DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-07-2020 07:01
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a
Heute und morgen in Alpennähe Gewitter, teils mit Starkregen oder Hagel, aber
mit abnehmender Wahrscheinlichkeit für Unwetter. Am Freitag bis zum Bayerischen
Wald ausgreifend einzelne Gewitter, wieder etwas höhere Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland am warmen Rand der Frontalzone unter einer leicht
zyklonal geprägten West-Nordwestströmung, in welcher kurzwellige
Keil-Trog-Strukturen den Norden Deutschlands streifen. Diese sorgen in
Küstennähe für schwache Schauer. Im Bodendruckfeld erstreckt sich der Keil des
Azorenhochs bis in den Nordwesten Deutschlands. Absinken in dessen Randbereich
ergibt eine Inversion zwischen 700 und 600 hPa, die von der konvektiven
Bewölkung nicht durchstoßen werden kann. In der Mitte, im Osten und im Süden
abseits der Alpen unterbindet das Absinken nennenswerte Wolkenbildung.
Ganz im Süden, d.h. vom Hochrhein über Oberschwaben und in Alpennähe bis zum
Berchtesgadener Land hält sich feuchtwarme Luft, so dass sich zunächst nur
vereinzelt und im Tagesverlauf dann häufiger Gewitter entwickeln können. Neben
der Orografie tragen kurzwellige Fluktuationen zur Auslösung der Konvektion bei.
Zudem können aus dem Schweizer Mittelland heraus auf die Bodenseeregion und den
Hochrhein teils heftige Gewitter übergreifen. Ein CAPE bis deutlich über 1000
J/kg und ein Gehalt an niederschlagbarem Wasser bis etwa 35 mm sollten auch für
unwetterartige Konvektion hinreichend sein. Allerdings ist kaum Scherung
vorhanden, auch dürften sich die Zellen zügig verlagern, so dass das Potential
für Unwetter begrenzt ist. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden und
in der Mitte 18 bis 24 und im Süden 25 bis 29 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag überquert ein schwacher Trog das Vorhersagegebiet.
Dieser hängt in seinem Südteil etwas zurück. Nach einem vorübergehenden
Abklingen der Konvektion können sich vor allem in der zweiten Nachthälfte erneut
konvektive Umlagerungen entwickeln, wobei allerdings der markante Charakter
nicht überschritten werden sollte. In den anderen Gebieten klart es auf, nach
Norden hin hält sich aufgrund der Nähe zur Frontalzone Bewölkung. Ausgangs der
Nacht setzt im Nordwesten Warmluftadvektion ein, was zu einer Wolkenverdichtung
führt. Geringe Niederschläge können dann in Nordseenähe einsetzen. Ansonsten
bleibt es trocken. Bei längerem Aufklaren sind noch einmal einstellige
Temperaturminima zu erwarten.

Donnerstag... wird in der leicht zyklonalen Grundströmung ein schwacher Rücken
nach Deutschland geführt. Durch diesen wird eine Hochbrücke gestützt, die sich,
ausgehend vom Azorenhoch, über Mitteleuropa hinweg bis zur Ukraine erstreckt.
Dabei sind die Luftdruckgegensätze gering. Schwache Warmluftadvektion beschert
dem Norden (vor allem den nordseenahen Gebieten) geringe Niederschläge.
Ansonsten sorgt großräumiges Absinken für einen Fortbestand des meist
sonnenscheinreichen Wetters.
Eine Ausnahme stellt erneut der äußerste Süden Deutschlands dar. Die Verteilung
der Luftmassen ändert sich nur wenig, daher können sich in denselben Regionen
wie am Vortag einzelne Gewitter entwickeln. CAPE erreicht zwar noch etwas über
1000 J/kg, ist aber etwas gedeckelt, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser
liegt unter 30 mm, was auf das Entrainment trockenerer Luft aus nördlichen
Richtungen (aus der Hochbrücke heraus) zurückzuführen ist. Scherung ist erneut
kaum vorhanden. Daher sollte die Unwettergefahr deutlich geringer sein als
heute.
Im Norden abseits der Küste erfolgt ein leichter Temperaturanstieg. Ansonsten
ändern sich die Temperaturen nur unwesentlich.
In der Nacht zum Freitag greift ein etwas kräftigerer Trog auf Frankreich über,
der in höheren Troposphärenschichten markanter ausgeprägt ist als in der unteren
Troposphäre und der eine negative Achsenneigung aufweist. Das korrespondierende
schwache Bodentief wird in den Skagerrak gesteuert. An dessen Südflanke legt der
Gradient etwas zu, so dass es in Nordfriesland und an einigen Abschnitten der
Ostseeküste für Windböen reichen kann. Bedingt durch die Annäherung des Troges
kommen im Küstenbereich und im Nordwesten Niederschläge auf, die fernab von
jeglicher Warnrelevanz sind. Aber auch in den anderen Gebieten dürften bereits
mittelhohe und hohe Wolkenfelder aufziehen. Die Gewittertätigkeit ganz im Süden
sollte in der ersten Nachthälfte weitgehend abklingen.

Freitag... weitet sich der sich von Frankreich nähernde Trog mehr nach Süden,
d.h. zu den Westalpen, aus als dass er nach Osten vorankommt. Somit erreicht
dessen Achse bis zum Abend gerade erst den Südwesten Deutschlands, was die
Strömung über dem Süden Deutschlands auf Südwest rückdrehen lässt. Hierdurch
dürfte sich die feuchtlabile Luftmasse aus dem Süden mehr in die südöstlichen
Landesteile, d.h. bis hinein in den Bayerischen Wald, ausweiten, wogegen sich am
Hochrhein und vielleicht auch in der Bodenseeregion dann bereits eine etwas
trockenere und stabilere Luftmasse durchsetzen könnte. Etwa vom Allgäu bis zum
Bayerischen Wald mit Schwerpunkt in Niederbayern können sich im Tageverlauf
erneut Gewitter entwickeln. Ein CAPE bis 1500 J/kg, niederschlagbares Wasser um
30 mm und der sich annähernde Trog lassen Unwetter (vor allem durch heftigen
Starkregen) wieder etwas wahrscheinlicher werden als am Vortag. Für größeren
Hagel dürfte die Scherung nicht hinreichend sein.
Auf den Norden und Westen greifen dann Niederschläge einer schwachen Kaltfront,
die dem Trog vorgelagert ist, über. Größere Auflockerungen zeichnen sich noch
einmal südlich der Mittelgebirge, aber abseits der Alpen, ab. Gegenüber den
Vortagen ergibt sich ein leichter Temperaturrückgang. Im Norden und Westen sind
18 bis 24 Grad zu erwarten. Im Osten und Süden werden noch einmal 24 bis 28 Grad
erreicht.
In der Nacht zum Samstag tropft der o.g. Trog in Richtung nördlicher Adria ab.
Der verbleibende Resttrog erreicht den Osten Deutschlands. Kaltluftadvektion
lässt nachfolgend ausgehend vom Azorenhoch erneut einen Keil auf Deutschland
übergreifen, dessen Achse weiter südlich, d.h. über die Alpen hinweg, nach Osten
ausgreift als dass dies bisher der Fall war. Daher sollte die Konvektion im
Südosten spätestens in der zweiten Nachthälfte in sich zusammenfallen. Mit dem
Übergreifen einer Warmfront auf die Nordsee lässt dann auch an der Küste die
Schauertätigkeit weitgehend nach.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann