01
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H M
Heute und am Freitag abgesehen von zunehmender Wärmebelastung kaum markante
Wettergefahren. Am Samstag von der Nordsee bis zum Hochrhein und zu den Alpen
Gewitter, dabei örtlich Unwettergefahr durch heftigen Starkregen und Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland an der Rückseite eines nach Osten abziehenden
breiten Troges. Kaltluftadvektion und hieraus resultierendes Absinken haben zu
Druckanstieg und somit zur Bildung eines Bodenhochs geführt. Dieses Hoch wird
durch einen Keil gestützt, der auf die Nordsee übergreift. Kräftige
Warmluftadvektion, die nordwestlich von Schottland ansetzt, bewirkt eine
Ausweitung des Keils nach Norden.
Aufgrund der Nähe zur Frontalzone wird nur der Norden von lockeren Wolkenfeldern
gestreift. Zudem können an einigen Abschnitten der Ostseeküste und anfangs
vielleicht auch in Nordfriesland einzelne Windböen Bft 7 auftreten. An und in
den Alpen halten sich noch Reste feuchtlabiler Luft. Für einzelne Gewitter
sollte es jedoch allenfalls inneralpin reichen. Im weitaus größten Teil
Deutschlands erfolgt nahezu ungehinderte Einstrahlung. In der Mitte und im Süden
erfolgt daher eine Erwärmung auf 25 bis 31, am Oberrhein bis 33 Grad, wogegen im
Norden 18 bis 24 Grad zu erwarten sind.
In der Nacht zum Freitag weitet sich der o.g. Keil bis ins Nordmeer aus. Das
Bodendruckfeld bleibt antizyklonal geprägt, wobei die Luftdruckgegensätze gering
sind. Aufgrund der Trockenheit sollte kein Nebel zustande kommen.

Freitag... rückt der Keil unter leichter Verkürzung der Wellenlänge etwas nach
Osten vor und erreicht mit seiner Achse die Benelux-Staaten und die norwegische
Westküste. Warmluftadvektion setzt dann um und etwas östlich von Island an, was
diesen Keil noch etwas nach Norden ausgreifen lässt. Der nachfolgende Trog
erreicht bereits das Seegebiet unmittelbar westlich von Irland. Vorderseitig
bildet sich der über Frankreich eingeflossenen Subtropikluft eine flache
Tiefdruckrinne, mit deren Annäherung und infolge weiterer Aufheizung auch von
Südwesten her über Deutschland leichter Druckfall einsetzt. Hierdurch kommt eine
schwache östliche bodennahe Windkomponente auf, wodurch nach wie vor trockene
Luft advehiert wird. Daher ist hochreichende Konvektion unwahrscheinlich. Eine
Ausnahme stellt der Südosten dar. Reste feuchtlabiler Luft (CAPE bis ca. 2000
J/kg und einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser um 25 mm) können bei einem
Kondensationsniveau um 2500 m mit Hilfe der Orografie eine Auslösung bewirken,
wenngleich die Wahrscheinlichkeit hierfür nur gering ist. Auf dynamische
Unterstützung oder gar Scherung ist ohnehin nicht zu setzen.
Bei weitgehend ungehinderter Einstrahlung erfolgt ein weiterer Temperaturanstieg
auf 28 bis 34, im Westen und Südwesten in tieferen Lagen bis 37 Grad. Nur ganz
im Norden und Nordosten wird es mit 21 bis 27 Grad nicht ganz so warm.
In der Nacht zum Samstag rückt der Keil unter beginnender Abflachung nach
Deutschland vor, so dass der Westen und in höheren Troposphärenschichten bereits
die mittleren Landesteile unter eine südwestliche Strömung gelangen. Die
Tiefdruckrinne, die dem nachfolgenden Trog vorgelagert ist, nähert sich dem
Südwesten und Westen Deutschlands. Erste Gewitter können daher bereits auf den
Westen Deutschlands übergreifen. Dabei dürfte es sich um abgehobene
Entwicklungen handeln. In den anderen Gebieten hält sich noch trockenere Luft.
Der dort noch vorhandene Keil unterdrückt wirkungsvoll jegliche Konvektion.

Samstag... schwenkt der über Deutschland liegende Keil in seinem Südteil rascher
nach Osten als in seinem Nordteil. Der nachfolgende Trog kommt zwar kaum nach
Osten voran, kurzwellige Anteile laufen jedoch in der südwestlichen Strömung
nach Nordosten ab und in den über Deutschland liegenden Keil hinein, was dessen
weitere Abflachung bewirkt. Diese Kurzwellentröge aktivieren dann auch die
Tiefdruckrinne, die sich unter leichter Intensivierung bis in die mittleren
Gebiete Deutschlands vorarbeitet. Bodennahe Konvergenz, die durch diese Rinne
zustande kommt, dürfte hoch reichende Konvektion auslösen.
Die Luftmasse, die mit dieser Tiefdruckrinne nach Deutschland gelangt, hat es in
sich. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt auf 30 bis 40 mm, CAPE
erreicht mehr als 2000 J/kg. Aufgrund der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit
der Konvektionszellen besteht Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, teils
auch durch größere Hagelansammlungen. Für Großhagel ist die Scherung zu schwach
ausgeprägt. Da die Luftmasse im Bereich dieser Tiefdruckrinne bodennah relativ
trocken ist, sind unwetterartige Entwicklungen eher die Ausnahme. Zudem dauert
das Entrainment trockener Luft von Osten an, daher liegt das Kondensationsniveau
mit 700 bis 800 hPa relativ hoch. So ist die Auslösung auf orografische und
tagesgangsbedingte Unterstützung angewiesen. Hierdurch konzentriert sich das
konvektive Geschehen auf eine Region vom Weser-Ems-Gebiet bis zum Hochrhein und
zu den Alpen.
Der Westen gelangt zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit bereits unter eine
stabilere und trockenere Luftmasse. Im Nordosten und im Osten ist die Luft für
die Auslösung hochreichender Konvektion einfach zu trocken; zudem sorgt der dort
noch vorhandene Keil für Absinken. Dort ist nach wie vor nahezu ungehinderte
Einstrahlung zu erwarten, wogegen sich im Bereich der Tiefdruckrinne
Quellbewölkung bildet. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 30 bis 36, im
Norden 23 bis 29 Grad.
In der Nacht zum Sonntag verabschiedet sich der Keil nach Westpolen. Nachfolgend
greift ein erster Kurzwellentrog auf die Benelux-Staaten über, der allerdings
von Kaltluftadvektion (die auch Deutschland erfasst) überlaufen wird. Daher
beginnt sich die Tiefdruckrinne, die dann auf den Nordosten Deutschlands
übergreift, aufzufüllen. Konvektive Umlagerungen dürften hierdurch wohl eher
kaum die Gebiete nordöstlich der Elbe erfassen. Auch rückseitig davon wird durch
die im Nordwesten und Westen einströmende trockenere und stabilere Luft
hochreichende Konvektion unterbunden.
Im Süden und Südosten hält sich noch feuchtlabile Luft (mit den oben
beschriebenen Parametern), so dass dort, bedingt durch die weiterhin leicht
flatternde südwestliche Strömung, die Gewittertätigkeit nicht so recht zur Ruhe
kommt. Unwetter sind jedoch nur wenig wahrscheinlich, hierfür fehlt die
dynamische Unterstützung, auch Scherung ist nach wie vor kaum vorhanden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Bemerkenswert ist, dass die Mehrzahl der Modelle am
Samstag mit Niederschlagssignalen sparsam umgehen. Das entspricht auch den
synoptischen Vorstellungen. Eine Ausnahme bildet das GFS (bis Samstag 18 UTC)
sowie darauf aufsetzende hochauflösende Modelle. Insgesamt ist aber die Lage für
Samstag noch sehr unsicher.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann