DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-07-2020 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.07.2020 um 10.30 UTC



Zunächst Hochdruck und zunehmend heiß, zur Wochenmitte Temperaturrückgang mit
Regen und Gewittern, nachfolgend wieder zunehmend Hochdruckeinfluss.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 31.07.2020


Am Montag, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, prägt nach IFS eine
Westwetterlage des Geschehen in Mitteleuropa. Zwischen einem Trog im Bereich der
Britischen Inseln und einem Rücken über dem westlichen Mittelmeer ist vor allem
westlich unseres Landes eine für die Jahreszeit kräftige Höhenströmung zu
finden. Deutschland liegt im diffluenten Bereich östlich davon, wobei noch ein
sehr flacher Rücken am Montag das Wetter prägt. Dieser stützt auch eine flache
Hochdruckzone, die sich von den Alpen Richtung Ost- und Südeuropa erstreckt.
Dagegen befindet sich ein Zentraltief nördlich von Schottland. Interessanter ist
aber ein Randtief, das in der flotten Höhenströmung südlich Irlands vorbei und
über England hinweg in der Nacht zum Dienstag in die Nordsee zieht. Seine
Warmfront bringt tagsüber im Norden Regen und im Warmsektor breitet sich eine
sehr warme Luftmasse (in 850 hPa 18 Grad über dem Südwesten, 10 Grad über dem
Norden) nach Norden aus. In den meisten Landesteilen wird es somit sonnig und
sehr warm.
Am Dienstag zieht der Rücken nach Nordosten ab und der schärfer werdende Trog
weitet sich nach Süden aus und greift zunehmend auf uns über, wobei ein erster
Randtrog in der Nacht zum Mittwoch den Nordwesten überquert. Das Randtief wird
zunehmend das stärkere Tief und erreicht den Skagerrak. Seine Kaltfront
überquert Deutschland südostwärts (nachdem zuvor die 22-Grad-Isotherme in 850
hPa den Süden erreicht hat - hier spielt aber auch etwas Föhn eine Rolle). Sie
wird aber nach IFS-Lesart erst zum Abend aktiviert, wenn der Trog sich annähert.
Auf jeden Fall erwartet aber den Süden und Osten ein sehr heißer Tag, während es
im Nordwesten bewölkt und deutlich kühler ist. Die dynamisch günstige
Konfiguration könnte schon im Vorfeld für heftige Gewitter sorgen, an der Front
und vor allem in der Nacht dann auf jeden Fall.
Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag erreicht uns die Trogachse und die
Kaltfront arbeitet sich langsam bis zu den Alpen voran. In ihrem Umfeld muss
weiter mit starken Regenfällen und Gewittern gerechnet werden. Auf ihrer
Rückseite fließt deutlich trockenere und kühlere Luft ein und ein Hoch weitet
sich allmählich von Westen zu uns aus. Ganz im Norden kann es unter Einfluss
etwas kälterer Luft in der Höhe einzelne Schauer geben.
Der Donnerstag ist vom Abzug des Troges geprägt, während sich im Bereich der
Britischen Inseln ein mächtiger Rücken aufwölben soll. Bodennah dominiert das
von dem Rücken gestützte Hoch. Allerdings kann es ganz im Süden in Frontnähe
noch regnen und ganz im Norden in Trognähe noch Schauern. Unter dem Hoch gibt es
nach wie vor einen ordentlichen Temperaturgradienten zwischen (in 850 hPa) 15
Grad an den Alpen und 5 Grad in Schleswig-Holstein.
Am Freitag erreicht der kräftige Rücken Benelux und in der Nacht zum Samstag
unser Land. Dessen Aufwölbung steht nach natürlich in Zusammenhang mit einem
weiteren Trog über dem nahen Atlantik. Zwischen dem zugehörigen Bodentief und
dem allmählich seinen Schwerpunkt nach Nordosten verlagernden Hoch gelangen wir
zunächst in eine östliche, in der Nacht dann allmählich Richtung Süd drehende
Strömung. In 850 hPa dreht der Wind schon auf Südwest und lenkt abermals eine
zunehmend heiße Luftmasse zu uns.
Diese erreicht am Samstag unser Land, bevor am Sonntag von Westen auf der
Vorderseite des Troges die nächste Kaltfront übergreift.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Grob gesehen ist der aktuelle Lauf mit den beiden Vorgängerläufen in recht guter
Übereinstimmung, und zwar bis zum Monatswechsel. Vor allem zum Dienstag/Mittwoch
zeigt sich eine leichte zeitliche Differenz, der aktuelle Lauf lässt sowohl die
Warmluft als auch die Kaltfront geringfügig schneller übergreifen. Zum Ende der
Woche fällt auf, dass die früheren Läufe den Trog zum einen deutlich weiter
südwärts ausgreifen ließen sowie auch etwas langsamer nach Osten abziehen, was
am nächsten Samstag beim gestrigen 00-UTC-Lauf noch in einem Höhentief über
Polen resultiert hat, dass im Osten wohl noch Schauer gebracht hätte und auf
jeden Fall auch das herannahen des Rückens und der damit verbundenen Hitze
verzögert hätte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Globalmodelle zeigen grob ähnliche Entwicklungen, was
letztendlich auch einen ähnlichen Wetterablauf bedeutet, wenngleich sowohl die
genaue Lage von Trögen und Fronten sowie auch der zeitliche Verlauf durchaus
etwas unterschiedlich simuliert werden. So zeigt ICON den Trog in der Mitte der
Woche weiter nach Süden ausgedehnt (und damit größere Teile Deutschlands
betreffend), dafür aber rascher nach Osten abziehend. Danach sind auch UKMO, GEM
und NAVGEM sind mit dem Abzug des Troges etwas schneller, während GFS eher IFS
unterstützt. Die wiederkehrende Warmluft am Donnerstag und Freitag ist bei ICON
und GFS mit ziemlich viel Feuchte verbunden (Warmfront), wenngleich nicht
unbedingt mit Regen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-Ensemble verteilt sich im Mittelfristzeitraum (Mittwoch, 00 UTC bis
Freitag, 00 UTC) auf drei Cluster, die sich nur wenig voneinander unterscheiden.
C1 (23 Mitglieder, Hauptlauf, Kontrolllauf) entspricht in etwa dem Hauptlauf. C2
(17 Mitglieder) zeigt zum Ende hin den Trog schon etwas weiter im Osten und
etwas stärker, gleichzeitig aber auch den Rücken im Westen schon stärker. C3 (11
Mitglieder) ist etwas progressiver und zeigt die Rossbywellen wesentlich
flacher.
Die Rauchfahnen für ausgewählte Städte Deutschlands zeigen nach einer ersten
Temperaturspitze am kommenden Dienstag und nachfolgend erhöhten Regensignalen
erstmal wieder einen Temperaturrückgang. Dieser wird im Norden Deutschlands
deutlicher und sicherer prognostiziert als im Süden, dort streuen die
Ensemblemitglieder nämlich in der zweiten Wochenhälfte stark (am Freitag ist in
München in 850 hPa von 9 bis 24 Grad alles drin). Insgesamt ist über die gesamte
Woche hinweg das Temperaturniveau im Süden etwa 8 bis 10 K höher als im Norden
(in 850 hPa). Zum nächsten Wochenende hin tendieren bei der Mehrheit der
Ensemblemitglieder Temperatur und Geopotential zu neuen Höchstwerten, vor allem
im Norden.
Lugen wir zuletzt noch bei den GFS-Ensembles rein: Diese offenbaren eine
ähnliche Entwicklung, allerdings tendieren sie zum nächsten Wochenende hin nicht
zu ganz so hohen Temperaturen - weder die Ensemblemehrheit - noch der Hauptlauf.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag schlägt der EFI für Wind im Südwesten Deutschlands zu. Aus den
IFS-EPS-Daten lässt sich aber keine nennenswerte Wahrscheinlichkeit für Böen
über 8 Bft ableiten. Ebenso gibt es ein EFI-Signal für erhöhten Wasserdampffluss
im Nordwesten Deutschlands, was auf erhöhtes Niederschlagspotential hindeutet,
wenngleich mit diesem Produkt bisher wenig Erfahrung gesammelt werden konnte.
Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch wäre ja von der Lage her auch ein
gewisses Gewitterpotential möglich, allerdings deuten weder die (ICON und IFS)
EPS-Verteilungen für CAPE noch für die Auswirkungen (Niederschlag/Sturm) bisher
eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine stärkere Gewitterlage an.
Am Donnerstag zeigt das IFS-EPS eine Wahrscheinlichkeit von über 10% für
stürmische Böen in Schleswig-Holstein.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Peter Hartmann