DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-07-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.07.2020 um 10.30 UTC



Zunächst noch heiß. Am Samstag einzelne, am Sonntag vermehrt Gewitter mit
Unwettergefahr. Danach wechselhaft und mäßig warm bis warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 05.08.2020


Am Samstag liegt Deutschland unter einem bis ins Nordmeer reichenden Höhenkeil,
der sich unter Verkürzung der Wellenlänge nach Osten verlagert. Diesem folgt ein
breiter Trog, der sich den Britischen Inseln nähert. Vorderseitig gelangt mit
einer südwestlichen Strömung Subtropikluft nach Deutschland, so dass
Höchsttemperaturen verbreitet über 30, im Süden über 35 Grad zu erwarten sind.
In einer flachen Tiefdruckrinne, die sich in dieser Luftmasse entwickelt, können
sich im Nordwesten und Westen erste Gewitter entwickeln, wobei bereits
Unwettergefahr besteht.
Bis Sonntag verabschiedet sich der Keil nach Polen. In die hierdurch
deutschlandweit auf Südwest drehende Strömung läuft bereits ein Kurzwellentrog
herein, vorderseitige Hebung bringt über dem Osten und Süden Deutschlands die
Gewittertätigkeit (bis hin zum Unwetter) in Gang, wogegen sich von Nordwesten
her bereits merklich kühlere maritime Polarluft vom mittleren Nordatlantik
durchsetzt. In der Nacht zum Montag stellt sich eine zyklonale Westlage ein.
Hierdurch wird die feuchtlabile Subtropikluft an die Alpen gedrückt, so dass
dort die Niederschläge, die anfangs noch von Gewittern durchsetzt sein können,
längere Zeit andauern. Ansonsten sorgt ein von Frankreich übergreifender
schwacher Keil für eine Wetterberuhigung. Am Montag läuft ein weiterer
Kurzwellentrog aus dem über Westeuropa liegenden Haupttrog heraus. Dieser
Kurzwellentrog weitet sich bis zum Zentralmassiv aus, was die Strömung im Süden
stärker auf Südwest rückdrehen lässt als im Norden. Daher kann sich die
Luftmasse vom Atlantik vorerst nicht weiter nach Süden durchsetzen. Im Süden und
teils auch in der Mitte sind daher weiterhin sommerliche Temperaturen um oder
etwas über 25 Grad zu erwarten.
Das Bild ändert sich am Dienstag mit dem Übergreifen des Haupttroges auf die
Nordsee. Mit der vorgelagerten Kaltfront greifen schauerartige und von Gewittern
begleitete Niederschläge von Nordwesten her auf Deutschland über. Diese Gewitter
können bis ins Binnenland hinein mit Sturmböen einhergehen. Dieser Trog
verlagert sich am Mittwoch über Deutschland hinweg allmählich ostwärts, so dass
landesweit schauerartige Niederschläge zu erwarten sind. Diese können ganz im
Süden mit eingelagerten Gewittern verbunden sein. An der Südflanke des
korrespondierenden Bodentiefs, das den Charakter eines Zentraltiefs annimmt und
das sich über die dänischen Inseln hinweg ostwärts verlagert, legt der Gradient
zu, so dass an der Küste Böen bis Sturmstärke auftreten können. Die Temperaturen
bewegen sich dann allenfalls im mäßig-warmen Niveau.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum hält sich zunächst der
Einfluss des auf Osteuropa übergreifenden Troges, bevor sich ein zur Nordsee
verlagernder flacher Rücken bemerkbar macht. Im Bereich des korrespondierenden
Bodenhochs dürfte sich dann wieder ein allmählicher Temperaturanstieg
einstellen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Montag ist der aktuelle Lauf zu den beiden gestrigen
Modellrechnungen relativ konsistent. Am Dienstag wird der dann auf Mitteleuropa
übergreifende Trog nicht mehr so weit nach Süden ausweitend gerechnet. Das
korrespondierende Bodentief wird demnach über der Nordsee erwartet, so dass sich
die atlantische Luftmasse vorerst im Osten und Süden noch nicht so recht
durchsetzen kann. Dieser Trog intensiviert sich weiter östlich; zudem hatten das
kräftige Bodentief über Dänemark die beiden Modellläufe des Vortages nicht im
Programm. Ein erneuter Temperaturanstieg dürfte hierdurch ausgebremst werden.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum kann von einer Konsistenz
nicht mehr die Rede sein. Das oben beschriebene Szenario erscheint aber relativ
plausibel zu sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Sonntag zeigen die verfügbaren Modelle eine weitgehend
ähnliche Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin kaum
ableiten. Allerdings lassen ICON und auch das Modell des kanadischen
Wetterdienstes die gemäßigtere Atlantikluft etwas rascher nach Osten übergreifen
als EZMW und GFS.
Deutlichere Unterschiede ergeben sich am Montag. Die Doppelstruktur des Troges,
die von EZMW gezeigt wird, ist noch andeutungsweise beim kanadischen Modell zu
sehen, wogegen ICON und GFS einen Trog zeigen und diesen über Frankreich
belassen. Der Haupttrog greift nach ICON am Dienstag auf Deutschland über. Nach
EZMW liegt dieser über der Nordsee, nach GFS und nach dem kanadischen Modell
bereits über Polen. Dieser Trog tropft am Mittwoch nach den amerikanischen
Modellen nach Südosteuropa und nach ICON zur Ungarischen Tiefebene aus. Folglich
würde nach GFS und nach dem kanadischen Modell bereits wieder ein
Temperaturanstieg in Gang kommen, wogegen sich nach den anderen Modellen
maritime Polarluft durchsetzt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum lässt GFS bereits einen
weiteren Trog auf Mitteleuropa übergreifen. Das kanadische Modell generiert
einen breiten Rücken über Mittel- und dem östlichen Mitteleuropa und
flächendeckend über Deutschland einen Anstieg der Temperaturen im 850 hPa-Niveau
auf mehr als 20 Grad. Diese Szenarien erschweren eine Aussage über die Mitte der
kommenden Woche hinaus.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des EZMW folgt bis einschließlich Mittwoch weitgehend dem hauseigenden
deterministischen Modell. Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird
jedoch die Version des EZMW gestützt, wonach ein flacher Rücken auf die Nordsee
übergreifen soll. Dieser Rücken wird von GFS etwas stärker aufgewölbt. Der nach
Wochenmitte bei GFS erneut auf Mitteleuropa übergreifende Trog wird vom EPS
nicht gestützt. Vielmehr setzt das EPS bei relativ geringen Spread auf eine
weitere allmähliche Erwärmung. Nach wie vor sind im weitaus größten Teil
Deutschlands Niederschlagssignale nur sehr schwach ausgeprägt.
Das EPS des EZMW folgt durchweg den Hauptlauf, wobei zudem über Mitteleuropa
selbst im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum der Spread relativ
gering ist. Dabei zeigt ab Wochenmitte die Mehrzahl der EPS-Läufe einen etwas
rascheren Temperaturanstieg als der deterministische Lauf, wobei das vom oben
beschriebene Szenario das realistischere ist (ein Trog kommt selten allein). Die
Einzellösungen des EPS werden ab H + 192 in 6 Cluster untergliedert, die alle
relativ stark besetzt sind. Dem über der Nordsee sich aufwölbenden Rücken (bzw.
Keil) werden nur 12 Einzelläufe zugeordnet, d.h. die Version des
deterministischen Modells wird nicht sehr ausgeprägt gestützt. Auch die
GFS-Variante mit der erneuten Trogpassage findet mit 10 Vertretern nicht allzu
viel Anklang. Die restlichen Einzelläufe (was eigentlich die Mehrzahl ist)
stützt die Variante des Modells des kanadischen Wetterdienstes, wonach zum
zweiten Augustwochenende hin die Gefahr einer Hitzewelle bestehen würde.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Samstag können sich in labil geschichteter Luft vorrangig im Nordwesten und
Westen sowie über dem südwestdeutschen Bergland erste Gewitter entwickeln, die
sich aufgrund ihrer langsamen Verlagerung bereits Unwettercharakter aufweisen
können. Auch größerer Hagel kann nicht ausgeschlossen werden.
Am Sonntag verlagert sich die Gewittertätigkeit (mit höherer Wahrscheinlichkeit
für unwetterartige Entwicklungen) in die östlichen und südlichen Landesteile.
Bis in die Nacht zum Montag hinein muss an und in den Alpen sowie im alpennahen
Vorland mit Starkregen (anfangs auch noch mit unwetterartigen
Niederschlagssummen) gerechnet werden.
Am Montag können sich in einer gemäßigten Luftmasse erneut einzelne Gewitter
entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit für einen markanten Charakter dieser Gewitter
ist gering; Unwetter sind dann nicht mehr zu erwarten. Am Dienstag greifen von
Nordwesten bis auf die mittleren Landesteile in Verbindung mit einer Kaltfront
kurze Gewitter über, die bis weit ins Binnenland hinein mit stürmischen Böen
einhergehen. Auch Böen bis Sturmstärke können nicht ganz ausgeschlossen werden.

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Basis für Mittelfristvorhersage
Det. Lauf + EPS (EZMW)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann