DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-07-2020 07:30
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz
Heute Zwischenhocheinfluss. Am Sonntag Trogpassage mit teils kräftigen Gewittern
vor allem im Osten und Süden (Unwetter nicht ausgeschlossen). Am Montag
vorübergehende Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... greift - eingebettet in die für diese Jahreszeit recht ausgeprägte
leicht mäandrierende Frontalzone - ein kurzwelliger, durch WLA gestützter und
somit sich noch etwas nach Norden aufwölbender Höhenrücken auf Mitteleuropa über
und beschert dem Vorhersagegebiet einen wettertechnisch weitgehend ruhigen Tag.
Mit Übergreifen eines markanten Höhentroges auf die Britischen Inseln dreht die
Höhenströmung aber bereits mit Rückenpassage auf Südwest zurück.
Im Bodenfeld reicht ein Ableger des Azorenhochs über Frankreich hinweg bis nach
Süddeutschland. Zwar setzt im Tagesverlauf von Westen her Druckfall ein, dennoch
dominiert vor allem mitteltroposphärisch in weiten Teilen des Landes Absinken.
Vor allem im Süden und Südosten ist die Luftmasse noch mit einer gewissen
potenziellen Instabilität ausgestattet - im Süden und Osten Bayerns sowie in
Teilen Sachsens können gebietsweise mehrere 100 J/kg ML-Cape generiert werden -
oberhalb von 800 bis 600 hPa ist die Luftmasse allerdings gedeckelt, so dass es
kaum für konvektive Umlagerungen reichen dürfte. Am ehesten ist das noch an den
Alpen, vor allem aber in Erzgebirgsnähe der Fall, wo die Labilität etwas höher
reicht (bis etwa 550 hPa bzw. bis für die Niederschlagsbildung wichtigen -10
Grad) und ein, den Rücken überlaufender, sehr flacher und am ehesten noch im 300
hPa- bzw. IPV-Feld erkennbarer Kurzwellentrog etwas dynamischen Hebungsantrieb
liefern könnte. Mit Unterstützung durch die Orographie sind dann neben kurzen
Schauern auch einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen. Immerhin haben das SuperHD
und auch AROME vereinzelte auf der Agenda.
Während sich im Nordwesten bereits mehrschichtige Wolkenfelder der Warmfront
eines mit dem auf die Britischen Inseln übergreifenden Höhentrog
korrespondierenden Tiefdruckgebietes nordwestlich von Schottland bemerkbar
machen, setzt sich vor allem im Süden und Osten - nach anfänglich durch SC
gebietsweise stark bewölktem Himmel - vielerorts die Sonne durch. Dabei steigt
die 850 hPa-Temperatur dank auch niedertroposphärisch zunehmender WLA auf Werte
zwischen 9 Grad ganz im Norden und 16 Grad im Südwesten, was Höchstwerte
zwischen 18 und 23 Grad im Norden und Nordwesten bzw. 24 bis 29 Grad in den
übrigen Regionen zur Folge hat. Am Rhein werden gebietsweise auch 30 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Sonntag greift der mit einer diffluenten Vorderseite und
zunehmend negativ geneigte Trog auf die Nordsee und auf Benelux über. Aufgrund
seiner scharfen Kontur kann reichlich zyklonale Krümmungsvorticity advehiert
werden und einen markanten Hebungsimpuls auslösen, der auch durch zunehmende KLA
zunächst nur wenig gedämpft wird.
Die Warmfront des Tiefs nordwestlich von Schottland bzw. eines Teiltiefs bei den
Faröer-Inseln überquert den Norden Deutschlands rasch nordostwärts. Die
Kaltfront folgt "auf dem Fuße", erreicht bereits in den Frühstunden den Westen
und Nordwesten Deutschlands und überlappt günstig mit dem trogvorderseitigen
Hebungsmaximum. Unmittelbar im Vorfeld der Front greifen im Laufe der zweiten
Nachthälfte somit schauerartige Regenfälle auf den Westen/Nordwesten des Landes
über und kommen unter Intensivierung in den Frühstunden rasch bis in die
mittleren Landesteile (etwa eine Linie Westmecklenburg-zentraler
Mittelgebirgsraum-Bodensee) voran. Die höchsten Mengen im Zeitraum 18 bis 06 UTC
werden mit 10 bis 15 mm (GFS im Emsland und in Nordfriesland gebietsweise über
20 mm) etwa vom Niederrhein über das westliche Niedersachsen bis nach
Nordfriesland simuliert. Die kräftige Hebung labilisiert die Luftmasse (bis etwa
400 hPa, dabei können einige 100 J/kg MU-Cape generiert werden), was die
verhältnismäßig hohen Mengen im Nordwesten erklärt, die wohl auch konvektiven
Umlagerungen in Form einzelner eingelagerter Gewitter geschuldet sind.
Gebietsweise kann angesichts der hohen PPW-Werte von über 30 mm dabei auch
mehrstündiger Starkregen auftreten. Vor allem mit Kaltfrontpassage haben die
Konvektion erlaubenden Modelle entsprechend auch einzelne Gewitter auf der
Agenda, in erster Linie C-D2 bereits im Vorfeld.
Mit Annäherung der Front verschärft sich zusätzlich auch der Gradient, was im
Nordseeumfeld zumindest an exponierten Küstenabschnitten für steife Böen (Bft 7)
aus Südwest ursächlich sein könnte, auf dem Brocken auch für stürmische Böen
oder gar Sturmböen (Bft 8 bis 9). Innerhalb von Gewittern können auch in den
Niederungen West- und Nordwestdeutschlands durchaus kurzzeitig mal Böen Bft 7
bis 8 auftreten.
Im Osten und Südosten verläuft die Nacht noch wettertechnisch ruhig; dort bleibt
es aufgelockert bewölkt und trocken, stellenweise bildet sich Nebel. Mit
Tiefstwerten zwischen 17 und 12 Grad bleibt es relativ mild.

Sonntag... kommt der nach wie vor vor allem in 300 hPa recht scharf konturierte
Trog rasch nach Ostnordost voran und erreicht bereits am Nachmittag/frühen Abend
mit seiner Achse den Nordosten des Landes. Die Kaltfront des Richtung Haltenbank
ziehenden Teiltiefs überquert Norddeutschland und auch die mittleren Landesteile
bis zum frühen Nachmittag ostwärts, während sie über der südlichen Mitte
aufgrund höhenströmungsparalleler Exposition zurückhängt. Vor allem mit
Kaltfrontpassage gibt es - bedingt durch den nach wie vor markanten
Hebungsimpuls - weiterhin schauerartige Regenfälle und auch teils kräftige
Gewitter, bei PPW-Werten um 30 mm und einer ML-Cape von 400 bis 700 J/kg
durchaus begleitet von Starkregen und kleinkörnigem Hagel. Angesichts mäßiger
Scherung (15 bis 20 m/s im Frontbereich) sind auch linienförmig organisierte
Multizellensysteme denkbar, wobei dann Böen Bft 8 bis 9 ins Kalkül gezogen
werden sollten. Angesichts der recht hohen Zuggeschwindigkeit bleibt die
Unwettergefahr aber eher gering.
Im Süden, vor allem im Südosten, ist die Luftmasse präfrontal noch mit einer
höheren Instabilität ausgestattet, einige Konvektion erlaubende Modelle
simulieren kleinräumig - noch etwas Einstrahlung vorausgesetzt - bis nahe 1000
J/kg ML-Cape. Deckel ist kaum vorhanden und somit kommt es wohl etwa ab der
Mittagszeit rasch und recht verbreitet zur Auslöse. Mit der höheren Instabilität
ist bei ähnlichen Scherungswerten das Unwetterpotenzial vor allem im Süden und
Osten Bayerns wohl etwas höher als in der Osthälfte, vor allem aufgrund von
Starkregen und Hagel, auch, wenn die Zellen mit einer gewissen
Zuggeschwindigkeit ausgestattet sein sollten.
Während sich im Westen und Südwesten postfrontal im Einflussbereich eines sich
dorthin wieder ausweitenden Azorenhochkeils rasch deutlich trockenere Luftmassen
durchsetzen und es meist sogar komplett trocken bleibt (lediglich SuperHD hat am
Nachmittag im Südwesten noch einzelne Gewitter auf der Agenda), bleibt die
Luftmasse im Trogbereich über dem Norden und Osten des Landes feuchter und auch
labil geschichtet. Gebietsweise simulieren die Konvektion erlaubenden Modelle um
500 J/kg ML-Cape bei PPW-Werten um oder knapp über 25 mm. Zwar nimmt der
dynamische Hebungsimpuls deutlich ab, dennoch dürfte es noch für einzelne
Gewitter reichen, überwiegend mit Begleiterscheinungen im markanten Bereich
(Starkregen, kleinkörniger Hagel, stürmische Böen bzw. Sturmböen).
Auch außerhalb der Gewitter weht gebietsweise lebhafter Südwest- bis Westwind,
in freien Lagen gibt es insbesondere im Nordwesten und in der Mitte, aber auch
im Alpenvorland einzelne steife Böen (Bft 7). In den Kamm- und Gipfellagen
einiger Mittelgebirge kann es stürmische Böen geben, auf dem Brocken Sturmböen.
Nachmittags und abends fächert der Gradient von Südwesten her auf und der Wind
flaut ab.
Der Kaltfront folgt subpolare Meeresluft, die Temperatur in 850 hPa sinkt auf 10
bis 7 Grad, präfrontal bleibt es mit 14 bis 10 Grad noch wärmer. Das mündet in
Höchstwerte zwischen 22 und 28 Grad, mit den höchsten Werten im südlichen
Oberrheingraben bzw. im Alpenvorland, im Nordwesten bzw. an den Küsten werden
etwa 20 Grad erreicht. Dabei scheint vor allem im Südwesten die Sonne, aber auch
sonst setzt sich nach Abzug der Kaltfront zumindest zeitweise die Sonne durch.

In der Nacht zum Montag zonalisiert nach Abzug des Troges die Höhenströmung
wieder deutlich. Darin eingebettet, überquert ein weiterer kurzwelliger
Troganteil den Norden und die Mitte des Landes zügig ostwärts. Vor allem im
Südosten bleibt die Luftmasse oberhalb der zunehmend stabilen Grundschicht noch
einigermaßen hochreichend labil geschichtet, so dass der schwache dynamische
Hebungsinput im Laufe der Nacht eventuell noch für einzelne Schauer oder kurze
Gewitter reicht, am ehesten in Sachsen sowie in Teilen Bayerns. Rückseitig
greift dann ein durch zunehmende WLA gestützter flacher Rücken auf den Westen
des Landes über und sorgt generell für Stabilisierung.
Im Bodenfeld weitet sich der Azorenhochkeil auf weite Teile des Landes aus, die
Kaltfront löst sich über Süddeutschland auf. Vor allem im Westen, Südwesten und
in der Mitte bleibt es oft gering bewölkt, auch im Osten und Südosten lockern
die Wolken zunehmend auf, innerhalb der vor allem dort recht feuchten
Grundschicht kann sich örtlich Nebel bilden. Im Nordwesten bleibt es mit der
dort noch am markantesten ausgeprägten WLA eher bewölkt, aber ebenfalls meist
trocken. Die Temperaturen sinken auf etwa 17 bis 12 Grad.

Montag... schwenkt der flache Höhenrücken rasch über Deutschland hinweg
ostwärts, auch dahinter ist innerhalb der recht glatten, leicht diffluent
konturierten westlichen Höhenströmung kein nennenswerter dynamischer
Hebungsinput auszumachen. Allerdings verstärkt sich vorderseitig eines an der
Südflanke eines hochreichenden Zentraltiefs mit Drehzentrum nördlich von
Schottland auf die Britischen Inseln übergreifenden Troges die WLA über dem
Vorhersagegebiet.
Im Bodenfeld kann sich der Azorenhochkeil vor allem über dem Süden und Osten des
Landes noch etwas verstärken, ehe von Westen her mit Annäherung eines auf die
Britischen Inseln übergreifenden Frontenzuges schwacher Druckfall einsetzt.
Bevorzugt in den östlichen Mittelgebirgen sowie im Süden und Osten Bayerns ist
noch etwas "Restlabilität" vorhanden (100 bis 300 J/kg ML-Cape bei PPW-Werten um
25 mm, in Südbayern teils über 30 mm). Ob das Ganze für einzelne, orographisch
ausgelöste Schauer und Gewitter reicht, ist aber fraglich.
Während im Süden und Osten ansonsten recht häufig die Sonne scheint, bleibt es
WLA-bedingt im Norden und Westen eher bewölkt, ganz im Nordwesten teilweise auch
stark bewölkt, gebietsweise fällt dort etwas Regen oder Nieselregen.
Niedertroposphärisch verstärkt sich die WLA von Südwesten her ebenfalls, was zu
einer Zunahme des Temperaturgradienten führt: Um 18 UTC stehen in 850 hPa 16
Grad im Südwesten (nach Lesart von GFS und IFS sogar schon 19 Grad) 8 Grad im
Nordseeumfeld gegenüber. Das lässt im Nordwesten und Norden nur Höchstwerte
zwischen 19 und 23 Grad erwarten, während es sonst mit 24 bis 28 Grad, im
südlichen Oberrheingraben bis 31 Grad sommerlich warm wird.

In der Nacht zum Dienstag greift der Höhentrog von den Britischen Inseln auf die
Nordsee über. Das zentralsteuernde Tief verlagert sein Drehzentrum im Bodenfeld
allmählich zur nordwestlichen Nordsee. Die Kaltfront erreicht in den Frühstunden
das Seegebiet nördlich der Deutschen Bucht. Präfrontal bieten etwas PVA, vor
allem aber WLA dynamischen Hebungsinput, so dass im Laufe der Nacht
schauerartige Regenfälle auf die deutsche Nordseeküste übergreifen. Eingelagerte
kurze Gewitter können dabei nicht ausgeschlossen werden.
Weiter landeinwärts macht sich zwar durchaus auch bis nach Süddeutschland
ausgreifend die WLA in Form gebietsweise recht dichter hoher und mittelhoher
Wolkenfelder bemerkbar, Regen fällt dabei aber kaum, meist bleibt es trocken.
Vor allem im Südwesten und im äußersten Osten (Lausitz) bleibt es auch noch
teils gering bewölkt. Mit Tiefstwerten zwischen 18 und 12 Grad bleibt die Nacht
mild.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikant
prognoserelevanten Unterschiede zwischen den Modellen herausarbeiten. Mit der
offensichtlich schneller als in den gestrigen Läufen simulierten Trogpassage am
morgigen Sonntag wurde der daran gekoppelten Konvektion einiges an Potenzial
genommen (weniger Scherung, nicht mehr so energiereiche Luftmasse), so dass wohl
keine großräumigere Unwettergefahr ins Haus steht. Lokale unwetterartige
Entwicklungen, vor allem, was Starkregen und Hagel im Süden bzw. Osten Bayerns
angeht, können aber nicht ausgeschlossen werden.
In der Nacht zum Dienstag lässt das GFS - im Gegensatz zum IFS und ICON - die
Kaltfront bereits auf den Nordwesten Deutschlands übergreifen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff